Forum des Bundes der Energieverbraucher

Autor Thema: Kartellrecht  (Gelesen 53714 mal)

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Offline RR-E-ft

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Kartellrecht
« Antwort #60 am: 09. April 2009, 17:45:57 »
@reblaus

BGH, Urt. v. 29.04.2008 - KZR 2/07 spricht eindeutig von einer gesetzlichen Verpflichtung zur Preisabsenkung bei gesunkenen Kosten. Diese Verpflichtung ergibt sich gerade aus dem einseitigen Leistungsbestimmungsrecht, wo ein solches besteht.

Die Sache mit der \"Richter- Skala\" sollte nochmals durchdacht werden. Ich halte die Ausführungen von Gabriele Braband in deren Jenaer Dissertationsschrift für überzeugend.

Im Übrigen sehr interessant, wie es wohl gelingen könnte, ggf. die Sittenwidrigkeit aller einseitigen Preisneufestsetzungen nach dem 29.04.1998 [Außerkrafttreten des § 103 GWB a.F.] nachzuweisen. Leider wird eine Sittenwidrigkeit den Rechnungen wohl nicht als offensichtlicher Fehler auf die Stirn geschrieben gewesen sein, wie es § 30 AVBGasV und § 17 Abs. 1 GasGVV zur Zahlungsverweigerung regelmäßig erfordern, so dass man deshalb allenfalls an Rückforderungsprozesse denken könnte... Die Unbilligkeitseinrede greift besser, wie § 17 Abs. 1 Satz 3 GasGVV zu entnehmen ist.

Offline reblaus

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Kartellrecht
« Antwort #61 am: 09. April 2009, 18:27:10 »
Was soll der Richter aber tun, wenn der Verbraucher partout keinen Unbilligkeitseinwand gegen den nicht veränderten Preis erhebt? Soll das Gericht dann von Amts wegen tätig werden?

Vernünftigerweise wird man sowohl den Unbilligkeitseinwand erheben und sich auf die Nichtigkeit der Preisbestimmung berufen.

Die Nachweisschwierigkeiten dürften sich bei der Kausalität ergeben. Soweit die Beweislast hier beim Verbraucher liegen sollte, kann der Beweis nur dadurch erbracht werden, dass man alte Schreiben vorlegt, in denen der Grund für die Preiserhöhung genannt wird. Über die Jahresabschlüsse könnte möglicherweise der Nachweis gelingen, dass andere Kostensteigerungen nicht oder nur in weit geringerem Umfang vorlagen. Teilweise werden sich im Jahresabschluss auch Erklärungen finden lassen, dass die Preiserhöhungen auf gestiegenen Bezugskosten erfolgt.

Um der Preisfestsetzung auf null zu entgehen, wird der Versorger gezwungen werden können, seinen Bezugsvertrag vorzulegen. Aus diesem ergibt sich dann auch die Laufzeit.

Ihre Richter-Skala ist ja nichts anderes als die Anwendung des § 140 BGB. Dieser ist aber bei sittenwidrigen Rechtsgeschäften ausgeschlossen, da das Gesetz in diesen Fällen eine besonders scharfe Sanktion zulässt, wie Sie aus § 817 BGB entnehmen können.

Offline RR-E-ft

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Kartellrecht
« Antwort #62 am: 09. April 2009, 21:35:43 »
@reblaus

Den Gedankengang kann ich nicht nachvollziehen.

Zitat
Was soll der Richter aber tun, wenn der Verbraucher partout keinen Unbilligkeitseinwand gegen den nicht veränderten Preis erhebt? Soll das Gericht dann von Amts wegen tätig werden?

Vielleicht dem Kunden einen Brief mit Einschreiben/ Rückschein schicken, dass er endlich die Unbilligkeitseinrede erheben, klagen oder sich innerhalb einer betreits anhängigen Klage tunlichst unverzüglich auf die Unbilligkeit und Nichtigkeit der Preisbestimmung berufen und etwaig benötigte Beweismittel auf der Geschäftsstelle des Gerichts abholen soll, wo sie schon vor Wochen für derlei Fälle  bereit gelegt wurden ?!

Nichts. Der Richter darf nichts tun. Gerichte werden nur auf Anträge hin tätig und sind gem. § 308 ZPO an die Anträge gebunden. Klagt schon niemand oder werden gegen eine Klage keine Einwendungen/ Einreden erhoben, kann und darf über solche auch nicht entschieden werden. Das betrifft eine Unbilligkeitseinrede ebenso wie die Einrede einer angeblich endgültigen Nichtigkeit der Preisbestimmung.

Wobei sich die Frage stellt, was für einen Vertrag man nach geltendem Kaufrecht, das auf Energielieferungsverträge entsprechend angewendet wird, noch haben könnte, wenn die gesamte Preisbestimmung nichtig sein sollte?

In der Situation der Zahlungsklage des Versorgers ist regelmäßig § 17 GVV beachtlich. Und im Rückforderungsprozess trägt regelmäßig der Kunde die Darlegungs- und Beweislast, insbesondere hinsichtlich der Umstände, welche die behauptete Nichtigkeit einer Preisbestimmung zur Folge haben sollen. Die Rückforderungsklage ist regelmäßig nur zulässig, wenn der Rückforderungsanspruch beziffert ist.

Zitat
Original von reblaus

Die Nachweisschwierigkeiten dürften sich bei der Kausalität ergeben. Soweit die Beweislast hier beim Verbraucher liegen sollte, kann der Beweis nur dadurch erbracht werden, dass man alte Schreiben vorlegt, in denen der Grund für die Preiserhöhung genannt wird. Über die Jahresabschlüsse könnte möglicherweise der Nachweis gelingen, dass andere Kostensteigerungen nicht oder nur in weit geringerem Umfang vorlagen. Teilweise werden sich im Jahresabschluss auch Erklärungen finden lassen, dass die Preiserhöhungen auf gestiegenen Bezugskosten erfolgt.

Um der Preisfestsetzung auf null zu entgehen, wird der Versorger gezwungen werden können, seinen Bezugsvertrag vorzulegen. Aus diesem ergibt sich dann auch die Laufzeit.

Ihre Richter-Skala ist ja nichts anderes als die Anwendung des § 140 BGB. Dieser ist aber bei sittenwidrigen Rechtsgeschäften ausgeschlossen, da das Gesetz in diesen Fällen eine besonders scharfe Sanktion zulässt, wie Sie aus § 817 BGB entnehmen können.

Verstehe ich nicht. Möglicherweise trägt man sich mit falschen Hoffnungen.

Sie möchten als Kunde  auf Rückzahlung klagen und meinen dafür noch viel Zeit zu haben, der Versorger soll dabei solche Angst vor einer gerichtlichen Preisfestsetzung auf null bekommen (worauf eine solche im Rückforderungsprozess gründen sollte, ist schon nicht ersichtlich), dass er einen Bezugsvertrag kartellrechtswidrigen Inhalts vorlegt, auf dass der Kunde sodann seinen benötigten  Beweis dafür hat, dass die einseitigen Preisfestsetzungen alle nichtig waren... Ernsthaft?

Zur endgültigen Nichtigkeit der Preisbestimmung ist mir nicht ersichtlich, ob  es etwa schon sittenwidrig sein soll, dass der zur einseitigen Leistungsbestimmung ebenso berechtigte wie verpflichtete Vertragsteil eine Bestimmung trifft oder überhaupt für erfolgte Energielieferungen noch Abrechnungen erstellt. Was sich im Vertragsverhältnis  EVU- Letztverbraucher etwaig unter § 817 BGB subsumieren lassen könnte, vermag ich nicht zu erkennen. Ist der Vertrag EVU- Letzverbraucher insgesamt sittenwidrig/ ein sittenwidriges Rechtsgeschäft?

Offline ESG-Rebell

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Kartellrecht
« Antwort #63 am: 10. April 2009, 22:52:54 »
Zitat
Original von RR-E-ft
@reblaus

Den Gedankengang kann ich nicht nachvollziehen.
Ich auch nicht.

Wenn ein Amtsgericht für seinen Prozess zuständig sein sollte, dann kann er immerhin einem Amtsrichter einen lustigen Nachmittag bereiten, ohne einem Anwalt in seiner Nähe seine Überlegungen begreiflich machen zu müssen ;)

Gruss,
ESG-Rebell.

