Forum des Bundes der Energieverbraucher

Autor Thema: Sondervertrag gekündigt: Wie geht\'s weiter?  (Gelesen 186772 mal)

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Offline bolli

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Sondervertrag gekündigt: Wie geht\'s weiter?
« Antwort #300 am: 01. September 2009, 07:57:48 »
@courage und @RR-E-ft

Zwar sagt § 41 EnG
\"...2. zu erbringende Leistungen einschließlich angebotener Wartungsdienste,...\"
und
\"...6. die Art und Weise, wie aktuelle Informationen über die geltenden Tarife und Wartungsentgelte erhältlich sind...\"

Jedoch würde auch ich die zu erbringenden Leistungen eher abstrakt sehen und nicht so sehr konkret, sprich, gemeint ist: Der Versorger hat Strom oder Gas zu liefern und der Kunde hat Geld dafür zu bezahlen.
Denn schließlich werden gem Ziffer 2 die Wartungsdienste sicherlich auch nicht stundenmäßig im vorhinein aufgelistet sondern ist allgemein beschrieben, dass Wartungsdienste enthalten sind, der Stundenumfang ergibt sich aus dem konkreten jeweiligen Wartungsproblem und die konkret zu bezahlenden Stundensätze ergeben sich wiederum aus den jeweils gültigen Preisinformationen.

Und mit der Vorschrift in Ziffer 6 ist sichergestellt, dass der Kunde sich die konkreten Informationen zum Vertragszeitpunkt besorgen kann, bzw. diese sogar über ein aktuelles Preisblatt mitgeliefert bekommt.

Diese Wahl, ob ich diesem Vertrag zustimme ist für mich dennoch etwas anderes als wenn ich mich auf der \'untersten Stufe\', der gesetzlichen Grundversorgung, befinde.

Wenn ich hier stehe, habe ich realistisch keine Wahl mehr, wenn ich der Meinung bin, dass die Preise nicht gerechtfertigt sind bzw. nicht der Billigkeit entsprechen. Meiner Meinung nach ist die Intention des Gesetzgebers eine andere gewesen, schließlich hat er das Konstrukt des Sockelpreises und der Preiserhöhung in der Weise, wie es vom BGH hergeleitet wurde , nicht eingeführt.
Allerdings habe ich aufgrund der Erfahrungen der letzten Jahre meine Zweifel, ob er es sich trauen wird, gegen den Widerstand der Energielobby dieses in einer Rechtsvorschrift weiter zu Gunsten der Kunden zu präzisieren (selbst wenn er es wollte). Von daher hege ich eher eine geänderte bzw. präzisierte Regelungshoffnung über den BGH, die ich im Gegensatz zu reblaus noch nicht aufgegeben habe.

Nur wer wagt, kann auch gewinnen.

Offline Opa Ete

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Sondervertrag gekündigt: Wie geht\'s weiter?
« Antwort #301 am: 01. September 2009, 08:35:14 »
@RR-E-ft
\"Der Kunde gewinnt weiter den Eindruck, die Gestaltung der Allgemeinen Tarife (Preise) falle nach dem Belieben des Grundversorgers aus, obschon klar ist, dass die Gestaltung der Allgemeinen Tarife (Preise) nicht in das Belieben der Grundversorger gestellt, sondern klar gesetzlich an den Maßstab der Billigkeit gebunden ist, §§ 2 Abs. 1, 36 Abs. 1 EnWG.\"

Natürlich hat der Kunde den Eindruck, den habe ich und alle anderen Protestler, sonst würden wir nicht protestieren. Ich behaupte, dass die EVUs sich um die Billigkeit einen Dreck scheren.
Im Übrigen hätte ich nichts gegen ein Zeitgerüst einzuwenden (z.B.vierteljährliche Überprüfung der Preise), wenn absolut sicher gestellt ist, dass Tariferhöhungen und  -senkungen für den Kunden nachvollziehbar sind - aber daran wir es scheitern.

Offline Ronny

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Sondervertrag gekündigt: Wie geht\'s weiter?
« Antwort #302 am: 01. September 2009, 09:23:27 »
@ courage und Herrn Fricke

Bolli fasst es aus meiner Sicht sehr gut zusammen:

Zitat
Zwar sagt § 41 EnG
\"...2. zu erbringende Leistungen einschließlich angebotener Wartungsdienste,...\"
und
\"...6. die Art und Weise, wie aktuelle Informationen über die geltenden Tarife und Wartungsentgelte erhältlich sind...\"

Jedoch würde auch ich die zu erbringenden Leistungen eher abstrakt sehen und nicht so sehr konkret, sprich, gemeint ist: Der Versorger hat Strom oder Gas zu liefern und der Kunde hat Geld dafür zu bezahlen.
Denn schließlich werden gem Ziffer 2 die Wartungsdienste sicherlich auch nicht stundenmäßig im vorhinein aufgelistet sondern ist allgemein beschrieben, dass Wartungsdienste enthalten sind, der Stundenumfang ergibt sich aus dem konkreten jeweiligen Wartungsproblem und die konkret zu bezahlenden Stundensätze ergeben sich wiederum aus den jeweils gültigen Preisinformationen.

