Energiepreis-Protest > Grundsatzfragen
Sondervertrag gekündigt: Wie geht\'s weiter?
Black:
Das beeindruckt mich nicht wirklich.
Natürlich liegt es im Interesse der Verbraucherseite aufzuzeigen, dass zwischen der Zahlung einer unberechtigten Forderung aus der Grundversorgung und der Zahlung einer unberechtigten Forderung im Sondervertragein ein wahnwitzig hoher Unterschied besteht. Nur so kann man sich gegen eine Übertragung der BGH Rechtsprechung stellen.
Ich halte diesen Unterschied aber nicht für entscheident, da das Einverständnis des Kunden laut BGH ja die Unzulässigkeit unbeachtlich werden lässt. Da ist es egal ob das EVU grundsätzlich zwar ein Preisänderungsrecht hätte aber im konkreten Fall nicht berechtigt war (unbillig) oder generell nicht berechtigt war.
Der BGH spricht auch nicht vom deklaratorischen Schuldanerkenntnis sondern einer Preisneuvereinbarung.
reblaus:
Fakt ist, dass der BGH die Preisneuvereinbarung allein aus den Erfüllungshandlungen des Kunden für einen bereits bestehenden Vertrag herausliest. Wenn es sich dabei um eine Willenserklärung handeln soll, muss dem Kunden bewusst sein, dass er mit der Zahlung bzw. Gasentnahme eine vertragliche Regelung treffen will. Deshalb kann aus Erfüllungshandlungen nur dann eine Willenserklärung herausgelesen werden, wenn damit eine dem Kunden bekannte unklare Rechtssituation geregelt wird. Dem Kunden ist bei Zahlung der Abrechnung aber nur bekannt, dass der Versorger seine Preise zuvor einseitig erhöht hat. Die unklare Rechtssituation liegt daher ausschließlich in der Frage, ob die Preiserhöhung der Billigkeit entsprach oder nicht. Nur über diese Frage kann der Kunde mit der Zahlung eine Erklärung abgeben.
Der Kunde sagt mit der Zahlung \"ich akzeptiere, dass die Preiserhöhung der Billigkeit entspricht. Er sagt nicht \"wir vereinbaren jetzt einen neuen Preis\". Würde er nämlich letzteres sagen wollen, wäre damit die einseitige Preisanpassungsmöglichkeit des Versorgers für die Zukunft abbedungen. Da der Versorger aber auch danach seine Preise einseitig anpasst, dokumentiert dies, dass die Erklärung des Kunden beim Versorger eben nicht als Zustimmung zu irgendeinem Preis gewertet wurde, sondern nur als Billigung der vertraglich vereinbarten einseitigen Preisanpassung.
Wenn dem Versorger ein Recht zur einseitigen Preisanpassung gar nicht zusteht, geht die Billigung einer konkreten Preisanpassung ins Leere, weil eine solche gar nicht wirksam vorgenommen wurde.
Die Gegenauffassung geht davon aus, dass der Kunde ohne eigenen Willen durch die Zahlung umfangreiche vertragliche Erklärungen abgegeben würde. Tatsächlich können Handlungen nur solche Erklärungen darstellen, bei denen der Erklärungswille aus der Handlung heraus erkennbar ist.
Black:
Sie fügen damit der BGH Rechtsprechung eigenmächtig ein zusätzliches Tatbestandsmerkmal hinzu, dass der BGH selbst nicht angeführt. Eine vertragliche Regelung ist nicht von einer vorherigen \"Unsicherheit\" o.Ä abhängig.
Sie können natürlich selbst der Meinung sein, dass es ein solches Zusatzmerkmal geben sollte, aber damit stehen sie dann ohne den BGH da.
Nach Ihrer Lesart wäre die Billigkeit einer Preisanpassung dann aber etwas subjektives, vom Parteiwillen abhängiges, dass der Kunde akzeptieren kann um damit eine Rechtsunsicherheit beseitigen zu können.
Dem steht entgegen, dass die Billigkeit durch ein unabhängiges Gericht nach mitlerweile vorgegebenen Kriterien überprüfbar ist und damit eben nicht von subjektiven Elementen der jeweiligen abhängt. Eine unbillige Forderung ist dann auch schon per Gesetz unwirksam, egal was die Partei davon hält.
Hätte der BGH die Zustimmung des Kunden nur für den Fall einer \"unsicheren Rechtslage\" zugelassen hätte er nicht auf vertragliche Neuvereinbarung sondern auf Verwirkung der Billigkeitskontrolle nach treu und Glauben o.Ä. abstellen müssen.
Im letzten Teil ihrer Argumentation zweifeln Sie dann wieder, ob im Bezahlen überhaupt eine solche Vereinbarung gesehen werden kann. Das ist aber wieder die Ansicht derjenigen, die wiederum schon die BGH Rechtsprechung generell ablehnen.
RR-E-ft:
@Black
reblaus müht sich hier angestrengt, die Preisneuvereinbarung bei Tarifkunden sich und anderen zu erklären.
