Energiepreis-Protest > Grundsatzfragen
Billigkeitseinrede bei Ersatzversorgung
nomos:
@Black, die Fragen kann man stellen, Sinn macht das wenig. Es geht da auch nicht um Vorteile zwischen Ersatz- Grund- und Sonderversorgung. Das wäre kaum im Sinne des EnWG.
Es geht auch nicht um eine Versorgung mit Zuckerwatte o.ä., es geht um lebensnotwendigen Grundbedarf. Der Staat, vor allem die Kommunen, sind in der Pflicht und die marktbeherrschenden Engergieversorger wurden daher per Gesetz zur Ersatz- und Grundversorgung (u.a. so preisgünstig wie möglich) verpflichtet.
Selbst die Versorger stellen sich und werben damit. Ich finde das gut, unterstellt, das ist ernstgemeint: Die Pflicht und der Anspruch eines Energieversorgers
\"Als Energieversorger tragen wir Verantwortung – gegenüber unseren Kunden und auch gegenüber der Umwelt. Es ist unsere Pflicht, Energie jederzeit für alle zugänglich zu machen und gleichzeitig unsere Lebensgrundlagen durch Energieerzeugung nicht zu zerstören. Nur ein intelligenter Umgang mit Ressourcen bietet eine langfristige Perspektive. Deshalb ist unsere Zukunftsenergie nachhaltig.\"
Black:
Natürlich, die Ersatzversorgung ist in jedem Fall sinnvoll und berechtigt. Die Frage war aber, warum der ersatzversorgte vertragslose Kunde in Bezug auf § 315 BGB schlechter gestellt sein sollte, als der Kunde in der Grundversorgung.
Und die Antwort war eben, weil bereits die Ersatzversorgung eine rechtliche Sonderstellung einnimmt, die im § 315 BGB nicht vorgesehen ist.
Gas-Rebell:
@ Heinrich
Sie treffen den Kern. Denn nur so wird ein Schuh daraus: Gerade um eine Ungleichbehandlung und Benachteiligung gegenüber Grundversorgungskunden zu vermeiden (die sich bei Nichthaushaltskunden auch schnell zu erheblichen Beträgen aufsummieren kann), hat der Gesetzgeber über § 3 Abs. 1 S. 1 GasGAVV i.V.m. § 17 Abs. 1 S. 3 bestimmt, dass auch in der Ersatzversorgung Einreden aus § 315 BGB erhoben werden dürfen.
@ Black
--- Zitat ---Diese angebliche \"Benachteiligung\" rührt daher, dass der Kunde in der Ersatzversorgung Energie bezieht, ohne hierfür einen Vertrag abgeschlossen zu haben. Das dies überhaupt möglich ist, stellt schon einen echten Vorteil dar.
Ich könnte auch andersherum fragen: Warum ist der Grundversorgungskunde gegenüber dem Ersatzversorgungskunden benachteiligt? Immerhin unterliegt der Grundversorgungskunde einer Vertragsbindung, wohingegen der ersatzversorgte Kunde völlig frei ist und trotzdem keine höheren Preise zahlt...
--- Ende Zitat ---
Wollen Sie allen Ernstes behaupten, dass in der Versagung einer Billigkeitsprüfung für Ersatzversorgungskunden kein Nachteil gegenüber Grundversorgungskunden zu sehen sei?
Sie gehen auf dies Thema überhaupt nicht ein, sondern weichen dahingehend aus, dass eine wie immer geartete Benachteiligung zu vernachlässigen sei, weil diese einen Ausgleich für angeblich „echte Vorteile“ gegenüber Grundversorgungskunden darstelle. Darüber hinaus ist diese Argumentation auch nicht nachvollziehbar.
Denn worin soll der „echte Vorteil“ eines zeitweiligen vertragslosen Zustands konkret bestehen?
Und wie kommen Sie darauf, der Ersatzversorgte sei „völlig frei“, obwohl er genau wie der Grundversorgte den Regelungen der GasGVV unterworfen ist?
Und wieso zahlen Ersatzversorgte angeblich keine höheren Preise? Sie übersehen, dass für die Ersatzversorgung von Nichthaushaltskunden durchaus höhere Preise verlangt werden können.
@ Bolli
--- Zitat ---Da aber in dem ganzen Bereich der Billigkeitsprüfung noch ne Menge Ungereimtheiten stecken halte ich das Risiko in solche einem Verfahren für nicht unerheblich und würde mich zunächst einmal gar nicht mit diesem Thema beschäftigen.
--- Ende Zitat ---
Ich halte es für wenig hilfreich, sich von diffusen Ängsten leiten zu lassen. Beleuchten wir lieber, welche tatsächlichen Risiken bestünden (unabhängig von der von reblaus aufgeworfenen „Nervensägen“-Frage).