Und mit der Vorschrift in Ziffer 6 ist sichergestellt, dass der Kunde sich die konkreten Informationen zum Vertragszeitpunkt besorgen kann, bzw. diese sogar über ein aktuelles Preisblatt mitgeliefert bekommt.

Diese Wahl, ob ich diesem Vertrag zustimme ist für mich dennoch etwas anderes als wenn ich mich auf der \'untersten Stufe\', der gesetzlichen Grundversorgung, befinde.
Wenn der Gesetzgeber vorgibt, wie aktuelle Informationen über die Tarife erhältlich sein sollen, dann meint er damit logischerweise, dass sie nicht im Vertrag selbst stehen müssen. Es ist doch auch nun wirklich nicht ungewöhnlich, dass Preise nicht in der Vertragsurkunde selbst sondern in einer Preisliste festgelegt sind.

Es ist so schrecklich sinnlos, sich seitenlang darüber den Kopf zu zerbrechen, wo die Anfangspreisrechtsprechung des BGH formelle Unschärfen haben könnte. Sie ist in der Welt und wird da auch bleiben - ach ne: der Große Senat wird alles wieder kippen...

Offline courage

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Sondervertrag gekündigt: Wie geht\'s weiter?
« Antwort #303 am: 01. September 2009, 11:20:12 »
@ bolli, @Ronny

Ich glaube nicht, dass der Gasversorger ein Interesse an einer abstrakten Gegenleistung hat; er will wohl eher Konkretes auf seinem Konto sehen.

Offline Black

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Sondervertrag gekündigt: Wie geht\'s weiter?
« Antwort #304 am: 01. September 2009, 11:37:57 »
Zitat
Original von courage
@ bolli, @Ronny

Ich glaube nicht, dass der Gasversorger ein Interesse an einer abstrakten Gegenleistung hat; er will wohl eher Konkretes auf seinem Konto sehen.

Da der Versorger sowohl bei der Grundversorgung, als auch beim Sondervertrag \"etwas konkretes\" auf seinem Konto sehen will liegt es schon im eigenen Interesse auch einen konkreten Lieferpreis zu vereinbaren, ohne das es hierzu einer zusätzlichen Regelung des Gesetzgebers bedarf.

Im übrigen wird nach h.M. der Gasbezug als Kaufvertrag i.S.d. § 433 BGB angesehen. Aus § 433 Abs. 2 BGB folgt dann auch die notwendige Vereinbarung eines Preises.

Insoweit sind die Kriterien, die der Gesetzgeber als zusätzliche Dokumentationspflichten in das EnWG und die GVV aufgenommen haben völlig ungeeignet um deswegen über die (längst gerichtlich entschiedene) Frage der einseitigen Preisbestimmung zu debattieren.
Ihr sollt nicht wähnen, daß ich gekommen sei, Frieden zu senden auf die Erde. Ich bin nicht gekommen, Frieden zu senden, sondern das Schwert.

Matthäus, Kapitel 10, Vers 34

Offline Münsteraner

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Sondervertrag gekündigt: Wie geht\'s weiter?
« Antwort #305 am: 01. September 2009, 12:52:03 »
Im Forum werden alle möglichen Begrifflichkeiten bis ins Kleinste zerrupft, um der juristischen \"Wahrheit\" auf die Spur zu kommen. So weit, so gut. Warum dann aber nicht auch bezüglich des oft genutzten Begriffs des \"gesetzlich an den Maßstab der Billigkeit gebunden Preises\".

Ich finde diese Ausdrucksweise immer wieder verwirrend. Denn wo im Gesetz steht, was \"Billigkeit\" und insbesondere auch der \"Maßstab\" dafür ist?

Nach § 2 Abs. 1 EnWG ergibt sich die Verpflichtung des Versorgers, den Verbraucher \"möglichst preisgünstig\" mit Energie zu versorgen. Insoweit das EVU auch ein Preisbestimmungsrecht hat, gesteht ihm § 315 BGB zudem einen Ermessensspielraum bei der Bestimmung des gesetzlich vorgeschriebenen \"günstigstmöglichen Preises\" zu.

