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Autor Thema: Inhaltskontrolle gem. § 307 BGB schließt Billigkeitskontrolle gem. § 315 BGB regelmäßig aus  (Gelesen 100500 mal)

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Offline nomos

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Zitat
Original von RR-E-ft
Eine solche Preisanpassungsmöglichkeit funktioniert mithin nicht bei Verträgen, die auf längerfristige Kundenbindung (Mindestvertragslaufzeit) angelegt sind.
    Für den Regelbestandsnormsonderversorger war das ja wieder ein tolles Hornberger Schießen.  :D

Offline jofri46

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@RR-E-ft

Dann liege ich mit meiner Auffassung wohl nicht falsch, dass die isolierte Übernahme der gesetzlichen Regelung als Preisanpassungsklausel in einem Sondervertrag einer Inhaltskontrolle nach § 307 BGB nicht standhalten wird.

Könnte das Kündigungsrecht gem. § 20 Abs. 1 GasGVV nicht auch bei einer vereinbarten Mindesvertragslaufzeit als vorzeitiges (Sonder-)Kündigungsrecht im Falle einer Preisanpassung vereinbart werden? Ich meine ja.

Offline RR-E-ft

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@jofri46

Ich habe die Urteilspassage wiedergegeben, wonach dann, wenn dem Kunden nicht ein Kündigungsrecht entsprechend § 20 Abs. 1 GVV eingeräumt ist, jene Klauseln nicht der Inhaltskontrolle standhalten. Der Grundversorgungskunde kann schließlich auch jederzeit - unabhängig von Preisänderungen - mit einer Frist von einem Monat auf das Monatsende den Grundversorgungsvertrag kündigen. Die Vereinbarung einer Mindestvertragslaufzeit in einem Sondervertrag weicht zu Lasten des Kunden vom Grundversorgungsvertrag ab.

Möglich erscheint jedoch vieles.

In Tz. 29 heißt es:

Zitat
\"Mangels anderweitiger vertraglicher Vorgaben hat die Beklagte damit die Möglichkeit, den Zeitpunkt zu bestimmen, zu dem sie von dem Preisänderungsrecht Gebrauch macht, und durch die Wahl des Preisanpassungstermins erhöhten Gasbezugskosten umgehend, niedrigeren Gasbezugskosten jedoch nicht oder erst mit zeitlicher Verzögerung durch eine Preisänderung Rechnung zu tragen. Mit diesem Inhalt weicht die Klausel von dem gesetzlichen Leitbild des § 5 Abs. 2 GasGVV (§ 4 Abs. 1 und 2 AVBGasV) zum Nachteil des Sonderkunden ab (BGHZ 176, 244, Tz. 20 f., 26).\"

Offline Black

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Zitat
BGH, Urteil vom 15.07.2009, VIII ZR 225/07


Insofern ist eine sachliche Gleichbehandlung der Haushaltssonderkunden mit den Tarifkunden geboten. Die Haushaltssonderkunden der Beklagten werden auf der Grundlage des Vertrages (Vertragsname) ebenso wie Tarifkunden aufgrund eines standartisierten Vertrages zu einheitlichen Preisen mit Gas beliefert. Der Vertrag ist auch trotz der besonderen Bedingungen über die Vertragslaufzeit in § … der Allgemeinen Geschäftsbedingungen einem auf unbestimmte Zeit laufenden Tarifkundenvertrag vergleichbar. Denn es ist zwar ein Kündigungsrecht beider Parteien jeweils für einen bestimmten Zeitraum ausgeschlossen, der Vertrag wird jedoch automatisch verlängert, wenn er von keiner der beiden Parteien gekündigt wird.

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Ihr sollt nicht wähnen, daß ich gekommen sei, Frieden zu senden auf die Erde. Ich bin nicht gekommen, Frieden zu senden, sondern das Schwert.

Matthäus, Kapitel 10, Vers 34

Offline RR-E-ft

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@Black

Wo haben Sie denn diese Urteilsbegründung schon wieder her?

