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Autor Thema: Sondervertrag gekündigt: Wie geht\'s weiter?  (Gelesen 180975 mal)

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Offline nomos

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Sondervertrag gekündigt: Wie geht\'s weiter?
« Antwort #90 am: 23. August 2009, 14:25:47 »
Zitat
Original von reblaus
Sie sollten bei Ihrer Kritik am BGH unterscheiden, ob Sie einerseits mit seiner Entscheidung nicht einverstanden sind und ob Sie andererseits glauben der BGH habe bei seiner Entscheidung das Gesetz gebrochen.

Sie behaupten hier letzteres, und meinen für diese Verleumdung noch nicht einmal Beweise beibringen zu müssen. Das ist eine totalitäre Herangehensweise, die Ihrem Diskussionsstil auch sonst nicht fremd ist.
    @reblaus, ich muss hier nichts unterscheiden, ich bin weder einverstanden noch bin ich überzeugt, dass dem BGB Rechnung getragen wurde.
Zitat
Original von reblaus
Seit Urzeiten ist in der Rechtsprechung anerkannt, dass Verträge auch konkludent durch schlüssiges Handeln abgeschlossen werden können. Sie müssen Ihrer Betrachtungsweise schon unser Rechtssystem als Ganzes zugrunde legen. Ansonsten picken Sie sich die paar Paragrafen, welche Ihnen günstig erscheinen als Rosinen heraus, und ignorieren den Rest.
    @reblaus, also nochmal, wer pickt denn hier?

    Konkludent ist vielleicht, wenn ich am Kiosk eine Zeitung auswähle, diese nehme, das Geld hinlege und gehe. Dieser Kaufvertrag ist ok, auch wenn das Ganze stillschweigend erfolgte.

    Wer im Aufdrehen der Gasheizung eine stillschweigende Willenserklärung des Verbrauchers sieht, dass der den vorbestimmten Preis, wie überhöht der auch immer sei (z.B. Nichteinhaltung des § 1 EnWG, Missachtung der kommunalen Wirtschaftsordnung etc.), damit automatisch anerkennt, der ist weltfremd und liegt weit neben dem Kern der Gesetzesvorgabe. Der Verbraucher darf von einer billigen Leistungsbestimmung ausgehen, deren Nachweis er verlangen kann. Ansonsten wären die Bestimmungen im § 315 BGB ein reiner Papiertiger. Begründungen und Bezüge liegen dazu ausreichend vor. Wir sind hier nicht in einem Strafverfahren. Dort müssten Sie
beweisen, wenn Sie schon anklagen. Außerdem sollten Sie mal nachlesen, was eine Verleumdung ist. Dann sollten Sie klären, ob Sie diesen Vorwurf nicht zurücknehmen.[/list]

Offline reblaus

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Sondervertrag gekündigt: Wie geht\'s weiter?
« Antwort #91 am: 23. August 2009, 15:10:24 »
@nomos

Der BGH hat aber nie entschieden, dass im Aufdrehen der Gasheizung eine konkludente Vereinbarung eines Preises zu sehen ist.

Er hat entschieden, dass der Kunde zuvor eine Rechnung bezahlen muss, bei der ein einseitig geänderter Preis eingeflossen ist. Erst wenn durch Abwarten einer angemessenen Zeit zum Widerspruch gegen diese Rechnung klar ist, dass der Kunde durch Zahlung diese Preiserhöhung akzeptiert hat, und sich nicht gegen sie wehren will, führt die weitere Entnahme von Gas dazu, dass dieser Preis auch für die Zukunft vereinbart wird.

Vielleicht liegen Ihre Zweifel auch nur daran, dass Sie das BGB unvollkommen beherrschen.

@courage
Von einem Sockelpreis können Sie doch nur dann sprechen, wenn auf diesen Preissockel irgendwas draufkommt. Das ist beim anfänglichen Vertragspreis schließlich nicht so.