Dem Maßstab der Billigkeit (welcher unter Berücksichtigung der Interessen beider Parteien und des in vergleichbaren Fällen Üblichen festzustellen ist) entsprechen muss damit nicht der Preis (dieser muss möglichst günstig sein), sondern das ausgeübte Ermessen.

Und was mir auch immer noch nicht in den Kopf will, ist, dass der vereinbarte Anfangspreis nicht überprüfbar sein soll. Denn ich denke nach wie vor: die Vereinbarung beruht doch letztlich auf meinem Vertrauen, dass der Anfangspreis entsprechend den gesetzlichen Anforderungen der \"möglichst günstige\" und der nach \"billigem Ermessen\" ermittelte ist. Angenommen, ich hätte nun deutliche Anhaltspunkte dafür, dass dem bei Vertragsschluss nicht so war. Wäre dann auch über einen Verstoß gegen Treu und Glauben kein Angriffspunkt gegeben?

Offline bolli

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Sondervertrag gekündigt: Wie geht\'s weiter?
« Antwort #306 am: 01. September 2009, 14:40:23 »
Zitat
Original von Münsteraner
Im Forum werden alle möglichen Begrifflichkeiten bis ins Kleinste zerrupft, um der juristischen \"Wahrheit\" auf die Spur zu kommen. So weit, so gut. Warum dann aber nicht auch bezüglich des oft genutzten Begriffs des \"gesetzlich an den Maßstab der Billigkeit gebunden Preises\".

Ich finde diese Ausdrucksweise immer wieder verwirrend. Denn wo im Gesetz steht, was \"Billigkeit\" und insbesondere auch der \"Maßstab\" dafür ist?

Oh, dass wird sehr wohl gemacht, wenn Sie sich mal einige Threads anschauen, insbesondere den vorliegenden. Verwiesen sei hier besonders auf den § 2 EnWG (preisgünstige Energie) und § 17 (1) GasGVV (Bezug auf § 315 BGB). Nur der Begriff \'Billigkeit\' fällt in den beiden Gesetzen tatsächlich nicht, wurde von der BGH-Rechtsprechung aber schon bestätigt.  Allerdings nur für die Preiserhöhungen und nicht für den Sockelpreis.
Problem ist derzeit wohl hauptsächlich, dass der BGH, speziell der VIII. Senat, den Maßstab für die Billigkeit derzeit (möglicherweise in etwas weiter Interpretation des Gesetzgebers ?) durch sein Urteil vom 19.11.2008 BGH, VIII ZR 138/07 Tz. 15 ff festgelegt und in seinem Urteil vom 08.07.2009 BGH-Urteil vom 08.07.09 - VIII ZR 314/07 Tz 19 ff. weiter präzisiert hat, sehr zum Gefallen von Black und Ronny, während reblaus dieses zwar nicht freut, er es aber auch nicht mehr als abänderbar ansieht.

Einige andere, allen voran RR-E-ft, versuchen darüber hinaus Probleme dieser Entscheidung aufzuzeigen, ohne sie aber abschaffen zu können. Ein gewisser Eigennutz sei hier natürlich nicht abgestritten.  ;)

Die drei oben genannten versuchen das eine oder andere Gegenargument, ohne aber die Mehrzahl wirklich überzeugen zu können, zumindest die, die sich äußern. Letztlich aber wird die zukünftige Realität vor den Gerichten zeigen, wer sich durchsetzen kann. Der Gesetzgeber hat eine KLARE Regelung bisher versäumt und ich bezweifele, dass wir von der derzeitigen politischen Konstellation, egal wie lange sie dauert, noch von einer schwarz/gelben Regierung da in Zukunft was konkrteres bekommen werden.

Letztlich können wir also diskutieren, solange wir wollen, die Frage ist vielmehr, wie die weiteren Gerichtsentscheidungen aussehen werden. Dafür haben wir sicherlich hier schon eine ganze Reihe Argumente gesammelt.

Offline Münsteraner

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« Antwort #307 am: 01. September 2009, 15:19:01 »
@ bolli

Ich kenne den Thread sehr genau (hab ihn sogar selbst gestartet). Dennoch kommt mir das Thema nach wie vor insoweit zu kurz, als ich denke, dass hier noch nicht alle juristischen Möglichkeiten ausdiskutiert worden sind, Auswege aus dem \"8. Senats-Dilemma\" zu entwickeln (auch wenn Black und Reblaus es zumindest tendenziell so hinstellen). Deshalb hab ich nochmal daran erinnert.

