Forum des Bundes der Energieverbraucher

Autor Thema: Verjährung von Rückforderungsansprüchen der Sondervertragskunden - Zeit der Gegenrechnungen  (Gelesen 191017 mal)

0 Mitglieder und 1 Gast betrachten dieses Thema.

Offline Black

  • Forenmitglied
  • Beiträge: 1.754
  • Karma: +1/-0
Zitat
Original von RR-E-ft
 Die Sachverhalte sind nicht vergleichbar.

Die Sachverhalte sind vergleichbar. Ob der Rechtsgrund wegen fehlender Billigkeit oder wegen fehlendem Anpassungsrecht von Anfang an nicht bestand macht  keinen Unterschied, der einen anderen Verjährungsbeginn rechtfertigt. Auch das OLG Brandenburg hat für seine Entscheidung nicht auf spezielle rechtliche Argumente abgestellt, die nur auf § 315 BGB gesondert passen würden.
Ihr sollt nicht wähnen, daß ich gekommen sei, Frieden zu senden auf die Erde. Ich bin nicht gekommen, Frieden zu senden, sondern das Schwert.

Matthäus, Kapitel 10, Vers 34

Offline RR-E-ft

  • Rechtsanwalt
  • Forenmitglied
  • ***
  • Beiträge: 17.078
  • Karma: +15/-2
  • Geschlecht: Männlich
@reblaus

Danke für das Zitat aus der Entscheidung VIII ZR 36/06.

Für mich ist immer noch nicht ersichtlich, worin das Angebot des Versorgers liegen könnte/ sollte.

Zitat
Original von reblaus
Das Angebot liegt in der Übersendung einer Jahresabrechnung, die auf der Grundlage zuvor einseitig veränderter Preise erstellt wurde

Wirklich?

Zitat
Nicht anders kann es liegen, wenn der Kunde eine auf der Grundlage einer gemäß § 10 Abs. 1 EnWG 1998, § 4 Abs. 2 AVBGasV öffentlich bekannt gegebenen einseitigen Preiserhöhung vorgenommene Jahresabrechnung des Versorgungsunternehmens akzeptiert hat, indem er weiterhin Gas bezogen hat, ohne die Preiserhöhung in angemessener Zeit gemäß § 315 BGB zu beanstanden. In diesem Fall wird der zum Zeitpunkt der Jahresabrechnung geltende, zuvor einseitig erhöhte Tarif zu dem zwischen den Parteien vereinbarten Preis.

\"Nicht anders kann es liegen\" schreiben Juristen regelmäßig, wenn ihnen eigentlich keine wirklich tragfähige  Begründung einfällt. Ebenso eine rhetorische Floskel wie \"Wie man weiß...\".

Frage an den Ball- Senat:

Wie verhält es sich denn nun, wenn eine Verbrauchsabrechnung im Februar für den Zeitraum 01.01. bis 31.12. des Vorjahres kommt, das Entgelt im Vorjahr zum 01.04. erhöht und zum 01.10. wieder abgesenkt wurde undzwar unter die bis zum 01.04. des Vorjahres geltende Entgelthöhe und diese zum 01.01. des Folgejahres nochmals deutlich abgesenkt wurde ?!

Antwort:

Zitat
In diesem Fall wird der zum Zeitpunkt der Jahresabrechnung geltende, zuvor einseitig erhöhte Tarif zu dem zwischen den Parteien vereinbarten Preis.

Zum Lachen.

Das im Zeitpunkt der Jahresrechnung tatsächlich geltende Entgelt taucht in dieser schon gar nicht auf!

Ein Sumpf voller Frösche quakt trotzdem alles nach, weil es angeblich nicht anders liegen kann.

Die Übersendung einer Rechnung ist doch kein Angebot auf Vertragsänderung - auch nicht aus Sicht des Versorgers. Der meint nämlich, seine einseitige Entgeltfestsetzung sei allein durch die öffentliche Bekanntgabe gem. § 4 Abs. 2 AVBGasV für den Kunden längstens vor der Verbrauchsabrechnung verbindlich.

Erst seit der Entscheidung vom 13.06.2007 (VIII ZR 36/06) mögen einige Versorger überhaupt Kenntnis davon haben, dass das gem. § 4 AVBGasV einseitig neu festgesetzte Entgelt für den Kunden aber nur dann verbindlich ist, wenn es der Billigkeit entspricht, § 315 Abs. 3 Satz 1 BGB. Das entnehme ich jedenfalls vielen Versorgerschreiben und gerichtlichen Schriftsätzen der Versorgeranwälte.

Eine unwiderrufliche Willenserklärung zur Ausübung eines einseitigen Leistungsbestimmungsrechts gem. § 315 Abs. 2 BGB ist aus o. g. Gründen per definitionem  kein Angebot im Sinne von § 145 BGB.