Offline reblaus

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Kartellrecht
« Antwort #64 am: 11. April 2009, 12:46:08 »
@ESG-Rebell
Dass dieser Beitrag (von reblaus 27.10.2007) im Forum nicht verstanden wurde, weiß ich bereits seit diesem Beitrag (von RR-E-ft 4.03.2009; 16.04 Uhr).

Zugegebenermaßen ist Wettbewerbsrecht spezielles Recht und gehört nicht zu den Pflichtvorlesungen eines Jurastudiums. Aus diesem Grund hat der Gesetzgeber hierfür spezielle Kartellgerichte eingerichtet, bei denen alle Verfahren, in denen es um Wettbewerbsrecht geht, verhandelt werden. Dies ist vergleichbar einem Augenleiden, bei dem Sie zum Augenarzt und nicht zum Hausarzt gehen. Falls Sie dem von Ihnen vorgeschlagenen Amüsement beiwohnen wollen, weil Sie auch mal wieder herzhaft lachen wollten, werden Sie beim Amtsgericht vergeblich auf eine Vorstellung warten.

Wenn Sie aber der Meinung sind, dass auch in diesem Verfahren ein Lustspiel zur Aufführung kam, in dem ein überaus engagierter aber im speziellen Recht völlig ahnungsloser Anwalt den Richter damit amüsierte, dass erseitenweise über die Gewinnverhältnisse einer Ferngasgesellschaft Ausführungen (II, Nr. 2) machte, und dabei völlig überzogene Gewinnspannen darlegte, die den Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung geradezu ins Auge springen ließen, irren Sie sich. Der Richter fegte diese ganzen mit viel Mühe zusammengestellten Fakten mit dem lapidaren Hinweis vom Tisch, dass diese Ferngasgesellschaft nicht die Klägerin sei, und es auf deren Verhältnisse ankomme. Es ist ein Trauerspiel.

Eine vermeidbare Tragödie, denn seit Jahr und Tag gibt es nach § 325 HGB die Veröffentlichungspflicht von Jahresabschlüssen für Kapitalgesellschaften. Da Handelsrecht eine Pflichtvorlesung ist, hätte daher durchaus die Möglichkeit bestanden, statt über die Verhältnisse eines Lieferanten über die finanziellen Verhältnisse der Klägerin vorzutragen. Ganz zu schweigen davon wenn man die Brisanz des bereits am 27.10 2007 hier veröffentlichten Beschlusses des Bundeskartellamtes erkannt hätte. Dort ist nämlich die Ferngasgesellschaft, der man ihre missbräuchliche Preisgestaltung verzweifelt nachzuweisen versuchte, namentlich als Teilnehmerin des zerschlagenen Kartells genannt. Direkt daneben hat das Bundeskartellamt einen Beschluss veröffentlicht, in dem genau dieser Ferngasgesellschaft ebenfalls verboten wurde, weiterhin irgendwelche Rechte aus dem Liefervertrag mit dem klagenden Gasversorger geltend zu machen, da dieser Vertrag gegen Kartellrecht verstößt.

Die Grenzen des Dramas und damit der Unterhaltung überschreitet aber, was danach kam.

Statt sich einzugestehen, dass niemand allwissend sein kann, versteift sich jener Anwalt, der dieser Angelegenheit schon vor anderthalb Jahren eine völlig neue Wendung hätte geben können, darauf, dass er Energierechtsexperte sei, und es um Energie gehe, und daher aus Rechtsgründen auch nur solche Normen zur Anwendung kommen dürfen, von denen er als Energierechtsexperte etwas verstehe. Geradezu zwanghaft wird die Anwendbarkeit anderer Normen geleugnet
Zitat
Original von RR-E-ft Die Kartellrechtswidrigkeit eines langfristigen Vorlieferantenvertrages lässt die Wirksamkeit des Vertrages zwischen Energieversorgungsunternehmen und Letztverbraucher und darin enthaltener Preisänderungsklauseln grundsätzlich unberührt. Letztere sind wirksam oder unwirksam (vgl. BGH, Urt. v. 29.04.2008 - KZR 2/07 und Urt. v. 17.12.2008 - VIII ZR 274/06).
oder zumindest auf Orchideenansprüche reduziert.
Zitat
Original von RR-E-ft Möglicherweise besteht daraus ein Schadensersatzanspruch gem. §§ 33, 20, 19 GWB, Kausalität vorausgesetzt.

ESG-Rebell, wenn Sie das alles nicht verstehen ist das keine Bildungslücke. Sie sollten sich dann aber fachlichen Rat bei jemandem suchen, der etwas davon verstehen will. Jeder Jurist hat die Ausbildung sich selbständig in das Wettbewerbsrecht einzuarbeiten, um es danach verstehen zu können. Bei Juristen ist das keine Frage des Könnens sondern des Wollens.

Wenn sich Juristen von Ihren Mandanten bezahlen lassen, dass sie deren Rechte vertreten, ist es sogar eine Frage des Müssens.

Offline RR-E-ft

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Kartellrecht
« Antwort #65 am: 14. April 2009, 17:22:14 »
@reblaus

Zitat
Statt sich einzugestehen, dass niemand allwissend sein kann, versteift sich jener Anwalt, der dieser Angelegenheit schon vor anderthalb Jahren eine völlig neue Wendung hätte geben können

Mich wundert immer wieder, in welche Behauptungen Sie sich versteigen.

Zu einem Verfahren, auf welche das - angefochtene - Endurteil des LG Augsburg gründet, wird wohl behauptet, diesem Verfahren hätte seit 1,5 Jahren eine andere Wendung gegeben werden können, wenn nicht gegeben werden müssen.

Tatsächlich ist es so, dass die entsprechende Zahlungsklage des Versorgers  am 02.04.2008 beim Landgericht Augsburg einging, erst danach die Mandatierung eines Anwalts  erfolgte, ... Auch wurde dort auf die Langfristverträge, die Entscheidung des Bundeskartellamtes zu Langfristverträgen eines einzelnen Vorlieferanten Bezug genommen, von dem die Klägerin behauptet, dass es sich um einen der Vorlieferanten handelt -, unbesehen der Tatsache, dass der dortige Versorger nach seinem - bestrittenen - Vortrag im streitgegenständlichen Zeitraum von mindestens drei Vorlieferanten Gas bezogen haben will.

Dafür, dass ich mit Ihnen keine konkret anhängigen Verfahren diskutieren werde, werden Sie Verständnis haben (müssen).

Es war bisher immer noch so, dass sämtliche Einwendungen und Einreden, die keine offensichtlichen Fehler im Sinne des § 30 AVBGasV und keine Unbilligkeit gem. § 17 Abs. 1 Satz 3 GVV begründen, in einem Zahlungsprozess gegen Tarifkunden unbeachtlich sind, Tarifkunden  mit solchen Einwendungen und Einreden, über die auf Bestreiten ein Beweis erhoben werden muss, auf einen Rückerstattungsprozess verwiesen sind.Das betrifft unter anderem auch die Fragen des Bestehens einer marktbeherrschenden Stellung auf einem sachlich und räumlich relevanten Markt und die missbräuchliche Ausnutzung einer solchen auf vielfältige Art und Weise im kartellrechtlichen Sinne.

Offline Black

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Kartellrecht
« Antwort #66 am: 14. April 2009, 17:37:39 »
Ruhig Blut die Herren.
Ihr sollt nicht wähnen, daß ich gekommen sei, Frieden zu senden auf die Erde. Ich bin nicht gekommen, Frieden zu senden, sondern das Schwert.

Matthäus, Kapitel 10, Vers 34

Offline RR-E-ft

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Kartellrecht
« Antwort #67 am: 14. April 2009, 18:02:34 »
Zitat
Ruhig Blut die Herren.

Steht überhaupt fest, dass reblaus ein Männchen ist? ;)

Offline reblaus

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Kartellrecht
« Antwort #68 am: 15. April 2009, 09:01:59 »
@Black
Sie müssen diese Diskussion ganz pragmatisch sehen.

RR-E-ft ist ja nicht schuld daran, dass die Information aus meinem Beitrag vom 27.10.2007 völlig unterging, sondern ich selbst. Ich hätte wissen müssen und können, dass in unserer Medienwelt nicht die Bedeutung einer Information über ihre Breitenwirkung entscheidet, sondern deren Unterhaltungswert. Und dabei wird ein ordentlicher gerne auch mit persönlichen Attacken gewürzter Streit von Dritten bei weitem als interessanter empfunden als höfliches Konsensgekuschel.

Insoweit möchte ich meine Angriffe auf RR-E-ft weniger als Ausdruck persönlicher Niedertracht gewertet wissen, sondern sehe darin einen hoffentlich unterhaltsamen PR-Gag.

