Forum des Bundes der Energieverbraucher

Autor Thema: Wirksame Einbeziehung von AGB?  (Gelesen 16513 mal)

0 Mitglieder und 2 Gäste betrachten dieses Thema.

Offline reblaus

  • Forenmitglied
  • Beiträge: 1.055
  • Karma: +0/-0
Wirksame Einbeziehung von AGB?
« Antwort #30 am: 20. November 2009, 11:01:26 »
@Bolli
Sie müssen unbedingt unterscheiden, zwischen einem Sachverhalt bei dem die Parteien bereits einen Vertrag abgeschlossen haben, und der Situation, dass eine Seite zwar ein Vertragsangebot vorgelegt hat, dieses von der anderen Seite aber noch nicht angenommen wurde. In diesem Fall liegt noch kein Vertrag vor.

Das deklaratorische Schuldanerkenntnis spielt ausschließlich in den Fällen eine Rolle, in denen bereits ein Vertrag vereinbart wurde, und dieser durch eine Erfüllungshandlung ergänzt  werden soll (wobei hiermit nur zurückliegende Sachverhalte geregelt werden können) Ohne vorhandenen Vertrag kein deklaratorisches Schuldanerkenntnis.

Im von Wusel geschilderten Sachverhalt liegt es so, dass zwischen den Parteien noch kein Vertrag vereinbart wurde. Seine Variante, dass bereits in dem Telefonat der Vertrag vereinbart wurde, und die schriftliche Bestätigung nur deklaratorischen Charakter hatte, lasse ich außen vor, weil dann ein Vertrag abgeschlossen worden wäre, an dem die Bestätigung nichts mehr ändern würde. Es wäre dann keine in der Bestätigung aufgeführte Klausel vereinbart worden, auch die unwirksame Preisanpassungsklausel nicht (soweit diese nicht bereits in dem Telefonat vereinbart worden wäre). Die Sondervertragseigenschaft würde damit auf sehr wackeligen Füßen stehen.

Wenn es sich aber so verhielt, dass der Versorger am Telefon mitteilte, dass der Vertrag erst mit Zusendung der Bestätigung zustande käme, wird das telefonische Vertragsangebot von Wusel mit dem Schreiben vom Versorger angenommen. Da in dem Bestätigungsschreiben jedoch umfangreiche Vertragsbedingungen aufgenommen wurden, ist dies nur dann als Annahme des Angebots zu werten, wenn über diese Bedingungen schon in dem Telefonat gesprochen wurde, oder Wusel aus anderen Quellen bekannt war, dass dieser Vertrag nur zu diesen besonderen Bedingungen abgeschlossen würde.

War Wusel sich bei seinem telefonischen Angebot über diese Bedingungen jedoch nicht im Klaren, ist das Bestätigungsschreiben des Versorgers nach § 150 Abs. 2 BGB als Ablehnung des Angebots von Wusel und als neues Angebot des Versorgers zu werten, das diesmal von Wusel angenommen oder abgelehnt werden kann. Nur wenn in dem Bestätigungsschreiben stand, dass die ergänzenden Bedingungen Vertragsbestandteil werden, und man diese auf Wunsch gerne zusende, stellt sich überhaupt die Frage ob Wusel auf die Zusendung verzichten konnte.