Letztlich haben Sie natürlich Recht, dass nur Gerichtsentscheidungen Realitäten schaffen können. Damit diese verbraucherfreundlicher als bisher ausfallen, braucht es jedoch noch mehr und bessere Argumente.

Offline Black

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« Antwort #308 am: 01. September 2009, 15:27:20 »
Es gibt natürlich einige gute Argumente gegen die BGH Rechtsprechung zum Sockelpreis.

Es ist jedoch zu beachten, dass diese BGH Urteile nicht der Beginn eines Meinungsstreites sind und bei dem man jetzt mal abwarten muss, was sich vor den Gerichten durchsetzt, sondern das Ende.

Der Streit hat bevor er den BGH erreicht hat bereits die anderen Instanzen durchlaufen wo die beiden Meinungen zum Sockelpreis noch gleichberechtigt gegenüberstanden.

Die Rechtspraxis funktioniert nicht so, dass der BGH zuerst ein Urteil in die Welt wirft um dann mal zu gucken, ob es sich an den Amts- und Landgerichten \"durchsetzt\". Der BGH beendet einen bestehenden Streit.

Ein Rechtswandel ist also nicht dadurch zu erreichen, dass der eine oder andere \"mutige\" Amtsrichter klar gegen den BGH entscheidet, denn diese Entscheidung würde fast immer von der nächsten Instanz oder ggf. am Ende vom BGH selbst wieder aufgehoben werden.

Natürlich ist ein überraschender \"Sinneswandel\" des BGH in dieser Sache möglich. Aber eine Abkehr von bestehender Rechtssprechung ist sehe sehr selten und passiert dann auch nur nach sehr langer Zeit.
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Offline Münsteraner

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Sondervertrag gekündigt: Wie geht\'s weiter?
« Antwort #309 am: 01. September 2009, 15:41:25 »
Zitat
Original von Black


Aber eine Abkehr von bestehender Rechtssprechung ist sehe sehr selten ...

Mag sein, aber auch nicht unmöglich, nämlich dann nicht, wenn gute Gründe dafür vorliegen. Und die gilt es aktiv zu suchen.

Sie sagen ja selbst:

Zitat
Es gibt natürlich einige gute Argumente gegen die BGH Rechtsprechung zum Sockelpreis.
Dann legen Sie doch mal los, und nennen Sie die.

Offline Black

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« Antwort #310 am: 01. September 2009, 15:43:29 »
Scherzkeks
Ihr sollt nicht wähnen, daß ich gekommen sei, Frieden zu senden auf die Erde. Ich bin nicht gekommen, Frieden zu senden, sondern das Schwert.

Matthäus, Kapitel 10, Vers 34

Offline reblaus

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Sondervertrag gekündigt: Wie geht\'s weiter?
« Antwort #311 am: 01. September 2009, 15:47:15 »
Ich habe den Eindruck, als würden manche Diskussionsteilnehmer hier kurz vor der Verzweiflung stehen über die schreiende Ungerechtigkeit, mit der Sie das höchste deutsche Zivilgericht Tag für Tag misshandelt.

Fassen wir die derzeitige Rechtslage mal zusammen.

Fast jede Preiserhöhungsklausel in Sonderverträgen ist unwirksam. Die Folge ist, dass alle Sondervertragskunden Preiserhöhungen seit Vertragsbeginn zurückweisen können. Zusätzlich ist gut begründet vom AG Dannenberg entschieden worden, dass die daraus resultierenden Rückforderungsansprüche erst nach 10 Jahren verjähren. Wenn sich das höchstrichterlich durchsetzt, haben Sondervertragskunden 10 Jahre lang einen Preis von anno dazumal zu zahlen, und das bei massiv gestiegenen Weltmarktkosten für Energie. Mehr Glück kann man nur bei einem Sechser im Lotto haben.

Die Grundversorgungskunden können den Vortrag des Versorgers mit einem einfachen Satz nämlich, \"ich weiß es nicht\", bestreiten, danach muss der Versorger beweisen, dass seine Kosten in gleichem Umfang wie seine Endpreise gestiegen sind. Für den Beweis ist zumindest erforderlich, dass er seine Sparten-Gewinn-und-Verlustrechnung vorlegt, weil es sich dabei um kein Geschäftsgeheimnis handelt. Er wird vermutlich nachzuweisen haben, dass sein Bezugsvertrag nicht einem kartellrechtlich verbotenen Bündel von langjährigen Gesamtmengenbezugsverträgen zugehörig ist. Er wird zumindest bei Anhaltspunkten in der GuV beweisen müssen, dass er seinen Industriekunden die Preise weiterhin entsprechend der Ölpreisbindung anpasst. Wenn er bei irgendeiner dieser Positionen geschummelt hat, fliegt ihm seine ganze Preiskalkulation der letzten Jahre um die Ohren, mit der Folge, dass er auch bei Grundversorgungskunden rückwirkend Preise von vor Jahren akzeptieren wird müssen.