In seinen Anwürfen sehe ich im Gegenzug keinesfalls Machwerke eines gehässigen Wesens, sondern ausgleichende Ungerechtigkeit. Seine eigentümlichen Rechtstheorien erregen mich nicht, sondern regen mich allenfalls an.

Sollte RR-E-ft  dies entgegen meiner Erwartung persönlich nehmen, so sei er daran erinnert, dass wer austeilen will auch einstecken können muss.

Zitat
Original von RR-E-ft Es war bisher immer noch so, dass sämtliche Einwendungen und Einreden, die keine offensichtlichen Fehler im Sinne des § 30 AVBGasV und keine Unbilligkeit gem. § 17 Abs. 1 Satz 3 GVV begründen, in einem Zahlungsprozess gegen Tarifkunden unbeachtlich sind, Tarifkunden mit solchen Einwendungen und Einreden, über die auf Bestreiten ein Beweis erhoben werden muss, auf einen Rückerstattungsprozess verwiesen sind. Das betrifft unter anderem auch die Fragen des Bestehens einer marktbeherrschenden Stellung auf einem sachlich und räumlich relevanten Markt und die missbräuchliche Ausnutzung einer solchen auf vielfältige Art und Weise im kartellrechtlichen Sinne.

@RR-E-ft
Wollen Sie damit ausdrücken, dass nichtige Preiserhöhungen gleichwohl billig sein können, und diese Auffassung gar Ihrer langjährigen praktischen Erfahrung entspringt?

Die Zerschlagung des Gaskartells wurde bei Wikipedia im Artikel über die Ölpreisbindung bereits am 7. Juni 2007 aufgenommen.

Sollte über die Rechtsfolgen der Nichtigkeit kartellrechtswidriger Verträge schlussendlich der Europäische Gerichtshof entscheiden müssen, könnte es sein, dass bis zu einer Entscheidung alle Rückforderungsansprüche vor 2006 schon wegen § 199 Abs. 3 Nr. 1 BGB verjährt sind. Wenn Sie solange warten wollen...

... können Sie Ihren Mandanten später mitteilen, dass Sie es bereits 2009 gewusst haben, Ansprüche vor 2006 sind verjährt.

Offline RR-E-ft

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Kartellrecht
« Antwort #69 am: 15. April 2009, 14:59:36 »
Zitat
Original von reblaus
@RR-E-ft
Wollen Sie damit ausdrücken, dass nichtige Preiserhöhungen gleichwohl billig sein können, und diese Auffassung gar Ihrer langjährigen praktischen Erfahrung entspringt?

Einseitige Preisfestsetzungen gegenüber Letzverbrauchern sind immer dann, wenn ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht im Sinne von § 315 Abs. 1 BGB besteht, der Billigkeit entsprechen müssen, diese andernfalls gem. § 315 Abs. 3 Satz 1 BGB unverbindlich sind, eine Verbindlichkeit sich in diesem Fall erst nach einer gerichtlichen Ersatzbestimmung gem. § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB ergeben kann (vgl. BGH, Urt. v. 07.05.2005 - X ZR 60/04). Die Erfahrung lehrt weiter, dass einseitige Preisneufestsetzungen gegenüber Letztverbrauchern  unwirksam sein können, wo im konkreten Vertragsverhältnis ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht schon nicht wirksam eingeräumt wurde (vgl. BGH, Urt. v. 17.12.2008 - VIII ZR 274/06). Die Erfahrung lehrt deshalb weiter, dass ein Bezugskostenanstieg im Vorlieferantenverhältnis zwischen Versorger und Vorlieferant  das Vertragsverhältnis zwischen Versorger und Letztverbraucher nicht unmittelbar betrifft. Die Erfahrung lehrt weiter, dass ein nichtiger Vorlieferantenvertrag nicht etwa die Nichtigkeit des Vertrages zwischen Versorger und Letztverbraucher zur Folge hat, zwischen beiden Rechtsverhältnissen deutlich zu unterscheiden ist. Was aber schon für die Gesamtnichtigkeit eines Vorlieferantenvertrages gilt, wird wohl erst recht für einzelne Aspekte der Vertragsdurchführung und -abwicklung zu gelten haben. Für eine nichtige Preiserhöhung innerhalb des Vorlieferantenvertrages stellt sich schon nicht die Frage nach der Billigkeit innerhalb des selben, also im Verhältnis Vorlieferant/ Versorger.  Denkbar wäre etwa , dass ein solches Vertragsverhältnis auf einem Formularvertrag und AGB des Vorlieferanten gründet, innerhalb der selben sich Preisänderungsklauseln wegen Verstoß gegen § 307 BGB als unwirksam erweisen und damit auch auf solche Klauseln gestützte Preisänderungen des Vorlieferanten, ohne dass es dafür in diesem Vertragsverhältnis auf die Billigkeit ankommen kann und darf, vgl. oben.

Langfristige Lieferverträge zwischen Importeuren und Ferngasgesellschaften waren bei ihrem Abschluss vor dem 29.04.1998 nicht kartellrechtswidrig, vgl. § 103 GWB a.F., der Demarkationen unter Ausschluss von Wettbewerb ausdrücklich zuließ. Sie konnten mit Wegfall des § 103 GWB a.F. wegen marktabschottender Wirkung kartellrechtswidrig werden. Dazu hatte das BKartA Anfang 2005 ein Diskussionspapier veröffentlicht mit den bekannten Vorgaben zu Vertragslaufzeit und Mengen. In diesem war nach umfangreichen Markterhebungen eine vorläufige Rechtsauffassung des Bundeskartellamtes enthalten. Diese Rechtsauffassung wurde von vielen nicht geteilt. Gegenteilige Stellungnahmen kamen u. a.  vom Bundesverband der Gas- und Wasserwirtschaft (BGW) und vom Verband kommunaler Unternehemen (VKU).

In dem Beschluss des BKartA in Sachen GVS vom 06.09.2007 zum Az. B8-113-03-4 wurde ausgeführt:


Zitat
Mit Schreiben vom 6. September 2005 teilte die Beschlussabteilung der Betroffenen die Gründe mit, weshalb deren langfristige Lieferverträge mit Weiterverteilern nach vorläufiger Auffassung der Beschlussabteilung gegen Art. 81 EG verstießen.

Am 13. Januar 2006 hat das Bundeskartellamt mit sofort vollziehbarem Beschluss gegenüber der E.ON Ruhrgas AG im Wege eines Musterverfahrens festgestellt, dass die zwischen dieser und Regional- und Ortsgasunternehmen geschlossenen Erdgaslieferverträge gegen Art. 81, 82 EG und § 1 GWB verstoßen, und dies mit einer Abstellungsaufforderung zum 30. September 2006 sowie mit Vorgaben für den Abschluss künftiger Verträge verbunden.

Hiergegen hat die E.ON Ruhrgas AG Beschwerde eingelegt und beantragt, die aufschiebende Wirkung der Beschwerde anzuordnen. Mit Beschluss vom 20. Juni 2006 hat das OLG Düsseldorf den Antrag der E.ON Ruhrgas auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung zurückgewiesen und in diesem Zusammenhang den vom Bundeskartellamt festgestellten Verstoß gegen Art. 81 EG und § 1 GWB zwar vorläufig, aber inhaltlich in vollem Umfang bestätigt. Langfristige Bezugsbindungen in Verbindung mit einer Gesamtbedarfsdeckung oder annähernder Gesamtbedarfsdeckung, so das Gericht, hätten marktabschottende Wirkung. Denn durch die Vielzahl von derartigen langfristigen Erdgaslieferverträgen zwischen einem Ferngasunternehmen und Weiterverteilern, die dem relevanten Markt erhebliche Mengen an liquidem Erdgas entziehen, würden inländische und ausländische Anbieter von Erdgas vom Markt für die Belieferung von Regional- und Ortsgasunternehmen ferngehalten. In seiner Entscheidung \"E.ON Ruhrgas\" hat das OLG Düsseldorf ferner bestätigt, dass bestehende langfristige Erdgaslieferverträge mit (Quasi-) Gesamtbezugsverpflichtungen für die Belieferung von Regional- und Ortsgasunternehmen nichtig seien und Marktabschottungen durch langfristige Erdgaslieferverträge zwischen anderen Ferngasunternehmen und Regional- und Ortsgasunternehmen beseitigt werden müssten, um eine kartellrechtskonforme Vertragsgestaltung flächendeckend zu gewährleisten. Die vom Bundeskartellamt aufgestellten zeitlichen Grenzen für Neuverträge wurden nicht beanstandet.
Zitat
Eine Entscheidung gegenüber der Betroffenen war von der Beschlussabteilung im Hinblick auf den mit dem Beschluss in Sachen E.ON Ruhrgas verbundenen Mustercharakter zunächst zurückgestellt worden. Ausweislich der OLG- Entscheidung rechtfertigte es dieser Mustercharakter, gleichgelagerte Fälle erst dann zum Gegenstand einer Verfügung nach § 32 GWB zu machen, wenn sich die Rechtsauffassung der Beschlussabteilung aufgrund einer gerichtlichen Entscheidung, und sei es lediglich eine vorläufige Entscheidung, als tragfähig erwiesen hat.

