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Autor Thema: Können erhöhte Netzentgelte im Sondervertrag zu geänderten Arbeits-/Grundpreisen führen?  (Gelesen 8596 mal)

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Offline Kampfzwerg

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Der örtliche Grundversorger hat sein eigenes Stromnetz an die RWE Rhein-Ruhr Verteilnetz GmbH verpachtet

Ende letzten Jahres haben wir mit dem örtlichen Grundversorger einen
„offener Liefervertrag -all inclusive-  mit Netznutzung“ geschlossen (Angebot/Annahme/Vertrag schriftlich)

Eine Klausel im Vertrag zw. Grundversorger und Letztverbraucher lautet wie folgt:
„Änderungen der Netzzugangsentgelte werden gegenüber dem Kunden mit dem Zeitpunkt wirksam, in dem sie gegenüber dem Lieferanten wirksam werden.“

Zum unserem Erstaunen wurde direkt die erste Monatsabschlags-Rechnung des Grundversorgers mit anderen als den im Vertrag vereinbarten Preisen berechnet.
Arbeitspreis und Leistungspreis waren erhöht, der Grundpreis gesenkt.

Eine zwischenzeitliche Information über geänderte Preise ist nicht erfolgt.

Auf Nachfrage erhielten wir als Begründung für die geänderten Preise eine Erhöhung des Netznutzungsentgelts des örtlich zuständigen Netzbetreibers (also der RWE als VNB)
Dieses erhöhte Netzentgelt wäre durch die Bundesnetzagentur zum 01.01.09 neu genehmigt.
Die vertraglichen Preise wären entsprechend der Veränderung der Netznutzungsentgelte angepasst worden. (Rechtsgrundlage wäre somit die o. g. Klausel)


Mir stellen sich jetzt doch einige Fragen:

1. Soweit ich weiß, mussten entsprechende Anträge zur Genehmigung des Netzentgelts bei der Bundesnetzagentur 6 Monate vor dem Zeitpunkt des Wirksamwerdens gestellt sein (§23a EnWG)
Das würde bedeuten, dass zum Zeitpunkt von Angebot und Vertragsschluss des Stromsondervertrags dem Grundversorger die Sachlage (Antragsstellung und gefordertes Netznutzungsentgelt) eigentlich hätte bekannt sein müssen?
Erstellt er Angebote auf einer Kalkulationsbasis, die kurze Zeit später schon Makulatur ist?

2. Der erhöhte Leistungspreis entspricht dem Preis, der auf dem Preisblatt ab 01.01.09 der RWE veröffentlicht ist.
http://www.rwe-rhein-ruhr-verteilnetz.com/web/cms/de/200404/rwe-rhein-ruhr-verteilnetz/netzzugang-strom/netzentgelte/download/
Wie kann aber eine Erhöhung des Netznutzungsentgelts eine Senkung des Grundpreises und eine Erhöhung des Arbeitspreises zur Folge haben?
 (Im Vergleich mit den Vertragspreisen ergibt eine Überschlagsberechnung anhand des kalkulierten Verbrauchs im Endergebnis natürlich ein Plus für den GV)
Ist eine Leistungspreiserhöhung überhaupt korrekt?

3. Seit dem 01.01.09 muss die Bundesnetzagentur keine Anträge auf Netzentgelte mehr genehmigen, es gilt die Verordnung über die Anreizregulierung
http://www.bundesrecht.juris.de/aregv/index.html

§ 1 Anwendungsbereich
Diese Rechtsverordnung regelt die Bestimmung der Entgelte für den Zugang zu den Energieversorgungsnetzen im Wege der Anreizregulierung. Netzentgelte werden ab dem 1. Januar 2009 im Wege der Anreizregulierung bestimmt.

RWE selbst informiert den interessierten Verbraucher wie folgt:
„Die Netzentgelte basieren auf der am 08.01.2009 von der Bundesnetzagentur genehmigten Erlösobergrenze für das Jahr 2009 und sind ab 01.01.2009 gültig.“
Nachzulesen http://www.rwe-rhein-ruhr-verteilnetz.com/web/cms/de/200466/netzzugang-strom/netzentgelte

Dazu passt nun allerdings die Begründung des Grundversorgers überhaupt nicht (siehe 1.)


