Energiepreis-Protest > Grundsatzfragen
Sondervertrag gekündigt: Wie geht\'s weiter?
Ronny:
--- Zitat ---Original von Cremer
@reblaus,
Goldgas Stadtwerke dürfen sich diese nicht mehr nennen, da sie kein Stadtwerk sind, sodern nur eine Vertriebsgesellschaft, welche eine Tochter der Stadtwerke Nürnberg sind.
--- Ende Zitat ---
Haben Sie eine Quelle hierfür? (Ich will´s Ihnen gerne glauben, ich hätte nur gerne einen Beleg dafür.)
Opa Ete:
@Ronny
Erster Akt: Die Stadtwerke Bad Homburg haben vor dem Landgericht Nürnberg-Fürth eine einstweilige Verfügung gegen die “Goldgas Stadtwerke” aus Nürnberg erwirkt. Das Gericht untersagte dem verglichsweise jungen Gasanbieter, weiterhin unter dem Namen “Stadtwerke” zu firmieren. Der Name sei geeignet, Verbraucher in die irre zu führen, so das Gericht.
Die Goldgas Stadtwerke GmbH wollen die Entscheidung nicht akzeptieren. “Wir werden Widerspruch einlegen”, sagte gestern Geschäftsführer Michael Notzon. Man überlege aber, bis zu einer Entscheidung eines Obergerichts den Namen vorübergehend in “Goldgas SW” zu ändern.
Zweiter Akt: zwei Wochen, nachdem Goldgas die einstweilige Verfügung zugestellt bekam, haben die Stadtwerke Bad Homburg beim selben Landgericht jetzt einen so genannten “Bestrafungsantrag” gegen Goldgas gestellt. Die Hessen drohen dem Gaswettbewerber mit einem Bußgeld in Höhe von 250 000 Euro. Wie Stadtwerkedirektor Eller mitteilte, habe das Unternehmen immer noch nicht die Bezeichnung “Stadtwerke” aus seinem Namen gestrichen.
Quelle: Frankfurter Rundschau
Black:
--- Zitat ---Original von RR-E-ft
@Black
reblaus müht sich hier angestrengt, die Preisneuvereinbarung bei Tarifkunden sich und anderen zu erklären.
--- Ende Zitat ---
Das ist schön. Allerdings hatte ich gar nicht darum gebeten, die BGH Rechtsprechung nochmal zu \"erklären\". Insbesondere wenn diese Erklärung darin mündet zusätzliche Sondervoraussetzungen zu unterstellen, die der BGH nicht benennt. Und schon gar nicht, wenn diese Erklärung von einer Meinungsfraktion stammt, die primär diese BGH Rechtsprechung ohnehin als falsch ablehnt.
Das wäre ungefähr so, als ob ich einem Verbraucher ihre Rechtsauffassung \"erkläre\" obwohl ich sie ausdrücklich für falsch halte, dabei noch einige Dinge unterstelle, die Sie nie gesagt haben und dann (oh wunder) ein Ergebnis erhalte, das mir sehr nützlich ist.
Es geht auch gar nicht um die Frage, was der BGH sich bei den Tarifkunden dachte, sondern ob bei Sonderkunden eine vergleichbare Situation vorliegt.
Reblaus lehnt das ab, weil die von ihm kreierten zusätzlichen \"Voraussetzungen\" der Rechtsunsicherheit nicht vorliegen. Kann man vertreten, überzeugt mich aber nicht. Erst recht nicht, wenn dann noch einmal schwammig in subjektive und objektive Unsicherheit unterschieden werden soll.
Das mag ja eine in sich geschlossen stimmige Theorie sein, aber sie ist doch sehr vom Ergebnis her (Ziel: keine Neuvereinbarung beim Sonderkunden) zurechtgezimmert und gibt dabei nur vor sich auf den BGH stützen zu können.
Ronny:
@ Opa Ete
Danke für den Artikel!
3. Akt: Goldgas heißt inzwischen offiziell \"Goldgas SW GmbH\".
Haben Sie auch eine verbindliche Info, wer der Gesellschafter der Goldgas SW ist?
reblaus:
@Ronny
Im Internet habe ich gefunden, dass \"private Investoren\" hinter der SW Goldgas GmbH stünden. Privat könnte natürlich auch die n-ergie sein. Auf ihrer Internetseite ist ein Link auf eine Seite vorbereitet, die später einmal den Investoren gewidmet sein soll. Inhalt ist dort aber noch keiner vorhanden.
Den Vorwurf der Irreführung halte ich für berechtigt. Ich habe mich wegen der Bonität im Internet zu informieren versucht, wer hinter dem Unternehmen steckt. Ein Stadtwerk hat die nötige Bonität, ein Start-up möglicherweise nicht. Das ist bei der Auswahl eines Versorgers ein wichtiges Kriterium. Deshalb rate ich jedem von Vorauskasse- oder Kautionsangeboten ab.
@Black
Ich führe für meine Argumentation zwei BGH-Entscheidungen an, von denen die letztere lediglich die ständige Rechtsprechung aller BGH-Senate zu den Voraussetzungen wiedergibt, die Erfüllungshandlungen haben müssen, um eine Willenserklärung darzustellen.