Wusel hat nun folgende Möglichkeiten.
1.   Er will das Angebot nicht annehmen, weil er diesen Knebelvertrag unverschämt findet. Er tut nichts. Da er keinen Liefervertrag hat, entnimmt er auch kein Gas. Es kommt kein Vertrag zustande.
2.   Er will das Angebot nicht annehmen, weil er diesen Knebelvertrag unverschämt findet. Er ruft beim Versorger an, und teilt ihm dies mehr oder weniger freundlich mit. Damit lehnt er das Vertragsangebot ab. Danach entnimmt er Gas. Dadurch kommt ein Grundversorgungsvertrag nach § 2 Abs. 2 GasGVV zustande.
3.   Er will das Angebot nur ohne Einbeziehung der ergänzenden Bedingungen annehmen. Er teilt dies dem Versorger mit. Dadurch lehnt er das Vertragsangebot ab, und bietet einen neuen Vertragsschluss ohne diese Bedingungen an. Nimmt der Versorger dieses Angebot an, kommt ein Vertrag zu Wusels Wunschkonditionen zustande. Sagt und tut der Versorger nichts, kommt kein Vertrag zustande. Entnimmt Wusel Gas ohne dass der Wunschvertrag zustande gekommen ist, kommt ein Grundversorgungsvertrag zustande.
4.   Wusel will das Angebot des Versorgers annehmen und teilt dies fernmündlich oder schriftlich mit. Das Angebot des Versorgers, die ergänzenden Bedingungen vor Vertragsschluss zuzusenden, schlägt er in diesem Moment aus. Der Vertrag kommt einschließlich der ergänzenden Bedingungen zustande.
5.   Wusel weiß nicht was er jetzt tun soll, da es kalt ist, muss er aber heizen und entnimmt erstmal Gas, obwohl nach seiner Ansicht noch kein Vertrag geschlossen wurde, der ihn dazu berechtigen würde. Der Versorger darf dies dahingehend verstehen, dass Wusel das ihm bekannte schriftliche Angebot wahrnehmen will, weil er nur mit einem Liefervertrag berechtigt ist, Gas zu entnehmen. Da ihm auch das Angebot die ergänzenden Bestimmungen zuzusenden bekannt ist, Wusel dieses Angebot aber nicht wahrgenommen hat, darf der Versorger dies dahingehend verstehen, dass Wusel auf die Zusendung verzichtet. Dass Wusel noch völlig unschlüssig war, wie er mit dem Vertragsangebot umgehen solle, spielt keine Rolle, da eine Erklärung immer so zu verstehen ist, wie sie beim Erklärungsempfänger ankommt. Kommt eine Erklärung anders an, als der Erklärende sie abgeben wollte, muss der Erklärende die Erklärung anfechten.

@ Wusel
Zu Ihrer neuesten Variante, dass möglicherweise bereits Gas entnommen wurde, bevor das Bestätigungsschreiben bei Ihnen ankam.

Das ändert nichts an der Situation, wenn der Vertrag bereits mit dem Telefonat zustande kam, dann hatten Sie einen Liefervertrag und durften zu diesen Konditionen Gas entnehmen.

Wenn der Vertrag in dem Telefonat noch nicht zustande kam, haben Sie mit der Gasentnahme einen Grundversorgungsvertrag abgeschlossen. Die Frage ist hier, ob dem Versorger jemals bekannt war, dass Sie vor Abschluss des Sondervertrages bereits Gas entnommen haben. War es ihm nicht bekannt, weil zu dem Zeitpunkt nicht abgelesen wurde und Sie nie etwas erwähnt haben, ist ihm die in der vorvertraglichen Gasentnahme liegende Willenserklärung nie zugegangen. Er durfte daher ihre spätere Gasentnahme als Annahme seines Angebots werten. Wenn Sie lieber in der Grundversorgung beliefert worden wären, hätten Sie diese Erklärung anfechten müssen, nachdem Sie z. B. durch die Abrechnung erfahren haben, dass Ihre Gasentnahme in einer Weise ausgelegt wurde, die nicht Ihrem tatsächlichen Willen entsprochen hat.

Was ich bei Ihnen nicht ganz verstehe, ist die Furcht die Ihnen die Einbeziehung der AVBGasV einflößt. Wenn Sie in dem Sonderabkommen eine eigenständige Preisänderungsklausel vereinbart haben, verdrängt diese das in der AVBGasV enthaltene Preisänderungsrecht. Dieses ist dann in keinem Fall Vertragsbestandteil geworden. In Ihrem Fall ist daher nur zu prüfen, ob die Sondervertragspreisanpassungsklausel wirksam oder unwirksam ist.