Wir fühlen uns natürlich nun abgezockt.
Oder habe ich etwas missverstanden?
Was haltet Ihr davon?
Ist ein derartiges Vorgehen des GV korrekt?



P.S. Ich stelle das Ganze erst einmal hier ein, da die Thematik vielleicht grundsätzlich auch für andere interessant sein könnte.
Das Thema Anreizregulierung ist ja noch relativ neu
Später könnten wir vielleicht immer noch zum Thread RWE Rhein-Ruhr verschieben? ;)

Edit 17.03.
Ich habe die Frage im Titel einmal genauer formuliert.
Hat keiner eine Idee?

Offline RR-E-ft

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@Kampfzwerg


Eine entsprechende Preisänderungsklausel in einem Sondervertrag verstößt gegen § 307 BGB. Der BGH hat entsprechende Klauseln in Energielieferungsverträgen für unwirksam erklärt, bei denen nur auf einen von mehreren preisbildenden Faktoren abgestellt wurde; dort Gestehungskosten bzw. Vorlieferantenpreise, hier Netzentgelte. Geänderte Netzentgelte könnten durch Änderungen bei anderen preisbildenden Faktoren vollständig kompensiert werden, so dass eine Weitergabe geänderter Netzentgelte zu einer nachträglichen Erhöhung der Gewinnspanne führen könnte. Der BGH hat mehrfach entschieden, welche Anforderungen an eine Preisänderungsklausel aufgrund und im Umfang nachträglich geänderter Kosten zu stellen sind (vgl. BGH, Urt. v. 15.11.2007 - III ZR 247/06 Rdn. 10). Diesen Anforderungen wird die Klausel nicht gerecht.

Damit sollte die Frage beantwortet sein. Wenn nicht, noch einmal die Entscheidungen des BGH vom 29.04.2008 - KZR 2/07 und vom 17.12.2008 - VIII ZR 274/06 lesen.

Offline Black

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Zitat
Original von RR-E-ft
@Kampfzwerg


Eine entsprechende Preisänderungsklausel in einem Sondervertrag verstößt gegen § 307 BGB. Der BGH hat entsprechende Klauseln in Energielieferungsverträgen für unwirksam erklärt, bei denen nur auf einen von mehreren preisbildenden Faktoren abgestellt wurde; dort Gestehungskosten bzw. Vorlieferantenpreise, hier Netzentgelte. Geänderte Netzentgelte könnten durch Änderungen bei anderen preisbildenden Faktoren vollständig kompensiert werden, so dass eine Weitergabe geänderter Netzentgelte zu einer nachträglichen Erhöhung der Gewinnspanne führen könnte. Der BGH hat mehrfach entschieden, welche Anforderungen an eine Preisänderungsklausel aufgrund und im Umfang nachträglich geänderter Kosten zu stellen sind (vgl. BGH, Urt. v. 15.11.2007 - III ZR 247/06 Rdn. 10)..

Die von Ihnen konkret zitierte BGH Rechtsprechung betrifft aber Preisanpassungsklauseln in Premiere-Abo Verträgen und nicht in Energielieferverträgen.  Ich verweise  dazu auf BGH VIII ZR 90/02 vom 22.12.2003, in der der BGH eine Preisanpassungsklausel, die die direkte Weiterwälzung von Steuern, Angaben und EEG/KWK Kosten als einzelne Preisbestandteil für wirksam erkannt hat.

Eine Klausel in Energielieferverträgen, die also für eine Preisänderung nur auf einen preisbildenenden Faktor (oder eine ausgewählte Gruppe dieser Faktoren) abstellt ist nicht zwangsläufig wegen Verstosses gegen § 307 BGB nichtig.
Ihr sollt nicht wähnen, daß ich gekommen sei, Frieden zu senden auf die Erde. Ich bin nicht gekommen, Frieden zu senden, sondern das Schwert.

Matthäus, Kapitel 10, Vers 34

Offline Wasserwaage

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@Kampfzwerg

\"Der örtliche Grundversorger hat sein eigenes Stromnetz an die RWE Rhein-Ruhr Verteilnetz GmbH verpachte\"

=> wohl eher der örtliche Netzbetreiber. Die Aussage ist aber m.E. auch nicht von Belang.