Ein Vertrag mit Mindestvertragslaufzeit ist bereits wirtschaftlich nicht mit einem unbefristeten Sondervertrag vergleichbar, der auch im Falle eines Kostenanstiegs durch ordnungsgemäße Kündigung oder  Änderungskündigung durch den Lieferanten beendet werden kann. Mit einem Tarifkundenvertrag, der aufgrund der bestehenden gesetzlichen Versorgungspflicht vom Versorger nicht gekündigt werden kann (§ 20 Abs. 1 Satz 3 GVV enthält nur eine Klarstellung), ist ein solcher Vertrag auch nicht vergleichbar.

Ich habe den Urteilstext VIII ZR 225/07 noch nicht vorliegen.

Findet sich auch darin eine Passage folgenden Inhalts?

Zitat
\"Mangels anderweitiger vertraglicher Vorgaben hat die Beklagte damit die Möglichkeit, den Zeitpunkt zu bestimmen, zu dem sie von dem Preisänderungsrecht Gebrauch macht, und durch die Wahl des Preisanpassungstermins erhöhten Gasbezugskosten umgehend, niedrigeren Gasbezugskosten jedoch nicht oder erst mit zeitlicher Verzögerung durch eine Preisänderung Rechnung zu tragen. Mit diesem Inhalt weicht die Klausel von dem gesetzlichen Leitbild des § 5 Abs. 2 GasGVV (§ 4 Abs. 1 und 2 AVBGasV) zum Nachteil des Sonderkunden ab (BGHZ 176, 244, Tz. 20 f., 26).\"

Offline RR-E-ft

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Zitat
Original von Black
@RR-E-ft

Ja, diese Passage existiert, sie zeigt wenn ich mich recht erinnere eine Abweichung der selbst gewählten Klausel vom Leitbild auf.

Offline reblaus

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Nach dem die Urteile nun jedermann zugänglich sind, frage ich mich, wo denn die große Katastrophe für die Verbraucher zu finden ist.

Halten wir doch mal ein paar Fakten fest.

1. Die unveränderte Übernahme des gesetzlichen Preisanpassungsrechtes in Sonderverträge ist zulässig.
2. Zur unveränderten Übernahme gehört zwingend die Übernahme des Kündigungsrechtes spätestens zum Zeitpunkt der Preiserhöhung.
3. Die beiden streitgegenständlichen Klauseln sind unwirksam, weil sie das gesetzliche Preisänderungsrecht zwar weitgehend aber nicht unverändert übernommen haben.
4. In aller Regel haben die Altverträge das gesetzliche Preisänderungsrecht nicht unverändert übernommen, sondern mit geringen aber entscheidenden Abweichungen.
5. Die Regelung wird daher erst für neu abzuschließende Verträge von Bedeutung sein.
6. Die Monopolsituation dürfte in fast ganz Deutschland der Vergangenheit angehören, da zahlreiche neue Anbieter darunter ausgesprochen günstige Unternehmen in den Markt eingetreten sind.
7. Vor allem die neuen Anbieter dürften ganz wild darauf sein, Kunden zu gewinnen, sie haben ja noch keine (und den ganzen Tag Däumchen drehen im Büro ist auf Dauer auch langweilig).
8. Bei zukünftigen Preisänderungen ist es daher ganz einfach, den Vertrag vor der Preiserhöhung zu beenden und zu einem der vielen neuen Anbietern mit günstigen Tarifen zu wechseln.
9. Wenn das ganz viele Verbraucher machen, werden die Altversorger ganz schnell überlegen, ob das mit der Ölpreisbindung eine so gute Sache ist.
10. Sie werden sich auch überlegen, wie die neuen Anbieter an die günstigen Bezugskonditionen kommen, und deren Einkäufer abwerben.
11. Sie werden selbst günstigere Tarife anbieten und ihre Kunden zukünftig umsorgen, statt sie nur zu melken.
12. Jetzt habe ich noch immer das Problem für die Verbraucher nicht gefunden.

