@Black
Ihr Beispiel ist womöglich ein solches für ein ausgesprochenes Fehlurteil.
Original von Black
Ein Beispiel:
Ein EVU erhebt Zahlungsklage gegen ein Widerspruchskunden auf Zahlung von 500,- Euro. Der Kunde ist Tarifkunde und hatte seine Zahlungen unter Berufung auf § 315 BGB in der Form gekürzt, dass die beanstandeten Preiserhöhungen nicht gezahlt wurden sondern nur der bis dahin geltende \"Sockelpreis\"
Das Gericht ordnet die Einholung eines gerichtlichen Sachverständigengutachtens an um die Billigkeit der Preise zu prüfen. Die Gutachterkosten belaufen sich auf 2.000,- Euro.
Das Gericht stellt dabei fest, dass die Preise nicht der Billigkeit entsprechen und ersetzt die unbillige Preisbestimmung des EVU gem. § 315 BGB durch eine eigene gerichtliche Preisfestlegung.
Nach dem neuen Preis werden dem klagenden EVU noch 250,- Euro von den ursprünglich geforderten 500,- Euro zugesprochen.
Es kommt auch darauf an, ob überhaupt und ggf. von welcher Partei der Antrag auf Ersatzbestimmung gem. § 308 ZPO gestellt wird. Der Antrag einer Zahlungsklage schließt den Antrag auf Ersatzbestimmung im Sinne von § 308 ZPO schon nicht mit ein (vgl. auch BGH VIII ZR 240/90).
Folglich hat das Gericht (nur!) auf entsprechenden Antrag zum einen eine der Billigkeit entsprechende Ersatzbestimmung gem. § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB zu treffen und zum anderen über einen Zahlungsanspruch des Versorgers zu entscheiden.
Zunächst bräuchte es eines Antrags einer Partei auf gerichtliche Tariffestsetzung. Wenn der Versorger diesen Antrag mit der Begründung stellt, die von ihm festgesetzten Tarife seien unbillig und müssten deshalb gerichtlich ersetzt und niedriger festgesetzt werden, wird der Kunde dem wohl nicht entgegentreten. Er wird den Anspruch des Versorgers auf gerichtliche Neufestsetzung wohl sofort anerkennen. Klar ist, dass im Falle einer gerichtlichen Ersatzbestimmung gem. § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB immer der Versorger die Klage (Antrag auf gerichtliche Neufestsetzung) verursacht und
veranlasst hat, weil er eine unbillige Tariffestsetzung vorgenommen hat, die Voraussetzung für eine gerichtliche Neubestimmung ist. Da kann der Kunde schlicht nichts dafür.
Fakt ist auch, dass die Zahlungsklage bis zur Rechtskraft des Gestaltungsurteils vollständig unbegründet war, weil es bis dahin vollständig an einem fälligen Zahlungsanspruch fehlte. Selbst im Zeitpunkt der Verkündung der Entscheidung im Hinblick auf das Gestaltungsurteil besteht noch kein fälliger Zahlungspruch, da die Rechtskraft und somit die frühestmögliche Fälligkeit naturgemäß erst später eintritt.
BGH, Urt. v. 05.07.05 - X ZR 60/04
Die entsprechende Anwendung des § 315 Abs. 3 BGB hat zur Folge, daß die vom Versorgungsunternehmen angesetzten Tarife für den Kunden nur verbindlich sind, wenn sie der Billigkeit entsprechen (§ 315 Abs. 3 Satz 1 BGB). Entspricht die Tarifbestimmung nicht der Billigkeit, so wird sie, sofern das Versorgungsunternehmen dies beantragt, ersatzweise im Wege der richterlichen Leistungsbestimmung durch Urteil getroffen (§ 315 Abs. 3 Satz 2 BGB; vgl. Staudinger/Rieble, aaO Rdn. 294 f.). Erst die vom Gericht neu festgesetzten niedrigeren Tarife sind für den Kunden verbindlich, und erst mit der Rechtskraft dieses Gestaltungsurteils wird die Forderung des Versorgungsunternehmens fällig und kann der Kunde in Verzug geraten (BGH, Urt. v. 24.11.1995 - V ZR 174/94, NJW 1996, 1054; MünchKomm./Gottwald, BGB, 4. Aufl., § 315 Rdn. 49; Palandt/Heinrichs, BGB, 64. Aufl., § 315 Rdn. 17; Staudinger/Rieble, aaO Rdn. 276); erst von diesem Zeitpunkt an besteht mithin eine im gerichtlichen Verfahren durchsetzbare Forderung des Versorgungsunternehmens.[/B]
Es müsste folglich wohl erst die Rechtskraft des Gestaltungsurteils abgewartet werden, welches auf Antrag einer Partei ergeht, um dann zu sehen, ob der Kunde noch nicht gezahlt hat, ein im gerichtlichen Verfahren durchsetzbarer Zahlungsanspruch des Versorgungsunternehmens dann überhaupt besteht, was eine Verzögerung der Entscheidung über den eingeklagten Zahlungsanspruch gegenüber einer Entscheidung über den Gestaltungsantrag voraussetzt.
Die materielle Rechtslage erfordert mithin wohl eine besondere prozessuale Gestaltung, weil sonst im Zeitpunkt der Verkündung einer einheitlichen Entscheidung über den Gestaltungsantrag im Falle einer Ersatzbestimmung und den Zahlungsantrag der Zahlungsantrag immer noch als derzeit unbegründet abgewiesen werden muss, weil vor Rechtskraft des Gestaltungsurteils noch gar kein im gerichtlichen Verfahren durchsetzbarer Zahlungsanspruch besteht.
Eine einheitliche Entscheidung, die einen Zahlungsanspruch bereits vor Rechtskraft des Gestaltungsurteils einer Ersatzbestimmung zuspricht, wäre mithin wohl materiell rechtswidrig.
Der Zahlungsantrag müsste dabei noch als
insgesamt (teilweise derzeit) unbegründet abgewiesen werden, was den Versorger nicht hindert, nach Rechtskraft des Gestaltungsurteils wegen eines dann erst gerichtlich durchsetzbaren Zahlungsanspruchs neu zu klagen.
Da das Gestaltungsurteil zudem auch auf die Zukunft des bestehenden Dauerschuldverhältnisses wirkt, muss wohl der Streitwert weit höher bemessen werden als der Streitwert einer einfachen Zahlungsklage.