Sie hingegen stehen mit Ihrer Gegenmeinung mit leeren Händen da.
Ok, da wären die Urteile der OLG Oldenburg und Frankfurt. Die begründen ihre Ansicht damit, dass der BGH das so entschieden hätte. Warum das was der BGH entschieden hat, auch auf Sonderverträge mit unwirksamer Preisanpassungsklausel übertragen werden kann, erklären sie mit keinem Wort.
Dem OLG Koblenz ist immerhin aufgegangen, dass diese Übertragung auf Sonderverträge gar nicht funktioniert. Daher konstruieren sie flugs eine Pflicht des Verbrauchers diesen Preis als Vertragspreis anzuerkennen, die sich aus Treu und Glauben ergeben soll. Sie vergessen dabei, dass das Bereicherungsrecht die Folgen eines treuwidrigen Verhaltens bereits abschließend klärt und die Generalklausel damit gar nicht anwendbar ist. Dass das OLG Koblenz die Rechtsprechung des BGH überhaupt nicht anwendet, sondern ein völlig anderes Rechtskonstrukt verwendet, sei nur noch am Rande erwähnt.
Dann wäre da noch die ominöse Entscheidung des LG Dresden zu erwähnen. Die meinen doch tatsächlich aus der Erklärung des EVU \"wir passen den Preis einseitig ohne Dich vorher zu fragen an\" lediglich das Flehen des Versorgers herauslesen zu können, der Kunde möge dies als Angebot zu einer Preisänderung verstehen, und diesem bitte zustimmen.
Sie haben hoffentlich bessere Argumente in der Hinterhand als diese Instanzgerichte.
Man kann gar nicht oft genug wiederholen, was der BGH tatsächlich entschieden hat.
--- Zitat ---BGH Urt. 13.06.2007, Az. VIII ZR 36/06
Kommt zwischen dem Versorgungsunternehmen und dem Kunden - ob ausdrücklich oder konkludent gemäß § 2 Abs. 2 AVBGasV durch Entnahme von Gas aus einem Verteilungsnetz eines Versorgungsunternehmens - ein Gaslieferungsvertrag zu den jeweiligen allgemeinen Tarifen zustande (vgl. auch RGZ 111, 310, 312; BGHZ 115, 311, 314; Senatsurteil vom 30. April 2003 - VIII ZR 279/02, NJW 2003, 3131, unter II 1 a m.w.N. zum Stromlieferungsvertrag), so ist der von dem Kunden zu zahlende Preis durch den zuvor von dem Gasversorgungsunternehmen gemäß § 10 Abs. 1 Satz 1 EnWG 1998 veröffentlichten Tarif eindeutig bestimmt und als solcher mit dem Abschluss des Vertrags zwischen den Parteien vereinbart (vgl. Senatsurteil vom 28. März 2007, aaO, unter II 1 a). Nicht anders kann es liegen, wenn der Kunde eine auf der Grundlage einer gemäß § 10 Abs. 1 EnWG 1998, § 4 Abs. 2 AVBGasV öffentlich bekannt gegebenen einseitigen Preiserhöhung vorgenommene Jahresabrechnung des Versorgungsunternehmens akzeptiert hat, indem er weiterhin Gas bezogen hat, ohne die Preiserhöhung in angemessener Zeit gemäß § 315 BGB zu beanstanden. In diesem Fall wird der zum Zeitpunkt der Jahresabrechnung geltende, zuvor einseitig erhöhte Tarif zu dem zwischen den Parteien vereinbarten Preis.
--- Ende Zitat ---
\"auf der Grundlage einer gemäß § 10 Abs. 1 EnWG 1998, § 4 Abs. 2 AVBGasV öffentlich bekannt gegebenen einseitigen Preiserhöhung\" = subjektive Ungewissheit
\"eine (...) Jahresabrechnung\" = Angebot des Versorgers
\"akzeptiert hat\" = Zahlung, Anerkenntnis der Billigkeitsbestimmung
\"ohne die Preiserhöhung in angemessener Zeit gemäß § 315 BGB zu beanstanden\" = Verzicht auf Unbilligkeitseinwand
\"indem er weiterhin Gas bezogen hat\" = Annahme des Angebots durch den Verbraucher
Der BGH sagt auch klar und unmissverständlich, dass eine Vereinbarung über den Preis nur dann zustande kommen kann, wenn der Preis eindeutig bestimmt ist. Das ist bei einer unwirksamen Preisänderungsklausel nun aber gerade nicht der Fall.
Ich halte mich mit meiner Interpretation Wort für Wort an die Begründung des BGH. Wenn Sie eine bessere Interpretation dieser Begründung haben, interessiert mich diese brennend.
Zwischen subjektiver und objektiver Ungewissheit zu unterscheiden, ist nicht schwammig, sondern notwendig. Wenn die Parteien eine objektive Ungewissheit über die Entscheidung einer Rechtsfrage mittels Parteivereinbarung klären könnten, wäre das die Privatisierung der Justiz. Parteien können sich nur über subjektive Ungewissheiten einigen.
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