Energiepreis-Protest > Grundsatzfragen

BdEV-Informationen zu \"Sofortigem Anerkenntnis\" unrichtig?

<< < (10/26) > >>

reblaus:
@Black
Grundsätzlich trifft das so zu, aber eben nicht beim Energieliefervertrag zumindest wenn Abschläge entsprechend GasGVV verlangt werden. Würde die Forderung fällig werden, wäre der Kunde gesetzlich verpflichtet den Betrag zu bezahlen. Wenn er aber bezahlt verliert er seinen Anspruch die Unbilligkeitseinrede geltend zu machen.

Das ist die andere Seite der Münze namens Sockelpreis. Die Seite, die den Versorgern weniger gefällt.

nomos:

--- Zitat ---Original von Black
Und genau hier ist der Denkfehler. ..........
--- Ende Zitat ---
@Black, es geht nicht um Denkfehler oder ob hier einer vorliegt und das übliche juristische Hickhack!

Es geht um die Beseitigung einer juristischen Zwickmühle und die Besinnung auf die ursprüngliche Schutzabsicht des Gesetzgebers. Da hat sich doch manche  Auslegung etwas weit davon entfernt. Dazu kommt, dass bei Haushaltsstrom und Haushaltsgas es immerhin um Leistungen der Daseinsvorsorge geht.

Die Ersetzung der Bestimmung durch Urteil ist unbestritten. Hier geht es aber um die Fälligkeit.  Da war und ist nichts so eindeutig wie Sie das aufzeigen möchten. Sie finden auch die Rechtsauffassung, dass die Leistung erst mit Rechtskraft des Urteils fällig wird.

Nochmal, diese Zwickmühle muss der Gesetzgeber lösen. Sorry, dieser juristische Hickhack-Zustand  mag für auseinandersetzungsfreudige Juristen interessant  sein, für Verbraucher ist er das nicht. Das kann nicht zu Lasten des Verbrauchers gehen, dem die Hände gebunden sind.  

So sehe ich das:
Die Unverbindlichkeit ist eine besondere Art der Unwirksamkeit. Wegen der Unverbindlichkeit tritt kein Verzug ein. Die Leistung wird erst mit Nachweis und Feststellung der Billigkeit, sprich nach den gegebenen Bedingungen mit  Rechtskraft des Urteils fällig.

Wer das Recht der Leistungsbestimmung in Anspruch nimmt hat die Beweislast, nicht nur, dass ihm das Recht eingeräumt ist, er hat auch die Beweislast für die Billigkeit.  Der Versorger ist hier alleine am Zug und nicht der Verbraucher.  Die Zwickmühle ist nicht auszubauen, sondern zu beseitigen.

Gas-Rebell:
@ reblaus


--- Zitat ---Original von reblaus:

@Gas-Rebell
Wenn man von einem Kontokorrent ausgeht ist die Fälligkeit des Saldos davon abhängig, dass der Saldo anerkannt wird. Erst dann ist er fällig. Bei der Unbilligkeitseinrede wird dieses Saldoanerkenntnis verweigert. Der Zahlungsanspruch wird somit unter keinen Umständen fällig.
--- Ende Zitat ---
Der Zahlungsanspruch wird m.E. nicht deshalb nicht fällig, weil ein Kontokorrent-Saldoanerkenntnis verweigert wird, sondern weil es schlicht gesetzliche Bestimmung ist, egal ob dieser eine Kontokorrentüberlegung zugrunde liegen mag.


--- Zitat ---Diese starke Rechtsstellung des Kunden, der durch Verweigerung des Saldoanerkenntnisses die Fälligkeit des Versorgeranspruchs beliebig hinauszögern könnte, bedarf eines Korrektivs. Dies ist mit dem § 17 GasGVV dadurch erfolgt, dass das Recht des Kunden, das Saldoanerkenntnis zu verweigern, nur auf die Gründe beschränkt wurde, in denen die Wahrscheinlichkeit eines Abrechnungsfehlers sehr hoch ist. Die Unbilligkeitseinrede ist nicht in gleicher Weise eingeschränkt. Hier meine ich, dass die missbräuchliche Nutzung dieses Rechts durch § 242 BGB verhindert werden muss. Ansonsten wäre es tatsächlich so, dass eine Zahlungsklage des Versorgers immer scheitern würde, solange über die Billigkeit des Anspruchs nicht rechtskräftig entschieden wurde.
--- Ende Zitat ---
Ich denke, es ist davon auszugehen, dass der Gesetzgeber weiß, was er tut. Hätte er eine Notwendigkeit gesehen, in § 17 GasGVV den Zahlungsaufschub in Verbindung mit Unbilligkeitseinreden einzuschränken, hätte er dies sicher getan. Ganz offensichtlich bestand für den Gesetzgeber jedoch kein solcher Handlungsbedarf. Denn wären Einrede und Zahlungsaufschub aus § 315 BGB i.V.m. § 17 GasGVV nur dann zulässig und nicht rechtsmissbräuchlich, wenn sie mit substantiellen Verdachtstatsachen begründet werden, würde dem Verbraucher versagt, der Billigkeits- und Fälligkeitsbehauptung des Versorgers mit Nichtwissen entgegen zu treten, was für ihn prekär wäre.