Erst recht ist die Übersendung einer Verbrauchsabrechnung kein Angebot auf Preisneuvereinbarung.

Wäre dies nämlich ein Angebot, könnte der Kunde ein solches entweder nicht annehmen oder diesem offen widersprechen, was dazu führen würde, dass das erhöhte Entgelt niemals in Geltung erwachsen könnte, insbesondere auch dann nicht, wenn es gem. § 315 Abs. 3 Satz 1 BGB der Billigkeit entspräche, weil es darauf nicht ankäme, vgl. BGH, Urt. v. 17.12.2008 - VIII ZR 274/06 Tz. 25.

Ein abgelehntes Angebot wird nicht zur vertraglichen Grundlage, worüber hoffentlich immer noch Konsens herrscht.

Die Entscheidung vom 19.11.2008 - VIII ZR 138/07 betrifft aber gerade  einen Fall, wo der Kunde den Verbrauchsabrechnungen (Angebot?) ausdrücklich widersprochen hatte und hiernach auf Zahlung verklagt wurde.

Sein Widerspruch soll aber für die Frage der Geltung der erhöhten Entgelte unbeachtlich sein, wenn die Erhöhung nur der Billigkeit entsprach, § 315 Abs. 3 Satz 1 BGB.

Folglich kann es sich bei den dortigen Verbrauchsabrechnungen nicht um Angbote des Versorgers gehandelt haben, weil sonst der Widerspruch des Kunden  eine völlig andere Rechtsfolge zeitigen würde: Nichtgeltung der erhöhten Entgelte ohne wenn und aber.  

Die in einer Verbrauchsabrechnung zur Abrechnung gestellten Entgelte sind entweder kraft vorheriger vertraglicher Vereinbarung oder aber vorheriger der Billigkeit entsprechender Ausübung eines wirksamen einseitigen Leistungsbestimmungsrechts gem. § 315 Abs. 3 Satz 1 BGB bereits verbindlich und geschuldet oder aber unverbindlich und nicht geschuldet.

Mit der Abrechnung wird eine vertragliche Schuld weder begründet noch geändert, allenfalls ist sie Voraussetzung für die Fälligkeit einer bereits bestehenden vertraglichen Schuld, vgl. § 27 Abs. 1 AVBGasV.

Es besteht kein Rechtssatz, wonach durch eine Leistung (Zahlung)  eine Schuld für diese Leistung erst begründet wird. Dies stünde auch dem Allgemeinen Schuldrecht, dem geltenden Abstraktionsprinzip und dem Bereicherungsrecht gem. §§ 812 ff. BGB diametral entgegen.

Erst recht ist nicht ersichtlich, wie ein Kunde ein Erklärungsbewusstsein dahingehend haben könnte, dass durch eine Zahlung eine Schuld vertraglich erst begründet wird.  

Schließlich hat eine Verbrauchsabrechnung auch nichts mit § 2 Abs. 1 und 2 AVBGasV zu tun.  Eine Zahlung auf eine solche ebensowenig.

Von einer Kündigung eines Versorgungsvertrages und des nachfolgenden  Neuabschlusses eines solchen gem. § 2 AVBGasV war gleich überhaupt gar keine Rede.

Dass bei bestehender gesetzlicher Versorgungspflicht gem. § 10 Abs. 1 EnWG der Versorger zur ordnungsgemäßen Kündigung nicht berechtigt war und den Vertrag nicht kündigen konnte, steht außer Frage. Das ist gerade der Grund dafür, weshalb ihm gegenüber Tarifkunden ein einseitiges Leistungbsetimmungsrecht eingeräumt wurde, vgl. BGH, Urt. v. 29.04.2008 - KZR 2/07 Tz. 26.

Aus § 32 Abs. 7 AVBGasV ergibt sich zudem, dass die Kündigung der Schriftform bedurfte. Es gibt keinen nachträglichen (konkludenten) Neuabschluss eines Vertrages gem. § 2 Abs. 2 AVBGasV, vgl. nur BGH, Urt. v. 28.03.2007- VIII ZR 144/06 Tz. 20.

Mangelndes Problembewusstsein ist immer bedauerlich. Sehr bedauerlich wären auch etwaig luststiftende Haft- Phantasien.


@Black

Die von Ihnen zitierte Entscheidung betrifft einen Sachverhalt, wo ein Kunde durch Vorbehaltserklärung zu erkennen gegeben hatte, dass er Kenntnis von einer möglichen Unbilligkeit hatte, wofür es auf den Verjährungsbeginn ankam.

Was sollte das denn nun  für den Fall hergeben, dass kein Preisänderungsrecht bestand und die Preisneufestsetzungen allein deshalb unwirksam waren, BGH, Urt. v. 17.12.2008 - VIII ZR 274/06 Tz. 25?