Offline Wusel

  • Forenmitglied
  • Beiträge: 88
  • Karma: +0/-0
Wirksame Einbeziehung von AGB?
« Antwort #31 am: 20. November 2009, 12:05:43 »
Zitat
Original von reblaus
Was ich bei Ihnen nicht ganz verstehe, ist die Furcht die Ihnen die Einbeziehung der AVBGasV einflößt.
Der Grund dafür liegt u. a. in dem aktuellen Urteil des OLG Frankfurt vom 13.10.2009.
Denn in dem Urteil (in dem es eigentlich um die wirksame Einbindung der AGB ging) wird unter anderem das Preisänderungsrecht gemäß AvbGasV in einem Sondervertrag (mit wirksam einbezogener AvbGasV) eindeutig bejaht, weil die Preisänderungsklausel \"Preisänderungen... werden nach öffentlicher Bekanntgabe in der Presse wirksam\" keine Preisänderungsklausel im eigentlichen Sinne war, sondern lediglich die Art der Veröffentlichung regelt. Damit gilt das Preisänderungsrecht gemäß AvbGasV. Das sagt jedenfalls das OLG Frankfurt im o. g. Urteil im Punkt 48.
Habe ich das soweit richtig verstanden?

In meinem Fall habe ich eine sehr ähnliche Klausel \"...der Versorger ist berechtigt, die Preise nach öffentlicher Bekanntgabe in der örtlichen Presse zu ändern...\" (den exakten Wortlaut hab ich im Moment nicht im Kopf), ohne Nennung von Art/Weise/Voraussetzungen etwaiger Preisänderungen. Mit den gleichen negativen Folgen wie in obiger OLG-Entscheidung, also ein möglicherweise wirksames Preisänderungsrecht gemäß AvbGasV trotz Sondervertrag.

Die alles entscheidende Frage dürfte dabei sein:
Ist diese Klausel wirklich eine Preisänderungsklausel ? --> dann gilt diese bzw. ist ungültig und es gibt überhaupt keine Berechtigung zur Preisänderung
oder
Handelt es sich um eine Klausel, die leidglich die Art und Weise der Veröffentlichung regelt (ich befürchte es)? --> dann gilt die Preisänderungsberechtigung gemäß AvbGasV (sofern wirksam vereinbart, deswegen meine diesbezüglichen Nachfragen)

Offline RR-E-ft

  • Rechtsanwalt
  • Forenmitglied
  • ***
  • Beiträge: 17.078
  • Karma: +15/-2
  • Geschlecht: Männlich
Wirksame Einbeziehung von AGB?
« Antwort #32 am: 20. November 2009, 12:15:41 »
Zitat
Original von Wusel
In meinem Fall habe ich eine sehr ähnliche Klausel \"...der Versorger ist berechtigt, die Preise nach öffentlicher Bekanntgabe in der örtlichen Presse zu ändern...\" (den exakten Wortlaut hab ich im Moment nicht im Kopf), ohne Nennung von Art/Weise/Voraussetzungen etwaiger Preisänderungen.

Auf den exakten Wortlaut der Klausel kommt es schon an.
Die Klausel - wenn sie denn überhaupt so lautet - regelt wohl, dass der Versorger berechtigt, jedoch nicht verpflichtet ist, die Preise zu ändern, was gem. § 307 BGB die Unwirksamkeit der Klausel und darauf gestützter einseitiger Preisänderungen zur Folge hätte (BGH KZR 2/07, VIII ZR 225/07, VIII ZR 56/08, VIII ZR 320/07).

Ärgerlich, dass hier mehrere Threads zum Thema wirksame Einbeziehung von AGB nebeneinander  wuseln.

Offline reblaus

  • Forenmitglied
  • Beiträge: 1.055
  • Karma: +0/-0
Wirksame Einbeziehung von AGB?
« Antwort #33 am: 20. November 2009, 13:33:03 »
@Wusel
Wenn in der Klausel wirklich drin steht \"ist berechtigt\" oder auch \"kann die Preise erhöhen\" dann ist diese Formulierung der Todesstoß für diese Klausel. Wie RR-E-ft bereits deutlich gemacht hat, ist eine solche Klausel nach höchstrichterlicher zwischenzeitlich gefestigter Rechtsprechung unwirksam, da sie dem Versorger erlaubt, die Preise zu erhöhen wenn seine Kosten gestiegen sind, ihn aber nicht im gleichen Umfang zwingt die Preise zu senken, wenn seine Kosten gefallen sind. Er ist nur berechtigt und nicht verpflichtet.