Denn wie soll Otto Normalverbraucher, der im Regelfall nicht über spezielle Branchen-, Kostenrechnungs- Bilanzierungs- und Rechtskenntnisse verfügt, auch angesichts der vielfältigen Versteckmöglichkeiten des Versorgers überhaupt zu einer substantiellen Einredebegründung kommen? Würde ihm eine solche abverlangt, richtete man an ihn die völlig überspannte Erwartung, entweder selbst über erhebliche Branchen-, Wirtschafts- und Rechtsexpertise zu verfügen oder für teures Geld einen entsprechenden Sachverständigen zu beauftragen. Vor solch einem Hintergrund würde der § 315 BGB überflüssig. Denn dann könnte man von einem Verbraucher auch gleich verlangen, gegen die Forderungen des Versorgers beweisbelastet Klage zu erheben, insoweit er an deren Berechtigung zweifeln sollte.

Nehmen wir beispielsweise an, dass ein Verbraucher, der erlebt, dass die Ölpreise in der Vergangenheit erheblich stärker gesunken sind als die mit etwa halbjährlicher Verzögerung folgen sollenden Gaspreise seines Versorgers, erhebliche Zweifel hegt, dass hier noch eine billige Preisbestimmung vorliegt. Und nehmen wir weiter an, dass er seine Einrede aus § 315 BGB und seinen Zahlungsaufschub nach § 17 GasGVV auch genau so begründet. Was soll ihm da an weiterer Substantiierung noch abverlangt werden können?

Das Problem lässt sich erst lösen, wenn man davon ausgeht, dass auf Grundlage des § 242 BGB zunächst eine Auskunfts- und Offenlegungspflicht des Versorgers besteht, sodass der Verbraucher seine Zahlungen so lange zurückbehalten kann, bis der Versorger vollständig und nachprüfbar alle zur Billigkeitsprüfung erforderlichen Preisgrundlagen offengelegt hat.

Genauso hat es m.E. auch der Gesetzgeber gesehen und deshalb darauf verzichtet, in § 17 GasGVV eine Einschränkung des Zahlungsaufschubrechts des Verbrauchers vorzunehmen. Denn gerade so besteht ein Korrektiv zur ansonsten übermächtigen Stellung der EVU. Insofern besteht auch keine Veranlassung für die Gerichte, nachträglich über § 242 BGB die Stellung des Verbrauchers in einer Weise zu schwächen, die der Gesetzgeber offenbar gerade nicht gewollt hat.

Die Berufung der Versorger auf schützenswerte Geschäftsgeheimnisse ist im Übrigen nichts weiter als ein Vorwand, um Kellerleichen zu vertuschen. Denn ein ausreichender Schutz ist für jedes EVU ohne weiteres gegeben, wenn der Kunde anbietet, eine umfassende strafbewehrte Vertraulichkeitserklärung zu unterzeichnen. Diese Schutzmöglichkeit der Interessen des Versorgers hat m.E. der BGH in seinen Entscheidungen zum Thema „Geschäftsgeheimnisse“ glatt übersehen.

Die vollständig und prüfbar vorgelegten Kalkulationsgrundlagen hat der Verbraucher dann zu prüfen und sich zu entscheiden, ob er die Billigkeit der Preisbestimmung des Versorgers weiter bestreiten will oder nicht. Das heißt, erst mit ausreichender Kenntnis der Preisgrundlagen ist er in der Lage, die Sachlage zu beurteilen und ggf. ein sofortiges Anerkenntnis abzugeben.

Verweigert der Versorger – trotz ausdrücklichen Angebots einer strafbewehrten Vertraulichkeitserklärung – die geforderten Auskünfte ganz oder in Teilen und reicht er dann bei fortdauerndem Zahlungsaufschub des Verbrauchers Klage gegen diesen ein, sehe ich keinerlei Rechtsgrund, aus dem es dem Verbraucher verwehrt sein könnte, auch noch im Prozess nach erstmaliger Kenntnisnahme ihm bis dato unbekannter, da verweigerter Kalkulationsgrundlagen für sich kostenbefreiend ein sofortiges Anerkenntnis auszusprechen.