Offline reblaus

  • Forenmitglied
  • Beiträge: 1.055
  • Karma: +0/-0
@RR-E-ft
Bei einer Abrechnung besteht immer die Möglichkeit, dass sich ein Fehler eingeschlichen hat. Der Ersteller der Abrechnung wird bei sorgfältiger Arbeit zwar davon ausgehen, dass die Abrechnung stimmt, er kann sich seiner aber keinesfalls sicher sein, da Fehler nun mal die Angewohnheit haben, unentdeckt zu bleiben. Solange die Abrechnung vom Empfänger nicht anerkannt wird, besteht Ungewissheit über das Bestehen oder die Höhe der Schuld.

Das gleiche gilt bei einer einseitigen Preisfestsetzung. Der Versorger kann zwar erwarten, dass seine Festsetzung der Billigkeit entspricht, aber er kann sich keinesfalls sicher sein. Daran ändert auch die frühere Hoffnung der Versorger nichts, sie hätten das Recht ihre Preise nach Belieben festzusetzen. Sie durften vielleicht darauf hoffen, wissen konnten sie es aber nicht, solange sie keinen sachkundigen Rat eingeholt hatten.

Trotz dieser Unsicherheiten übersendet der Versorger die Abrechnung. Sie ist ein Angebot seine finanziellen Ansprüche aus dem Abrechnungsjahr wie berechnet festzusetzen. Mit Zahlung nimmt der Kunde dieses Angebot im Wege des deklaratorischen Schuldanerkenntnisses für das Abrechnungsjahr an.

BGH, Urt. v. 29.5.2000, Az. XII ZR 35/00
Zitat
Eine Vereinbarung der Parteien über den Umfang der von dem Mieter zu zahlenden Nebenkosten kann auch durch jahrelange Zahlung stillschweigend getroffen werden (vgl. Palandt/Putzo, BGB 59. Aufl. § 535 Rdn. 37 a m.N.). Im vorliegenden Fall ist davon auszugehen, daß die Parteien sich durch jahrelange Übung stillschweigend darauf geeinigt haben, die von der neuen Hauptvermieterin der Beklagten in Rechnung gestellten Nebenkosten auf die Klägerin abzuwälzen. Auch stillschweigend abgegebene Willenserklärungen sind auszulegen aus der Sicht des Erklärungsempfängers. Die Beklagte konnte das Verhalten der Klägerin nur dahin verstehen, daß die Klägerin mit der Abwälzung der erhöhten Nebenkostenabrechnungen einverstanden war.

Da der 8. Senat in VIII ZR 36/06 nicht ins Detail geht, kann ich nur vermuten dass es ihm statt der jahrelangen Übung im Falle einer Gasgrundversorgung zur konkludenten Vertragsänderung ausreicht, wenn der Kunde die einseitige Preisfestsetzung im Rahmen eines deklaratorischen Schuldanerkenntnisses anerkannt hat, da im Gegensatz zum Mietrecht beim Gasbezug der konkludente Vertragsabschluss ausdrücklich im Gesetz vorgesehen ist.

Der Kunde hat die Abrechnung bezahlt und damit die Preisfestsetzung für den zurückliegenden Zeitraum anerkannt. Danach bezieht er weiterhin Gas. Dieses Verhalten kann unter Berücksichtigung des § 2 Abs. 2 AVBGasV nur die Erklärung beinhalten, dass er das jetzt bezogene Gas zu dem anerkannten Tarif erwerben möchte. Ansonsten müsste er der Preisfestsetzung für die Zukunft aktiv und in angemessener Zeit widersprechen.

Offline RR-E-ft

  • Rechtsanwalt
  • Forenmitglied
  • ***
  • Beiträge: 17.078
  • Karma: +15/-2
  • Geschlecht: Männlich
@reblaus

Zitat
Original von reblaus
Bei einer Abrechnung besteht immer die Möglichkeit, dass sich ein Fehler eingeschlichen hat.

Vor allem, wenn die einzelnen Verbrauchsabrechnungen für jeden einzelnen Kunden individuell mit Taschenrechner und Bleistift erstellt werden, der Taschenrechner mit Solarzellen arbeitet und das Büro des überlasteten Mitarbeiters düster liegt, der Bleistift ständig neu angespitzt werden muss...

Es geht überhaupt nicht um eine Fehlerhaftigkeit der Abrechnung, die in §§ 21, 30 AVBGasV gesondert geregelt ist.

Zitat
Original von reblaus
Da der 8. Senat in VIII ZR 36/06 nicht ins Detail geht, kann ich nur vermuten dass ....

Grandios, wenn man auf Vermutungen angewiesen ist. Das spricht für die Qualität der Entscheidung.

Möglicherweise geht man  seiner eigenen Fantasie auf den Leim, wenn man angestrengt die gedankliche Lücke des Ball- Senats zu schließen sucht.

