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Autor Thema: Kostenfolge bei Preisfestsetzung durch Gericht wg. Unbilligkeit  (Gelesen 31423 mal)

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Offline Black

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Kostenfolge bei Preisfestsetzung durch Gericht wg. Unbilligkeit
« Antwort #15 am: 12. Oktober 2009, 09:58:05 »
Zitat
Original von bolli

Nein, denn gem. § 40 EnWG haben Sie einen Anspruch darauf, spätestens nach 12 Monaten eine Abrechnung zu bekommen (gilt für Strom und Gas).

Wo lesen Sie das denn in § 40 EnWG?

(1) Energieversorgungsunternehmen sind verpflichtet, in ihren Rechnungen für Energielieferungen an Letztverbraucher die Belastungen aus den Entgelten für den Netzzugang und gegebenenfalls darin enthaltene Entgelte für den Messstellenbetrieb und die Messung beim jeweiligen Letztverbraucher gesondert auszuweisen.

(2) Lieferanten sind verpflichtet, den Energieverbrauch nach ihrer Wahl monatlich oder in anderen Zeitabschnitten, die jedoch zwölf Monate nicht wesentlich überschreiten dürfen, abzurechnen. Sofern der Letztverbraucher dies wünscht, ist der Lieferant verpflichtet, eine monatliche, vierteljährliche oder halbjährliche Abrechnung zu vereinbaren.

(3) Energieversorgungsunternehmen haben, soweit technisch machbar und wirtschaftlich zumutbar, spätestens bis zum 30. Dezember 2010 für Letztverbraucher von Elektrizität einen Tarif anzubieten, der einen Anreiz zu Energieeinsparung oder Steuerung des Energieverbrauchs setzt. Tarife im Sinne von Satz 1 sind insbesondere lastvariable oder tageszeitabhängige Tarife.


Ich denke Sie haben Absatz 2 im Sinn. Dort steht aber nur, dass die Energie in   Zeitabschnitten abgerechnet werden soll. Dort steht aber nicht wann diese Abrechnung nach Zeitabschnitten erfolgen muss. Der Zeitabschnitt 01.01.2007 - 31.12.2007 = 12 Monate kann demnach auch Jahre später noch abgerechnet werden, ohne dass ein Versoss gegen § 40 EnWG vorliegt.
Ihr sollt nicht wähnen, daß ich gekommen sei, Frieden zu senden auf die Erde. Ich bin nicht gekommen, Frieden zu senden, sondern das Schwert.

Matthäus, Kapitel 10, Vers 34

Offline Black

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Kostenfolge bei Preisfestsetzung durch Gericht wg. Unbilligkeit
« Antwort #16 am: 12. Oktober 2009, 10:26:07 »
Zur Frage ob bei einer Leistungsklage des Gläubigers ein gesonderter Feststellungsantrag für den Fall der Unbilligkeit erforderlich ist:

Zitat
\"Abs. 3 S. 2 eröffnet dem Gläubiger einen einfachen Weg um zur Bestimmung der Leistung zu gelangen. Er kann danach sogleich auf Erfüllung der nach seiner Ansicht geschuldeten Leistung klagen; eine vorherige Klage auf Feststellung dessen was billigem Ermessen entspricht bedarf es nicht. Auf die Leistungsklage des Gläubigers entscheidet das Gericht inzident welche Leistung billig ist, ohne hierüber zunächst  ein Gestaltungsurteil zu erlassen .  Man war sich schon bei der Formulierung des Gesetzestextes darüber einig, dass \"die richterliche Entscheidung über die Frage welche Leistung billig sei, regelmäßig im Rechtsstreit über die Leistungsfrage zu treffen sein werde (...)\"[/i]

Quelle: Münchener Kommentar zum BGB, 2007, zu § 315 Rdn. 47


Zitat
\"Das Gericht hat im Falle des Abs. 3 S.2 zu prüfen, ob die Leistungsbestimmung der bestimmungsberechtigten Partei der Billigkeit entspricht. Falls es zu der Überzeugung gelangt, dass die Ermessensgrenze der Billigkeit überschritten ist, hat es die Leistungsbestimmung auch ohne besonderen Antrag selbst vorzunehmen.

