@Ronny
Ich gestehe Ihnen neidlos zu, dass der Punkt von den Versorgern gemacht wurde.
Original von Ronny (...) mit der schlichten wie auch logischen Begründung, dass in der Zahlung eine konkludente Willenserklärung liegt, die einseitige Bestimmung des Versorgungsunternehmens zu akzeptieren.
Dass die Begründung schlicht ist, sehe ich auch so
. Man darf sich als entschiedener Verfechter der Gegenansicht aber immerhin darüber freuen, dass das Gericht überhaupt eine Begründung für seine Ansicht abgeliefert hat. Nicht jedes Gericht hatte dies bisher für erforderlich gehalten.
Wo Sie in dieser Begründung einen logischen Gedanken sehen, kann ich nicht erkennen.
Das LG Regensburg schreibt:
In den jeweiligen Erhöhungsschreiben der Beklagten ist insoweit deren Angebot zu sehen, Gas zu den erhöhten Preisen zu liefern. Entsprechendes hat der BGH (vgl. BGH NJW 2007, 2540) entschieden
Nun ist das Landgericht natürlich nicht gezwungen, die Rechtsprechung des BGH anzuwenden, es sollte sich dann aber nicht ausgerechnet auf diesen berufen. Dieser hat nämlich entschieden:
Nicht anders kann es liegen, wenn der Kunde eine auf der Grundlage einer gemäß § 10 Abs. 1 EnWG 1998, § 4 Abs. 2 AVBGasV öffentlich bekannt gegebenen einseitigen Preiserhöhung vorgenommene Jahresabrechnung des Versorgungsunternehmens akzeptiert hat,
Im Gegensatz zum LG Regensburg und im übrigen auch LG Dresden sieht der BGH das Angebot nicht in dem jeweiligen Erhöhungsschreiben, sondern in der Jahresabrechnung. Dies hat auch einen einfachen Grund. Mit dem Erhöhungsschreiben teilt der Versorger mit, dass er von seinem einseitigen Preisbestimmungsrecht Gebrauch machen, und die Preise verändern werde. In dieser Erklärung kann unmöglich eine Aufforderung liegen, diesem Vorgehen zuzustimmen. Der Versorger teilt nämlich mit, dass er die Preise ohne Zustimmung des Verbrauchers erhöhe.
Warum das Erhöhungsschreiben sich bei den Landgerichten so großer Beliebtheit erfreut, liegt daran, dass sie nicht so recht zu konstruieren wissen, wie denn der Sondervertragskunde seine Zustimmung zu der Preiserhöhung rückwirkend konkludent erteilen soll, bzw. wie man aus der Zahlung auch noch das herauslesen können soll.
Weiter führt das LG aus.
Diese Ausführungen (in obigem Zitat des BGH wiedergegeben; d. Verf.) beruhen nicht auf den Besonderheiten eines Gasliefervertrages zu den jeweils allgemeinen Tarifen, sondern auf den allgemeinen Grundsätzen über die Auslegung von - konkludenten - Willenserklärungen.Insoweit ist allein darauf abzustellen, wie der Erklärungsempfänger nach objektiven Grundsätzen mit Rücksicht auf die Verkehrssitte das Handeln des anderen (des Erklärenden) verstehen durfte.
Dies hat das Gericht völlig richtig erkannt. Es hat nur nicht erkannt, was das für Grundsätze sind, denn es schreibt weiter,
Nach diesen Grundsätzen durfte die Beklagte den weiteren Gasbezug ihrer Kunden nach der Ankündigung ihrer Preiserhöhung und die vorbehaltlose Begleichung der gestellten Rechnungen dahingehend verstehen, dass diese mit der Preiserhöhung einverstanden sind.
Nach objektiven Grundsätzen darf eine Handlung, die dahingehend verstanden werden kann, dass der Kunde seine vertraglichen Pflichten und Rechte erfüllen möchte, nicht dahingehend verstanden werden, dass der Kunde sich über seine Erfüllungspflicht hinaus vertraglich binden möchte.
BGH Urt. v. 11.11.2008, Az. VIII ZR 265/07 Tz. 11 f.
Der Umstand, dass eine Rechnung vorbehaltlos beglichen wird, enthält über seinen Charakter als Erfüllungshandlung (§ 363 BGB) hinaus keine Aussage des Schuldners, zugleich den Bestand der erfüllten Forderungen insgesamt oder in einzelnen Beziehungen außer Streit stellen zu wollen.
Eine Ausnahme von diesem objektiven Grundsatz besteht nur dann, wenn der Kunde weiß, dass er mit seiner Zahlung eine Leistung erbringt zu der er möglicherweise gar nicht verpflichtet ist. Dies ist bei einem Streit oder einer subjektiven Ungewissheit bezüglich der bezahlten Forderung der Fall.
Bei der Zahlung einer Jahresabrechnung hat der Kunde aber keine Kenntnis davon, dass der Versorger überhaupt nicht berechtigt war, den Preis unterjährig zu erhöhen. Er meint eine Vereinbarung über eine im Grunde berechtigte Handlung des Versorgers dahingehend zu treffen, dass diese Handlung vertragsgemäß vorgenommen wurde.
Nicht umsonst hat der BGH in drei Entscheidungen zum Sockelpreis viermal darauf hingewiesen, dass eine solche Vereinbarung nur über Preise getroffen werden kann, die zuvor einseitig erhöht wurden.
Dieses Urteil ist zu einem guten Teil die Schuld der Verbraucheranwälte. Diese begnügen sich sehr oft einfach damit, den Sockelpreis des BGH rundweg als gesetzeswidrig abzulehnen, statt sich endlich mit dieser Tatsache abzufinden, und sich um eine Begründung zu bemühen, warum der BGH zu dieser Entscheidung kam. Diese Begründung könnte auch einem Landrichter in Regensburg einleuchten. Immerhin ist der BGH eine Autorität. Und Autoritäten werden geachtet in Bayern.
Für alle Unbillen, die anderen durch meine Rechtschreibfehler und vor allem meine chaotische Kommasetzung entstehen, entschuldige ich mich hiermit vielmals.