Offensichtlich ist eine einzelne Jahresverbrauchsabrechnung mit darin ausgewiesenen erhöhten Entgelten auch nicht mit einer jahrelangen Übung vergleichbar.

Ich habe § 812 BGB so verstanden, dass eine Leistung (Zahlung) entweder mit Rechtsgrund erfolgt, weil eine entsprechende Schuld bestand, die erfüllt wurde, oder aber rechtsgrundlos erfolgte, was einen bereicherungsrechtlichen Rückforderungsanspruch zur Folge hat.

Dass eine Abrechnung kein Angebot darstellen kann, hatte ich aufgezeigt.

Ein einseitiges Schuldanerkenntnis ist auch schon wieder etwas völlig anderes als eine vertragliche Neuvereinbarung. Durch ein solches Anerkenntnis könnte man allenfalls die zur Abrechnung gestellte Schuld anerkennen, wäre gleichwohl nicht verpflichtet, deshalb auch in der Zukunft das erhöhte Entgelt zu zahlen. Anerkennen kann man allenfalls die in der Rechnung ausgewiesene Schuld für einen bereits abgeschlossenen Zeitraum. Eine Zahlung ist aber regelmäßig auch kein (deklaratorisches) Schuldanerkenntnis.  Sonst liefe § 812 Abs. 1 BGB faktisch leer.

Der BGH kann ersichtlich auch kein (deklaratorisches) Schuldanerkenntnis(Rechtsgeschäft) gemeint haben.

Er meint, es sei ein erhöhtes Entgelt durch eine Einigung für die Zukunft vertraglich vereinbart worden, weil es nicht anders liegen könne.

Was für eine bemerkenswerte juristische Begründung von hochbesoldeten und staatlich alimentierten Bundesrichtern.

§ 2 Abs. 2 AVBGasV betrifft ausdrücklich nur das Zustandekommen des Vertrages, wenn zuvor noch gar kein Vertrag bestand, vgl. BGH, Urt. v. 28.03.2007 - VIII ZR 144/06 Tz. 20.

Besteht aber bereits ein ungekündigtes Vertragsverhältnis, findet § 2 AVBGasV überhaupt keine Anwendung mehr, weil die Norm dazu schon nichts regelt; der Weiterbezug von Energie ist mit keinem Erklärungsgehalt verbunden, ebenso wie das Schweigen auf Versorgerschreiben,  vgl. BGH ebenda.

Die Frösche im Sumpf rufen möglicherweise deshalb Quak, weil sie das R so schlecht aussprechen können. Eigentlich sollte der Chor lautschallend  \"Quark, Quark!\" rufen.

Offline reblaus

  • Forenmitglied
  • Beiträge: 1.055
  • Karma: +0/-0
@RR-E-ft
Zitat
Eine Zahlung ist aber regelmäßig auch kein (deklaratorisches) Schuldanerkenntnis. Sonst liefe § 812 Abs. 1 BGB faktisch leer.

Ich verstehe ja Ihren Missmut gegen den Vorsitzenden Ball. Die sind beim 8. Senat aber nicht für Mietrecht zuständig und dort ist es ständige Rechtsprechung, dass die Zahlung der Betriebskostenabrechnung ein deklaratorisches Schuldanerkenntnis ist (Palandt 62 § 556 RN 13).

Palandt 62 § 781 RN 3
Zitat
Das deklaratorische Schuldanerkenntnis soll eine bereits bestehende Schuld lediglich bestätigen, keine neue begründen und ist daher ein Schuldbestätigungsvertrag. Es setzt voraus, dass zwischen den Parteien Streit oder subjektive Ungewissheit über das Bestehen der Schuld oder rechtserheblichen Punkte besteht.

Für § 812 bleibt daher noch viel Platz. §§ 20, 31 AVBGasV verbietet nicht, dass die Parteien sich über die Jahresabrechnung anderweitig einigen.
reblaus:
Zitat
Mit Zahlung nimmt der Kunde dieses Angebot im Wege des deklaratorischen Schuldanerkenntnisses für das Abrechnungsjahr an.
Aus der Anerkennung der Preisfestsetzung für das Abrechnungsjahr in Verbindung mit dem danach fortgesetzten Gasbezug und zusätzlich im Fehlen eines Widerspruchs gegen die Preisfestsetzung für die Zukunft sieht der BGH eine Willenserklärung des Kunden die besagt, dieser Preis soll zukünftig unser Gaspreis sein.

Offline RR-E-ft

  • Rechtsanwalt
  • Forenmitglied
  • ***
  • Beiträge: 17.078
  • Karma: +15/-2
  • Geschlecht: Männlich
@reblaus

Zitat
Original von reblaus
@RR-E-ft
Ich verstehe ja Ihren Missmut gegen den Vorsitzenden Ball.