Quelle: Münchener Kommentar zum BGB, 2007, zu § 315 Rdn. 51
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Matthäus, Kapitel 10, Vers 34

Offline tangocharly

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Kostenfolge bei Preisfestsetzung durch Gericht wg. Unbilligkeit
« Antwort #17 am: 12. Oktober 2009, 11:51:19 »
Zitat
\"Das Gericht hat im Falle des Abs. 3 S.2 zu prüfen, ob die Leistungsbestimmung der bestimmungsberechtigten Partei der Billigkeit entspricht. Falls es zu der Überzeugung gelangt, dass die Ermessensgrenze der Billigkeit überschritten ist, hat es die Leistungsbestimmung auch ohne besonderen Antrag selbst vorzunehmen.

Quelle: Münchener Kommentar zum BGB, 2007, zu § 315 Rdn. 51


.....und der BGH hat aber der Kommentatorenmeinung bei Staudinger/Rieble den Vorzug gegeben (sollte ausnahmsweise auch mal wichtig sein, auch wenn dies {nur} vom X.Senat entschieden wurde) .....
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Offline Black

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Kostenfolge bei Preisfestsetzung durch Gericht wg. Unbilligkeit
« Antwort #18 am: 12. Oktober 2009, 12:12:51 »
Also ein Meinungsstreit.

Der kluge Anwalt wird daher hilfsweise den Antrag stellen oder das gericht zumindest um einen rechtl. Hinweis bitten.


Auch der BGH sagt jedoch, dass die vom Gericht neu festgesetzte Preisstellung sofort fällig wird und nicht noch einer gesonderten neuen Abrechnung zwischen EVU und Kunde bedarf.

Zitat
Zitat: BGH, Urt. v. 05.07.05 - X ZR 60/04  (...) Erst die vom Gericht neu festgesetzten niedrigeren Tarife sind für den Kunden verbindlich, und erst  mit der Rechtskraft dieses Gestaltungsurteils wird die Forderung des Versorgungsunternehmens fällig und kann der Kunde in Verzug geraten.
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Offline reblaus

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Kostenfolge bei Preisfestsetzung durch Gericht wg. Unbilligkeit
« Antwort #19 am: 12. Oktober 2009, 12:38:08 »
@Black
Selbst wenn man Ihrer Ansicht über die inzidente Prüfungspflicht zustimmt, was vom Wortlaut des Gesetzes immerhin gut begründet ist, ändert dies nichts an der Fehlerhaftigkeit Ihrer Theorie zur Kostenpflicht.

Wegen der Erstellung einer Abrechnung als Fälligkeitsvoraussetzung ist es im übrigen ebenso gut vertretbar, der Ansicht des BGH zu folgen, dass zumindest im Streit um Strom- oder Gasentgelte eine inzidente Prüfung von Amts wegen untunlich ist, weil diese nämlich nicht dazu führen würde, dass der geltend gemachte Anspruch derzeit zu Recht bestünde. Es ist jedenfalls nach § 315 BGB nicht die Aufgabe des Gerichts eine fehlerhafte Abrechnung von sich aus zu korrigieren und neu zu erstellen. Solange diese Abrechnung aber nicht korrekt erstellt wurde, ist ein Zahlungsanspruch nicht fällig, und kann mittels Klage nicht durchgesetzt werden. Die Feststellung des billigen Preises würde an der Entscheidung des Gerichts damit nichts ändern.

@ktown, bolli

Die von Ihnen aufgeworfene Frage taucht hier im Forum immer wieder auf.

Nach § 194 BGB unterliegt jedes Recht von einem anderen ein Tun oder Unterlassen zu verlangen (Definition des Anspruchs) der Verjährung.

Die Erstellung einer Abrechnung ist vom Grundprinzip her eine Angelegenheit, die die Mitwirkung beider Parteien erfordert. Es werden nämlich gegenseitige Leistungen abgerechnet. Zum einen sind dies die Gaslieferungen des Versorgers zum anderen die Vorauszahlungen des Kunden. Wenn auch dem Versorger die allein Pflicht obliegt, die Abrechnung zu erstellen, so muss der Kunde immerhin insoweit daran mitwirken, dass er diese prüft und bei Richtigkeit auch anerkennt. Der Kunde hat somit einen Anspruch gegen den Versorger auf Erstellung der Abrechnung und der Versorger hat einen Anspruch gegen den Kunden auf Prüfung und Anerkenntnis. Gegen diesen letztgenannten Anspruch kann der Kunde meines Erachtens die Einrede der Verjährung erheben, so dass nach Ablauf der regelmäßigen Verjährungsfrist eine rechtswirksame Abrechnung gegen den Kundenwillen nicht mehr erstellt werden kann.