Ich meine, dass der anfängliche Vertragspreis zwischen den Parteien als gewöhnlicher Preis vereinbart wurde. Hat der Kunde jedoch später einer Preiserhöhung nicht widersprochen und weiter Gas bezogen, wird nicht irgendein neuer Preis vereinbart, sondern bei der vom Versorger vorgenommenen Preiserhöhung wird vereinbart, dass sie in billiger vertragsgemäßer Weise vorgenommen wurde.

Würde nämlich irgendein beliebiger Preis vereinbart werden, müsste das zwangsläufig zur Folge haben, dass das einseitige Preisbestimmungsrecht für die Zukunft keine Geltung mehr haben sollte.

Offline RuRo

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Sondervertrag gekündigt: Wie geht\'s weiter?
« Antwort #92 am: 23. August 2009, 15:47:18 »
Zitat
Original von reblaus
Eine Kontrolle des ursprünglichen Angebotes kommt daher nur dann in Betracht, wenn der Versorger seine marktbeherrschende Stellung dazu ausbeutet, überhöhte Preise zu verlangen. Das müssen Sie als Kunde nachweisen.

Ist das so?  :rolleyes:

Die marktbeherrschende Stellung ist im Kartellrecht von Bedeutung, aber doch keine Voraussetzung für eine Billigkeitsprüfung.


Zitat
Original von reblaus
Sie unterschlagen bei Ihrer Betrachtungsweise einfach, dass der Sockelpreis sich nicht aus der Anwendung des § 315 BGB ergibt, sondern eine vertragliche Vereinbarung darstellt, die auf Angebot (Jahresabrechnung mit einseitig verändertem Preis) und Annahme (Zahlung der Rechnung, weitere Gasentnahme und widerspruchsloses Verstreichen einer angemessenen Frist) beruht.

Die Jahresabrechnung ist also das Angebot - interessant. Ich dachte bisher, es wäre die öffentliche Bekanntgabe der Preisgestaltung, zu der der Versorger auch nur im Rahmen der Ersatz- und Grundversorgung verpflichtet ist. Mit der erfolgten Gasentnahme nehme ich das Angebot an.

Das die Annahme die vorbehaltlose Begleichung der Jahresrechnung (JR) sein soll, gefällt mir dafür umso besser.

Das bedeutet, dass der Versorgungsvertrag erst mit vorbehaltloser Zahlung auf die erste Jahresrechnung durch Annahme zustande kommt.

Schwebende Unwirksamkeit über mehr als ein Jahr - prima.

Und das Beste, dann gibt es mit sofortigem Unbilligkeitseinwand auf die erste JR auch keinen vereinbarten Preissockel. Auf was hatten sich die Vertragsparteien dann aber überhaupt geeinigt?

Es gibt ihn also doch, den Unbilligkeitseinwand vor Aufnahme der Grundversorgung.
Leiderln hoits z\'sam, sonst gehts nimma recht lang

Offline courage

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Sondervertrag gekündigt: Wie geht\'s weiter?
« Antwort #93 am: 23. August 2009, 16:12:42 »
Zitat
Original von reblaus
@courage
Von einem Sockelpreis können Sie doch nur dann sprechen, wenn auf diesen Preissockel irgendwas draufkommt. Das ist beim anfänglichen Vertragspreis schließlich nicht so.

Würde nämlich irgendein beliebiger Preis vereinbart werden, müsste das zwangsläufig zur Folge haben, dass das einseitige Preisbestimmungsrecht für die Zukunft keine Geltung mehr haben sollte.

Wieso kommt auf den anfänglichen Vertragspreis nichts drauf? z.B. bei der folgenden Preiserhöhung.

Jetzt haben Sie sich ein wenig verheddert:
Sie reden oben von einem anfänglichen vereinbarten Vertragspreis, jetzt sprechen Sie vom einseitigen Preisbestimmungsrecht, was gilt denn nun?

Meine Frage von oben haben Sie immer noch nicht beantwortet:
Muss der Anfangspreis der Billigkeit entsprechen oder nicht?