Ich hege keinen Missmut gegen den Vorsitzenden Ball. Der wurde in geheimer Senatsabstimmung womöglich immer wieder von seinen Senatskollegen überstimmt und grämt sich bis heute darüber. Wegen des Spruchkammergehimnisses darf er sich aber bei Strafe nicht dazu äußern und leidet deshalb womöglich schon an einem Magengeschwür.

Zitat
Original von reblaus
Die sind beim 8. Senat aber nicht für Mietrecht zuständig und dort ist es ständige Rechtsprechung, dass die Zahlung der Betriebskostenabrechnung ein deklaratorisches Schuldanerkenntnis ist (Palandt 62 § 556 RN 13).

Soso, der 8. Zivilsenat ist also gar nicht für Mietrecht zuständig. Fraglich nur, warum der dann ständig die Renovierungsklauseln in Formularmietverträgen für unwirksam erklärt. Für die Entscheidung vom 20.07.2005 - VIII ZR 199/04 wäre er dann wohl auch nicht zuständig gewesen?

Bei mir betrifft § 556 BGB immer noch \"Vereinbarungen über die Betriebskosten\". Eine entsprechende Vorschrift \"Vereinbarungen über den Energiepreis\" ist mir demgegenüber bisher verborgen geblieben.

Zitat
Original von reblaus
 §§ 20, 31 AVBGasV verbietet nicht, dass die Parteien sich über die Jahresabrechnung anderweitig einigen.

Wohl wahr, setzt aber schon voraus, dass man sich trifft oder sonst darüber spricht bzw. einen entsprechenden Briefwechsel zu diesem Punkt eröffnet, mit dem Ziel,  sich überhaupt anderweitig zu einigen .

Zitat
Es setzt voraus, dass zwischen den Parteien Streit oder subjektive Ungewissheit über das Bestehen der Schuld oder rechtserheblichen Punkte besteht.

An dieser Voraussetzung fehlt es doch aber schon bei fehlendem Widerspruch und nicht erklärtem Vorbehalt!

Es besteht doch zunächst überhaupt gar kein Streit. Gestritten wird erst über die Rückforderung, vgl. BGH, Urt. v. 20.07.2005 - VIII ZR 199/04.

Offline reblaus

  • Forenmitglied
  • Beiträge: 1.055
  • Karma: +0/-0
In jeder Abrechnung wohnt aber automatisch eine subjektive Ungewissheit inne, ob bei der Erstellung nicht doch ein Fehler gemacht und übersehen wurde.

Offline RR-E-ft

  • Rechtsanwalt
  • Forenmitglied
  • ***
  • Beiträge: 17.078
  • Karma: +15/-2
  • Geschlecht: Männlich
@reblaus

Dann wäre wohl jede Zahlung auf eine Abrechnung auch mit einem deklaratorischen Anerkenntnis verbunden. Dem ist aber nicht so. Vorliegend schon gar nicht.

Dafür kommt es für die Zahlungsverpflichtung eines Tarifkunden schon wegen § 30 AVBGasV überhaupt nicht an. Man könnt sogar sagen, jede Zahlung eines Tarifkunden steht bereits wegen § 30 AVBGasV konkludent unter einem Vorbehalt. Der Versorger kann sich insoweit nie sicher sein, dass er den gezahlten Betrag endgültig behalten darf (vgl. BGH, Urt. v. 05.07.2005 - X ZR 60/04 =WuM 2005, 589, 591)

Zitat
Da auch die Zahlung des Kunden eines Versorgungsunternehmens, der mit seinen Einwendungen auf einen Rückforderungsprozess verwiesen wird, konkludent unter Vorbehalt erfolgt, muss es auch in diesem Fall im bereicherungsrechtlichen Rückforderungsprozess dabei bleiben, dass das Versorgungsunternehmen die Darlegungs- und Beweislast für die Verbindlichkeit bzw. Billigkeit seiner Tarife trägt.

Das spricht dagegen.

Offline reblaus

  • Forenmitglied
  • Beiträge: 1.055
  • Karma: +0/-0
Dieser Einwand lässt die Entscheidung des 8. Senats zumindest mal erzittern.

Im Falle eines erkannten oder vermuteten nicht offensichtlichen Abrechnungsfehlers ist der Kunde zwar verpflichtet zu bezahlen, er kann dies aber unter Vorbehalt tun. Wenn der Kunde bezahlt und seine Zweifel an der Abrechnung weiterhin geheim hält, sehe ich aber nicht, dass § 30 AVBGasV das Anerkenntnis der Abrechnung verhindern sollte.

VIII ZR 36/06 gesteht doch ausdrücklich zu, dass der Preis anerkannt wird, wenn der Preiserhöhung nicht in angemessener Zeit widersprochen wird. Der Kunde kann nach BGH somit auch der Abrechnung in angemessener Zeit nach Zahlung widersprechen und dadurch den Erklärungsgehalt seiner Handlungen vernichten.