Bei der Erhebung des Billigkeitseinwands gegenüber dem Versorger geht es zunächst überhaupt noch nicht um eine gerichtliche Auseinandersetzung, sondern gerade darum, eine solche zu vermeiden. Der Verbraucher möchte lediglich erst einmal die Möglichkeit eingeräumt bekommen, anhand von ausreichenden und nachvollziehbaren Unterlagen und Auskünften die Preisforderung des Versorgers auf ihre Billigkeit prüfen zu können. Zudem auf eigene Kosten.
Wenn der Versorgung nun diese Prüfungsmöglichkeit verweigert oder nicht alle für eine hinreichende Prüfung notwendigen Informationen offenlegen will und der Verbraucher als Druckmittel einstweilen auch seine Zahlungen zurückhält, wird der Versorger klagen müssen, so er an sein Geld kommen will.
Hier könnte er nach meiner Kenntnis z.B. Feststellungs- und Zahlungsklage mit dem von Black vertretenen Argument erheben, dass bei der Ersatzversorgung eine Billigkeitsprüfung und damit auch ein Zurückbehaltungsrecht des Verbrauchers ausscheide. Wogegen es meiner Auffassung nach jedoch gute Gegenargumente gibt (siehe oben). Wie immer der Streit dann auch ausginge, das Kostenrisiko läge bei einem angenommenen Streitwert bis 100 Euro (ja, ja reblaus, ich weiß ;) ), beidseitiger anwaltlicher Vertretung und Urteil insgesamt bei 253,50 Euro. Zuständige Instanz wäre das Amtsgericht, eine Berufung schiede wegen zu geringer Streitwerthöhe aus. Offen stehen würde ggf. noch der Weg der Verfassungsbeschwerde.
Die Frage der Preisbilligkeit wäre zu entscheiden, wenn das Gericht die Zulässigkeit einer Billigkeitsrüge aus § 315 BGB für die Ersatzversorgung bejahen oder der Versorger direkt auf entsprechende Feststellung klagen würde. In diesem Rahmen sollte es dem Verbraucher dann m.E. zustehen, noch vor dem Termin und einer richterlichen Anordnung auf Einholung eines Sachverständigengutachtens Einblick in die angebotenen Beweismittel des Versorgers zu nehmen, damit er entscheiden kann, ob er die behauptete Billigkeit der Versorgerpreise ggf. noch mittels „Sofortigem Anerkenntnis“ akzeptieren will. Tut er dies, sollte nach § 93 ZPO die Kostenentscheidung zu Lasten des klagenden Versorgers gehen, da der beklagte Verbraucher im Vorfeld der Klage keine Veranlassung zu deren Einreichung gegeben hat. Mit Kosten hätte der Verbraucher hier erst dann zu rechnen, wenn er nach eigener Prüfung der Beweistatsachen die geltend gemachte Billigkeit der Versorgerpreise nicht anerkennt und das Gericht zur entsprechenden Feststellung schreitet, ggf. unter Beiziehung eines Sachverständigen.
Black:
--- Zitat ---Original von Gas-Rebell
Wollen Sie allen Ernstes behaupten, dass in der Versagung einer Billigkeitsprüfung für Ersatzversorgungskunden kein Nachteil gegenüber Grundversorgungskunden zu sehen sei?
Sie gehen auf dies Thema überhaupt nicht ein, sondern weichen dahingehend aus, dass eine wie immer geartete Benachteiligung zu vernachlässigen sei, weil .......
--- Ende Zitat ---
Natürlich ist die Versagung des § 315 BGB ein Nachteil.
Aber die Anwendbarkeit von Gesetzen (hier des § 315 BGB) bemisst sich nicht daran, ob das für irgendjemanden jetzt vorteilhaft oder nachteilhaft ist. § 315 BGB verlangt einen Vertrag.
Gas-Rebell:
--- Zitat ---Original von Black
Natürlich ist die Versagung des § 315 BGB ein Nachteil.
Aber die Anwendbarkeit von Gesetzen (hier des § 315 BGB) bemisst sich nicht daran, ob das für irgendjemanden jetzt vorteilhaft oder nachteilhaft ist. § 315 BGB verlangt einen Vertrag.
--- Ende Zitat ---
Ich bin nach wie vor der Ansicht, dass es die Intention des Gesetzgebers war, über § 17 GasGVV auch die Ersatzversorgung einer Billigkeitsprüfung zugänglich zu machen, um eine Ungleichbehandlung von ersatzversorgten Letztverbrauchern gegenüber Grundversorgungskunden zu vermeiden.
Wozu heißt es auch \"Ersatz-Versorgung\", wenn da nicht ein Rechtsverhältnis geschaffen werden soll, dass vertragliche Abreden ersetzt? Hier liegt m.E. ein faktisches Vertragsverhältnis im Sinne eines Quasivertrages vor, aus dem Ansprüche entstehen, wenn die Parteien in einem vertragsähnlichen Kontext – aber ohne gültigen Vertrag – handeln und wenn die partielle Anwendung vertragsrechtlicher Normen zu angemesseneren Ergebnissen führt als außervertragliches Recht.
Nur vor diesem Hintergrund macht die ausdrückliche Einbeziehung auch der Ersatzversorgung in § 17 GasGVV durch den Gesetzgeber Sinn.
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