Zitat
Mit Schreiben vom 2. August 2007 hat die Betroffene die im Anhang zu diesem Beschluss aufgeführten Verpflichtungszusagen gemäß § 32 b GWB angeboten.

Zitat
Die Verpflichtungszusagen sind geeignet, die mit Schreiben des Bundeskartellamtes vom 6. September 2005 mitgeteilten vorläufigen Bedenken gegen die langfristigen Gaslieferverträge auszuräumen.


Erst am 10.02.2009 hat sich der BGH in einer Entscheidung (KVR 67/07) (teilweise) mit der Frage der Rechtmäßigkeit solcher Verfügungen des Bundeskartellamtes befasst. Die Entscheidung ist bisher unveröffentlicht. Es gibt nur eine PM vom 11.02.2009

In dieser heißt es:

Zitat
In seiner Entscheidung vom gestrigen Tag geht der BGH davon aus, dass die bisherige Praxis langfristiger Gaslieferverträge gegen deutsches und europäisches Kartellrecht verstoßen hat, weil solche Verträge, mit denen nahezu der gesamte Bedarf der jeweiligen Kunden gedeckt wird, zu einer Abschottung des Marktes und damit zu einer spürbaren Behinderung des Wettbewerbs führten.

Aber auch:

Zitat
Im Rechtsbeschwerdeverfahren hatte E.ON Ruhrgas die Verpflichtung, die langfristigen Verträge zu beenden und neue Verträge nur noch nach dem vom Bundeskartellamt vorgegebenen Mengen-Laufzeit-Gerüst zu schließen, nicht mehr in Frage gestellt.

Zitat
Wegen der überragenden Marktmacht von E.ON Ruhrgas auf dem durch sein Gasnetz bestimmten Gasweiterverteilermarkt – E.ON Ruhrgas hat hier einen Marktanteil von 75%, verfügt über das größte Hochdruckleitungsnetz und ist an ca. 30% aller Regional- und Ortsgasunternehmen direkt oder indirekt beteiligt – habe das Bundeskartellamt mit Recht angenommen, dass allein die Beendigung der bisherigen Verträge nicht ausreichend gewesen wäre, um eine wesentliche Öffnung des Marktes für Wettbewerber zu ermöglichen.

Zitat
Original von reblaus
Schon im Laufe des Jahres 2007 hat das Bundeskartellamt sämtlichen Gasimporteuren und allen regionalen Ferngasgesellschaften untersagt, aus bestehenden langfristigen Lieferverträgen mit Orts- oder Regionalgasunternehmen zukünftig irgendwelche Rechte geltend zu machen.

Was war denn tatsächlich zu lesen?

Die weiteren Verfahren wurden durch Verpflichtungserklärungen der betroffenen Gasversorgungsgesellschaften  beendet, welche das BKartA für verbindlich erklärte, so auch das Verfahren gegen die Gasversorgung Süddeutschland mit Beschluss vom 06.09.2007 zum Az. B8-113-03-4, ohne dass über die unterschiedlichen Rechtsstandpunkte des Bundeskartellamtes einerseits und der betroffenen Gasversorgungsunternehmen andererseits noch eine Entscheidung zu treffen war. Die Verfahren gegen die Betroffenen wurden vielmehr jeweils nach Maßgabe des § 32 b Absatz 1 Satz 2 GWB eingestellt. Rechtskräftige Entscheidungen, die nur eine marktbeherrschende Stellung der betroffenen Unternehmen oder gar den Missbrauch einer solchen tatsächlich feststellten oder gar eine Untersagung enthielten, gab es (deshalb) jeweils nicht. (Tenorierungen beachten!)Darüber kann man hinwegsehen, sollte es aber nicht. Es hat nämlich zur Folge, dass mangels einer rechtskräftigen, bindenden Entscheidung, derjenige, der sich auf den kartellrechtswidrigen Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung beruft, die entsprechenden Umstände innerhalb eines kartellzivilrechtlichen Verfahrens vollständig darzulegen und ggf. zu beweisen hat, was dem einzelnen Kunden gewiss keine Schwierigkeiten bereiten wird, wie wohl mancher Tausendsassa meint, der sich darum bewundern lassen möchte.  Als Indiz mögen die Beschlüsse  des BKartA über die Verfahrenseinstellungen vielleicht taugen. Indizien genügen indes nicht in jedem Fall. Die gesetzliche Vermutung einer marktbeherrschenden Stellung nach Marktanteil trägt wenigstens soweit, wie die sachliche Marktabgrenzung schon unstreitig ist. Sieht man hier.

Wurden die Verträge (etwa infolge einer salvatorischen Klausel) nachträglich - unter sonst gleichen Bedingungen - hinsichtlich Laufzeit und Mengen an die Vorgaben des BKartA angepasst, entfiel möglicherweise deren Kartellrechtswidrigkeit. Deshalb kann nicht grundsätzlich darauf geschlossen werden, dass die Kartellrechtswidrigkeit auch von Preisformeln in solchen Vorlieferantenverträgen, deren Laufzeit und Mengen den Vorgaben des BKartA entsprechen, bereits festgestellt sei.

Den Versorgern kann eine Berufung auf einen Bezugskostenanstieg rechtlich nur  soweit vewehrt sein, wie dieser die Wirkung eines kartellrechtswidrigen Vertrages ist. Entscheidend ist die Kausalität. Die langfristigen Importverträge, die eine Preisbindung an Röholnotierungen enthalten, wurden nicht für kartellrechtswidrig erklärt. Das mag seine Ursache darin haben, dass die Erdgasförderländer wie Russland schon nicht in den Geltungsbereich des EGV fallen.

Man kann sich folglich die kartellrechtswidrig gewordenen Langfristverträge zwischen Importgesellschaften und Ferngasgesellschaften bzw. Regionalgesellschaften und Stadtwerken auch vollständig  wegdenken, ohne dass der Wert der Ware Erdgas an der deutschen Grenze und mithin im Inland auf einem freien Gasbeschaffungsmarkt ohne kartellrechtswidrige Langfristverträge stabil geblieben wäre. Wäre der Wert der Ware Erdgas auf dem vorgelagerten Markt nicht stabil geblieben, konnten aber auch die Letzverbraucherpreise bei Gasbeschaffung auf einem freien Gasbeschaffungsmarkt nicht stabil bleiben. Insoweit kann der Bezugskostenanstieg nicht vollständig kausal auf einem kartellrechtswidrigen Vertrag gründen.

Zum gleichen Ergebnis gelangt m.E. der BGH, wenn er den tatsächlichen Bezugskostenanstieg aufgrund vertraglicher Regelungen im Vorlieferantenverhältnis dann für nicht berücksichtigungsfähig hält, soweit diese vertragliche Regelungen nicht zur Anpassung an die Marktverhältnisse auf dem vorgelagerten Gasbeschaffungsmarkt notwendig waren.Siehste hier.

Diese Rechtsprechung des BGH greift sogar auch dann, wenn der Vorlieferantenvertrag den vom BKartA vorgegebenen Laufzeiten und Mengen entspricht, deretwegen nicht infolge marktabschottender Wirkung kartellrechtswidrig ist und eine vertragliche Preisgleitung enthält, die dazu führt, dass die Vorlieferantenpreise stärker steigen als der Wert der Ware Erdgas auf dem vorgelagerten Gasbeschaffungsmarkt....

Für diesen Fall hätte ja derjenige, der nur auf die Kartellrechtswidrigkeit und Nichtigkeit einzelner Vorlieferantenverträge abstellen wollte, wohl erst recht nichts mehr im Köcher.

