@tangocharly
Über das Verfassungsverständnis des 8. Zivilsenats mag ich nicht diskutieren, insbesondere als dieser meinte, der Gesetzgeber hätte die Billigkeitskontrolle aufwerten können, nachdem der Senat selbst diese mit der Entscheidung vom 13.06.2007 - VIII ZR 36/06 mit der Begründung der fehlenden Monopolstellung auf einem Wärmemarkt (offensichtlich unhaltbar) und des eingeschränkten Feststellungsantrages gem. § 308 ZPO im konkreten Einzelfall nicht umfassend vorgenommen habe, worauf vom Gesetzgeber reagiert werden konnte, aus seiner Sicht wohl aber nicht reagiert wurde.
Dabei stellt sich im Verhältnis Gesetzgeber/ Gericht die Frage, wer eigentlich der Koch und wer nur der Kellner ist.
Aus seiner Sicht hätte es wohl einer gesetzlichen Klarstellung der marktbeherrschenden Stellung der Energieversorgungsunternehmen gegenüber Endkunden bedurft, obschon diese schon in der Gesetzesbegründung zu § 29 GWB klar zum Ausdruck kommt.
Mit § 29 GWB wurde die kartellrechtliche Preismissbrauchsaufsicht im Energiebereich (zeitlich befristet) geschärft. Unter anderem kam es dabei auch zu einer Kehrung der Darlegungs- und Beweislast zugunsten der Kartellbehörden gegenüber den Versorgungsunternehmen. Im letzten Moment wurde im Wirtschaftsausschuss des Deutschen Bundestages aufgrund der unbestreitbar erfolgreichen Lobbytätigkeit der Energiewirtschaft entschieden, dass diese Umkehr der Darlegungs- und Beweislast nicht auch in
kartellzivilrechtlichen Verfahren gilt, es dort also bei der Darlegungs- und Beweislast hinsichtlich marktbeherrschender Stellung und Preishöhenmissbrauch
wie bisher verbleibt.
Entscheidend ist jedoch, dass der Gesetzgeber aufgrund festgestellter gravierender Wettbewerbsdefizite insbesondere im Gasbereich die Notwendigkeit sah, die Energiepreise einer wirksameren staatlichen Kontrolle zu unterziehen. Dies hätte auch der 8. Zivilsenat zu berücksichtigen gehabt, hat den Willen des Gesetzgebers sogar in sein Gegenteil uminterpretiert.
Der Anwendungsbereich der Vorschrift, die in ihrer ursprünglichen Fassung zu einer deutlichen Aufwertung der zivilrechtlichen Reaktionsmöglichkeiten der Kunden gegenüber der Preisgestaltung von Gasversorgungsunternehmen hätte führen können, ist ausdrücklich so eingeschränkt worden, dass sie keine Grundlage für zivilrechtliche Auseinandersetzungen mehr bieten sollte (vgl. BT-Plenarprotokoll 16/126, S. 13170).
Dies betrifft lediglich die
Darlegungs- und Beweislast gem. § 29 GWB, nicht aber die Frage der Zulässigkeit kartellzivilrechtlicher Klagen der Endverbraucher, die vollkommen unangetastet blieb.
Seit der 6. Kartellrechtsnovelle haben die
Endkunden als betroffene sonstige Marktteilnehmer
(§ 33 Abs. 1 Satz 3 GWB) im Falle eines kartellrechtswidrigen Preishöhenmissbrauchs einen eigenen Unterlassungs- und Schadensersatzanspruch, den sie im Wege eines
Kartellzivilverfahrens verfolgen können. Der Gesetzgeber hat schon mit der 6. GWB- Novelle bewusst die Grundlagen einer
Prozessflut der Endkunden marktbeherrschender Unternehmen (einschließlich Energieversorger) gegen diese geschaffen:
§ 33 Unterlassungsanspruch, Schadensersatzpflicht
(1) Wer gegen eine Vorschrift dieses Gesetzes, gegen Artikel 81 oder 82 des Vertrages zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft oder eine Verfügung der Kartellbehörde verstößt, ist dem Betroffenen zur Beseitigung und bei Wiederholungsgefahr zur Unterlassung verpflichtet. Der Anspruch auf Unterlassung besteht bereits dann, wenn eine Zuwiderhandlung droht. Betroffen ist, wer als Mitbewerber oder sonstiger Marktbeteiligter durch den Verstoß beeinträchtigt ist.