\"Ende letzten Jahres haben wir mit dem örtlichen Grundversorger einen
„offener Liefervertrag -all inclusive- mit Netznutzung“ geschlossen (Angebot/Annahme/Vertrag schriftlich)\"

=> Ob mit dem örtlichen Grundversorger oder dem Lieferanten xy ist wohl egal

\"„Änderungen der Netzzugangsentgelte werden gegenüber dem Kunden mit dem Zeitpunkt wirksam, in dem sie gegenüber dem Lieferanten wirksam werden.“

=> eine durchaus übliche Klausel, gerade im Industriekundenbereich wo der Preis im Zweifel auch in den einzelnen Preisbestandteilen im Vertrag wiedergegeben ist.

Handelt es sich hierbei um einen Vertrag für Geschäftskunden?! Oder um Privatkunden?!

\"Arbeitspreis und Leistungspreis waren erhöht, der Grundpreis gesenkt.\"

Wie sich eine Änderung der Netzentgelte auf den Lieferpreis auswirkt hängt von der Änderung ab. Bei den Netzentgelten kann es auch durchaus vorkommen, dass der Leistungspreis steigt und gleichzeitig der Arbeitspreis sinkt.

Zu Ihren Fragen:

1. Zum Einen haben Sie doch selbst geschrieben, dass das Netz verpachtet wurde, der örtliche Netzbetreiber also nichts mehr damit zu tun hat. Zum Anderen dürfte weder dem Grundversorger noch einem anderen Lieferanten die Höhe des beantragten NNE bekannt gewesen sein, das wäre auch nicht Unbundlingkonform.

2. z.B. dadurch, dass sich der Arbeitspreis bei den NNE erhöht hat und der Leistungspreis und/oder die Verrechnungspreise, Messkosten gesunken sind.

\"Ist eine Leistungspreiserhöhung überhaupt korrekt?\"

Hier handelt es sich um eine Zusatzfrage die näher definiert werden müsste. >>> sind Sie leistungsgemessener Kunde?!

3. Ob die Netzentgelte nach altem Prozederre genehmigt oder sich durch eine Genehmigung nach der Anreizregulierung ergeben ist m.E. unrelevant.

Die Netzentgelte haben sich geändert und der Lieferant hat diese auf Grundlage der vereinbarten Klausel weitergegeben. Grundsätzlich ist die Klausel für Sie sogar begüßenswert, denn ich würde mittel- und langfristig eher von sinkenden NNE ausgehen.


In Bezug auf die Wirksamkeit der Klausel würde ich eher in Richtung von Black tendieren. Ich habe selbst auch schon Verträge mit ähnlichen Klauseln abgeschlossen, dabei aber die NNE als gesonderte Preise in ihren einzelnen Bestandteilen ausgewiesen und mit eigenem Preisblatt hinterlegt. Ähnlich als wenn der Kunde den Netznutzungsvertrag selbst mit dem Netzbetreiber abgschlossen hätte (Übrigens die übliche Vorgehensweise in anderen europäischen Ländern).
gott lobe den tag an dem es soweit ist, dass ich mir prepaidkarten mit strom von jedem x-beliebigen anbieter überall kaufen kann um sie dann in meinen zähler zu schieben.

Offline RR-E-ft

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@Black

Die Rechtsprechung zu Kostenelementeklauseln gilt generell- abstrakt, auch für Energielieferungsverträge (vgl. nur BGH, Urt. v. 13.12.2006 - VIII ZR 25/06).

Die von Ihnen zitierte Entscheidung betrifft hingegen keine Preisänderungsklausel in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, sondern die ergänzende Auslegung einer sog. \"Steuer- und Abgabenklausel\", nach welcher vorgesehen war, dass der Kunde im Falle von gesetzlichen Neuregelungen von Steuern und Abgaben die daraus resultierenden Mehrkosten zu tragen hat. Es handelte sich um einen Stromlieferungsvertrag mit einem Industriekunden.

In dieser Entscheidung ging es schon überhaupt um keine Inhaltskontrolle gem. §§ 305 ff. BGB.

