@RR-E-ft
Bauen Sie mal eine Mauer zwischen Art. 81 EG, § 1 GWB einerseits und Art. 82 EG und § 19 GWB andererseits, am besten aus Stahlbeton und mit Stacheldraht bewehrt.
Verstöße gegen Art. 81 EG, § 1 GWB zielen auf die Beseitigung eines freien Marktes. Ein solcher Verstoß stellt eine Verletzung des Art. 12 GG dar, weil dadurch die Gewerbefreiheit in ihrem Kern angegriffen wird.
Dagegen regeln Art. 82 EG und § 19 GWB die Ausbeutung einer legal erlangten und legal bestehenden marktbeherrschenden Stellung. Der Unrechtsgehalt eines solchen Verstoßes ist von einer weit geringeren Qualität als der Versuch, den freien Marktzutritt anderer zu beseitigen oder einzuschränken.
Aus diesem Grund ist in Art. 81 Abs. 2 EG bestimmt, dass Verstöße nach Absatz 1 nichtig sind. Aus diesem Umstand leitet der EuGH die Sonderstellung des Art. 81 EG her.
EuGH C-453/99
20 Zweitens stellt Artikel 85 EG-Vertrag, wie sich aus Artikel 3 Buchstabe g EG-Vertrag (nach Änderung jetzt Artikel 3 Absatz 1 Buchstabe g EG) ergibt, eine grundlegende Bestimmung dar, die für die Erfuellung der Aufgaben der Gemeinschaft und insbesondere für das Funktionieren des Binnenmarktes unerlässlich ist (siehe Urteil vom 1. Juni 1999 in der Rechtssache C-126/97, Eco Swiss, Slg. 1999, I-3055, Randnr. 36).
21 Die Bedeutung dieser Bestimmung hat die Verfasser des EG-Vertrags im Übrigen dazu veranlasst, in Artikel 85 Absatz 2 EG-Vertrag ausdrücklich anzuordnen, dass die nach diesem Artikel verbotenen Vereinbarungen oder Beschlüsse nichtig sind (siehe Urteil Eco Swiss, Randnr. 36).
22 Diese Nichtigkeit, die von jedem geltend gemacht werden kann, hat das Gericht zu beachten, sofern der Tatbestand des Artikels 85 Absatz 1 erfuellt ist und die betroffene Vereinbarung die Gewährung einer Freistellung gemäß Artikel 85 Absatz 3 EG-Vertrag nicht rechtfertigen kann (zu dem letztgenannten Punkt siehe u. a. Urteil vom 9. Juli 1969 in der Rechtssache 10/69, Portelange, Slg. 1969, 309, Randnr. 10). Da die Nichtigkeit nach Artikel 85 Absatz 2 absolut ist, erzeugt eine nach dieser Vorschrift nichtige Vereinbarung zwischen den Vertragspartnern keine Wirkungen und kann Dritten nicht entgegengehalten werden (siehe Urteil vom 25. November 1971 in der Rechtssache 22/71, Béguelin, Slg. 1971, 949, Randnr. 29). Darüber hinaus erfasst diese Nichtigkeit die getroffenen Vereinbarungen oder Beschlüsse in allen ihren vergangenen oder zukünftigen Wirkungen (siehe Urteil vom 6. Februar 1973 in der Rechtssache 48/72, Brasserie de Haecht II, Slg. 1973, 77, Randnr. 26).
(…)
31 Ebenso wenig verbietet das Gemeinschaftsrecht, sofern die Grundsätze der Äquivalenz und der Effektivität beachtet werden (siehe Urteil Palmisani, Randnr. 27), dass das innerstaatliche Recht einer Partei, die eine erhebliche Verantwortung für die Wettbewerbsverzerrung trägt, das Recht verwehrt, von ihrem Vertragspartner Schadensersatz zu verlangen. Nach einem in den meisten Rechtssystemen der Mitgliedstaaten anerkannten Grundsatz, den der Gerichtshof bereits angewandt hat (siehe Urteil vom 7. Februar 1973 in der Rechtssache 39/72, Kommission/Italien, Slg. 1973, 101, Randnr. 10), darf ein Einzelner nämlich nicht aus seinem eigenen rechtswidrigen Verhalten Nutzen ziehen.
(…)
33 Insbesondere hat dieses Gericht zu prüfen, ob die Partei, die durch den Abschluss eines Vertrages, der den Wettbewerb beschränken oder verfälschen kann, angeblich einen Schaden erlitten hat, der anderen Partei eindeutig unterlegen war, so dass ihre Freiheit, die Vertragsbedingungen auszuhandeln, und ihre Fähigkeit, insbesondere durch den rechtzeitigen Einsatz aller ihr zur Verfügung stehenden Rechtsschutzmöglichkeiten den Schadenseintritt zu verhindern oder den Schadensumfang zu begrenzen, ernsthaft beschränkt oder nicht vorhanden gewesen waren.
Es ist für mich nicht nachvollziehbar warum Sie bei einer Nichtigkeit der Leistungsbestimmung so zimperlich sind, den Versorger auf seinen Kosten sitzen zu lassen.
An anderer Stelle haben Sie doch bereits das Zeitalter der Rückforderung ausgerufen. Dort scheint der unverhoffte und unverdiente Vorteil eines unwirksam vereinbarten Leistungsbestimmungsrechts, bei dem ein Anfangspreis vertraglich bestimmt war, Ihre Vorstellungen von Anstand und Moral oder gar Ihre Besorgnis über das finanzielle Wohlergehen eines Versorgers nicht in den Grundfesten zu erschüttern.
Der Gesetzgeber teilt Ihre Ansichten nicht, und sieht z. B. bereicherungsrechtliche Ausgleichsansprüche bei Gesetzesverstößen nach § 817 BGB nicht vor. Auf welche gesetzliche Grundlage Sie sich bei Ihren Bedenken berufen, teilen Sie nicht mit (wenn man mal von Ihrer Idee § 315 BGB sei lex spezialis von § 138 BGB mangels Ernstlichkeit absieht).
Dem Gasversorger stand frei, gesetzeskonforme Bezugsverträge abzuschließen bzw. Rechtsschutz gegen kartellrechtswidrige Verträge in Anspruch zu nehmen. Dann hatte er die Möglichkeit gehabt, seine Preise um die gestiegenen Bezugskosten zu erhöhen. Diese legale Möglichkeit hat er aus freien Stücken nicht genutzt. Da braucht dann niemand ein schlechtes Gewissen zu haben, dass er auch auf den Kosten sitzen bleibt, die er hätte weitergeben können. Er hat es nicht getan!!!! Das ist entscheidend.
@ronny
Es freut mich natürlich, dass meine Thesen auch auf unvoreingenommene Ohren treffen. Darum geht es mir ja, nicht darum irgendwelche Eitelkeiten zu kränken. Ich möchte aber nicht verhehlen, dass meine Theorie in einem Verfahren auf weit erbitterteren Widerstand stoßen dürfte, als RR-E-ft jemals in der Lage sein wird zu leisten. Insoweit ist jedes konträre Argument Gold wert. Nur wer die Schritte des Gegners vorher erkennt, kann sich darauf vorbereiten.