Offline RuRo

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Sondervertrag gekündigt: Wie geht\'s weiter?
« Antwort #94 am: 23. August 2009, 16:49:57 »
@courage
Natürlich muss auch der Anfangspreis der Billigkeit entsprechen, da auch er auf einer einseitigen Leistungsbestimmung beruht. Es kann ja auch durchaus sein, dass bei Vertragsabschluss Einigkeit bestand. Es könnte auch sein, dass Zweifel erst während des ersten Bezugsjahres aufkeimten, als der Verbraucher verläßlich erfuhr, dass sich die Preisbildung bei einer Speicherhaltung anders verhält, als er gedacht hatte, usw. usw.

Nur hatte der BGH offensichtlich noch keinen Fall eines von Versorgungsaufnahme an, beginnenden Unbilligkeitseinwandes, der auch nie aufgegeben wurde. Ich laß mich gerne über andere entschiedene Fallgestaltungen aufklären.
Leiderln hoits z\'sam, sonst gehts nimma recht lang

Offline reblaus

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Sondervertrag gekündigt: Wie geht\'s weiter?
« Antwort #95 am: 23. August 2009, 18:23:45 »
@RuRo
Müsste der anfängliche Vertragspreis der Billigkeit entsprechen, könnte jedermann mit Aussicht auf Erfolg gegen diesen Preis den Einwand der Unbilligkeit erheben. Dann würden wir hier gar nicht diskutieren. Der BGH hat aber entschieden, dass der anfängliche Preis ein vertraglich vereinbarter Preis ist. Aufgrund des § 1 EnWG ist der Versorger lediglich gehalten einen \"günstigen\" Preis zu verlangen.

Wäre es ein einseitig zu bestimmender Preis, könnte jedermann bei fehlenden Widersprüchen seinen alten Grundversorgungsvertrag kündigen und einen neuen Vertrag abschließen, so dass ihm sofort die Billigkeitskontrolle des Gesamtpreises offen stünde.

@courage
Der anfängliche Vertragspreis wird in dem Moment zum Preissockel, wenn der Versorger eine neuen Preis festsetzen möchte. Dann kommt bei fehlendem Widerspruch und weiterer Gasentnahme ein neuer Preis zustande. Rechtlich funktioniert das aber völlig unterschiedlich.

Beim anfänglichen Vertragspreis schauen Sie als Kunde in die Preisliste und finden den dort angegebenen Preis zwar sündhaft teuer aber noch bezahlbar. Deshalb rufen Sie beim Versorger an, und melden Ihren Anschluss an. Wenn Sie nicht in die Preisliste schauen, dann ist es Ihnen egal, wieviel Ihr Gas kostet, und sie wollen bezahlen, was der Versorger verlangt. So wird der anfängliche Vertragspreis vereinbart.

Bei einer Preisänderung passiert völlig anderes. Der Versorger teilt Ihnen im Laufe des Abrechnungsjahres mit, dass er die Preise anheben müsse, weil seine Kosten gestiegen seien. Sechs Monate später erhalten Sie die Jahresabrechnung, in der die einseitige Preiserhöhung zum angekündigten Zeitpunkt eingerechnet wurde. Diese Abrechnung ist ein Angebot des Versorgers an Sie, diese Preiserhöhung für den abgerechneten Zeitraum zu akzeptieren. Wenn Sie die Rechnung bezahlen und nicht in angemessener Frist widersprechen, wissen Sie dass die Preise einseitig verändert wurden, dann bekunden Sie mit der Zahlung, ja der Versorger wird das schon alles richtig gemacht haben, ich akzeptiere die Preiserhöhung für die Vergangenheit.

Wenn Sie dann nachdem Sie die Preise für die abgerechnete Periode bereits akzeptiert haben, weiterhin Gas aus dem Netz beziehen, sagt der BGH dass Sie mit diesem Gasbezug die Preiserhöhung auch für die Zukunft akzeptieren. Sie kennen die neuen Preise und haben sie bereits für die letzte Abrechnung akzeptiert. Das ist das einzig Neue an der Rechtsprechung. Der BGH begründet dies damit, dass laut AVBGasV Sie auch einen Vertrag abschließen, wenn Sie einfach nur Gas aus dem Netz entnehmen, ohne mit dem Versorger vorher zu sprechen, und ohne dass dieser davon weiß.

