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Autor Thema: zuständiges Gericht für das streitige Verfahren  (Gelesen 3223 mal)

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Offline Merit

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zuständiges Gericht für das streitige Verfahren
« am: 18. März 2009, 11:20:11 »
Nehmen wir mal folgenden Sachverhalt an:
- Bayern = Ort der Leistung, d.h. Objekts mit vermieteten Eigentumswohnungen, in dem das Gas abgenommen und verbraucht wird
- Bayern = Sitz des Versorgers
- Hessen = Wohnort desjenigen aus der Eigentümergemeinschaft, der die Verwaltung/Kontakte mit Versorgern etc. übernommen hat

Welches ist denn da das für das \"streitige Verfahren\" (wegen Gaspreis-Widerspruch) zuständige Gericht bei einem Streitwert von unter 1.000 Euro?

> das nach Wohnort des verwaltenden Eigentümers zuständige Landgericht ???

Für die Suche nach einem entsprechenden Anwalt, wäre es ja wohl recht hilfreich zu wissen, vor welchem Gericht ggf. zu verhandeln wäre, da der Anwalt auch die entsprechende Zulassung besitzen muss (soweit jedenfalls mein derzeitiger Wissensstand).

Vielen Dank schon jetzt, für jede Antwort, die mich auf den richtigen Weg bringt!

Offline tangocharly

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zuständiges Gericht für das streitige Verfahren
« Antwort #1 am: 18. März 2009, 11:37:12 »
Zitat
Original von Merit
......
Welches ist denn da das für das \"streitige Verfahren\" (wegen Gaspreis-Widerspruch) zuständige Gericht bei einem Streitwert von unter 1.000 Euro?

> das nach Wohnort des verwaltenden Eigentümers zuständige Landgericht ???

......

vgl. § 22 GasGVV
<<Der Preis für die Freiheit ist die Verantwortung>>

Offline RR-E-ft

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zuständiges Gericht für das streitige Verfahren
« Antwort #2 am: 18. März 2009, 18:18:15 »
@Merit

Der Kunde kann an seinem Wohnsitz als seinem gesetzlichen Gerichtsstand  verklagt werden. Es gibt jedoch daneben den Wahlgerichtsstand des Erfüllungsortes gem. § 29 ZPO. Der Erfüllungsort für die beiderseitigen Verpflichtungen aus einem Energielieferungsvertrag gem. § 29 ZPO ist nach der gefestigten Rechtsprechung des BGH der Ort der Abnahmestelle.

Das betrifft die örtliche Zuständigkeit. Sachlich zuständig bei Streitwerten unter 5.000 € ist entweder das Amtsgericht oder wegen §§ 108, 102 EnWG streitwertunabhängig ausschließlich die Kammer für Handelssachen bei einem Landgericht. Siehste hier.

Alle Rechtsanwälte können mit Ausnahme von Verfahren vor dem BGH in Zivilsachen vor allen deutschen Gerichten auftreten.

Offline Merit

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zuständiges Gericht für das streitige Verfahren
« Antwort #3 am: 19. März 2009, 22:40:30 »
Vielen Dank für die freundliche Nachhilfe.

Ich bitte dann mal weiter anzunehmen:
Das Mahngericht teilt mit, dass das Verfahren (nach erfolgtem Widerspruch gegen den Mahnbescheid) nun abgegeben wurde an das Landgericht XYZ/Hessen - Zivilkammer (so wohl vom Versorger angegeben).

Wegen der örtlichen Zuständigkeit (Erfüllungsort = Bayern), erinnert sich der Kunde an den Artikel \"Juristische Diaspora: Die Untiefen der bayerischen Justiz\" (ENERGIE DEPESCHE Dez-08 ). Demnach wäre es ja sogar besser, dass es ggf. vor\'s Hessische Gericht gehen soll.
ABER:

  • Die Zivilkammer beim Landgericht wäre also nicht das sachlich zuständige Gericht?
  • Wird das Gericht ggf. selbst seine Nicht-Zuständigkeit feststellen?
  • Oder muss der Kunde/Schuldner hier tätig werden?
  • Wann? (z.B. erst, wenn der Versorger tatsächlich das Verfahren weiter betreibt, oder schon jetzt?)
Sehr gefreut habe ich mich übrigens über die inzwischen ergänzte und aktualisierte Fassung der Seite Versorger klagt
http://www.energieverbraucher.de/de/site/Preisprotest/Versorger-klagt__1741/

Wobei ich letztlich nicht so richtig klug geworden bin aus dem Passus:
Welches Gericht ist zuständig? Örtlich zuständig ist das Gericht am Wohnort des Verbrauchers, weil dorthin die Energie geliefert wird. Wenn der Streitwert unter 5.000 Euro liegt, dann ist das jeweilige Amtsgericht zuständig, darüber das Landgericht. Nach dem Energiewirtschaftsgesetz § 102 ist unabhängig vom Streitwert das jeweilige Landgericht zuständig, wenn das Energierecht für die Entscheidung eine Rolle spielt. Ob dies der Fall ist, haben die betroffenen Gerichte bislang nicht einheitlich entschieden.

Daher auch meine Frage hier im Forum - aber im geschilderten Beispielfall geht\'s ja auch um einen speziellen Spezialfall und die o.e. Seite soll ja allgemein und möglichst kurz, knapp und verständlich informieren ;-)

Offline RR-E-ft

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zuständiges Gericht für das streitige Verfahren
« Antwort #4 am: 19. März 2009, 23:05:57 »
@Merit

Die sachliche Unzuständigkeit gem. §§ 108, 102 EnWG muss ausdrücklich gerügt werden. Sinn und Zweck gerade der Konzentrationswirkung des § 103 EnWG ist es jedoch die Zuständigkeit der Kammer für Handelssachen bei dem Landgericht, in dessen Bezirk oder zugewiesene ausschließliche Zuständigkeit die Abnahmestelle belegen ist und die Versorgung durch den klagenden Energieversorger erfolgt.

Ob man nun in Hessen oder in Bayern besser aufgehoben ist, vermag ich nicht zu beurteilen. Schließlich kommt es auch darauf an, ob man als Haushaltskunde im Rahmen der gesetzlichen Grundversorgung beliefert wird oder aber eine Belieferung außerhalb der gesetzlichen Grundversorgung erfolgt.

Aber wegen einer Rechtsberatung in Ihrem konkreten Einzelfall wenden Sie sich bitte direkt an einen Rechtsanwalt, den Sie für eine Vertretung vor dem angegebenen Streitgericht (Landgericht XY) wegen § 78 ZPO sowieso benötigen.

 

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