Offline RR-E-ft

  • Rechtsanwalt
  • Forenmitglied
  • ***
  • Beiträge: 17.078
  • Karma: +15/-2
  • Geschlecht: Männlich
@reblaus

Zitat
Original von reblaus
Wenn der Kunde bezahlt und seine Zweifel an der Abrechnung weiterhin geheim hält, sehe ich aber nicht, dass § 30 AVBGasV das Anerkenntnis der Abrechnung verhindern sollte.

Ggf. Augen öffen, Brille aufsetzen und Gehirnfunktionen aus dem Standby- Modus hochfahren. ;)

Wenn BGH X ZR 60/04 für derlei Fälle ausdrücklich von einem konkludenten Vorbehalt spricht, der wegen § 30 AVBV mit jeder Zahlung eines Tarifkunden eines Versorgungsunternehmens verbunden ist
(sog. Inne(n)wohnung), dann bedarf es schon keines weiteren ausdrücklichen Vorbehalts oder Widerspruchs mehr ! Das sollte man eigentlich sofort sehen.

Für ein deklaratorisches Anerkenntnis fehlt es entweder an den von Ihnen aufgezeigten Voraussetzungen oder aber alle Zahlungen der Tarifkunden stehen bereits unter einem konkludenten Vorbehalt (BGH X ZR 60/04), welcher sowohl ein deklaratorisches Anerkenntnis als auch eine (konkludente) Einigung von vornherein ausschließt!

Wo sollte denn bitte auch ein Schuldbestätigungsvertrag herkommen, der ein deklaratorisches Schuldanerkenntnis darstellen könnte? Dafür fehlt es erst recht schon an Angebot und Annahme. Der Abschluss eines solchen Vertrages erfordert einen besonderen Anlass (Palandt, BGB, 68. A. , § 781 Rn. 3). Allenfalls eine gemeinsame Abrechnung beider Parteien könnte überhaupt nur ein solches Anerkenntnis bewirken (vgl. Palandt, aaO., Rn. 7).

All dies ist überhaupt nicht gegeben!

In keinem denkbaren Fall gelangt man zu dem Ergebnis, von dem der Ball- Senat behauptet, dass es nicht anders liegen könne.

So nüchtern mag man es doch einfach mal betrachten.

Zitat
Original von reblaus
VIII ZR 36/06 gesteht doch ausdrücklich zu, dass der Preis anerkannt wird, wenn der Preiserhöhung nicht in angemessener Zeit widersprochen wird.

Wem wird da etwas zugestanden und auf welcher rechtlichen Grundlage?!

Es gibt schon keine Grundlage für ein solches Zugeständnis, nachdem ja  schon die nicht nachvollziehbar konstruierte fiktive Einigung keinerlei rechtliche Grundlage hat. Ein Zugeständnis wäre eine nicht zu rechtfertigende Rechtsverkürzung zu Lasten der Tarifkunden, die offensichtlich im Widerspruch zur Rechtsprechung anderer Senate steht.

BGH, Urt. v. 05.07.2005 - X ZR 60/04 =WuM 2005, 589, 591:

Zitat
Da auch die Zahlung des Kunden eines Versorgungsunternehmens, der mit seinen Einwendungen auf einen Rückforderungsprozess verwiesen wird, konkludent unter Vorbehalt erfolgt, muss es auch in diesem Fall im bereicherungsrechtlichen Rückforderungsprozess dabei bleiben, dass das Versorgungsunternehmen die Darlegungs- und Beweislast für die Verbindlichkeit bzw. Billigkeit seiner Tarife trägt.

Zitat
Original von reblaus
Der Kunde kann nach BGH somit auch der Abrechnung in angemessener Zeit nach Zahlung widersprechen und dadurch den Erklärungsgehalt seiner Handlungen vernichten.

Sie kommen schon wieder mit einem angeblichen Erklärungsgehalt, obschon ein solcher nicht besteht, vgl. nur BGH, Urt. v. 28.03.2007 - VIII ZR 144/06 Rn. 20.

Wollen Sie etwa durch ständige Wiederholung und Selbstsuggestion am Ende selbst daran glauben?

Die meisten Kunden haben vor Jahren einen Vertrag abgeschlossen und dem Versorger eine Einzugsermächtigung erteilt. seit dem beziehen Sie die Energie. Das waren zumeist die maßgeblichen Handlungen. Erklärungsgehalt: Ich will Energie auf vertraglicher Grundlage beziehen und dafür auch etwas zahlen. Punkt. Mehr wurde nicht erklärt. Es wird nicht selten vorkommen, dass die Verbrauchsabrechnung nicht beim Kunden ankommt, der Rechnungsbetrag aber gleichwohl aufgrund der Einzugsermächtigung abgebucht wird.