Der reine Ruf, \"die Ölpreisbindung\" sei kartellrechstwidrig, greift schon deshalb zu kurz, weil ja die objektive Entwicklung des Wertes der Ware Erdgas an der deutschen Grenze und mithin im Inland eine Preisvariabilität aufzeigt. Davon wiederum zu unterscheiden ist die Frage der möglichen Kartellrechtswidrig einer praktizierten Preisspaltung für verschiedene Kundengruppen.

Immer dann, wenn  § 315 BGB Anwendung findet (und somit § 30 AVBV bzw. § 17 Abs. 1 GVV überwindet), gilt § 315 Abs. 3 Satz 1 BGB ebenso wie § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB.

Es ist deshalb nicht vollkommen ausgeschlossen, dass es zu einer gerichtlichen Ersatzbestimmung gem. § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB kommen kann. Damit ist es denknotwendig ausgeschlossen, dass die Unverbindlichkeit infolge einer Unbilligkeit einer dem Grunde nach zulässigen einseitigen Preisbestimmung der endgültigen Nichtigkeit einer solchen gleichzusetzen ist.   Die Rechtsfolgen einer Unverbindlichkeit infolge Unbilligkeit und einer Nichtigkeit sind also nur in einer Momentaufnahme deckungsgleich, nicht jedoch notwendigerweise und zwingend auch auf Dauer.

Wäre ein Vorlieferantenvertrag infolge Kartellrechtswidrigkeit vollständig nichtig, so könnte der aus dem Vertrag resultierende Kaufpreisanspruch des Vorlieferanten gegen den Versorger als Rechtsgrund vollständig entfallen. Die Lieferbeziehung zwischen Vorlieferant und Versorger wäre dann ggf. nach bereicherungsrechtlichen Grundsätzen für den betroffenen Zeitraum (rück-)abzuwickeln.

Der Versorger könnte deshalb trotzdem nicht die an den Vorlieferanten auf (nichtiger) vertraglicher Grundlage erbrachten Zahlungen für über die Jahre tatsächlich erfolgte Erdgaslieferungen vollständig zurückfordern, sondern müsste sich den Wert der Bereicherung der aufgrund des (nichtigen) Vertrages gelieferten Erdgasmengen entgegenhalten lassen.

Auch dabei wäre der objektive Wert der gelieferten Erdgasmengen, der sich zum einen nach dem objektiven Wert der Ware Erdgas an der deutschen Grenze und zum anderen nach den Kosten der Netznutzung der vorgelagerten Netze bemisst, zu berücksichtigen. Der Versorger wäre also auch bei einem nichtigen Vorlieferantenvertrag nicht so gestellt, als dass er die gelieferten Erdgasmengen wegen \"nichtiger Preisbestimmung\" gar als vollständig unentgeltlich oder auch nur zu einem stabilen Preis geliefert verbuchen könnte.

Das muss sich wohl in der einen oder anderen Weise auch auf die Letzverbraucherpreise bei bestehendem einseitigen Leistungsbestimmungsrecht niederschlagen.

Nicht nachvollziehbar ist, worauf die Annahme gründet, kartellrechtswidrige Vorlieferantenverträge hätten in der gesamten Lieferkette ab deutscher Grenze bis hin zum Letzverbraucher zwingend über die Jahre hinweg stabile Erdgaspreise zur Folge, man könne einen Bezugskostenanstieg damit vollständig negieren.

Und nochmals:

Wo ein Versorger wie die Stadtwerke Jena seit 2006 oder bereits länger das Erdgas auf vertraglicher Grundlage zu Fixpreisen bezogen hat, kann er eine einseitige Preiserhöhung nicht auf gestiegene Bezugskosten stützen undzwar auch nicht im Umfange, wie der objektive Wert der Ware Erdgas an der deutschen Grenze und mithin im Inland zwischenzeitlich angestiegen ist, weil er von dieser Entwicklung nicht betroffen war.

Unbillige einseitige Preiserhöhungen oder unterlassene Preissenkungen kann es demnach auch nach einer angeblichen Zerschlagung eines Gaskartells geben. (Hätte das Bundeskartellamt tatsächlich  ein Gaskartell zerschlagen, hätte dieses es sich gewiss nicht nehmen lassen, dazu zumindest eine Pressemitteilung herauszugeben, siehe hier). So mancher wird indes wohl schon bemerkt haben, dass auch die aktuellen Gaspreisgestaltungen 2008/ 2009 auf marktbeherrschenden Stellungen gründen, obschon ein Gaskartell angeblich längst zerschlagen worden sei.

Die Entscheidungen des BKartA gründen auf der marktabschottenden Wirkung langfristiger Bezugsverträge mit hoher Bedarfsdeckungverpflichtung, nicht jedoch auf einer in Gaslieferverträgen oftmals praktizierten Ölpreisbindung.

Wenn jemand meint, er habe eine schlüssige  Argumentation gefunden, die alle anderen \"wie Idioten\" aussehen lassen müsste oder auch nur könnte, dann wäre es wohl an diesem, einen Aufsatz zu verfassen und zu veröffentlichen und diese somit zur fachlichen Diskussion zu stellen. Können und Wollen fallen wohl dabei in der einen oder anderen Richtung deutlich auseinander. Statt dessen ergeht sich mancher in vermeintlichen PR-Gags, die allenfalls schäbig erscheinen.

Zitat
Original von reblaus
Wäre ich Richter beim BGH käme ich mir jetzt wie ein Vollidiot vor.

Offline reblaus

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Kartellrecht
« Antwort #70 am: 16. April 2009, 15:02:00 »
Zitat
Original von reblaus (Kartellrecht 5.03.2009)
@ RR-E-ft

Ihr Problem ist, dass Sie den Sachverhalt nicht begreifen.

An dieser Analyse haben auch 69 Beiträge nichts ändern können.

Zitat
Original von RR-E-ft Rechtskräftige Entscheidungen, die nur eine marktbeherrschende Stellung der betroffenen Unternehmen oder gar den Missbrauch einer solchen tatsächlich feststellten, gab es (deshalb) jeweils nicht.

Wir haben es hier mit einem Verstoß gegen Art. 81 EG, § 1 GWB zu tun. Warum monieren Sie dann um Gottes Willen das Fehlen der Tatbestandsvoraussetzungen der Art. 82 EG und § 19 GWB?

Zitat
Original RR-E-ft Erst am 10.02.2009 hat sich der BGH in einer Entscheidung (KVR 67/07) (teilweise) mit der Frage der Rechtmäßigkeit solcher Verfügungen des Bundeskartellamtes befasst. Die Entscheidung ist bisher unveröffentlicht. Es gibt nur eine PM vom 11.02.2009

Dann lesen sie halt mal diese Entscheidungen des OLG Düsseldorf vom 20.10.2006 Az. VI-2 Kart 1/06 (V) und 4.10.2007 Az.VI-2 Kart 1/06 (V). Sie sind unter http://www.justiz.nrw.de/RB/nrwe2/index.php veröffentlicht.

Zitat
Original von RR-E-ft  Die weiteren Verfahren wurden durch Verpflichtungserklärungen der betroffenen Gasversorgungsgesellschaften beendet, welche das BKartA für verbindlich erklärte, so auch das Verfahren gegen die Gasversorgung Süddeutschland mit Beschluss vom 06.09.2007 zum Az. B8-113-03-4, ohne dass über die unterschiedlichen Rechtsstandpunkte des Bundeskartellamtes einerseits und der betroffenen Gasversorgungsunternehmen andererseits noch eine Entscheidung zu treffen war. Die Verfahren gegen die Betroffenen wurden vielmehr jeweils nach Maßgabe des § 32 b Absatz 1 Satz 2 GWB eingestellt.

Können Sie mir mal erklären, wo in dem unten stehenden Gesetzestext von einer Einstellung des Verfahrens die Rede ist? Ist die Erklärung der Verbindlichkeit von Verpflichtungszusagen etwa keine Entscheidung? Verpflichten Sie sich gegenüber Behörden freiwillig zu einem Verhalten, wenn Sie vom rechtlichen Gegenteil überzeugt sind?