Wenn aber keine Abrechnung erstellt wurde, kann sich daraus auch kein auszugleichender Saldo ergeben.

Da sich ein Anerkenntnis der Abrechnung aus vielerlei Handlungen ergeben kann, halte ich es aber für sehr sinnvoll, dem Versorger unmittelbar nach Erhalt der Abrechnung die Verjährungseinrede zu erheben. Dann können Handlungen nicht missgedeutet werden.

Offline bolli

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Kostenfolge bei Preisfestsetzung durch Gericht wg. Unbilligkeit
« Antwort #20 am: 12. Oktober 2009, 12:53:22 »
Zitat
Original von reblaus

@ktown, bolli

Die von Ihnen aufgeworfene Frage taucht hier im Forum immer wieder auf.

Nach § 194 BGB unterliegt jedes Recht von einem anderen ein Tun oder Unterlassen zu verlangen (Definition des Anspruchs) der Verjährung.

Wenn ich aber Black richtig verstanden habe, kann ich aus § 40 Abs 2. EnWG eben keinen Anspruch auf Erstellung einer Abrechnung bis zu einem bestimmten Zeitpunkt. Wenn dem so ist, dürfte ich mangels anderer Rechtsgrundlage für die Erstellung der Abrechnung innerhalb eines bestimmten Zeitraumes auch keine Möglichkeit der Verjährungseinrede haben. Denn diese kann ich ja erst nach Vorliegen der Abrechnung einlegen.

Demzufolge bleibt mir dann doch nur, meinen Versorger nach Ablauf einer gewissen Zeit nach Ablauf einer Abrechnungsperiode aufzufordern, mir eine Abrechnung zu erstellen und zu übersenden. Kommt er dem nicht nach, ist es seine Sache. Erstellt er diese dann Jahre später doch noch, kommt die Möglichkeit der Verwirkung ins Spiel.

Sehe  ich das richtig ?

Offline reblaus

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Kostenfolge bei Preisfestsetzung durch Gericht wg. Unbilligkeit
« Antwort #21 am: 12. Oktober 2009, 13:34:48 »
@bolli
Sie erheben die Einrede der Verjährung in diesem Falle nicht gegen den Anspruch des Versorgers auf Zahlung des  Saldos der Abrechnung, sondern gegen den Anspruch des Versorgers auf Mitwirkung Ihrer Person an der Erstellung der Abrechnung, d. h. auf Prüfung und Anerkenntnis.

Eine alternative Lösung des Problems sehe ich darin, dass Sie als Kunde einen Anspruch gegen den Versorger haben, dass dieser die Abrechnung erstellt. Es könnte sich schließlich auch eine Rückzahlung ergeben. Auch dieser Anspruch verjährt innerhalb der regelmäßigen Verjährungsfrist. Wenn der Versorger solange zuwartet, bis Ihr Anspruch verjährt ist, ist es rechtsmissbräuchlich eine Abrechnung dann doch zu erstellen, wenn sich ein Nachzahlungsanspruch ergibt. Die Überschreitung dieser Verjährungsfrist wäre dann das Umstandsmoment, nachdem der Anspruch des Versorgers auf Ausgleich einer Nachzahlung zumindest verwirkt wäre.

In jedem Fall halte ich es für ausgeschlossen, dass der BGH es zulassen würde, dass der Versorger seine Abrechnungspflichten auf den Sankt Nimmerleinstag verschieben kann, und diese dann nur erfüllt, wenn sich aus der Abrechnung ein Vorteil ergibt. Die Abrechnung jedoch auf Dauer unterbleibt, wenn er nachzahlen müsste. Eine andere Rechtsfolge würde krass gegen alle Grundsätze verstoßen, die sich aus Treu und Glauben ergeben. Dies gilt im übrigen auch für die von Black propagierte Fallgestaltung, dass der Kunde selbst dann den Großteil der Verfahrenskosten zu tragen, wenn der Kunde seine Unbilligkeitseinrede völlig zu Recht erhoben hat. Die von Black erhoffte Rechtsfolge verstieße derart eklatant gegen jeden Treuepflicht, dass sich für mich nur die Frage stellt, mit welcher Begründung einem solchen Treiben ein Riegel vorgeschoben würde.

Offline Black

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Kostenfolge bei Preisfestsetzung durch Gericht wg. Unbilligkeit
« Antwort #22 am: 12. Oktober 2009, 14:16:49 »
Zitat
Original von reblaus
Solange diese Abrechnung aber nicht korrekt erstellt wurde, ist ein Zahlungsanspruch nicht fällig, und kann mittels Klage nicht durchgesetzt werden.