In diesem Fall haben Sie aber nicht irgendeinen Preis aus der Preisliste akzeptiert, sondern den Preis, den der Versorger zuvor einseitig mit billigem Ermessen festgesetzt hat. Ist die Preiserhöhung unbillig gewesen, können Sie möglicherweise anfechten.

Würde man jetzt annehmen beim anfänglichen Vertragspreis und bei der späteren Preisänderung geschieht rechtlich das Gleiche, und es wird irgendein vom Versorger bestimmter Preis vereinbart, würde diese Vereinbarung zwingend zum Inhalt haben, dass auf das einseitige Preisbestimmungsrecht des Versorgers für die Zukunft verzichtet wird. Man weicht ja von dieser Regelung ab. Es würde quasi ein Sondervertrag abgeschlossen werden.

Das geht aber alles viel zu weit. Auch eine konkludente Vertragsänderung muss mit Willen beider Vertragsparteien erfolgen. Aus der Vornahme einer Zahlung kann unmöglich ein vertraglicher Wille zu einer umfangreichen Vertragsänderung geschlossen werden.

Offline Münsteraner

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Sondervertrag gekündigt: Wie geht\'s weiter?
« Antwort #96 am: 23. August 2009, 19:24:01 »
@reblaus

Zitat
Vielleicht liegen Ihre Zweifel auch nur daran, dass Sie das BGB unvollkommen beherrschen.

Ich würde mir (auch wenn ich in obigem Beispiel nicht Betroffener war) von Ihnen insgesamt einen etwas freundlicheren, zumindest jedoch sachlicheren Umgangston wünschen. Darüber hinaus auch ein deutlich geringeres Maß an oberlehrerhafter Dogmatik. Soviel vorweg.

Zitat
Original von reblaus
 Aufgrund des § 1 EnWG ist der Versorger lediglich gehalten einen \"günstigen\" Preis zu verlangen.

Nach dem Gesetz ist das EVU gehalten eine \"möglichst preisgünstige\" Versorgung zu bieten. Dabei gesteht ihm der BGH (NJW-RR 1992, 183) selbstverständlich ein Interesse an der Deckung der allgemeinen und besonderen Kosten zu, die ihm bei der Belieferung entstehen, ebenso wie auch einen angemessenen Gewinn, aus dem es notwendige Investitionen bestreiten und das eingesetzte Kapital verzinsen kann. Wenn z.B. ein Stadtwerkebetrieb jedoch darüber hinaus jedes Jahr X Millionen Euro Überschuss an die Stadt abführt, dann dürften doch wohl berechtigte Zweifel angebracht sein, ob es nicht möglich wäre, noch deutlich günstigere Preise anzubieten. Zumal wenn im laufenden Betrieb das Geld auch noch mit vollen Händen ausgegeben wird (Stichwort \"Lustreisen\" und betriebswirtschaftlich nicht notwendige Ausgaben) und aufgrund langfristiger Bindung an nur einen Lieferanten alles darauf hindeutet, dass auch Verhandlungsspielräume nicht ansatzweise genutzt wurden.

Und ein derartiges Gebaren bzw. der daraus resultierende (Anfangs-)Preis soll nicht auf \"Billigkeit\" überprüft werden können, weil der Verbraucher ihn mit (zwangsweiser) Entnahme von Gas vertraglich \"vereinbart\" habe? Das kann wohl nie und nimmer der Wille des Gesetzgebers gewesen sein!

Offline reblaus

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« Antwort #97 am: 23. August 2009, 19:46:36 »
@Münsteraner
Wie man in den Wald hinein ruft, hallt es heraus.

Das betreffende Urteil des BGH wurde am 13.06.2007 erlassen. Der Gesetzgeber hatte somit mehr als zwei Jahre Zeit einen möglicherweise anderen Willen in ein Gesetz zu gießen. Entweder scheint ihm dieses Problem nicht so dringlich, oder Sie haben Unrecht.