Offline Black

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@ reblaus

Es ist ja auch kein Problem für Verbraucher, sondern für Verbraucheranwälte. Denen droht ein bisher ewiges Einfalltor - unwirksame Anpassungsklausel im Sondervertrag - zugeschlagen zu werden.

Es ist auch ein Problem für den Kundentypus, der gerne zum günstigen Sonderanbieter wechselt und dann nach Jahren plötzlich auf die Idee kommt, dass es doch viel schöner wäre statt VOR einer Erhöhung zu wechseln NACH der Erhöhung die gezahlten Gelder zurück zu verlangen UND am besten noch der nachfolgenden Kündigung durch den Versorger zu widersprechen um quasi dauerhaft einen niedrigen Festpreis zu bewahren.
Ihr sollt nicht wähnen, daß ich gekommen sei, Frieden zu senden auf die Erde. Ich bin nicht gekommen, Frieden zu senden, sondern das Schwert.

Matthäus, Kapitel 10, Vers 34

Offline RR-E-ft

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@reblaus

Viele Ihrer \"Fakten\" erscheinen nicht nachvollziehbar. Haben Sie sich die selbst ausgedacht? (Abwerbung von Einkäufern usw.)

Vielleicht liegt das Problem z.B. darin, dass der Verbraucher u.a. die Einhaltung einer bestehenden Verpflichtung zur Preisabsenkung bei rückläufigen Kosten nicht hinreichend kontrollieren kann.

Mit den Worten des BGH gesprochen:

Zitat
BGH, Urt. v. 21.04.2009 - XI ZR 78/08 Tz. 38

Lässt eine Preis- und Zinsänderungsklausel weiter den Kunden darüber im Unklaren, ob und in welchem Umfang das Kreditinstitut zu einer Anpassung berechtigt oder zu seinen Gunsten verpflichtet ist, läuft auch die dem Kunden eingeräumte Möglichkeit einer gerichtlichen Kontrolle weitgehend leer.

Kommt es erst gar nicht zu einer gebotenen Herabsetzung des Preises oder Zinssatzes, versagt sie für gewöhnlich, weil der Kunde mangels hinreichenden Anhalts schon eine solche Verpflichtung des Verwenders zumeist nicht zu erkennen vermag.

Erfolgt eine Preis- oder Zinsanpassung zu seinen Ungunsten, fehlt ihm die Beurteilungsgrundlage, ob sich die Anpassung im Rahmen des der Bank zustehenden Gestaltungsspielraumes bewegt oder ein Verfahren nach § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB mit Erfolg betrieben werden kann
(Habersack, WM 2001, 753, 757).

Wenn das bereits bei öffentlich- rechtlichen Sparkassen, die in ihrem Bereich in einem harten Wettbewerb stehen, problematisch ist, dann wird es bei privatwirtschaftlichen Energieversorgungsunternehmen, die weiter auf Märkten mit erheblichen Wettbewerbsdefiziten tätig sind, wohl erst recht zutreffen.


Zitat
dpa/AFP 04.08.2009

Der Endverbraucher trägt die Kosten:
Experten rügen Wettbewerbsdefizit bei Energie

Der deutsche Strom- und Gasmarkt ist nach Angaben eines Expertengremiums nach wie vor weit von einem funktionierenden Wettbewerb entfernt. «Wir sind sehr unzufrieden mit der Wettbewerbssituation», sagte der Vorsitzende der Monopolkommission, Justus Haucap, am Dienstag in Berlin.

Vielleicht liegt das Problem auch darin:

Zitat
BGH, Urt. v. 19.11.2008 - VIII ZR 138/07 Tz. 16

Eine unmittelbare Anwendung von § 315 Abs. 1 und 3 BGB setzt voraus, dass die Parteien vereinbart haben, eine von ihnen solle nach Abschluss des Vertrages die Leistung bestimmen. Daran fehlt es, wenn zwischen den Parteien eine vertragliche Einigung über den Preis zustande gekommen ist.