Ich verweise erneut auf die Aussage des BGH - dem Sie in der Frage des incidenten Prüfungsrechtes ja folgen wollen:

Zitat
Zitat: BGH, Urt. v. 05.07.05 - X ZR 60/04  (...) Erst die vom Gericht neu festgesetzten niedrigeren Tarife sind für den Kunden verbindlich, und erst  mit der Rechtskraft dieses Gestaltungsurteils wird die Forderung des Versorgungsunternehmens fällig und kann der Kunde in Verzug geraten.

Auch der BGH ist der Meinung, dass es auch bei gerichtlicher Festsetzung gerade keiner gesonderten Rechnungsstellung mehr bedarf. Das wäre auch ziemlich ineffektiv, da andernfalls wegen dem gleichen Streitgegenstand unter Umständen zwei Verfahren geführt werden müssten.
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Offline RR-E-ft

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Kostenfolge bei Preisfestsetzung durch Gericht wg. Unbilligkeit
« Antwort #23 am: 12. Oktober 2009, 15:46:55 »
Wenn vor der Rechtskraft des (incidenten) Gestaltungsurteils noch keine fällige, im gerichtlichen Verfahren durchsetzbare Forderung des Versorgungsunternehmens besteht, dann kann wohl vor der Rechtskraft des (incidenten) Gestaltungsurteils auch kein entsprechender Zahlungsanspruch, der demnach vor der Rechtskraft noch gar nicht besteht,  zugesprochen werden.

Zitat
Original von reblaus
@bolli
Sie erheben die Einrede der Verjährung in diesem Falle nicht gegen den Anspruch des Versorgers auf Zahlung des  Saldos der Abrechnung, sondern gegen den Anspruch des Versorgers auf Mitwirkung Ihrer Person an der Erstellung der Abrechnung, d. h. auf Prüfung und Anerkenntnis.

Man erhebt einfach hilfsweise die Einrede der Verjährung. Punkt. Es wäre vollkommen untunlich zu erklären, gegen welchen Anspruch des Versorgers. Einen Anspruch des Versorgers gegen den Kunden  auf Mitwirkung an der Abrechnung, d.h. Prüfung und ggf. Anerkenntnis gibt es schon von Anfang an überhaupt nicht. Gäbe es einen entsprechenden Anspruch des Versorgers, wäre ein solcher ggf. einklagbar. Ein Anspruch, der nicht besteht, kann auch nicht verjähren.

Offline reblaus

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Kostenfolge bei Preisfestsetzung durch Gericht wg. Unbilligkeit
« Antwort #24 am: 12. Oktober 2009, 16:13:53 »
@Black
Sie gehen einfach zu nonchalant mit der Fälligkeitsvoraussetzung des § 17 GasGVV um. Bei der Strom- und Gasversorgung besteht nunmal die Besonderheit, dass Vorauszahlungen geleistet werden, und diese mit dem Energiebezug nach einer bestimmten Periode verrechnet werden müssen. Deshalb ist in Vertragsverhältnissen wo gegenseitige Leistungen verrechnet werden, Grundvoraussetzung für die Fälligkeit des Saldos, dass dieser durch Erstellung einer Abrechnung überhaupt festgestellt wird. Man kann seiner Zahlungspflicht schließlich nur nachkommen, wenn die Höhe des geschuldeten Betrages bekannt ist.

Dem steht auch BGH, Urt. v. 05.07.05 - X ZR 60/04 nicht entgegen. Der dortige Streitfall geht um Entgelte aus der Abfallentsorgung. Aus dem Tatbestand ist nicht ersichtlich, dass auf die Leistungen der Klägerin Abschläge entrichtet worden wäre, und Leistung und Gegenleistung zuvor verrechnet werden müssten. Daher ist die vorherige Erstellung einer Abrechnung auch nicht Fälligkeitsvoraussetzung gewesen, so dass die Forderung durch Bestimmung des billigen Preises fällig wurde.

Offline Black

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« Antwort #25 am: 12. Oktober 2009, 16:42:54 »
Zitat
Original von RR-E-ft
Wenn vor der Rechtskraft des (incidenten) Gestaltungsurteils noch keine fällige, im gerichtlichen Verfahren durchsetzbare Forderung des Versorgungsunternehmens besteht, dann kann wohl vor der Rechtskraft des (incidenten) Gestaltungsurteils auch kein entsprechender Zahlungsanspruch, der demnach vor der Rechtskraft noch gar nicht besteht,  zugesprochen werden.