Der BGH kam dabei im Wege einer ergänzenden Vertragsauslegung wegen einer Lücke im Vertrag, die gerade nicht auf der Unwirksamkeit einer Allgemeinen Geschäftsbedingung wegen Verstoß gegen die Inhaltsschranken gem. § 307 BGB beruhte, dahin, dass die Mehrbelastungen umlagefähig seien, auch wenn sie nicht auf geänderten Steuern und Abgaben beruhten und somit nicht unmittelbar unter die Klausel zu subsumieren waren.

@Wasserwaage

Wenn bereits im Ursprungsvertrag die Netzentgelte und deren Anteil am Vertragspreis gesondert ausgewiesen werden, dann könnte den Anforderungen, welche die Rechtsprechung an Kostenelementeklauseln stellt, eher entsprochen sein (vgl. BGH, Urt. v. 11.10.2007 - III ZR 63/07 Rn. 19)

Ob sich eine Besonderheit daraus ergeben kann, dass von Netzzugangsentgelten, statt von Netznutzungsentgelten die Rede ist, vermag ich nicht zu ersehen.

@Kampfzwerg

Wenn geänderte Netzzugangsentgelte umlagefähig wären, stellt sich die Frage, welche Netzzugangsentgelte vom Lieferanten an den Netzbetreiber im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses zu zahlen waren und welche  Entgelte nunmehr zu zahlen sind und welche Kosten davon konkret auf das einzelne Vertragsverhältnis entfallen, wie ggf. die Schlüsselung der Kosten erfolgt.

Offline Black

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Zitat
Original von RR-E-ft
Die Rechtsprechung zu Kostenelementeklauseln gilt generell- abstrakt, auch für Energielieferungsverträge (vgl. nur BGH, Urt. v. 13.12.2006 - VIII ZR 25/06).

Mag sein, aber ich führe die von mir zitierte Entscheidung als Gegenbeispiel heran.

Zitat
Original von RR-E-ft
Die von Ihnen zitierte Entscheidung betrifft hingegen keine Preisänderungsklausel in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, (...)

Das ist falsch.
Die der von mir zitierten BGH Entscheidung zugrunde liegende Klausel lautet:

\"Soweit künftig eine Kohlensteuer, eine Energiesteuer oder sonstige
die Beschaffung, die Übertragung oder die Verteilung von
elektrischer Energie belastende Steuern oder Abgaben irgendwelcher
Art wirksam werden sollten, trägt diese der Kunde, soweit
das Gesetz nichts anderes bestimmt.\"


Über diese Klausel soll eine Änderung des vom Kunden zu zahlenden Preises erreicht werden.

Die Klausel stellte - entgegen Ihrer Behauptung - auch sehr wohl eine Allgemeine Geschäftsbedingung dar denn:

Zitat
(...) einen Vertrag über die Lieferung und den Bezug elektrischer Energie abgeschlossen hatte. .Nr. 2.2 der \"Allgemeinen und technischen Regelungen\"., die Bestandteil des Vertrages sind, enthält folgende Bestimmung:

\"Soweit künftig eine Kohlensteuer, eine Energiesteuer (...)

BGH VIII ZR 90/02, Tatbestand

Da es sich mithin um eine Klausel in \"Allgemeinen und technischen Regelungen\" und damit in AGB handelt unterlagen sie auch der Inhaltskontrolle.

Der BGH hatte zu prüfen ob EEG-Kostenwälzung auch unter diese Klausel gefasst werden konnte. Dazu hat der BGH die Klausel ausgelegt. Hätte die Klausel gegen AGB-Recht verstossen wäre sie bereits in ihrer Ausgangsform nichtig gewesen. Eine nichtige Klausel hätte der BGH nicht auf einen erweiterten Tatbestand (EEG) über den Wortlaut hinaus auslegen können.
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Matthäus, Kapitel 10, Vers 34

Offline Kampfzwerg

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zunächst einmal meinen Dank an alle für die Antworten.
Es ist halt eine für Laien manchmal arg komplizierte Materie.