Offline Münsteraner

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« Antwort #98 am: 23. August 2009, 20:08:30 »
Zitat
Original von reblaus
@Münsteraner
Wie man in den Wald hinein ruft, hallt es heraus.

Insoweit jemand Sie nicht besonders freundlich behandelt haben mag, hallte Ihnen da nichts anderes entgegen, als der Ton, den Sie vorher in den Wald hineingerufen hatten.

Zitat
Der Gesetzgeber hatte somit mehr als zwei Jahre Zeit einen möglicherweise anderen Willen in ein Gesetz zu gießen. Entweder scheint ihm dieses Problem nicht so dringlich, oder Sie haben Unrecht.

Oder Sie haben Unrecht und dem Gesetzgeber ist die Problematik einfach noch nicht ausreichend bewusst geworden, nämlich dass in dieser Konstellation das gebotene Äquivalenzverhältnis ad absurdum geführt wird.

Offline reblaus

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« Antwort #99 am: 23. August 2009, 20:39:51 »
@Münsteraner

Hier können Sie die Umgangsformen von nomos studieren.

Die Billigkeitskontrolle des Gesamtpreises hat nichts mit dem Erhalt des Äquivalenzverhältnisses zu tun. Damit wird das Äquivalenzverhältnis zugunsten des Kunden dann verändert, wenn der Versorger keinen günstigen Anfangspreis angeboten hat.

Der Gesetzgeber erhält seit Jahr und Tag einen Bericht der Monopolkommission über die Entwicklung auf den Energiemärkten, zuletzt vor wenigen Wochen. Halten Sie es ernsthaft für denkbar, dass der Gesetzgeber von den Missständen in einem der bedeutendsten Märkte unserer Volkswirtschaft keine Ahnung hat.

Das was Sie fordern ist von der Politik nicht gewollt.

Offline Münsteraner

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« Antwort #100 am: 23. August 2009, 21:26:02 »
@reblaus

Es ist mir ziemlich egal, wer irgendwann mal angefangen hat. Hier im Thread waren Sie der Angreifer. Lassen wir das Thema.

Mit der Billigkeitskontrolle wird das Äquivalenzverhältnis zugunsten des Kunden dann verändert, wenn der Versorger keinen günstigen Anfangspreis angeboten hat? Genau diese Billigkeitskontrolle würde ja verhindert, wenn ein offensichtlich ungünstiger, aber 315 BGB entzogener Anfangspreis angeboten würde. Ich verstehe Ihre Argumentation nicht.

Im Übrigen halte ich es sehr wohl für denkbar, dass der Gesetzgeber nicht ausreichend informiert ist. Oder wird etwa jedes einzelne EVU genau genug unter die Lupe genommen, um Missstände, wie ich sie beschrieben habe, aufzudecken?

Und was will die Politik denn, wenn Sie nicht das will, was ich angeblich fordere?

Offline courage

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« Antwort #101 am: 23. August 2009, 21:43:23 »
Zitat
Original von reblaus
... Aufgrund des § 1 EnWG ist der Versorger lediglich gehalten einen \"günstigen\" Preis zu verlangen. ...

Einige, aber sicher noch nicht alle Kriterien, die ein \"billiger Preis\" erfüllen muss, sind inzwischen bekannt, z.B. muss er aus belegbaren Kosten hergeleitet sein.

Aber was ist denn um Himmels Willen ein \"günstiger Preis\", den reblaus jetzt als Anfangspreis in einem Grundversorgungsvertrag eingeführt hat.

Es ist jedenfalls nach reblaus nicht der \"billige Preis\", es ist wohl auch nicht der \"Wucherpreis\"; vermutlich etwas dazwischen. Und das soll dann der angeblich \"vertraglich vereinbarte Anfangspreis\" sein, ohne jede Möglichkeit einer rechtlichen Kontrolle. Bei solchen Aussichten stehen einem die Haare zu Berge.