Nicht vorher - aber zeitgleich mit dem Gestaltungsurteil.

@reblaus

§ 17 GasGVV regelt an keiner Stelle, dass die Rechnung zwingende alleinige Voraussetzung eines Zahlungsanspruches des EVU ist, sondern nur wann tatsächlich gestellte Rechnungen fällig werden.

(1) Rechnungen und Abschläge werden zu dem vom Grundversorger angegebenen Zeitpunkt, frühestens jedoch zwei Wochen nach Zugang der Zahlungsaufforderung fällig. Einwände gegen Rechnungen und Abschlagsberechnungen berechtigen gegenüber dem Grundversorger zum Zahlungsaufschub oder zur Zahlungsverweigerung nur,

1.soweit (...)


Daraus kann nicht gefolgert werden, dass nach der Tenorierung durch das Gericht noch eine erneute Rechnung erforderlich ist.
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Offline RR-E-ft

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« Antwort #26 am: 12. Oktober 2009, 16:46:52 »
Die Rechtskraft eines (incidenten) Gestaltungsurteils liegt regelmäßig im Zeitpunkt der Verkündung einer Entscheidung noch nicht vor. Stellt das Zahlungsurteil auf den Schluss der mündlichen Verhandlung ab, bestand in diesem Zeitpunkt jedenfalls noch kein fälliger, im gerichtlichen Verfahren durchsetzbarer Zahlungsanspruch des Versorgers, so dass die Zahlungsklage deshalb (als derzeit unbegründet)  abzuweisen wäre.

Offline Black

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« Antwort #27 am: 12. Oktober 2009, 16:52:45 »
Zitat
Original von RR-E-ft
Die Rechtskraft eines (incidenten) Gestaltungsurteils liegt regelmäßig im Zeitpunkt der Verkündung einer Entscheidung noch nicht vor. Stellt das Zahlungsurteil auf den Schluss der mündlichen Verhandlung ab, bestand in diesem Zeitpunkt jedenfalls noch kein fälliger, im gerichtlichen Verfahren durchsetzbarer Zahlungsanspruch des Versorgers, so dass die Zahlungsklage deshalb (als derzeit unbegründet)  abzuweisen wäre.

andere Ansicht:

BGH, Urt. v. 05.07.05 - X ZR 60/04
AG Pinneberg

...und ich denke auch jeder andere normale Amtsrichter wird sich an den Kopf fassen, wenn Sie ihm erklären wollen, dass er zwar gerade festgestellt hat, dass der kläger statt 500,- Euro nur 400,- Euro verlangen kann, er das aber bitteschön nur als Feststellungstenor formulieren darf und der Kläger nunmehr erneut bei ihm Zahlungsklage einreichen solle.
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Offline RR-E-ft

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« Antwort #28 am: 12. Oktober 2009, 16:56:02 »
@Black

Vor der Rechtskraft des Gestaltungsurteils kann der Versorger gar nichts verlangen, weil bis dahin noch gar keine im gerichtlichen Verfahren durchsetzbare Forderung besteht/ existiert. Das besagt doch gerade die zitierte Entscheidung des BGH vom 05.07.2005.

Zitat
BGH, Urt. v. 05.07.05 - X ZR 60/04

Die entsprechende Anwendung des § 315 Abs. 3 BGB hat zur Folge, daß die vom Versorgungsunternehmen angesetzten Tarife für den Kunden nur verbindlich sind, wenn sie der Billigkeit entsprechen (§ 315 Abs. 3 Satz 1 BGB). Entspricht die Tarifbestimmung nicht der Billigkeit, so wird sie, sofern das Versorgungsunternehmen dies beantragt, ersatzweise im Wege der richterlichen Leistungsbestimmung durch Urteil getroffen (§ 315 Abs. 3 Satz 2 BGB; vgl. Staudinger/Rieble, aaO Rdn. 294 f.). Erst die vom Gericht neu festgesetzten niedrigeren Tarife sind für den Kunden verbindlich, und erst mit der Rechtskraft dieses Gestaltungsurteils wird die Forderung des Versorgungsunternehmens fällig und kann der Kunde in Verzug geraten (BGH, Urt. v. 24.11.1995 - V ZR 174/94, NJW 1996, 1054; MünchKomm./Gottwald, BGB, 4. Aufl., § 315 Rdn. 49; Palandt/Heinrichs, BGB, 64. Aufl., § 315 Rdn. 17; Staudinger/Rieble, aaO Rdn. 276); erst von diesem Zeitpunkt an besteht mithin eine im gerichtlichen Verfahren durchsetzbare Forderung des Versorgungsunternehmens.[/B]