Wenn dies bei Ihrer Klausel so zutrifft, wäre es für Sie nachteilig, wenn der Vertrag schon am Telefon abgeschlossen worden wäre.

Offline RR-E-ft

  • Rechtsanwalt
  • Forenmitglied
  • ***
  • Beiträge: 17.078
  • Karma: +15/-2
  • Geschlecht: Männlich
Wirksame Einbeziehung von AGB?
« Antwort #34 am: 20. November 2009, 13:55:47 »
Ein Vertragsabschluss (am Telefon) durch Einigung auf einen Erdgas- Sonderpreis ohne vertragliche Vereinbarung einer Preisänderungsklausel ist nicht nachteiliger als die wirksame  Einbeziehung einer unwirksamen Klausel (vgl. AG Starnberg, Urt. v. 22.10.09). In beiden Fällen gilt der vertraglich vereinbarte Preis gem. § 433 BGB unverändert fort (vgl. LG Gera, Urt. v. 07.11.08].

Offline reblaus

  • Forenmitglied
  • Beiträge: 1.055
  • Karma: +0/-0
Wirksame Einbeziehung von AGB?
« Antwort #35 am: 20. November 2009, 14:08:06 »
@RR-E-ft
Allerdings unterschlagen Sie hierbei, dass die Rechtsfrage, ob ein Sondervertrag allein durch die Auswahl eines als \"Sonder\"preis bezeichneten Tarifs zustande kommen kann, höchst umstritten ist.

Wenn allein die Namensgebung entscheidend wäre, könnte bei jeder Marketingmaßnahme, bei denen den Preisen klangvollere Namen gegeben würden, eine Änderung des Vertragstyps erfolgen. Wo da Angebot und Annahme bleiben sollen, ist mir schleierhaft. An anderer Stelle habe ich schon dargelegt, dass ich diese Auffassung mit dem Gleichheitsgrundsatz nicht für vereinbar halte.

Ein Verbraucher mit einem eindeutigen Sondervertrag und eindeutig unwirksamer Klausel fährt sicherer.

Offline bolli

  • Forenmitglied
  • Beiträge: 2.396
  • Karma: +23/-11
Wirksame Einbeziehung von AGB?
« Antwort #36 am: 20. November 2009, 14:17:25 »
Zitat
Original von RR-E-ft
Ärgerlich, dass hier mehrere Threads zum Thema wirksame Einbeziehung von AGB nebeneinander  wuseln.

Sehe ich auch so, vor allem, wenn dann auf die Frage nach Birnen mit Äpfeln geantwortet wird.  :evil:
Die Ausgangsfrage von Heinrich war eine andere wie der Sachverhalt von Wusel, den er an anderer Stelle gepostet hat. Eine Antwort darauf sollte man auch dort geben und nicht die Äpfeln mit den Birnen mischen, zumindest nicht ohne dieses auch zu benennen. HIER war Wusel\'s Frage eine andere gewesen.

@reblaus
Mir ich schon klar, dass ein deklaratorisches Schuldanerkenntnis nur bei bestehenden Verträgen möglich ist.

Das Sie aber aus der Vertragsbestätigung ein neues Angebot auf Annahme eines neuen Vertrags konstruieren, ist schon interessant. Zwar kann ICH das einigermaßen nachvollziehen, nachdem ich mit Verwaltungsdeutsch hinlänglich konfrontiert bin und auch Ihre Herleitungen verstehe, aber ein normaler Verbraucher wird doch wohl niemals aus einer übersandten Vertragsbestätigung ein Angebot auf einen neuen Vertrag sehen.
Möglicherweise wird er, wenn z.B. der telefonisch vereinbarte Preis nicht mit dem ihm  übersandten übereinstimmt, sagen, dass er zu diesem Preis  keinen Vertrag abgeschlossen hat, und den Vertrag kündigen (wollen), aber aus telefonisch nicht bekannt gewordenen Klauseln, die in der Vertragsbestätigung nochmals deklaratorisch aufgeführt sind, herzuleiten, dass dieses ein neues Angebot wäre, entspricht wohl nicht der Lebenserfahrung.
Da wären quasi alle telefonischen Verträge, bei denen der Vertragstext bzw. die Klauseln nicht komplett am Telefon vorgelesen wird, nicht so vereinbart. Na, herzlichen Glückwunsch.