Zitat
§ 32b
Verpflichtungszusagen
(1) Bieten Unternehmen im Rahmen eines Verfahrens nach § 32 an, Verpflichtungen einzugehen, die geeignet sind, die ihnen von der Kartellbehörde nach vorläufiger Beurteilung mitgeteilten Bedenken auszuräumen, so kann die Kartellbehörde für diese Unternehmen die Verpflichtungszusagen durch Verfügung für bindend erklären. Die Verfügung hat zum Inhalt, dass die Kartellbehörde vorbehaltlich des Absatzes 2 von ihren Befugnissen nach den §§ 32 und 32a keinen Gebrauch machen wird. Sie kann befristet werden.
Zitat
Original von RR-E-ft Den Versorgern kann eine Berufung auf einen Bezugskostenanstieg rechtlich nur soweit verwehrt sein, wie dieser die Wirkung eines kartellrechtswidrigen Vertrages ist.
Für diese Theorie gibt es kein Gesetz. Ein nichtiges Rechtsgeschäft ist nicht vorgenommen worden. Was Sie da vorschlagen läuft darauf hinaus, dass ein nichtiges Rechtsgeschäft als in einer rechtlich zulässigen Weise vorgenommen umgedeutet wird. Dies geht aber nur im Rahmen der §§ 139, 140 BGB.

Zitat
Original von RR-E-ft (Hätte das Bundeskartellamt tatsächlich ein Gaskartell zerschlagen, hätte dieses es sich gewiss nicht nehmen lassen, dazu zumindest eine Pressemitteilung herauszugeben, siehe hier).
Was  RR-E-ft nicht gelesen hat, kann nicht existieren.  Dies ist nicht existent. Dies auch nicht. Dies schon gleich gar nicht.

Zitat
Original von RR-E-ft So mancher wird indes wohl schon bemerkt haben, dass auch die aktuellen Gaspreisgestaltungen 2008/ 2009 auf marktbeherrschenden Stellungen gründen, obschon ein Gaskartell angeblich längst zerschlagen worden sei.

Marktbeherrschende Stellung = Kartell? Aha! Diese Unterstellung ist in etwa so zutreffend wie Reisevertrag = Ehe. Nur weil zwei unterschiedliche Sachverhalte im gleichen Gesetz geregelt sind bleiben es doch immer noch unterschiedliche Sachverhalte, oder sehen Sie das anders?

Zitat
Original von RR-E-ft Die Erfahrung lehrt, dass einseitige Preisfestsetzungen gegenüber Letzverbrauchern immer dann, wenn ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht im Sinne von § 315 Abs. 1 BGB besteht, der Billigkeit entsprechen müssen, diese andernfalls gem. § 315 Abs. 3 Satz 1 BGB unverbindlich sind, eine Verbindlichkeit sich in diesem Fall erst nach einer gerichtlichen Ersatzbestimmung gem. § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB ergeben kann (vgl. BGH, Urt. v. 07.05.2005 - X ZR 60/04). Die Erfahrung lehrt weiter, …

Die Gerichte entscheiden aber nicht nach der Erfahrung von RR-E-ft, sondern nach Gesetz. Wenn Sie daher in Zukunft vermehrt das Gesetz zu Rate ziehen würden, statt sich auf Ihre Erfahrung zu verlassen, wären wir in dieser Diskussion schon bedeutend weiter.

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Kartellrecht
« Antwort #71 am: 16. April 2009, 16:46:53 »
@ reblaus

Bislang ist das Ganze aber lediglich (ihre) graue Theorie oder? So wie jemand, der ein todsicheres System beim Roulette gefunden hat und es aber leider noch nicht testen konnte?
Ihr sollt nicht wähnen, daß ich gekommen sei, Frieden zu senden auf die Erde. Ich bin nicht gekommen, Frieden zu senden, sondern das Schwert.

Matthäus, Kapitel 10, Vers 34

Offline RR-E-ft

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Kartellrecht
« Antwort #72 am: 16. April 2009, 17:17:37 »
Bis zum 29.04.1998 waren Langfristverträge nicht kartellrechtswidrig. Die deutsche Gaswirtschaft war bis dahin legal kartelliert.

Zitat
Wettbewerb in der deutschen Gaswirtschaft:
Bis in die 90er Jahre gab es in Deutschland eine vollständige Kartellisierung der Gasindustrie, dann fasste die Deregulierungs- und Privatisierungsdebatte auch die Deutschland Fuß (Vorreiter: Chile, GB, USA).
Demarkationsverträge: (Gebiets-) Kartellabsprachen zwischen den Ferngasgesellschaften
Konzessionsverträge: Das alleinige Recht, in einem Gebiet - z.B. Frankfurt (Oder) – Gas anzubieten. Die öffentlichen Wege dürfen für den Leitungsbau verwendet werden. Der Anbieter zahlt eine Abgabe (wie eine Steuer) auf die verkauften Gasmengen.

Deshalb hat sich bei Abschluss der Langfristverträge vor 1998 auch niemand nur fahrlässig an einem Kartell beteiligt. Die Kartellierung war vielmehr vollkommen legal. Mit Wegfall des § 103 GWB a.F. jedoch wurden die legal abgeschlossenen Verträge nach Ansicht nicht nur des Bundeskartellamtes kartellrechtswidrig. Zunächst hatte der Kartellsenat am Bundesgerichtshof die Demarkationsverträge und -klauseln  in seinen Entscheidungen „Verbundnetz I“ (Az. KVR 24/01) und „Verbundnetz II“ (Az. KVR 25/01) für kartellrechtswidrig und unzulässig erklärt. Darüber hinaus hielt nicht nur das Bundeskartellamt die Langfristverträge wegen ihrer marktabschottenden Wirkung fortan für kartellrechtswidrig, war jedoch zunächst nicht gegen diese vorgegangen. Seit etwa 2004 gab es ein zunehmendes Ringen darum. Teile der Gaswirtschaft hielten die Langfristverträge für notwendig und waren von der Notwendigkeit derselben wie auch deren weiterer Zulässigkeit überzeugt. Ein Unrechtsbewusstsein, welches das Festhalten an den überkommenen Verträgen als verwerflich und sittenwidrig erscheinen ließ, war wohl selten ausgeprägt. Die Sache liegt also etwas anders, als hätte sich ein Kartell von Anfang an illegal zusammengerottet.

Stadtwerke wurden durch die Tätigkeit des Bundeskartellamts aus den Fesseln der Langfristverträge befreit und konnten durch Ausschreibungen des gesamten Gasbezugs Kosteneinsparungen verzeichnen. Ermöglicht wurde der Befreiungsschlag tatsächlich erst durch die flankierende Untersagung des vorherigen Gasnetzzugangsmodells durch die Bundesnetzagentur. Ohne die Tätigkeit des Bundeskartellamtes hätten sich viele Stadtwerke nicht getraut, sich gerichtlich auf die Nichtigkeit der bestehenden Langfristverträge zu berufen und neue Erdgaslieferverträge zu günstigeren Konditionen abzuschließen. Das war nämlich für diese mit erheblichen juristischen, aber vor allem wirtschaftlichen Risiken verbunden. Wo die Angst nicht groß genug war, sorgten organisierte \"Lustreisen\" und andere Vergünstigungen für ein Übriges.  


Zitat
(aus dem Jahresabschluss der Energieversorgung Gera GmbH 2007)
Die größte Kostenentlastung ergab sich aus einer Ausschreibung des gesamten Gasbezuges für das Gaswirtschaftsjahr 2007/2008. Darüber hinaus wurden die Gaspreise zu einem günstigen Zeitpunkt durch Swap`s und Festpreisregelungen abgesichert. Gegenüber der vorangegangenen Planungsrechnung für das Jahr 2008 führt dies zu einer Kostenentlastung von ca. EUR 4,5 Mio. Seit dem Geschäftsjahr 2006 erfolgt entsprechend den Vorgaben der Energiemarktsicherungspolitik die Absicherung der Gasbezugskosten sowohl für Kraftwerksgas als auch für Kommunalgas. Die Preisabsicherung erfolgt durch Festpreisvereinbarungen für Teilmengen und durch „fix for floating” Swap-Verträge. Zur Absicherung des Gasbezuges für das Geschäftsjahr 2007 waren fünf Swap-Verträge abgeschlossen worden, davon vier mit der Bayern LB, München, und einer mit KOM FIN, Leipzig. Für das Geschäftsjahr 2008 wurden zur Absicherung des Gasbezuges ebenfalls fünf Swap-Verträge abgeschlossen, davon vier mit der Bayern LB, München, und einen mit Electrabel S.A., Brüssel. Der variable Preis der Fix-For-Floating Swaps wurde mittels Settllementpreisen für schweres Heizöl sowie mittels Terminmarktnotierungen eines zum HSL und HEL korrespondierenden Terminprodukts unter Berücksichtigung historisch beobachteter Korrelationen bestimmt. Für das Gaswirtschaftsjahr 2006/2007 wurden die Gasbezugspreise entsprechend den Vorgaben der Energiemarktsicherungspolitik auf dem Niveau des bestätigten Wirtschaftsplanes abgesichert. Nach einer erfolgreichen Ausschreibung der benötigten Erdgasmengen für das Gaswirtschaftsjahr 2007/2008 entsprechend dem neuen Gasnetzzugangsmodell sind zum 1. Oktober 2007 zwei wesentlich günstigere Erdgaslieferungsverträge abgeschlossen worden. Dadurch verminderten sich die Gasbezugsaufwendungen ohne Energiesteuer auf TEUR 13.302 (i. Vj. TEUR 13.993); das entspricht einem Gasbezugspreis von 3,42 ct/kWh (i. Vj. 3,61 ct/kWh).