Zitat
Original von RR-E-ft
@Kampfzwerg


Eine entsprechende Preisänderungsklausel in einem Sondervertrag verstößt gegen § 307 BGB. Der BGH hat entsprechende Klauseln in Energielieferungsverträgen für unwirksam erklärt, bei denen nur auf einen von mehreren preisbildenden Faktoren abgestellt wurde; dort Gestehungskosten bzw. Vorlieferantenpreise, hier Netzentgelte. Geänderte Netzentgelte könnten durch Änderungen bei anderen preisbildenden Faktoren vollständig kompensiert werden, so dass eine Weitergabe geänderter Netzentgelte zu einer nachträglichen Erhöhung der Gewinnspanne führen könnte. Der BGH hat mehrfach entschieden, welche Anforderungen an eine Preisänderungsklausel aufgrund und im Umfang nachträglich geänderter Kosten zu stellen sind (vgl. BGH, Urt. v. 15.11.2007 - III ZR 247/06 Rdn. 10). Diesen Anforderungen wird die Klausel nicht gerecht.

Damit sollte die Frage beantwortet sein. Wenn nicht, noch einmal die Entscheidungen des BGH vom 29.04.2008 - KZR 2/07 und vom 17.12.2008 - VIII ZR 274/06 lesen.

BGH, Urt. v. 15.11.2007 - III ZR 247/06 Rdn. 10 ff.
hat schon gereicht, vielen Dank  ;)
 

Zitat
Original von RR-E-ft
Wenn bereits im Ursprungsvertrag die Netzentgelte und deren Anteil am Vertragspreis gesondert ausgewiesen werden, dann könnte den Anforderungen, welche die Rechtsprechung an Kostenelementeklauseln stellt, eher entsprochen sein (vgl. BGH, Urt. v. 11.10.2007 - III ZR 63/07 Rn. 19)
...
Wenn geänderte Netzzugangsentgelte umlagefähig wären, stellt sich die Frage, welche Netzzugangsentgelte vom Lieferanten an den Netzbetreiber im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses zu zahlen waren und welche Entgelte nunmehr zu zahlen sind und welche Kosten davon konkret auf das einzelne Vertragsverhältnis entfallen, wie ggf. die Schlüsselung der Kosten erfolgt.

Unser ursprünglicher Vertrag mit dem örtl. Versorger beeinhaltet
1. ein gesondertes Preisblatt, in dem der zu zahlende Grundpreis, Leistungspreis, Arbeitspreis in Euro und Cent beziffert werden zzgl. des Blindarbeitspreises i.H. gem. des aktuellen Preisblattes des Netzbetreibers.
2. eine Anlage, in der unter einem Durchschnittspreis je ein Anteil Energiebezug, ein Anteil Netzentgelt in €/kWh und die Konzessionsabgabe beziffert werden.
Der Anteil Netzentgelt und damit in Folge der Durchschnittspreis hat sich nun erhöht.


Die RWE ihrerseits hat gem. ihres Preisblattes (Internet) Netznutzung den Leistungspreis von 4,73 (2008 ) auf 6,45 €/kWa (2009) und den Arbeitspreis von 1,93 auf 1,96 ct/kWh erhöht.

Die Erhöhung des Leistungspreises durch RWE hat unser Versorger 1:1 an uns durchgereicht, von 4,73 auf 6,45.

Selbst wenn das korrekt sein sollte?: Mir ist aber immer noch nicht klar, wieso die Erhöhung des Netzgeltanteils eine Änderung des Grundpreises u. Arbeitspreises unseres Versorgers ergeben kann.

Die Berechnung des Durchschnittspreise ist ebenfalls nicht nachvollziehbar.


und richtig:
wir sind Geschäftskunde
mit Leistungsmessung

Offline RR-E-ft

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@Black

Wenn ich hier etwas zu Entscheidungen des BGH schreibe, dürfen Sie davon ausgehen, dass ich die entsprechende Entscheidung von Anfang bis Ende zuvor gelesen habe. Dort handelte es sich um eine \"Steuer- und Abgabenklausel\" des von Ihnen zitierten Inhalts, unter welche ohne ergänzende Vertragsauslegung die Mehrbelastungen nach dem EEG nicht passten, weil es sich bei jenen um keine Steuern und Abgaben handelte.