Vielleicht liegt das Problem auch darin:

Zitat
BGH, Urt. v. 29.04.2008 - KZR 2/07 Tz.26

Hiernach kommt § 4 Abs. 1 und 2 AVBGasV Leitbildfunktion für die streitige Preisänderungsklausel nicht zu. Die Vorschrift bestimmt, dass das Gasversorgungsunternehmen zu den jeweiligen allgemeinen Tarifen und Bedingungen Gas zur Verfügung stellt und dass Änderungen der allgemeinen Tarife und Bedingungen erst nach öffentlicher Bekanntgabe wirksam werden. Zwar ergibt sich auch aus dem Tarifbestimmungs- und -änderungsrecht entgegen der Auffassung der Kläger ein (gesetzliches) Leistungsbestimmungsrecht im Sinne des § 315 BGB (BGHZ 172, 315 Tz. 17). Dass die Norm keine Vorgaben zu Zeitpunkt und Inhalt von Preisänderungen nennt, ist jedoch eine unmittelbare Folge des Umstandes, dass Tarifkunden zu den jeweiligen allgemeinen Tarifen und Bedingungen beliefert werden und beliefert werden müssen.

Möglicherweise liegt das Problem aber auch darin,

dass der Lieferant gar nicht in der Lage ist, zu sagen, wie sich seine spezifischen Kosten nach dem konkreten Vertragsabschluss mit einem konkreten Sondervertragskunden entwickelt haben (nach oben oder nach unten) und der Lieferant deshalb selbst nicht zutreffend beurteilen kann, ob er gegenüber dem konkreten Kunden gerade zur Preiserhöhung berechtigt oder aber gerade zur Preisabsenkung verpflichtet ist... Wie sollte es dann erst der betroffene Kunde wissen können?!

Erfasst der Lieferant den Zeitpunkt des konkreten Vertragsabschlusses und die nachfolgende Entwicklung der spezifischen Kosten nicht exakt, ist er von Anfang an  nicht in der Lage, das konkrete Äquivalenzverhältnis zu wahren, obschon er dazu (nicht nur pro forma) vertraglich verpflichtet ist. Die Wahrung des konkreten Äquivalenzverhältnisses ist dabei wesentliche Vertragspflicht des Lieferanten.

Offline reblaus

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@RR-E-ft
Das einzige Argument das ich gelten lassen kann, ist die mangelnde Fähigkeit des Kunden, die Berechtigung einer Preisänderung abschätzen zu können. Wird eine Billigkeitskontrolle korrekt durchgeführt, führt sie aber zu einem fairen Ergebnis. Dieses Problem ist aber vom Gesetzgeber verursacht. Er mutet diesen Missstand den Grundversorgungskunden seit Jahr und Tag zu.

In Ihrem Zitat der Monopolkommission unterschlagen Sie, dass der Wettbewerb vor allem deshalb nicht in Gang kommt, weil nur 1% der Kunden den Versorger wechseln. Man kann die Verbraucher halt nicht zu marktgerechtem Verhalten zwingen. Aber 5 oder 10% Marktanteilsverlust hinterlassen bereits üble Bremsspuren in so mancher Bilanz, die der bisherigen Selbstbedienungsmentalität einen Riegel vorschieben dürfte.

Nur weil Sie den Urteilsausschnitt vom 19.11.08 verkürzt und wiederholt wiedergeben, ändert das noch nichts daran, dass dieser Passus sich nur auf den Anfangspreis und nicht auf spätere Preisänderungen bezog.

Das Urteil vom 29.04.2008 ist kein Widerspruch zu den Urteilen vom 15.07.2009. Es bedeutet einfach, dass diese Vorgabe auch im Rahmen der Billigkeitsprüfung zu beachten ist. Eine billige Preisfestsetzung kann keinesfalls mit einer Beliebigkeit des gewählten Zeitpunktes einhergehen. Man muss dabei gar nicht soweit gehen wie ich, der die zeitgleiche Weiterreichung von Kostensteigerungen zumindest dann fordert, wenn der Neukunde durch andere Umstände nicht erkennen kann, dass er einen vorübergehend günstigeren Tarif abschließt, als es die Kostenstruktur eigentlich gestattet.