Dazu müsste sich der Verbraucher m.E. lediglich vor dem Termin dahingehend erklären, dass er sich vorbehält, Informationen über Preisgrundlagen, die ihm vom Versorger bislang vorenthalten wurden und von denen er erstmals im Prozess Kenntnis erlangt, ggf. sofort und zur Kostenlast des Versorgers anzuerkennen.

Ein prozessuales Angebot des Versorgers, den Billigkeitsbeweis über ein noch zu erstellendes und vom Gericht anzuordnendes Sachverständigengutachten zu führen, halte ich – insoweit der Versorger sich vorprozessual geweigert haben sollte, dem Verbraucher zur eigenen Billigkeitsprüfung hinreichende Informationen zur Verfügung zu stellen –  für rechtsmissbräuchlich und nicht geeignet, eine entsprechende Kostenpflicht des Verbrauchers auszulösen. Denn dieser hat nach dem Vorverhalten des Versorgers keine Veranlassung zur Klage und zur Einholung eines Sachverständigengutachtens gegeben.

Ihre Auffassung, reblaus, dass es ohne eine Verpflichtung des Verbrauchers nach § 242 BGB zur hinreichenden Begründung seines Billigkeitseinwand und Zahlungsaufschubs tatsächlich so wäre, dass eine Zahlungsklage des Versorgers immer scheitern würde, solange über die Billigkeit des Anspruchs nicht rechtskräftig entschieden wurde, vermag ich nach dem Vorstehenden nicht zu teilen.

Denn eine Zahlungsklage wird wohl dann nicht scheitern, wenn der Versorger nachweist, das der Kunde die Zahlung grundlos zurückhält. Dies wäre z.B. der Fall, wenn der Versorger dem Verbraucher auf Verlangen alle zur Billigkeitsprüfung notwendigen Kalkulationsgrundlagen offengelegt hat und dieser daraufhin die Zahlung weiterhin zurückbehält, ohne sich weiter dazu zu äußern oder ein Anerkenntnis zu erklären oder selbst Klage einzureichen.


@ black


--- Zitat ---Original von Black:  Eine Behauptung wird nicht dadurch wahrer, indem man sie immer wieder wiederholt.
--- Ende Zitat ---
Insbesondere Ihre Behauptunng, dass meine Behauptung unwahr sei, wird durch Wiederholung nicht wahrer.


--- Zitat ---Wenn schon die Einrede des § 315 BGB zum \"Zahlungsaufschub brechtigen\" würde, dann könnte der Versorger bei obsiegen keine Verzugszinsen verlangen. Denn Verzug kann nur bei fälligen Forderungen eintreten und bei \"berechtigtem Zahlungsaufschub\" kann nicht gleichzeitig Fälligkeit vorliegen.
--- Ende Zitat ---
Nicht § 315 BGB für sich allein genommen berechtigt zum Zahlungsaufschub, sondern § 315 BGB i.V.m. § 17 GasGVV und § 242 BGB. Auch ist es nicht so, dass der Versorger bei einem berechtigten Zahlungsaufschub im Falle der später gerichtlich festgestellten Billigkeit keine Verzugszinsen verlangen könnte. Denn diesenfalls wird die Forderung des Versorgers quasi rückwirkend fällig, ebenso wie der Verbraucher dann trotz zunächst berechtigten Zahlungsaufschubs rückwirkend in Verzug gerät und Verzugszinsen zu zahlen hat. Niemand hat irgendeine \"Gleichzeitigkeit\" behauptet. Wenn Sie eine solche wider besseres Wissen aus der Luft greifen, um damit Verunsicherung ins Forum hineinzutragen, dann sollten wir vielleicht mal einen neuen Thread zum Thema Anwaltsethik aufmachen.

reblaus:
@Gas-Rebell

Da habe ich ja eine ganze to-do-Liste von Ihnen, die es abzuarbeiten gilt.  ;) Zugegebenermaßen habe ich mich hier im Forum von Unwichtigkeiten ablenken lassen, und ob meiner Neigungen die Pflicht vernachlässigt :].


--- Zitat ---Original von Gas-Rebell Der Zahlungsanspruch wird m.E. nicht deshalb nicht fällig, weil ein Kontokorrent-Saldoanerkenntnis verweigert wird, sondern weil es schlicht gesetzliche Bestimmung ist, egal ob dieser eine Kontokorrentüberlegung zugrunde liegen mag.
--- Ende Zitat ---

In § 17 GasGVV steht, dass § 315 BGB von der Regelung unberührt bleibt, es steht nicht, dass ein Zahlungsaufschub bei der Einrede der Unbilligkeit gewährt wird. Die in § 17 GasGVV geregelte Rechtsfolge gilt daher nicht direkt für eine Unbilligkeitseinrede.