Offline Black

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Original von RR-E-ft
@Black

Wenn ich hier etwas zu Entscheidungen des BGH schreibe, dürfen Sie davon ausgehen, dass ich die entsprechende Entscheidung von Anfang bis Ende zuvor gelesen habe. Dort handelte es sich um eine \"Steuer- und Abgabenklausel\" des von Ihnen zitierten Inhalts, unter welche ohne ergänzende Vertragsauslegung die Mehrbelastungen nach dem EEG nicht passten, weil es sich bei jenen um keine Steuern und Abgaben handelte.

Da Sie fälschlicherweise behauptet hatten Grundlage der Entscheidung sei keine AGB Klausel gewesen, musste ich davon ausgehen, dass Sie die Entscheidung nicht richtig gelesen hatten.

Wenn man die Entscheidung liest stellt man fest, es handelte sich um

- eine AGB Klausel
- in einem Energieliefervertrag
- die zu Preisänderungen berechtigt
- für diese Preisänderungen auf externe Preisfaktoren (Steuern, Abgaben) abstellte
- und die der BGH für auslegungsfähig und damit für zulässig hielt

daraus läßt sich ableiten, dass eine

- AGB Klausel
- in einem Energieliefervertrag
- die zu Preisänderungen berechtigen soll
- und für diese Preisänderungen auf externe Preisfaktoren (Netzentgelt) abstellt

auch zulässig wäre.
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Matthäus, Kapitel 10, Vers 34

Offline RR-E-ft

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Schon fraglich, ob bei einem all- inclusive- Vertrag das Netzentgelt in jedem Fall ein externer Preisfaktor ist.

Die Netzkosten sind einer von mehreren Preisbildungsfaktoren, die in die Kalkulation des angebotenen und vereinbarten All- inclusive- Preises Eingang finden.

Offline Black

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Original von RR-E-ft
@Black

Schon fraglich, ob bei einem all- inclusive- Vertrag das Netzentgelt in jedem Fall ein externer Preisfaktor ist.

Extern ist so zu verstehen als dass es sich um einen Preisfaktor handelt, der nicht direkt vom Lieferanten beeinflussbar ist und als ausgewiesene Position an den Kunden weitergereicht wird, ohne das Margen enthalten sind. Insoweit mit einer Steuer vergleichbar.

Im all-inclusive Vertrag nimmt der Lieferant dem Kunden die Umstände eines gesonderten Netznutzungsvertrages ab. Die gesetzliche Grundform ist das Zweivertragsmodell. Auch in diesem Fall müßte der Kunde das Risiko sich verändernder Netzentgelte tragen.
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Matthäus, Kapitel 10, Vers 34

Offline RR-E-ft

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Veränderliche Netzkosten sind nicht nur ein Risiko, sondern auch eine Chance. Netzkosten können nach Vertragsabschluss steigen oder auch fallen, nicht anders als die Gestehungskosten beim Vorlieferanten.

Beruht die Preiskalkulation auf mehreren preisbildenden Kostenfaktoren, so kommt für kostenbasierte Pareisänderungsklauseln - auch in Energielieferungsverträgen - die entsprechende Rechtsprechung zum Tragen (vgl. BGH, Urt. v. 13.12.2006 - VIII ZR 25/06; BGH, Urt. v. 29.04.2008 - KZR 2/07; BGH, Urt. v. 11.10.2007 - III ZR 63/07; BGH, Urt. v. 15.11.2007 - III ZR 247/06).

Die \"Steuer- und Abgabenklausel\" in der anderen Entscheidung war auf zukünftig von beiden Parteien schon bei Vertragsabschluss erwartete Mehrbelastungen gerichtet. Eine Chance auf einen zukünftig geringeren Preis war damit gerade nicht verbunden.

Offline Black

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Original von RR-E-ft
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Veränderliche Netzkosten sind nicht nur ein Risiko, sondern auch eine Chance. Netzkosten können nach Vertragsabschluss steigen oder auch fallen, nicht anders als die Gestehungskosten beim Vorlieferanten.

Beruht die Preiskalkulation auf mehreren preisbildenden Kostenfaktoren, so kommt für kostenbasierte Pareisänderungsklauseln - auch in Energielieferungsverträgen - die entsprechende Rechtsprechung zum Tragen (vgl. BGH, Urt. v. 13.12.2006 - VIII ZR 25/06; BGH, Urt. v. 29.04.2008 - KZR 2/07; BGH, Urt. v. 11.10.2007 - III ZR 63/07; BGH, Urt. v. 15.11.2007 - III ZR 247/06).