Wer nicht in der Lage ist, seine Preise nach billigem Ermessen zu erhöhen, ist dauerhaft nicht in der Lage sein Geschäft zu betreiben und wird früher oder später aus dem Markt austreten müssen. So einfach kann Kapitalismus sein, wenn man ihn lässt.

Offline RR-E-ft

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@reblaus

Wenn Sie nur ein Argument gelten lassen können, dann müssen Sie wohl mit dieser gewissen persönlichen  Einschränkung leben und zurecht kommen.  

Sehen Sie es mir nach, dass es mir eher um die vertragliche Verpflichtung zu Preissenkungen bei rückläufigen Kosten geht, die nicht im Kapitalismus, sondern bei Verwendung entsprechender Klauseln offenbar in der Vertragsfreiheit wurzelt. (Kleine Anmerkung am Rande: Das BGB und mit ihm § 315 BGB galt m. E. bis 1975 auch in der DaDaR)

Möglicherweise konnten Sie sich bereits in anderem Zusammenhang die E wie einfach AGB Stand 06/09 zum EinPreisTarif Strom ansehen. Siehste hier.

Dort ist der Strompreis für ein Jahr nach Vertragsabschluss fest vereinbart, danach kann er jährlich verändert werden in entsprechender Anwendung von § 5 GVV, wobei selbstverständlich eine Verpflichtung besteht, gesunkenen Kosten nach gleichen Maßstäben Rechnung zu tragen, wie für sog. Internet- Ausdrucker auf geduldigem Papier zu lesen steht.


Zitat
Original E WIE EINFACH Strom & Gas GmbH

9. Preismodell und Preisanpassung

(1) Der Kunde zahlt im EinPreisTarif Strom nur einen Arbeitspreis. Einen Grundpreis hat der Kunde nicht zu entrichten. Der im Stromliefervertrag vereinbarte Arbeitspreis gilt für die Laufzeit von einem Jahr als fest vereinbart. Preisänderungen können nur zum Ende eines Vertragsjahres erfolgen und richten sich nach Abs. 2. Erfolgt keine Preisänderung zum Ende eines Vertragsjahres, so ist E WIE EINFACH für jeweils ein weiteres Vertragsjahr an den Arbeitspreis gebunden, sofern weder der Kunde noch E WIE EINFACH von ihrem ordentlichen Kündigungsrecht gemäß Ziff. 4 Gebrauch machen.
(2) Für Änderungen des Strompreises gelten § 5 Abs. 2 und 3 der StromGVV entsprechend, auf die im Auftragsformular Bezug genommen wird und die dem Kunden bei Auftragserteilung vorgelegen hat. Dies bedeutet: Preisanpassungen werden nur im Rahmen des billigen Ermessens im Sinne von § 315 BGB durchgeführt, wobei E WIE EINFACH verpflichtet ist, in Ausübung des Ermessens sowohl bei Preiserhöhungen als auch bei Preissenkungen die gleichen sachlichenund zeitlichen Maßstäbe anzuwenden. Die jeweilige Preisanpassung wird dem Kunden mit einer Ankündigungsfrist von sechs Wochen im Voraus brieflich mitgeteilt, wobei Textform ausreicht, und dann zum jeweils angegebenen Monatsbeginn wirksam. Dem Kunden steht im Fall einer Preisanpassung das Recht zu, den Vertrag mit einer Frist von einem Monat zum Ende jenes Monats in Textform zu kündigen, der dem Zeitpunkt des Wirksamwerdens der an gekündigten Preisanpassung vorangeht. E WIE EINFACH wird den Kunden im Fall einer Preisanpassung auf dieses Kündigungsrecht in Text form besonders hinweisen. Preisanpassungen werden nicht wirksam, sofern der Kunde bei einer fristgemäßen Kündigung des Vertrags die Einleitung eines Wechsels des Ver sorgers durch entsprechenden Vertragsschluss innerhalb eines Monats nach Zugang der Kündigung gegenüber E WIE EINFACH nachweist.