Ein Urteil, welches eine im Zeitpunkt der Urteilsverkündung noch gar nicht existente und deshalb ausdrücklich  noch nicht  gerichtlich durchsetzbare Forderung zuspricht, ist rechtswidrig. Das sollte wohl auch jeder Amtsrichter verstehen. Maßgeblicher Zeitpunkt ist m. E. der Schluss der mündlichen Verhandlung. Der Leistungsantrag (Zahlungsanspruch) muss deshalb noch als derzeit unbegründet abgewiesen werden. Dieses Ergebnis lässt sich wohl durch eine Zwischenentscheidung über die Festsetzung des billigen Tarifs vermeiden. Indes muss dem beklagten Kunden die Möglichkeit verbleiben, mit der Rechtskraft des Gestaltungsurteils - ohne je mit einer fälligen Forderung im Verzug gewesen zu sein (!), zu zahlen oder sofort anzuerkennen.

Am Schluss der mündlichen Verhandlung und auch im Zeitpunkt der Urteilsverkündung  ist deshalb weder der Zeitpunkt der Rechtskraft des Gestaltungsurteils und damit das Entstehen einer entsprechenden Forderung absehbar, noch ob eine solche je offen stehen wird, der Kunde mit einer solchen je in Verzug geraten wird. Schließlich könnte der beklagte Kunde sogar noch vor der Rechtskraft des Gestaltungsurteils bereits eine entsprechende Zahlung auf die künftig erst entstehehende und fällig werdende Forderung leisten, ohne dass ihm dies billigerweise auch nur bei der Kostenentscheidung zum Nachteil gereichen darf. Allein das Versorgungsunternehmen hat - durch eine unbillige Tariffestsetzung - die Klage veranlasst und zu vertreten. Der Kunde kann überhaupt nichts dafür, dass er wegen einer nicht existenten Forderung des Versorgungsunternehmens behelligt und klageweise in Anspruch genommen wurde.

Zahlt der Kunde vor oder mit Rechtskraft des Gestaltungsurteils, liegt in Bezug auf den Leistungsantrag (Zahlungsanspruch) auch kein Fall der , die Erledigung vor, weil die Klage bis dahin unbegründet war, die Klage nicht erst durch ein Ereignis nach Rechtshängigkeit unbegründet wurde.

Offline reblaus

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Kostenfolge bei Preisfestsetzung durch Gericht wg. Unbilligkeit
« Antwort #29 am: 12. Oktober 2009, 17:40:35 »
@Black
Sie vergessen § 40 Abs. 2 EnWG. Danach ist der Gasversorger verpflichtet eine Abrechnung zu erstellen. Dieser Pflicht kommt er erst dann nach, wenn er eine korrekte Abrechnung erstellt hat. Der Anspruch auf Ausgleich des Saldos aus dieser Abrechnung wird nach § 17 GasGVV erst 14 Tage nach Zugang der Abrechnung fällig. Abgesehen von Vorauszahlungen ist der Kunde nicht verpflichtet irgendwelche Zahlungen, die nicht auf einer Abrechnung beruhen, zu leisten.

Wenn Sie bei Ihrer Bank ein Darlehen aufnehmen, und dieses am 31.12.2009 zurückzahlen müssen, so wird der Amtsrichter bei dem die Bank die Rückzahlung vorzeitig eingeklagt hat, am 30.12.2009 die Klage abweisen. Oder glauben Sie im Ernst, dass er dem Anspruch stattgeben wird, weil der Darlehensnehmer am nächsten Tag sowieso zahlen muss? Wieweit geht denn bei diesen vorgreifenden Klagen Ihre Toleranz. Wäre es auch noch ok den Darlehensnehmer zu verurteilen, wenn das Darlehen erst in einem Monat fällig wird. Wie sähe es bei einem oder zwei Jahren aus. Am effizientesten wäre doch sicherlich, die Bankkunden bereits vor Auszahlung zu verurteilen, dann könnte das Geld im Tresor bleiben, und man bräuchte nur noch die Zinsen zu kassieren  :D

 

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