Die \"Steuer- und Abgabenklausel\" in der anderen Entscheidung war auf zukünftig von beiden Parteien schon bei Vertragsabschluss erwartete Mehrbelastungen gerichtet. Eine Chance auf einen zukünftig geringeren Preis war damit gerade nicht verbunden.

Jede Preiskalkulation eines Produktes beruht auf mehreren preisbildenden Faktoren. Wenn Sie feststellen wollen, dass \"die entsprechende Rechtsprechung\" zur Anwendung kommt ist es nicht an Ihnen dies nur auf den Teil der Rechtsprechung zu begrenzen, der das von ihnen angestrebte Ergebnis stützt.

Weder die Tatsache, dass es sich bei der von mir zitierten Klausel um eine Klausel zur Weitergabe von Steuern handelt, noch eventuelle Erwartungen der dort betroffenen Parteien über Mehr- oder Minderbelastungen rechtfertigt eine abweichende Beurteilung für den Fall, dass der Lieferant nicht auf sinkende Netzentgelte setzen möchte sondern per AGB Klausel eine Weiterrreichung 1 : 1 an den Kunden vereinbart.

Im übrigen ist die von Ihnen bezeichnete \"einschlägige Rechtsprechung\" auch nicht das, was sie zu sein vorgibt. Sie zitieren z.B.  BGH, Urteil vom 13. 12. 2006 - VIII ZR 25/ 06. Dort lehnte der BGH die Klausel mit folgender Begründung ab:

Zitat
Die in Abschnitt A Nr. 4 der \"Liefervereinbarung für Flüssiggas\" enthaltene Klausel benachteilige die Vertragspartner der Beklagten unter mehreren Aspekten unangemessen. Eine Preisänderung sei zum einen an die Entwicklung bestimmter Betriebskosten gekoppelt, von der die Vertragspartner der Beklagten keine Kenntnis hätten. Bei den sogenannten \"Einstandspreisen\" ebenso wie bei den nicht näher erläuterten sonstigen \"Kosten\" handele es sich um betriebsinterne Berechnungsgrößen, die die Kunden der Beklagten mit zumutbaren Mitteln nicht in Erfahrung bringen könnten. Im Übrigen sei der denkbar pauschale Begriff der \"Kosten\" intransparent.

Bei der hier streitigen Klausel geht es aber um ausgewiesene Netzentgelte und nicht um  \"interne Betriebsgrößen\" oder nur unzureichend bezeichnete Kostenfaktoren. Die Begründung aus dieser Entscheidung ist also vorliegend nicht anwendbar.

In der gleichfalls von Ihnen zitierten Entscheidung des BGH III ZR 247/06 geht es um Fernsehprogramm Abonements und auch hier begründet der BGH die Unwirksamkeit mit:

Zitat
Diesen Anforderungen wird die beanstandete Preisanpassungsklausel nicht gerecht. Sie verstößt zum einen gegen das aus § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB folgende Transparenzgebot. Sie ist deshalb zu unbestimmt, weil sie ganz all-gemein an eine Erhöhung der nicht näher umschriebenen Bereitstellungskosten anknüpft und weder die Voraussetzungen noch den Umfang einer Preiserhöhung näher regelt. Insbesondere werden die Kostenelemente und deren Gewichtung im Hinblick auf ihre Bedeutung für die Kalkulation des Abonnement-preises nicht offen gelegt. Für den Abonnenten ist deshalb weder vorhersehbar, in welchen Bereichen Kostenänderungen auftreten können, noch hat er eine realistische Möglichkeit, etwaige Preiserhöhungen anhand der Klausel auf ihre Berechtigung hin zu überprüfen.

Aber diese Beanstandungen treffen vorliegend nicht zu. Netzkosten werden sepparat ausgewiesen. Der Kunde kann also die Gewichtung erkennen und hat auch die realistische Möglichkeit einer Überprüfung.
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Gestiegene Netzkosten können unstreitig durch zugleich gesunkene Kosten bei anderen preisbildenden Faktoren, etwa den Gestehungskosten, vollständig kompensiert sein und deshalb kann der Kunde die Berechtigung einer vorgenommenen Preisänderung gerade nicht anhand der Klausel selbst beurteilen, wenn nicht alle preisbildenden Faktoren und deren Gewichtung am Gesamtpreis bereits in der Klausel selbst offen gelegt werden.