Und wir sind von der eigentlichen Frage in diesem Thread, nämlich, ob nicht übersandte AGB, die einem Vertragsschluss bei persönlicher Abwesenheit \"nur\" zur Einsichtnahme oder zur Übersendung \"zur Verfügung gestellt wurden\" wieder ein gutes Stück entfernt.

Kann die Formulierung \"...oder Ihnen auf Anforderung kostenlos übersandt werden können...\" ein Beiliegen der AGB bei Vertragsschluss (egal ob Vertrag schon am Telefon geschlossen wurde oder erst mit der Vertragsbestätigung zustande kam), ersetzen ?

Offline RR-E-ft

  • Rechtsanwalt
  • Forenmitglied
  • ***
  • Beiträge: 17.078
  • Karma: +15/-2
  • Geschlecht: Männlich
Wirksame Einbeziehung von AGB?
« Antwort #37 am: 20. November 2009, 14:22:00 »
@reblaus

Unter einem Erdgas- Sonderpreis verstehe ich - wie die Rechtsprechung auch - jeden vereinbarten Preis, der kein Allgemeiner Tarif/ Allgemeiner Preis der Grundversorgung  ist (vgl. BGH KZR 2/07). Wird ein solcher Preis wirksam vereinbart, handelt es sich in jedem Fall um einen Sondervertrag.

Sie bekunden hier im Forum, selbst nicht anwaltlich tätig zu sein, gleichwohl Sie immer kluge Ratschläge für die anwaltliche Tätigkeit parat halten. Womöglich wird deshalb  die Praxis hilfsweisen Sach- und Rechtsvortrages nicht geläufig sein.

Schließlich ist es am Versorger, in einer Zahlungsklage vorzutragen, wie der Vertrag durch Einigung zustande kam, dem ggf. eine andere Sachverhaltsdarstellung entgegenzusetzen ist, soweit der Vortrag des klagenden Versorgers unzutreffend sein sollte.

Offline reblaus

  • Forenmitglied
  • Beiträge: 1.055
  • Karma: +0/-0
Wirksame Einbeziehung von AGB?
« Antwort #38 am: 20. November 2009, 15:18:23 »
@Bolli
Zitat
Original von Bolli Kann die Formulierung \"...oder Ihnen auf Anforderung kostenlos übersandt werden können...\" ein Beiliegen der AGB bei Vertragsschluss (egal ob Vertrag schon am Telefon geschlossen wurde oder erst mit der Vertragsbestätigung zustande kam), ersetzen ?

Nein.

Dies geht nur, wenn die Vertragsbestätigung (als Annahme des Angebots) gem. § 150 BGB in ein neues Angebot umgedeutet wurde. Dann ist darin die Möglichkeit für den Verbraucher enthalten, sich die ergänzenden AGB vor Abschluss des Vertrages zusenden zu lassen.

Der normale rechtsunkundige Bürger muss ziemlich viele Gesetze einhalten. Die meisten wird er nicht kennen, und über die Rechtsfolgen erstaunt sein. Das habe aber nicht ich zu verantworten. Bei der deklaratorischen Vertragsbestätigung wird ein bereits abgeschlossener Vertrag nochmals schriftlich bestätigt. Abweichungen von der mündlichen Vereinbarung ändern im nicht kaufmännischen Geschäftsverkehr an der mündlichen Abmachung gar nichts. § 150 BGB ist hier nicht anwendbar.

Meines Wissens war der Sachverhalt von Heinrich abschließend besprochen worden. Es kamen jedenfalls keine Rückfragen. Weitere Argumente wurden auch nicht vorgetragen.