E wie einfach schließt täglich eine Vielzahl dieser Verträge ab.

Demnach müsste das Unternehmen verpflichtet sein, für jeden Kunden individuell nach dem Zeitpunkt des Vertragsabschlusses zu ermitteln, ob die spezifischen Kosten nach Vertragsabschluss zwischenzeitlich gestiegen oder gesunken sind, ob eine Berechtigung zur Preiserhöhung oder aber eine vertragliche Verpflichtung zur Preisabsenkung besteht.

Wenn dieses Unternehmen nun die eigene AGB- Preisänderungsklausel ernst nehmen wollte, dann hätte es spätestens ein Jahr nach Produkteinführung wohl monatlich für Bestandskunden die jeweils etwa 46 Wochen zuvor den Vertrag abgeschlossen hatten,  geänderte Preise zu veröffentlichen, undzwar bundesweit, möglicherweise in der FAZ oder der taz oder in welcher bundesweit vertriebenen Tageszeitung auch immer. Ich denke nicht unbedingt, dass das wirklich  praktikabel ist und funktionieren kann.

Dass es praktikabel ist und überhaupt funktionieren kann, wäre aber vielleicht doch für beide Vertragsteile gleichermaßen  wichtig, auch wenn Sie es weder als problematisch ansehen wollen noch als Argument gelten lassen können. Ersichtlich ist, dass dabei die Kunden, abhängig vom Zeitpunkt des konkreten Vertragsabschlusses und der jeweiligen Kostenentwicklung seither zu unterschiedlichen Preisen beliefert werden müssen.

Jeder einzelne Kunde hat jeweils nach einem Jahr Vertragslaufzeit die Möglichkeit der gerichtlichen Billigkeitskontrolle bezüglich des Preises für das Folgejahr, sofern der Vertrag nicht zuvor ordnungsgemäß gekündigt wird. Im Falle des Vorliegens der Voraussetzungen einer vertraglichen Verpflichtung zur Preisabsenkung wird E wie einfach wohl den Vertrag zum Ende der jeweiligen Vertragslaufzeit ordnungsgemäß kündigen, was der Vertrag ja zulässt. Die vertragliche Verpflichtung zur Preisabsenkung gegenüber den Kunden geht damit regelmäßig  ins Leere....

Zitat
Original E WIE EINFACH Strom & Gas GmbH

4. Ordentliche Kündigung des Stromliefervertrags
(1) Dieser Stromliefervertrag ist für den Kunden und für E WIE EINFACH erstmals nach einer Laufzeit von einem Jahr kündbar.
(2) Der Vertrag verlängert sich für E WIE EINFACH und für den Kunden um jeweils ein weiteres Jahr, sofern er nicht zum Ende des jeweiligen Vertragsjahres gekündigt wird.
(3) Die Kündigung dieses Stromliefervertrags hat mit einer Frist von einem Monat zum Ende des jeweiligen Vertragsjahres in Textform zu erfolgen.

Das ist bei allen Sonderverträgen ähnlich, so dass auch die gleiche Problematik besteht, die sich nicht jedem erschließt.

§ 5 GVV schafft eben nur dort einen ausgewogenen Interessenausgleich, wo das Recht des Versorgers zur ordnungsgemäßen Kündigung gem. § 20 Abs. 1 Satz 3 GVV ausgeschlossen ist, nicht aber bei Verträgen, die vom Versorger ordnungegemäß gekündigt werden können. Nur wenn das Recht des Versorgers zur ordnungsgemäßen Kündigung ausgeschlossen ist, kann der Kunde eine bestehende Verpflichtung zur Preisabsenkung bei rückläufigen Kosten auch über § 315 BGB durchsetzen.