Der Widerspruch nach Zahlung ist ja wohl auch die intelligenteste Lösung?!

Auch bei Ihren Beiträgen könnte einen leicht das Gefühl beschleichen, man sei unter die Räuber geraten; zumindest erwartet man eine verboten große Augenklappe.

Offline reblaus

  • Forenmitglied
  • Beiträge: 1.055
  • Karma: +0/-0
@RR-E-ft
Zitat
Wollen Sie etwa durch ständige Wiederholung und Selbstsuggestion am Ende selbst daran glauben?

Ich glaube an gleich gar nix. Und wenn ich vielleicht doch an etwas glaube, dann daran, dass man eine Festung nur dann erstürmen kann, wenn man die Baupläne kennt. Dann braucht es nämlich keinen Frontalangriff, der von Ihnen heldenhaft befehligt zu überhaupt nichts führt, sondern man kann es mit der Hintertüre versuchen. Das mag zwar heimtückisch sein, aber sehr effizient.

Wir sind uns hoffentlich einer Meinung, dass das ein politisches Urteil ist. Wäre Justitia in diesem Falle wirklich blind gewesen, wäre die Rechtsfrage längst mit der Monopolrechtsprechung gelöst. Die Realität sieht aber anders aus und da keine Rechtsbeugung vorliegt, müssen wir mit dem Ergebnis leben.

Zur Hintertüre weisen Sie doch selbst den Weg.

Wenn es denn so ist, dass die Bezahlung der Gasrechnung und das Abwarten einer angemessenen Widerspruchsfrist nach Zahlung dem Empfänger gestattet, dies als Erklärung zu deuten, der Kunde sei mit der Erhöhung der Gaspreise einverstanden, dann bedeutet es aber im Umkehrschluss, dass der Sachverhalt, den Sie weiter oben eingeflickt haben, die Erklärung in ihrer Substanz vernichtet. Wenn nämlich nach Ende der Abrechnungsperiode und vor der Bezahlung der Abrechnung eine erneute Preisänderung vorgenommen wird, beinhaltet die Veröffentlichung dieses Tarifes die Erklärung des Versorgers, dass der zuletzt geltende Preis keinesfalls als der zukünftige Preis vereinbart werden soll, d. h. das Angebot entsteht nicht. Gleiches muss dann auch gelten, wenn der Versorger seine nächste Preiserhöhung ankündigt, nachdem die Rechnung unbeanstandet bezahlt wurde, aber die „angemessene Frist“ noch nicht verstrichen ist, weil dann das Angebot zurückgenommen wird.

In diesem Falle geht es nur noch darum, die Angemessenheit der Frist zu bestimmen. Diese muss sich nach der AVBGasV richten. Solange der Versorger aus diesem Grund mit Einwendungen  rechnen muss, kann er aus der Zahlung nicht auf die Zustimmung schließen. In § 21, 30 AVBGasV ist die Geltendmachung von Ansprüchen auf zwei Jahre begrenzt. Wenn der Kunde schon bei offensichtlichen Abrechnungsfehlern zwei Jahre zuwarten darf, bis er die Zahlungsverweigerung erklärt, so ergibt sich daraus, dass der Kunde bei versteckten Abrechnungsmängeln mindestens den gleichen Zeitraum in Anspruch nehmen kann, um seine Einwände geltend zu machen.

Dies hätte zur Folge, dass die Rechtsprechung des BGH nur dann anzuwenden wäre, wenn die Abrechnung unbeanstandet bezahlt wurde und der Versorger innerhalb der darauf folgenden zwei Jahre keine weitere Preisveränderung mehr vornimmt.
RR-E-ft:
Zitat
Der Widerspruch nach Zahlung ist ja wohl auch die intelligenteste Lösung?!
Ob intelligent oder nicht, BGH, Urt. v. 05.07.2005 - X ZR 60/04 erlaubt ihn, mit seinem konkludenten Vorbehalt.

Die meisten Bürger würden sich die Haare raufen, wenn sie wüssten welche Erklärungen Juristen in harmloseste Handlungen hineingeheimnissen. 99,362 % dieser konkludenten Erklärungen sind reine Chimären. Aus dem krankhaften Wahn gezeugt, dass Menschen den lieben langen Tag nichts anderes täten als Verträge einzugehen, aufzulösen, abzuändern und zu brechen. Zumindest immer dann wenn sie sich nicht gerade damit beschäftigen Straftaten zu begehen. Das Problem der konkludenten Willenserklärung können Sie daher nur mit der Abschaffung der Justiz lösen. :D

Offline tangocharly

  • Forenmitglied
  • Beiträge: 1.139
  • Karma: +5/-0
Zitat
Palandt 62 § 781 RN 3
Zitat:
Das deklaratorische Schuldanerkenntnis soll eine bereits bestehende Schuld lediglich bestätigen, keine neue begründen und ist daher ein Schuldbestätigungsvertrag. Es setzt voraus, dass zwischen den Parteien Streit oder subjektive Ungewissheit über das Bestehen der Schuld oder rechtserheblichen Punkte besteht.