Es ist eben nicht ausgeschlossen, dass die vollständige Weitergabe der Netzkostenänderung zu einer unzulässigen nachträglichen Erhöhung des Deckungsbeitrages am Vertragspreis und des Gewinnanteils des Versorgers am Vertragspreis führt. Das darf gerade nicht sein.  Allein schon die nicht ausgeschlossene Möglichkeit der nachträglichen Erhöhung des Gewinnateils führt dazu, dass die Klausel eine unangemessene Benachteiligung darstellt und deshalb unwirksam ist.

Das ist die Quintessenz aus den Entscheidungen des BGH vom 11.10.2007 - III ZR 63/07 und vom 15.11.2007 - III ZR 247/06, was bei Ihrer Betrachtung möglicherweise außen vor blieb. Ich merke wohl, dass Sie das anders lesen als ich.

Zitat
Insbesondere werden die Kostenelemente und deren Gewichtung im Hinblick auf ihre Bedeutung für die Kalkulation des Abonnementpreises nicht offen gelegt. Für den Abonnenten ist deshalb weder vorhersehbar, in welchen Bereichen Kostenänderungen auftreten können, noch hat er eine realistische Möglichkeit, etwaige Preiserhöhungen anhand der Klausel auf ihre Berechtigung hin zu überprüfen.

Wird nur ein Kostenelement von mehreren ausgewiesen, kann dies eben aus genannten Gründen nicht genügen.

Das Problem lässt sich aber denkbar leicht lösen:

Man muss die Entgelte für die Energielieferung einerseits und die Entgelte für weitergewälzte Netzkosten andererseits nur konsequent trennen, gesondert vereinbaren  und zur Abrechnung stellen, so wie etwa manche Versorger Strom-  und Gaslieferungen innerhalb ein und der selben Abrechnung gesondert zur Abrechnung stellen.  

Das einfachste von der Welt, nachdem die Netzentgelte ebenso wie die Kosten der Messung und Abrechnung sowieso auf den Verbrauchsabrechnungen gesondert ausgewiesen werden sollen bzw. müssen.

Beinträchtigt den Wettbewerb nicht, wenn alle so verfahren: all-inclusive- Preise Ade´. Zusatznutzen: die reinen Energiepreise ließen sich leichter miteinander  vergleichen.

Haben die Brüder vom Gas- und E- Werk bisher offensichtlich nur deshalb nicht gemacht, weil sie die entsprechende Preistransparenz nicht wollten.  Wegen der fehlenden Preistransparenz war es immerhin auch möglich, zwischenzeitlich abgesenkte Netzkosten nicht oder nicht vollständig an die Kunden weiterzugeben, wenn alle mal ganz ehrlich sind.

Nun kann die fehlende Transparenz eben auch leicht zur Falle werden.

Ich habe mich seit Jahren für mehr Transparenz eingesetzt.

Offline Black

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Wenn der BGH in serinen Entscheidungen immer von Preisbestandteilen in Mehrzahl spricht, dann liegt das daran, dass die dort zu prüfenden Klauseln immer auch auf mehrere Preisbestandteile ausgerichtet waren.

Im Rahmen von Kostenelementeklauseln gibt es - anders als bei der Billigkeitskontrolle nach § 315 BGB - keine Pflicht eine Kostensteigerung des Kostenelementes durch rückläufige Kosten in anderen Bereichen auszugleichen.

Wenn von einem Preis, der sich mutmaßlich aus mehreren Kostenelementen zusammensetzt im Rahmen einer Preisanpassungsklausel nur ein Kostenelement und dessen Gewichtung im Gesamtgefüge (z.B. 10%) genannt ist, dann kann bei Veränderung dieses Elementes auch der Preis angepasst werden, unabhängig von der Entwicklung der übrigen Kostenelemente.
Ihr sollt nicht wähnen, daß ich gekommen sei, Frieden zu senden auf die Erde. Ich bin nicht gekommen, Frieden zu senden, sondern das Schwert.

Matthäus, Kapitel 10, Vers 34

 

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