Und deshalb ist ein Preisänderungsrecht entsprechend § 5 GVV ohne gleichzeitigen  Ausschluss des Rechts zur ordnungegemäßen Kündigung durch den Lieferanten gem. § 20 Abs. 1 Satz 3 GVV m. E. immer eine einseitige Konstruktion zu Lasten des Kunden.  

Und nochmals, weil es womöglich untergegangen ist.

Mit den Worten des BGH gesprochen:

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BGH, Urt. v. 21.04.2009 - XI ZR 78/08 Tz. 38

Lässt eine Preis- und Zinsänderungsklausel weiter den Kunden darüber im Unklaren, ob und in welchem Umfang das Kreditinstitut zu einer Anpassung berechtigt oder zu seinen Gunsten verpflichtet ist, läuft auch die dem Kunden eingeräumte Möglichkeit einer gerichtlichen Kontrolle weitgehend leer.

Kommt es erst gar nicht zu einer gebotenen Herabsetzung des Preises oder Zinssatzes, versagt sie für gewöhnlich, weil der Kunde mangels hinreichenden Anhalts schon eine solche Verpflichtung des Verwenders zumeist nicht zu erkennen vermag.

Erfolgt eine Preis- oder Zinsanpassung zu seinen Ungunsten, fehlt ihm die Beurteilungsgrundlage, ob sich die Anpassung im Rahmen des der Bank zustehenden Gestaltungsspielraumes bewegt oder ein Verfahren nach § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB mit Erfolg betrieben werden kann
(Habersack, WM 2001, 753, 757).

Das hat nichts mit Wettbewerbsintensität auf einem  Markt zu tun. Wirklich nicht.

Offline reblaus

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@RR-E-ft
Diese Klausel hat einen gedanklichen Webfehler, da es wie ich sie verstehe für jeden Kunden ein individuelles Vertragsjahr gibt. Dann kann das gar nicht funktionieren. Wäre vereinbart, dass das Vertragsjahr für alle Kunden zum gleichen Zeitpunkt endet, und für Neukunden ein Rumpfvertragsjahr besteht, wäre an der Klausel nichts auszusetzen.

Bei E.on scheint man hauptsächlich an der Rechtsberatung zu sparen.

In dem Moment wäre auch für jeden Neukunden erkennbar, dass zu diesem Termin die Kostensteigerungen des Vorjahres weitergereicht werden, so dass ich noch nicht einmal an einer verspäteten Geltendmachung der Kosten rummäkeln würde.

Offline RR-E-ft

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Original von reblaus

@RR-E-ft
Diese Klausel hat einen gedanklichen Webfehler, da es wie ich sie verstehe für jeden Kunden ein individuelles Vertragsjahr gibt. Dann kann das gar nicht funktionieren. Wäre vereinbart, dass das Vertragsjahr für alle Kunden zum gleichen Zeitpunkt endet, und für Neukunden ein Rumpfvertragsjahr besteht, wäre an der Klausel nichts auszusetzen.

Bei E.on scheint man hauptsächlich an der Rechtsberatung zu sparen.

In dem Moment wäre auch für jeden Neukunden erkennbar, dass zu diesem Termin die Kostensteigerungen des Vorjahres weitergereicht werden, so dass ich noch nicht einmal an einer verspäteten Geltendmachung der Kosten rummäkeln würde.

@reblaus

Was ist los?

Womöglich haben Sie deren Preismodell (= Warentermingeschäft?) nicht verstanden, welches ein individuelles Vertragsjahr gerade voraussetzt.

Rumpfgeschäftsjahre mag es geben, Rumpfvertragsjahre eher nicht.

Es kommt gerade auf die Kostenentwicklung nach Vertragsabschluss mit dem konkreten Kunden an, weil das konkrete Äquivalenzverhältnis nach Vertragsabschluss durch eine Preisänderungsklausel gewahrt werden muss, was dazu führt, dass auch Kostensenkungen nach Vertragsabschluss weitergegeben werden müssen. E.ON spart gewiss nicht an Rechtsberatungskosten. Zudem verfügen die selbst über exzellente Kollegen.