Da Sie zwar richtig zitieren, müssen Sie aber auch die Tatbestandselemente richtig erkennen (siehe oben in roter Farbe).

Schon deshalb stellt eine schlichte Zahlung kein deklaratorisches Schuldanerkenntnis dar; es sei denn, die Parteien haben vor der Zahlung hierwegen gezankt - so wie z.B. fleißige Forenschreiber   ;)
<<Der Preis für die Freiheit ist die Verantwortung>>

Offline reblaus

  • Forenmitglied
  • Beiträge: 1.055
  • Karma: +0/-0
@tangocharly
Zitat
Streit oder subjektive Ungewissheit
Sie müssen auch genau lesen, was Sie rot einfärben.  ;)

Soweit der Tatbestand zwei Alternativen vorsieht, ist es auch möglich, den Sachverhalt unter die zweite Alternative zu subsumieren. Da die subjektive Ungewissheit alternativ zum Streit genannt wird, kann mit ihr kein Streit gemeint sein.

Sollte ich den Sachverhalt bei komplexen Abrechnungen noch nicht so erläutert haben, dass ich Sie von deren subjektiver Ungewissheit überzeugen konnte, lassen Sie es mich bitte wissen, dann werde ich nacharbeiten.

Ansonsten freue ich mich, wenigstens Sie überzeugt zu haben. :tongue:

Offline berghaus

  • Forenmitglied
  • Beiträge: 710
  • Karma: +6/-4
  • Geschlecht: Männlich
Zitat
Es setzt voraus, dass zwischen den Parteien Streit oder subjektive Ungewissheit über das Bestehen der Schuld oder rechtserheblichen Punkte besteht.

\'zwischen den Parteien\' bezieht sich wohl nur auf Streit.

Subjektive Ungewissheit zwischen den Parteien gibt es wohl nicht.

Subjektive Ungewissheit, ob die Jahresrechnung etwa Fehler enthält oder gar der Preis zu niedrig oder zu hoch angesetzt ist, hat wohl meist der Kunde, aber auch nur, wenn er darüber nachdenkt. Und was soll er dann tun?


Subjektive Ungewissheit über den Preis könnte ich mir auch beim Versorger vorstellen, aber diese tut im nicht so weh.

berghaus

Offline RR-E-ft

  • Rechtsanwalt
  • Forenmitglied
  • ***
  • Beiträge: 17.078
  • Karma: +15/-2
  • Geschlecht: Männlich
@reblaus

Wenn schon wegen § 30 AVBGasV jedwede Zahlung der Tarifkunden unter einem konkludenten Vorbehalt der Rückforderung erfolgen, wie es der X. Zivilsenat in seiner Entscheidung vom 05.07.2005 (X ZR 60/04) ausführt, dann kann es durch eine Zahlung auf die Verbrauchsabrechnung denknotwendig nicht zu einer - wie auch immer gearteten - konkludenten Einigung kommen. Wenn die Zahlung schon konkludent unter Vorbehalt erfolgte, bedarf es auch keines nachträglichen Widerspruchs mehr.

Dass es sich bei der Zahlung auch um kein deklaratorisches Schuldanerkenntnis (hinsichtlich einer bereits in der Vergangenheit entstandenen Schuld) handeln kann, ist ebenso klar, nachdem die Voraussetzungen für ein solches schon nicht vorliegen (vgl. Palandt, BGB, § 781 Rn. 3, 7). Ein deklaratorisches Schuldanerkenntnis erfordert gem. § 781 Satz 1 BGB zuallererst die schriftliche Erteilung einer Anerkennungserklärung. Worin eine solche überhaupt liegen könnte, ist Ihnen offensichtlich egal. Sie bleiben einfach dabei, dass es sich um ein deklaratorisches Schuldanerkenntnis handeln soll, das zu allem Überfluss dann wohl auch noch Rechtswirkungen für die Zukunft auslösen können soll.

Zitat
Original von reblaus
Dies hätte zur Folge, dass die Rechtsprechung des BGH nur dann anzuwenden wäre, wenn die Abrechnung unbeanstandet bezahlt wurde und der Versorger innerhalb der darauf folgenden zwei Jahre keine weitere Preisveränderung mehr vornimmt.

Ich halte Ihre gesamte Argumentation für absurd. Für eine Diskussion auf diesem  Niveau stehe ich nicht zur Verfügung.

 

Bund der Energieverbraucher e.V. | Impressum & Datenschutz