Nur der ehrliche Versorger, der seine Kunden weder mit AGB-Klauseln noch mit überzogenen Preissteigerungen oder Kartellmachenschaften zu übervorteilen trachtete, wird seine Preisforderungen vor Gericht durchsetzen können. Es widerstrebt mir allerdings, mit dessen Kunden Mitleid zu empfinden, da ich nach wie vor denke, dass es so eigentlich überall sein sollte.

Daneben ist doch das Problem mit dem Sockelpreis ein ziemlich kleines. Wir sollten als Kunden nicht den gleichen Fehler machen wie so mancher Versorger: Habgier ist ein schlechter Ratgeber.

Offline bolli

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« Antwort #312 am: 01. September 2009, 15:47:58 »
@Black

Auch wenn Sie es vielleicht nicht so gerne hören möchten, so sehe ich weiterhin die Chance, dass ein entsprechender Fall auch mal vor dem Xi. Senat landet (wenn der Instanzenweg anders ist) und dieser hat sich bisher in dieser Frage nicht so klar positioniert wie der VIII. Ggf. ist dann doch eine Entscheidung des Großen Senats notwendig und wer weiss, wie die ausfällt.

Also, durchaus 2 Möglichkeiten.

Im übrigen kann ich mich an keine unterinstanzlichen Urteile erinnern, wo das Konstrukt Sockelpreis und Preiserhöhung im Sinne der Entscheidung des VIII. Senats schon mal so durchgearbeitet worden wäre. In besagter Entscheidung vom 19.11.2009 ging es auf jeden Fall nur um eine Preiserhöhung und nicht den gesamten Preis. Ob da also alles schon mal so durchdiskutiert wurde, lasse ich mal dahin gestellt.

Offline reblaus

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Sondervertrag gekündigt: Wie geht\'s weiter?
« Antwort #313 am: 01. September 2009, 15:57:59 »
@Bolli
Der Kartellsenat ist für Kartellrecht zuständig. Und da hat er dem 8. Zivilsenat gehörig auf die Füße getreten, als dieser seinen Fehler mit dem Wärmemarkt und der Ölpreisbindung beging.

Das Kaufrecht ist ureigenstes Territorium des 8. Zivilsenats. Da hat der Kartellsenat keine Kompetenzen. Es ist überhaupt nicht ersichtlich warum er sich in anderer Senate Angelegenheiten einmischen sollte. Auch wenn Sie es sich noch so sehr wünschen. Es geht ihn eigentlich gar nichts an.

Der 11. Senat ist für Bankrecht zuständig.

Offline Münsteraner

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« Antwort #314 am: 01. September 2009, 15:59:31 »
Zitat
Original von reblaus
Ich habe den Eindruck, als würden manche Diskussionsteilnehmer hier kurz vor der Verzweiflung stehen über die schreiende Ungerechtigkeit, mit der Sie das höchste deutsche Zivilgericht Tag für Tag misshandelt.

Wir sollten als Kunden nicht den gleichen Fehler machen wie so mancher Versorger: Habgier ist ein schlechter Ratgeber.

Hier steht weder irgendjemand \"kurz vor der Verzweiflung\", noch geht es um \"Habgier\". Fakt ist: es gibt sicher nicht wenige Versorger, die ihren gesetzlichen Auftrag, einen möglichst günstigen Preis zu bieten, nicht allzu ernst nehmen, sondern sich aufführen wie Unternehmen der freien Marktwirtschaft mit Gewinnmaximierungsinteresse.

Einem solchen Treiben gilt es Einhalt zu gebieten, mit allen rechtlichen Möglichkeiten. Eine Relativierung zwischen bisher erreichten Individualvorteilen und \"vergleichsweise kleineren\" Problemen halte ich für unangebracht. Insbesondere, wenn damit auch noch Andeutungen wie mögliche Habgier in den Raum gestellt werden.

Bände spricht auch die Weigerung von Black, sich an der Entwicklung einer verbraucherfreundlicheren Rechtssprechung zu beteiligen. Sagt dies doch nichts anderes aus, als dass ihm die Erlangung gesetzlich vorgeschriebener günstigstmöglicher Preise weniger wichtig ist, als die Durchsetzung wirtschaftlicher EVU-Intereressen.

 

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