@RR-E-ft
Wollen Sie vor Gericht vortragen, dass der Vertrag fernmündlich zustande gekommen sei, lediglich für den Fall, dass das Gericht in dem vereinbarten Sonderpreis einen Tarifpreis sehe, werde hilfsweise vorgetragen, dass der Vertrag doch nicht fernmündlich vereinbart worden sei, sondern erst durch die schriftliche Vertragsbestätigung angenommen werden sollte? :]

In der Theorie muss der Versorger das Zustandekommen des Vertrages beweisen. In der Praxis reicht es wegen § 2 GasGVV aus, dass er beweist, dass der Verbraucher Gas entnommen hat. Was in der Regel unstreitig sein dürfte. Dies hat zur Folge, dass in der Praxis der Verbraucher zu beweisen hat, dass ein Sondervertrag vereinbart wurde

Ein Sonderpreis liegt vor, wenn mit ihm eine besondere Leistung abgerechnet wird. So dürfte die Abrechnung von Erdgas mit einem Anteil Biogas immer mit einem Sonderpreis verbunden sein. Auch die Leistungserbringung zu wesentlich anderen Konditionen als im Grundversorgungstarif spricht für einen Sonderpreis. Nur die Namensgebung allein spricht eben nicht dafür, dass dieser „Sonderpreis“ auch auf einem Sondervertrag beruht. Allein die Einräumung eines Mengenrabatts kann hierfür nicht ausreichend sein.

Offline RR-E-ft

  • Rechtsanwalt
  • Forenmitglied
  • ***
  • Beiträge: 17.078
  • Karma: +15/-2
  • Geschlecht: Männlich
Wirksame Einbeziehung von AGB?
« Antwort #39 am: 20. November 2009, 16:06:46 »
Mit einem vereinbarten Erdgas- Sonderpreis wird keine besondere Leistung abgerechnet, sondern schlicht eine Gaslieferung zu einem vereinbarten Preis, der kein Allgemeiner Tarif/ Allgemeiner Preis der Grundversorgung ist (vgl. BGH KZR 2/07).

Allgemeine Tarife sind nur solche, die von einem gesetzlich versorgungspflichtigen Unternehmen gem. § 10 I EnWG a.F. als solche öffentlich bekannt gegeben wurden.

Allgemeine Preise der Grundversorgung sind nur solche, die von einem Grundversorger als solche gem. § 36 I EnWG öffentlich bekannt gegeben wurden. In der Grundversorgung beliefert werden nur Haushaltskunden im Sinne von § 3 Nr. 22 EnWG.

Der Abschluss eines Grundversorgungsvertrages besteht nicht schon aus der Entnahme von Energie aus dem Netz, wenn die weiteren Voraussetzungen für eine  Grundversorgung schon nicht vorliegen.

Alle anderen Preise sind Sonderpreise.

Offline reblaus

  • Forenmitglied
  • Beiträge: 1.055
  • Karma: +0/-0
Wirksame Einbeziehung von AGB?
« Antwort #40 am: 20. November 2009, 16:31:43 »
Zitat
§ 36 EnWG
Grundversorgungspflicht

(1) Energieversorgungsunternehmen haben für Netzgebiete, in denen sie die Grundversorgung von Haushaltskunden durchführen, Allgemeine Bedingungen und Allgemeine Preise für die Versorgung in Niederspannung oder Niederdruck öffentlich bekannt zu geben und im Internet zu veröffentlichen und zu diesen Bedingungen und Preisen jeden Haushaltskunden zu versorgen. Die Pflicht zur Grundversorgung besteht nicht, wenn die Versorgung für das Energieversorgungsunternehmen aus wirtschaftlichen Gründen nicht zumutbar ist.

Ich suche hier vergeblich \"als solche\". Meine Fassung der Vorschrift besagt auch nichts über die Namensgebung.

Veröffentlicht der Versorger den Preis nicht, weicht er von der Grundversorung ab, und die Belieferung erfolgt mit einem Sondervertrag. Da stimme ich Ihnen zu. Die Belieferung der BASF erfolgt unabhängig von der Namensgebung nicht nach GasGVV sondern zu Sondervertragskonditionen.