Aus § 17 GasGVV ergibt sich indirekt, dass ein Saldoanerkenntnis nur aus schwerwiegenden Gründen verweigert werden darf. Dies ist die eigentliche Aussage (der hier relevanten Teile) dieses Paragrafen. Ansonsten wäre die Regelung überflüssig. Daraus darf geschlossen werden, dass die Verweigerung des Saldoanerkenntnisses aus Vorwänden mit der gesetzlichen Regelung nicht vereinbar ist. Dies muss dann auch für die Unbilligkeitseinrede gelten. Dort ist die Rechtsfolge aber aus § 242 BGB herzuleiten.

Inwieweit der Verbraucher seine Einrede zu substantiieren hat, hängt davon ab, inwieweit der Versorger seine Preiserhöhung begründet, oder substantiierte Einwände widerlegt. Je detaillierter der Versorger begründet, desto detaillierter muss der Verbraucher weitere Zweifel erläutern, so dass dem Versorger die Möglichkeit eröffnet wird auch diese Zweifel auszuräumen.

Der Verbraucher kann vom Versorger allerdings nicht verlangen, dass dieser die Richtigkeit seiner Erläuterungen nachweist. Dies ist eine Frage des Glaubens. Hegt der Verbraucher Misstrauen, das sich in einer späteren gerichtlichen Beweisaufnahme als unbegründet erweist, hat er die dadurch entstehenden Kosten zu tragen. Vorgerichtlich wird das Vertrauen des Verbrauchers durch das Strafrecht ausreichend geschützt.

Beim Kontokorrent ist nicht die Abrechnung die Anspruchsgrundlage für den Saldoausgleich, sondern das Saldoanerkenntnis. Solange dieses nicht vereinbart wird, kann der Saldo nicht fällig werden. Wird jedoch der Saldo anerkannt, verzichtet der Verbraucher damit auf sein Recht der Unbilligkeitseinrede. Er könnte das Anerkenntnis allenfalls unter Vorbehalt leisten. Wegen der Rechtssprechung zum Sockelpreis wäre dieser Vorbehalt jedoch ausdrücklich zu erklären.

Denkbar wäre § 17 GasGVV so auszulegen, dass das Saldoanerkenntnis generell unter dem Vorbehalt stünde, dass die Unbilligkeitseinrede auch später noch möglich ist. Dadurch würde sich bei BGH VIII ZR 36/06 die Frist erklären, die es abzuwarten gilt, bevor der Sockelpreis als vereinbart gilt. Mit dieser Interpretation wären auch Ihre Einwände berücksichtigt. Nicht zuletzt wäre die Formulierung \"bleibt unberührt\" dadurch erklärt.

Entscheidet man sich allerdings für diese Variante, besteht kaum Raum vom Versorger vorgerichtlich umfangreiche Aufklärung über die wahren Verhältnisse zu verlangen.

RR-E-ft:
Es besteht kein Anspruch auf ein Saldoanerkenntnis. Weder von einem solchen noch nur von einem Kontokorrentverhältnis ist im Gesetz oder der ergangenen Rechtsprechung im Zusammenhang mit Zahlungspflichten des grundversorgten Kunden die Rede. In einem Zahlungsprozess gegen den Kunden trägt schließlich auch der Versorger die uneingeschränkte Darlegungs- und Beweislast für die Billigkeit seiner einseitigen Entgeltfestsetzung/ Leistungsbestimmung (BGH VIII ZR 138/07 Tz. 28; VIII ZR 314/07 Tz. 19). Demnach ist die Unbilligkeitseinrede gegen einseitige Leistungsbestimmungen auch nicht zu substantiieren. Sie muss nur erhoben werden und es ist dann allein Sache der zur einseitigen Leistungsbestimmung vertraglich oder gesetzlich berechtigten wie verpflichteten Vertragspartei, die Billigkeit ihrer einseitigen Leistungsbestimmung darzulegen und ggf. zu beweisen, wobei die Substantiierungslast vom Maß des Bestreitens abhängen kann.  Vielleicht zeigt reblaus außer seinen eigenen Beiträgen mal eine einzige Fundstelle auf, wo in diesem Zusammenhang von einem Saldoanerkenntnis oder dem Recht, ein solches zu verweigern, die Rede ist.

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