Zitat
Original von reblaus
Wer nicht in der Lage ist, seine Preise nach billigem Ermessen zu erhöhen, ist dauerhaft nicht in der Lage sein Geschäft zu betreiben und wird früher oder später aus dem Markt austreten müssen. So einfach kann Kapitalismus sein, wenn man ihn lässt.

Diese These ist vollkommen verfehlt. Wie kommen Sie denn darauf?

Jeder Sondervertrag ist, wenn er keine feste Vertragslaufzeit hat, für den Lieferanten ordnungsgemäß kündbar, so dass mit Änderungskündigungen jeweils vollkommen neue Preismodelle auf dem Markt geworfen werden können, ohne dass überhaupt auf bestehende Preisvereinbarungen und Äquivalenzverhältnisse Rücksicht genommen werden muss. Ein wirtschaftliches Risiko, bei gestiegenen Kosten bestehende unbefristete Sonderverträge zu unveränderten Preisen weiter bedienen zu müssen, besteht deshalb noch nicht einmal dann, wenn in einem befristeten Sondervertrag keine Preisänderungsklausel einbezogen wurde.

Die so auf den Markt geworfenen neuen Preismodelle haben eine Chance, wenn sie der Marktlage und der aktuellen Wettbewerbssituation entsprechen. Sonst freilich nicht.

Das bestätigen die Kaufleute in den Vertrieben ebenso, wie die Kautelar- Juristen in den Rechtsabteilungen der Energiekonzerne darum wissen.
Ich habe an Konzern- Beratungen zu verschiedensten Vertragsgestaltungen teilgenommen. Auf Vertragsgestaltungen nach der Liberalisierung der Energiemärkte hatte ich einen Schwerpunkt gelegt.

Offline Black

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Original von RR-E-ft
Ich habe an Konzern- Beratungen zu verschiedensten Vertragsgestaltungen teilgenommen. Auf Vertragsgestaltungen nach der Liberalisierung der Energiemärkte hatte ich einen Schwerpunkt gelegt.

Und nun? Rächer der Enterbten?
Ihr sollt nicht wähnen, daß ich gekommen sei, Frieden zu senden auf die Erde. Ich bin nicht gekommen, Frieden zu senden, sondern das Schwert.

Matthäus, Kapitel 10, Vers 34

Offline RR-E-ft

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@Black

Jeder Wirtschaftsjurist weiß wohl, dass reblaus´ These vollkommen verfehlt ist:

Zitat
Original von reblaus
Wer nicht in der Lage ist, seine Preise nach billigem Ermessen zu erhöhen, ist dauerhaft nicht in der Lage sein Geschäft zu betreiben und wird früher oder später aus dem Markt austreten müssen. So einfach kann Kapitalismus sein, wenn man ihn lässt.

Ich bezweifle schon sehr, dass sich Kapitalismus wenn man ihn lässt, durch der Billigkeit entsprechende Preiserhöhungen auszeichnet. An den Börsen dieser Welt zeichnet sich wohl immerhin ein anderes Bild.

Nach reblaus´ These müssten wohl schon viele Märkte in Deutschland zusammengebrochen sein, gerade weil der weite Spielraum der Billigkeit regelmäßig nicht den Anforderungen genügt, die an die Wirksamkeit einer Preisänderungsklausel gem. § 307 BGB zu stellen sind [vgl. nur BGH, Urt. v. 15.11.2007 - III ZR 247/06; Urt. v. 21.04.2009 - XI ZR 78/08]. Ich bezweifle insbesondere  sehr, dass jene Entscheidung vom 21.04.2009 nun das Ende des deutschen Sparkassenwesens bedeutet. Fest steht wohl jedenfalls, dass jene Entscheidung des BGH nicht für die weltweite Finanzkrise verantwortlich zeichnet. ;)

 

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