Offline RR-E-ft

  • Rechtsanwalt
  • Forenmitglied
  • ***
  • Beiträge: 17.078
  • Karma: +15/-2
  • Geschlecht: Männlich
Wirksame Einbeziehung von AGB?
« Antwort #41 am: 20. November 2009, 16:44:04 »
Aus der Veröffentlichung gem. § 36 EnWG muss sich ergeben, dass es sich um die Allgemeinen Preise der Grundversorgung handelt.

Oft werden daneben auch weitere Preise öffentlich bekanntgegeben, so Sondertragspreise für Normsonderverträge, in denen (aus Sicht des EVU wirksam) vertraglich vereinbart wurde, dass Preisänderungen öffentlich bekannt zu geben sind.

Gerade mit Rücksicht auf Normsonderverträge sind nicht alle öffentlich bekannt gemachten Preise zugleich auch Allgemeine Preise der Grundversorgung.

Auch BASF kann zu den Bedingungen der GasGVV beliefert werden, wenn deren Geltung vertraglich vereinbart wurde. Dann werden Preisänderungen gegenüber BASF auch erst mit öffentlicher Bekanntgabe geänderter Preise gem. § 5 GasGVV wirksam. Der so öffentlich bekannt gemachte Preis (\"Ludwigshafen best\") wäre jedoch gerade kein Allgemeiner Preis der Grundversorgung.

Ebensowenig sind veröffentlichte  Heizgas- Sonderpreise für Normsondervertragskunden Allgemeine Preise der Grundversorgung.

In vielen öffentlichen Bekanntmachungen der Preise wird deshalb unterschieden zwischen Allgemeinen Preisen der Grund- und Ersatzversorgung einerseits  und Heizgas- Sonderpreisen andererseits , damit die Abgrenzung zwischen diesen  nach außen deutlich wird.

Deshalb ist es entscheidend, welche von einem Grundversoger  veröffentlichten Preise als Allgemeine Preise der Grundversorgung veröffentlicht wurden.

Da verwundert es wenig, dass zuweilen veröffentlichte Erdgas- Sonderpreise bei Vertragsabschluss vertraglich vereinbart wurden, die Bedingungen der AVBGasV/ GasGVV oder sonstige AGB jedoch nicht gem. Art. 229 § 5 EGBGB, § 305 II BGB wirksam in die Verträge einbezogen wurden.... Solche Fälle sind nicht nur mir in der Praxis schon häufig untergekommen.

Offline reblaus

  • Forenmitglied
  • Beiträge: 1.055
  • Karma: +0/-0
Wirksame Einbeziehung von AGB?
« Antwort #42 am: 20. November 2009, 17:14:58 »
Es gibt keinen Rechtssatz der den Versorger daran hindert, einen Sondervertragskunden nach den gleichen Preisen abzurechnen wie einen Grundversorgungskunden, wenn im Sondervertrag die Abrechnung mit diesem Allgemeinen Preis vereinbart wurde.

Aus diesem Grund kann sich auch kein Grundversorgungskunde allein wegen eines Preises, der auch bei Sonderkunden angewendet wird, darauf berufen, dass er nun auch einen Sondervertrag abgeschlossen habe.

Es gibt keinen Rechtssatz der verbieten würde, Heizgaskunden in der Grundversorgung zu beliefern. § 1 EnWG schreibt aber vor, dass Heizgaskunden Mengenrabatte einzuräumen sind. Die Belieferung hat nämlich möglichst günstig und verbraucherfreundlich zu erfolgen. Hierzu gehört dass Kostenersparnisse, die bei der Abgabe größerer Mengen erzielt werden, an die betreffenden Kunden weitergereicht werden. Allein durch die Gewährung von Mengenrabatt kann ein Preis daher nicht zum Sonderpreis werden.

Offline RR-E-ft

  • Rechtsanwalt
  • Forenmitglied
  • ***
  • Beiträge: 17.078
  • Karma: +15/-2
  • Geschlecht: Männlich
Wirksame Einbeziehung von AGB?
« Antwort #43 am: 20. November 2009, 17:31:45 »
@reblaus

Ich weiß nicht, was Sie damit sagen wollen. :rolleyes:

Kein Grundversorger ist verpflichtet, überhaupt Sonderverträge anzubieten. Er kann es auch lassen.