Zitat
Original von RR-E-ft
Zitat
Original von reblaus
Schon im Laufe des Jahres 2007 hat das Bundeskartellamt sämtlichen Gasimporteuren und allen regionalen Ferngasgesellschaften untersagt, aus bestehenden langfristigen Lieferverträgen mit Orts- oder Regionalgasunternehmen zukünftig irgendwelche Rechte geltend zu machen.

Was war denn tatsächlich zu lesen?

Wo sind die konkret behaupteten vielen  Untersagungsverfügungen des Bundeskartellamtes entsprechenden Inhalts, auf denen die vermeintliche Weltformel gründet?!

Ziff. 3. des Tenors der Entscheidung des Bundeskartellamtes vom 06.09.2007 zum Az. B8-113-03-4

Zitat
3. Das Verfahren gegen die Betroffene wird nach Maßgabe des § 32 b Absatz 1 Satz 2 GWB eingestellt.

Darauf kommt es an.

Zitat
Original von reblaus
Zitat
Original von RR-E-ft  Die weiteren Verfahren wurden durch Verpflichtungserklärungen der betroffenen Gasversorgungsgesellschaften beendet, welche das BKartA für verbindlich erklärte, so auch das Verfahren gegen die Gasversorgung Süddeutschland mit Beschluss vom 06.09.2007 zum Az. B8-113-03-4, ohne dass über die unterschiedlichen Rechtsstandpunkte des Bundeskartellamtes einerseits und der betroffenen Gasversorgungsunternehmen andererseits noch eine Entscheidung zu treffen war. Die Verfahren gegen die Betroffenen wurden vielmehr jeweils nach Maßgabe des § 32 b Absatz 1 Satz 2 GWB eingestellt.

Können Sie mir mal erklären, wo in dem unten stehenden Gesetzestext von einer Einstellung des Verfahrens die Rede ist? Ist die Erklärung der Verbindlichkeit von Verpflichtungszusagen etwa keine Entscheidung? Verpflichten Sie sich gegenüber Behörden freiwillig zu einem Verhalten, wenn Sie vom rechtlichen Gegenteil überzeugt sind?

Zitat
§ 32b
Verpflichtungszusagen
(1) Bieten Unternehmen im Rahmen eines Verfahrens nach § 32 an, Verpflichtungen einzugehen, die geeignet sind, die ihnen von der Kartellbehörde nach vorläufiger Beurteilung mitgeteilten Bedenken auszuräumen, so kann die Kartellbehörde für diese Unternehmen die Verpflichtungszusagen durch Verfügung für bindend erklären. Die Verfügung hat zum Inhalt, dass die Kartellbehörde vorbehaltlich des Absatzes 2 von ihren Befugnissen nach den §§ 32 und 32a keinen Gebrauch machen wird. Sie kann befristet werden.

Wenn man sich über die verschiedenen Entscheidungsformen der Kartellbehörden und deren unterschiedlichen  Wirkungen im Unklaren ist, kann man immerhin die entsprechende Kommentierung zu Rate ziehen.

Bechthold, GWB- Kommentar, 4.Aufl. § 32b Rn. 5:

Zitat
Die Verfügung der Kartellbehörde hat keine Bindungswirkung für zivilrechtliche Auseinandersetzungen, weder positiv für das betroffene Unternehmen noch negativ im Hinblick auf § 33 Abs. 4; sie enthält keine Feststellung eines Verstoßes iSd. § 33 Abs. 4.

Feststellungs- und Abstellungsverfügungen  gem. § 32 GWB haben hingegen Bindungswirkung für zivilrechtliche Auseinandersetzungen, Bechthold, aaO., § 32 Rn. 19.

Wenn man das erst einmal verstanden hat, ist man schon ein gutes Stück weiter. Aber soweit sollte man es auch schon verstanden haben, damit wir uns gut verstehen können.

Zitat
Original von reblaus
Zitat
Original von reblaus (Kartellrecht 5.03.2009)
@ RR-E-ft

Ihr Problem ist, dass Sie den Sachverhalt nicht begreifen.

Ich habe den Sachverhalt so verstanden:

Bis auf E.ON Ruhrgas wurden diese Verfahren beendet, weil als solche bezeichnete vorläufige Bedenken des Bundeskartellamtes durch angebotene Verpflichtungserklärungen jeweils ausgeräumt werden konnten. Die gut beratenen Ferngasgesellschaften haben klugerweise Verpflichtungserklärungen angeboten, gerade um die Kartellbehörde davon abzuhalten, eine Feststellungs- und Untersagungsverfügung nach § 32 GWB zu erlassen, auf welche sich Dritte dann zivilrechtlich berufen  konnten. E.ON Ruhrgas war entweder schlechter beraten als die anderen  oder einfach nur beratungsresistent (Freshfields Bruckhaus Deringer) oder hatte verdammt hoch gepokert. Die Entscheidung darüber dürfte einsam getroffen worden sein im Nervenkrieg mit Böge.

Warum erklärt sich ein Beschuldigter eines Strafverfahrens wohl mit einer Verfahrenseinstellung  gegen Auflagen gem. § 153a StPO bereit und wie verhält es sich dabei wohl mit der Darlegungs- und Beweislast desjenigen, der gem. § 823 Abs. 2 BGB Schadensersatzansprüche wegen der Verletzung einer konkreten Strafrechtsnorm als Schutzgesetz verfolgt?

Die genannten Entscheidungen des OLG Düsseldorf Az.VI-2 Kart 1/06 (V)betreffen ausschließlich E.ON Ruhrgas. Nur zu diesem Unternehmen gibt es eine Verfügung des Bundeskartellamtes, in welcher ein Verstoß gegen Art. 81 EG, § 1 GWB nur in Bezug auf konkret bezeichnete Vertragsverhältnisse ausdrücklich festgestellt ist. Kann man in den genannten Entscheidungen des OLG Düsseldorf etwa anderes lesen? Aus den genannten Entscheidungen des OLG Düsseldorf lässt sich jedoch entnehmen, worauf es für einen Verstoß konkreter Vertragsgestaltungen gegen Art. 81 EG, § 1 GWB  konkret ankommt, unter anderem auf die sachliche Marktabgrenzung und weitere Umstände, die dafür alle konkret abzuprüfen sind, nach Auffassung einiger auch im Rahmen einer Zahlungsklage des Versorgers wegen 40 €.

Wenn es für meine Auffassung kein Gesetz gibt, dann möglicherweise zur entscheidenden Kausalität wohl auch nicht.

Offline reblaus

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Kartellrecht
« Antwort #73 am: 18. April 2009, 11:36:22 »
RR-E-ft
Darf ich Ihre Ausführungen zur Beweisbarkeit eines Verstoßes gegen Art. 81 EG dahingehend interpretieren, dass Sie Ihre Auffassung aufgegeben haben, ein kartellrechtswidriger Gasbezugsvertrag sei im Vertragsverhältnis Versorger zum Tarifkunden unbeachtlich, weil dort § 315 BGB schon alles regle? Sollte dies so sein, wären wir schon vor dem 75. Jubiläumsbeitrag einen kleinen aber entscheidenden Schritt weiter gekommen.

Zitat
Orignal von RR-E-ft Bis auf E.ON Ruhrgas wurden diese Verfahren beendet, weil als solche bezeichnete vorläufige Bedenken des Bundeskartellamtes durch angebotene Verpflichtungserklärungen jeweils ausgeräumt werden konnten. Die gut beratenen Ferngasgesellschaften haben klugerweise Verpflichtungserklärungen angeboten, gerade um die Kartellbehörde davon abzuhalten, eine Feststellungs- und Untersagungsverfügung nach § 32 GWB zu erlassen, (…)

Nachdem Sie sich nun die Verfügungen des Bundeskartellamts angeschaut haben, werden Sie vielleicht meine ständigen Hinweise einordnen können, dass das Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen eines kartellrechtswidrigen Bezugsvertrages zwischen Ferngasgesellschaft und Versorger nachgewiesen werden muss. Die Verfügungen umfassen nämlich keine Liste all der Verträge die zum 30.09.2007 enden, weil sie mit Art. 81 EG unvereinbar sind.