Offline bolli

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Sondervertrag gekündigt: Wie geht\'s weiter?
« Antwort #102 am: 23. August 2009, 23:05:15 »
Zitat
Original von courage
Einige, aber sicher noch nicht alle Kriterien, die ein \"billiger Preis\" erfüllen muss, sind inzwischen bekannt, z.B. muss er aus belegbaren Kosten hergeleitet sein.

Aber was ist denn um Himmels Willen ein \"günstiger Preis\", den reblaus jetzt als Anfangspreis in einem Grundversorgungsvertrag eingeführt hat.
Ich habe manchmal das Gefühl, dass einige hier immer nur das zitieren, was ihre Argumentation unterstützt und anderes wider besseres Wissen lieber beiseite lassen.

Das führt dazu, dass entweder von der Gegenseite die anderslautenden Argumente nochmals vorgetragen werden (müssen), was oft zu Wiederholungen führt und oft auch nicht gemacht wird, oder das die übrigen Disskutanten, manchmal recht mühsam, in allen möglichen Threads die entsprechenden Argumente zusammentragen müssen. Für Nichtjuristen nicht immer ganz einfach.

In Ihrem Fall zitiert reblaus eben nur einfach den § 1 EnWG, der halt nur von einem günstigen Preis spricht, während meines Wissens mittlerweile herausgearbeitet wurde, dass die Preise in der gesetzlichen Grundversorgung der Billigkeit entsprechen müssen. Wie schon gesagt, jeder so, wie es ihm beliebt.

Ich favorisiere ebenfalls die Variante mit den billigen Preisen in der gesetzlichen Grundversorgung. Fraglich könnte allenfalls sein, was mit der gesetzlichen Grundversorgung gemeint sein könnte. Da es neben der Grund- auch noch die Ersatzversorgung gibt (siehe §§ 36 ff. EnWG), kann das nicht das gleiche sein.

Wenn nun der Preis in der gesetzlichen Grundversorgung immer der Billigkeit entsprechen muss und der Versorger ein einseitiges Preisbestimmungsrecht hat, so kann es meines Erachtens zu einem Zeitpunkt X immer nur einen billigen Preis geben. Dabei spielt es keine Rolle, ob der zahlende Kunde nun erst seit gestern oder seit einem Jahr in dieser gesetzlichen Grundversorgung ist.

Wenn dem aber so ist, so kann eine Billigkeitsprüfung zwangsläufig nur auf den Gesamtpreis und nicht nur auf die Preiserhöhung erfolgen denn ansonsten wäre folgende Konstellation möglich:

Kunde 1:
Beginn der gesetzl. Grundv.: 01.01.2009    Anfangspreis  4 ct/KWh
am 01.04.2009  Erhöhung auf 5 ct/KWh
dieser Preiserhöhung wird seitens des Kunden wiedersprochen und diesem Widerspruch wird stattgegeben. Das Gericht legt den billigen Preis auf weitehin 4 ct/KWh fest.

Kunde 2:
Beginn der gesetzl. Grundv.: 01.04.2009  Anfangspreis   5 ct/KWh
Widerspruch dagegen wird mit der Begründung des 8. Senats (anerkannter Sockelpreis) abgelehnt.

Damit würde es zwei billige Preise zu einem Zeitpunkt in der gesetzlichen Grundversorgung geben, was nach meiner Auffassung nicht möglich sein dürfte.

Zitat
Original von reblaus
Prozesse die man nicht gewinnen kann, sollte man nicht führen. Sie werden keinen Sachverhalt vortragen können, der den BGH vielleicht nochmal umstimmen könnte. Sie sollten sich einfach mit dieser Rechtsprechung abfinden, und im Falle der Kündigung den Versorger wechseln.

Haben Sie den Beruf gewechselt und sind unter die Wahrsager gegangen?