Der Sondervertragskunde ist zu den Preisen zu beliefern, die vertraglich vereinbart wurden. Wenn schon gegenüber veröffentlichten Allgemeinen Tarifen auch günstigere Sonderpreise für Sonderverträge  angeboten werden, ist wohl kein Kunde so dusselig, einen Sondervertrag zu den teureren Allgemeinen Tarifen abzuschließen. Dies würde wirtschaftlich gar keinen Sinn machen.

Grundversorger entscheiden selbst darüber, welche Allgemeinen Preise der Grundversorgung sie gem. § 36 I EnWG anbieten und als solche öffentlich bekannt geben und ob sie etwaig  daneben - außerhalb der Grundversorgung -  im Rahmen der Vertragsfreiheit auch Sonderpreise anbieten und wenn sie solche Sonderpreise anbieten,  in den Allgemeinen Geschäftbedingungen ihrer Sonderverträge etwaig  vorsehen, dass Preisänderungen nur nach öffentlicher Bekanntgabe geänderter Preise entsprechend § 4 AVBGasV/ 5 GasGVV wirksam werden (vgl. BGH VIII ZR 225/07, VIII ZR 56/08; KG Berlin, Urt. v. 18.10.08; OLG Oldenburg, Urt. v. 05.09.08...].

Solche Angebote [Sonderverträge] sind seit Jahr und Tag Usus in der Gaswirtschaft.

Letztere Angebote (Normsonderverträge)  führen zwangsläufig dazu, dass auch Sonderpreise, die keine Allgemeinen Preise der Grundversorgung sind, öffentlich bekannt gegeben werden müssen und öffentlich bekannt gegeben werden, ohne dadurch jedoch  Allgemeine Preise der Grundversorgung zu sein oder zu werden.

Der Kunde hat keinen gesetzlichen Anspruch auf die Belieferung zu solchen Sonderpreisen, sondern nur dann einen vertraglichen Anspruch auf die Belieferung zu solchen Sonderpreisen, wenn dies im Rahmen der Vertragsfreiheit zwischen EVU und Kunde vertraglich vereinbart wurde, die Parteien sich mithin vertraglich auf die Belieferung zu einem solchen Sonderpreis geeinigt hatten.

Haben sie jedoch die Belieferung zu einem solchen Sonderpreis vertraglich vereinbart, besteht ein Sondervertrag außerhalb der Grundversorgung. Ein Preisänderungsrecht besteht dabei nur, wenn es wirksam vertraglich vereinbart wurde (BGH VIII ZR 320/07).

Offline Black

  • Forenmitglied
  • Beiträge: 1.754
  • Karma: +1/-0
Wirksame Einbeziehung von AGB?
« Antwort #44 am: 20. November 2009, 17:59:19 »
Zitat
Original von RR-E-ft
@reblaus
Unter einem Erdgas- Sonderpreis verstehe ich - wie die Rechtsprechung auch - jeden vereinbarten Preis, der kein Allgemeiner Tarif/ Allgemeiner Preis der Grundversorgung  ist (vgl. BGH KZR 2/07). Wird ein solcher Preis wirksam vereinbart, handelt es sich in jedem Fall um einen Sondervertrag..

Ach, das ist nur eine Frage wie Sie das Pferd aufzäumen wollen. Ich würde dagegen sagen, derjenige Tarif zudem diejenigen grundversorgten Kunden beliefert werden, die keine gesonderte Vereinbarung treffen, muss der allgemeine Tarif des Grundversorgers sein.

Wenn dieser Tarif nicht ausreichend veröffentlicht wurde, dann mag das ein Verstoss gegen die Veröffentlichungspflicht sein, begründet aber keinen Sondervertragsstatus des Kunden.
Ihr sollt nicht wähnen, daß ich gekommen sei, Frieden zu senden auf die Erde. Ich bin nicht gekommen, Frieden zu senden, sondern das Schwert.

Matthäus, Kapitel 10, Vers 34

 

Bund der Energieverbraucher e.V. | Impressum & Datenschutz