Zitat
Orignal von RR-E-ft Wo sind denn nun die konkret behaupteten vielen Untersagungsverfügungen des Bundeskartellamtes entsprechenden Inhalts, auf denen die vermeintliche Weltformel gründet?!

Sie können dann Ihre Suche nach „meiner“ Weltformel (Phantasie haben Sie ja) aufgeben, und die Zeit verwenden die in jedem Einzelfall erforderlichen konkreten Beweise zu finden, um den kartellrechtswidrigen Bezugsvertrag nachzuweisen. Dies ist natürlich ein mühseligeres Klein-klein als Sie es gewohnt sein mögen. Im Falle der Stadtwerke Jena wird es möglicherweise zu dem (unbefriedigenden?) Ergebnis führen, dass kein kartellrechtswidriger Vertrag abgeschlossen wurde. Was Ihnen als Entschädigung immerhin die Möglichkeit eröffnen könnte, hier lautstark zu vermelden, dass „meine“ Weltformel gar nicht in jedem Fall das gewünschte Ergebnis erbringe.

Auf dieser Suche werden Sie weiter feststellen, dass es zahlreiche gut beratene aber auch zahlreiche weniger gut beratene Gasversorger in diesem Lande gibt. Die gut beratenen Versorger veröffentlichen in Ihren Wirtschaftsprüferbescheinigungen nur allgemein gehaltene Bestätigungen, dass alles seine Ordnung habe. Die weniger gut beratenen sind entscheidend mitteilsamer und äußern sich zur Laufzeit der Bezugsverträge ebenso wie zur Anzahl und Namen ihrer Lieferanten. Diese Informationen sind unumgänglich notwendig, um einen kartellrechtswidrigen Bezugsvertrag nachzuweisen.

Als kundiger Anwalt, der weiß auf was es ankommt, können Sie die gut beratenen Versorger noch daraufhin testen, ob sie nur gut beraten oder aber hervorragend beraten wurden. Durch kluges und zielgerichtetes substantiiertes Bestreiten der Aussagen der allgemein gehaltenen Wirtschaftsprüferbescheinigungen in der Zahlungsklage des Versorgers, muss er dazu gebracht werden, seinen Bezugsvertrag insoweit offen zu legen, dass die oben erwähnten Informationen beweisbar werden. Legt der Versorger diese Informationen trotz des Risikos dadurch seine Zahlungsklage zu verlieren nicht offen, dann versteht der gegnerische Anwalt sein Geschäft aus dem eff-eff. Anderenfalls stellt sich heraus, dass die nur gut beratenen Versorger in Wahrheit zu den weniger gut beratenen Versorgern zählen.

Sollte sich der hervorragend beratene Versorger im Vertriebsgebiet der E.on Ruhrgas befinden und von dieser beliefert werden, nützt ihm selbst die beste Beratung nichts, weil wie Sie vollkommen richtig ausführen, die E.on Ruhrgas (mutmaßlich) beratungsresistent war. Diese Verfügung beinhaltet eine Liste von untersagten Verträgen, die angesichts darin enthaltener Geschäftsgeheimnisse allerdings nicht veröffentlicht wurde. Hier besteht ein Auskunftsanspruch gegenüber der Behörde nach §§ 1, 6, 7 Abs. 2 IFG. Bei einem Auskunftsersuchen wäre es vielleicht hilfreich auf das Verhältnis von freiem Markt zum Geschäftsgeheimnis hinzuweisen, das ich bereits weiter oben kurz angerissen habe.

Soweit der Versorger im Vertriebsgebiet der E.on Ruhrgas liegt und Sie die benötigten Auskünfte erhalten haben ist der kartellrechtswidrige Bezugsvertrag bewiesen, soweit die Beweisregel von § 33 GWB analog angewendet werden kann.

Soweit ein Versorger außerhalb des Bezugsgebietes in Anspruch genommen werden soll, ist bei fehlenden Informationen ebenfalls ein Auskunftsersuchen an das Bundeskartellamt nach §§ 1, 6, 7 Abs 2 IFG in Betracht zu ziehen. Fragen kostet nichts.

Sobald die notwendigen Informationen vorliegen, kann die Nichtigkeit nach Art. 81 Abs. 2 EG geprüft werden.
1.   Sachlich relevanter Markt: Gasmarkt, Belieferung von Regionalgasversorgern (BGH, KZR 2/07; OLG Düsseldorf, VI-2 Kart 1/06 (V); ev. BGH, KVR 67/07 )
2.   Räumlich relevanter Markt: Vertriebsgebiet der betroffenen Ferngasgesellschaft (OLG Düsseldorf VI-2 Kart 1/06 (V); ev. BGH, KVR 67/07)
3.   Einschränkung des Wettbewerbs: durch lang laufende Bezugsverträge mit hohem Anteil an der Gesamtbezugsmenge. Einzelner Vertrag genügt (OLG Düsseldorf VI-2 Kart 1/06 (V))
4.   Spürbare negative Auswirkungen auf den Wettbewerb: 5% Marktanteil der Vertragspartner bei Vorliegen eines Vertragssystems, 10% Marktanteil bei Einzelvereinbarungen (de minimis Bekanntmachung EU-Kommission), wird bereits durch die Einschränkung des räumlich relevanten Marktes auf das Vertriebsgebiet der Ferngasgesellschaft erfüllt. Ein Blick in die Jahresabschlüsse hilft hier auch weiter. Abgesehen davon hat bereits die kleinste Ferngasgesellschaft Bayerngas GmbH einen bundesweiten Marktanteil am gesamten Erdgasverbrauch von 6,6%.(Sondergutachten Monopolkommission gem. § 62 Abs. 1 EWG, Abb. 4.1, Tabelle 4.1) hier veröffentlicht.
5.   Weitere Voraussetzungen: Unternehmenseigenschaft, Vereinbarung, Eignung Handel zwischen Mitgliedsstaaten zu beeinträchtigen, Wettbewerbsbeeinträchtigung ist Zweck oder adäquate Folge: das erklärt sich wohl von selbst.

Rechtsfolge: Nichtigkeit des Vertrages

Wirkung der Nichtigkeit auch auf kausale Preiserhöhungen gegenüber Endverbraucher?
Ja, wenn EuGH an seiner Rechtsprechung festhält.
Nein, wenn EuGH seine Rechtsprechung aus EuGH C-453/99 aufgibt.
Nachweis der Kausalität: Wirtschaftsprüferbescheinigungen, die Bezugskostensteigerungen als Grund angeben. Entwicklung der weiteren Kosten des Versorgers (GuV-Rechnungen) rechtfertigen die vorgenommenen Preiserhöhungen nicht.
Beweislastumkehr?

@Black
Es ist nicht das todsichere System. Nach dem sucht nur RR-E-ft und beschwert sich über mich, dass ich es nicht liefere. Sie benötigen einige Informationen, die Sie nicht in jedem Fall zusammen bekommen werden. Solange Sie aber noch nicht einmal wissen wonach Sie suchen müssen, werden Sie auch nichts finden. Wer sich wegen 40 € verklagen lässt, muss in jedem Fall wissen, dass das völlig unökonomisch und ein reiner Fall von Prozesshanselei ist.

Offline RR-E-ft

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Kartellrecht
« Antwort #74 am: 20. April 2009, 20:19:03 »
@reblaus

Ich verstehe die vielen Behauptungen nicht, insbesondere ich würde angeblich nach einem todsicheren System suchen und das auch noch allein... Ich bin auch nicht derjenige, der jemanden irgendwelche Interpretationen vorschreibt oder gar verbietet. Meinetwegen können Sie sich jeden Tag neu zusammenfabulieren, was Sie möchten. Nur unbewiesene Tatsachenbehauptungen sollten sich dabei nicht finden.  Ich habe es so verstanden, dass Sie wohl eine Idee haben und wir nun wohl bald einen darauf gestützten Erfolg sehen werden, der Ihre Stellungnahmen dann womöglich nachvollziehbar erscheinen lässt. Darauf darf man imerhin gespannt bleiben.

 

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