Es wäre zum einen nicht das erste Mal, dass ein Senat seine Meinung ändert (auch wenn es sicher nicht jeden Tag vorkommt). Des weiteren hat es in der Vergangenheit ja leider schon die Situation gegeben, dass ein anderer Senat zum gleichen bzw. ähnlichen Thema eine Entscheidung getroffen hat, die nicht unter die ursprüngliche Entscheidung des anderen Senats zu bringen war. Dummerweise ist diese im Vorfeld anscheinend niemandem aufgefallen, so das nicht, wie vorgesehen, der Große Senat zu einer entgültigen Entscheidung zusammen getreten ist und nun haben wir halt eine Entscheidung des 8. Senats und eine Entscheidung des 11. Senats, die nicht zusammen passen. Warum sollte dieses nicht nochmals passieren oder, wie vorgesehen, der Große Senat zusammen treten und eine andere Entscheidung als der 8. Senat treffen.

Also bitte nicht zu schwarz malen, auch wenn damit natürlich nichts garantiert ist.

Offline Münsteraner

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« Antwort #103 am: 24. August 2009, 00:22:52 »
@ courage
@ bolli

Ich denke, es gilt Folgendes auseinander zu halten:

1. Nach § 1 EnWG geht es darum, das EVU gehalten sind, einen \"möglichst günstigen Preis\" anzubieten.
2. Nach § 315 BGB geht es darum, dass dieser (möglichst günstige) Preis \"nach billigem Ermessen\" zu bestimmen ist.

Der Versorger hat insofern einen gewissen Ermessensspielraum bei der Ermittlung des \"möglichst günstigsten Preises\" (siehe meine obigen Ausführungen zu den BGH-Kriterien), mehr aber auch nicht.

Zu dem Konflikt 8. vs. 11. Senat findet sich hier übrigens Folgendes:

Zitat
In seiner mündlichen Urteilsbegründung nahm der Vorsitzende Richter des VIII. Zivilsenats auch zu der Kritik Stellung, dass die Rechtsprechung seines Senates von der des Kartellsenates des BGH abweiche. Hierüber habe man sich zwischenzeitlich verständigt und man sei sich darüber einig, dass die Kontrolle der Billigkeit von Gaspreisen durch die Zivilgerichte aus rechtlichen Gründen nicht so umfassend sein könne wie im Kartellrecht.  BGH, Urteil vom 19.11.2008 - 31 C 295/05

@ bolli

Zitat
Wenn dem aber so ist, so kann eine Billigkeitsprüfung zwangsläufig nur auf den Gesamtpreis und nicht nur auf die Preiserhöhung erfolgen denn ansonsten wäre folgende Konstellation möglich: ....

Das trifft m.E. ebenfalls den Punkt!

Offline bolli

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« Antwort #104 am: 24. August 2009, 07:19:05 »
Zitat
Original von Münsteraner

Zu dem Konflikt 8. vs. 11. Senat findet sich hier übrigens Folgendes:

Zitat
In seiner mündlichen Urteilsbegründung nahm der Vorsitzende Richter des VIII. Zivilsenats auch zu der Kritik Stellung, dass die Rechtsprechung seines Senates von der des Kartellsenates des BGH abweiche. Hierüber habe man sich zwischenzeitlich verständigt und man sei sich darüber einig, dass die Kontrolle der Billigkeit von Gaspreisen durch die Zivilgerichte aus rechtlichen Gründen nicht so umfassend sein könne wie im Kartellrecht.  BGH, Urteil vom 19.11.2008 - 31 C 295/05

Was im Ergebnis ebenfalls bedeuten würde, dass ein und derselbe Fall oder Versorger im Ergebnis zum gleichen Zeitpunkt unterschiedliche Preise in der gesetzlichen Grundversorgung haben könnte, je nachdem ob der 8. oder 11. Senat zu entscheiden hat. Da kann man sich für das oberste deutsche Zivilgericht doch nur an den Kopf fassen.

Klar zu unterscheiden sind davon übrigens durchaus die Fälle, in denen der Grundversorger unterschiedliche Tarife in der Grundversorgung anbietet und man sich hier aktiv für einen entscheidet oder gar einen Vertrag unterschreibt.

Und es bleibt die Frage, wie man in die gesetzliche Grundversorgung kommt, wenn es denn nicht die Ersatzversorgung ist. Da bin ich auf die Abgrenzung auch mal gespannt.

 

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