Fakt ist nun einmal, dass die einseitige Leistungsbestimmung in Ausübung eines gesetzlichen Preisbestimmungsrechts kein auf Annahme gerichtetes Angebot sein kann, weil eine Willenserklärung, mit der ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht gem. § 315 Abs. 2 BGB ausgeübt wird, schon kein auf Annahme gerichteter Antrag im Sinne von § 145 BGB sein kann. Die Wirksamkeit/ vertragliche Geltung hängt nämlich nicht von der fristgerechten Annahme ab, sondern richtet sich ausschließlich nach § 315 Abs. 3 Satz 1 BGB.
Worin Sie dabei die für eine Einigung notwendigen Willenserklärungen (Angebot und Annahme) sehen wollen, ist auch nicht ersichtlich. Würde es sich um ein Angebot handeln, könnte der Kunde dieses durch einfaches Schweigen nicht annehmen oder durch ausdrücklichen Widerspruch sogar endgültig ablehnen. Die Rechtsprechung des VIII.Zivilsenats ist von einer Art Verklärung geprägt.
reblaus:
@RR-E-ft
Der BGH sieht das Angebot nicht in der einseitigen Leistungsbestimmung sondern in der Jahresabrechnung, in der die einseitig bestimmten Preise enthalten sind. Sie machen hier den gleichen Denkfehler wie das LG Dresden.
@Black
Der BGH hat entschieden, dass eine Neuvereinbarung des Preises nur dann zustande kommt, wenn der Kunde der Abrechnung nicht widerspricht. Einer Abrechnung kann der Kunde aber nicht dadurch widersprechen, indem er sagt \"ich will diesen Preis nicht haben\", sondern nur dadurch dass er sagt \"die Preisfestsetzung ist unbillig\". Dies bedeutet im Umkehrschluss, dass die Vereinbarung dahin geht, dass nicht der Preis vereinbart wird, sondern dass die Preisfestsetzung der Billigkeit entsprechen soll.
Wenn die Frage der Billigkeit der Preisanpassung noch nicht höchstrichterlich geklärt wäre, läge eine objektive Ungewissheit vor. Denn niemand könnte sagen, wie die Rechtsfrage entschieden wird. Da aber nur die Vertragsparteien nicht wissen, ob die Berechnungen alle richtig vorgenommen wurden, liegt nur eine subjektive Ungewissheit vor. Über diese subjektive Ungewissheit kann eine Vereinbarung getroffen werden, dass die Preisfestsetzung der Billigkeit entsprechen soll, und auf eine objektive Überprüfung der Billigkeit verzichtet wird.
Sie betreiben ansonsten wie RR-E-ft Fundamentalopposition gegen die Rechtsprechung des 8. Zivilsenats.
--- Zitat ---BGH Urt. v. 11.11.2008, Az. VIII ZR 265/07 Tz. 11 f.
Die Wertung einer rechtsgeschäftlichen oder rechtsgeschäftsähnlichen Erklärung als Anerkenntnis setzt vielmehr in der Regel eine Interessenlage voraus, die zur Abgabe eines Anerkenntnisses Anlass gibt. Eine solche Interessenlage kann namentlich darin liegen, ein zwischen den Parteien bestehendes Schuldverhältnis einem Streit oder zumindest einer (subjektiven) Ungewissheit über den Bestand des Rechtsverhältnisses oder seine Rechtsfolgen insgesamt oder in einzelnen Beziehungen zu entziehen (BGHZ 66, 250, 255; BGH, Urteil vom 1. Dezember 1994 - VII ZR 215/93, WM 1995, 402, unter II 2 g; Urteil vom 11. Juli 1995, aaO; Urteil vom 11. Januar 2007, aaO). Dazu ist indessen nichts festgestellt.
Für die Bezahlung einer Rechnung ohne Erhebung von Einwendungen ist hiervon keine Ausnahme zu machen Der Umstand, dass eine Rechnung vorbehaltlos beglichen wird, enthält über seinen Charakter als Erfüllungshandlung (§ 363 BGB) hinaus keine Aussage des Schuldners, zugleich den Bestand der erfüllten Forderungen insgesamt oder in einzelnen Beziehungen außer Streit stellen zu wollen. Das gilt auch für die tatsächlichen Grundlagen der einzelnen Anspruchsmerkmale. Zwar wird es in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nicht als ausgeschlossen angesehen, der vorbehaltlosen Begleichung einer Rechnung zugleich eine Anerkenntniswirkung hinsichtlich der zu Grunde liegenden Forderung beizumessen. Dies erfordert aber stets ein Vorliegen weiterer Umstände, die geeignet sind, eine derartige Wertung zu tragen. Solche Umstände sind hier nicht festgestellt. Für sich genommen rechtfertigt die Bezahlung der Rechnung nicht die Annahme eines Anerkenntnisses (BGH, Urteil vom 11. Januar 2007, aaO, Tz. 9).
--- Ende Zitat ---
Wir befinden uns hier beim Thema Willenserklärungen. Sie müssten für Ihre Ansicht dann schon darlegen, dass der BGH vom Verbraucher völlig andere Formen der konkludenten Willenserklärungen verlangen würde, nur weil es sich um ein Gaseinkauf handelt. Ersteht der gleiche Verbraucher jedoch Gemüse auf dem Markt würden wieder die allgemeinen Regeln des Schuldrechts zur Anwendung kommen. Das funktioniert so nicht. Das Ergebnis wäre, dass es beim Gaseinkauf auf den Willen des Verbrauchers gar nicht ankäme.
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