(2) Die Ansprüche aus Absatz 1 können auch geltend gemacht werden von rechtsfähigen Verbänden zur Förderung gewerblicher oder selbständiger beruflicher Interessen, soweit ihnen eine erhebliche Zahl von Unternehmen angehört, die Waren oder Dienstleistungen gleicher oder verwandter Art auf demselben Markt vertreiben, soweit sie insbesondere nach ihrer personellen, sachlichen und finanziellen Ausstattung imstande sind, ihre satzungsmäßigen Aufgaben der Verfolgung gewerblicher oder selbständiger beruflicher Interessen tatsächlich wahrzunehmen und soweit die Zuwiderhandlung die Interessen ihrer Mitglieder berührt.
(3) Wer einen Verstoß nach Absatz 1 vorsätzlich oder fahrlässig begeht, ist zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet. Wird eine Ware oder Dienstleistung zu einem überteuerten Preis bezogen, so ist der Schaden nicht deshalb ausgeschlossen, weil die Ware oder Dienstleistung weiterveräußert wurde. Bei der Entscheidung über den Umfang des Schadens nach § 287 der Zivilprozessordnung kann insbesondere der anteilige Gewinn, den das Unternehmen durch den Verstoß erlangt hat, berücksichtigt werden. Geldschulden nach Satz 1 hat das Unternehmen ab Eintritt des Schadens zu verzinsen. Die §§ 288 und 289 Satz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs finden entsprechende Anwendung.
(4) Wird wegen eines Verstoßes gegen eine Vorschrift dieses Gesetzes oder Artikel 81 oder 82 des Vertrages zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft Schadensersatz begehrt, ist das Gericht insoweit an die Feststellung des Verstoßes gebunden, wie sie in einer bestandskräftigen Entscheidung der Kartellbehörde, der Kommission der Europäischen Gemeinschaft oder der Wettbewerbsbehörde oder des als solche handelnden Gerichts in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Gemeinschaft getroffen wurde. Das Gleiche gilt für entsprechende Feststellungen in rechtskräftigen Gerichtsentscheidungen, die infolge der Anfechtung von Entscheidungen nach Satz 1 ergangen sind. Entsprechend Artikel 16 Abs. 1 Satz 4 der Verordnung (EG) Nr. 1/2003 gilt diese Verpflichtung unbeschadet der Rechte und Pflichten nach Artikel 234 des Vertrages zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft.
(5) Die Verjährung eines Schadensersatzanspruchs nach Absatz 3 wird gehemmt, wenn die Kartellbehörde wegen eines Verstoßes im Sinne des Absatzes 1 oder die Kommission der Europäischen Gemeinschaft oder die Wettbewerbsbehörde eines anderen Mitgliedstaats der Europäischen Gemeinschaft wegen eines Verstoßes gegen Artikel 81 oder 82 des Vertrages zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft ein Verfahren einleitet. § 204 Abs. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs gilt entsprechend.
§ 19 Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung
(1) Die missbräuchliche Ausnutzung einer marktbeherrschenden Stellung durch ein oder mehrere Unternehmen ist verboten.
(2) Ein Unternehmen ist marktbeherrschend, soweit es als Anbieter oder Nachfrager einer bestimmten Art von Waren oder gewerblichen Leistungen auf dem sachlich und räumlich relevanten Markt
1.ohne Wettbewerber ist oder keinem wesentlichen Wettbewerb ausgesetzt ist oder
2.eine im Verhältnis zu seinen Wettbewerbern überragende Marktstellung hat; hierbei sind insbesondere sein Marktanteil, seine Finanzkraft, sein Zugang zu den Beschaffungs- oder Absatzmärkten, Verflechtungen mit anderen Unternehmen, rechtliche oder tatsächliche Schranken für den Marktzutritt anderer Unternehmen, der tatsächliche oder potentielle Wettbewerb durch innerhalb oder außerhalb des Geltungsbereichs dieses Gesetzes ansässige Unternehmen, die Fähigkeit, sein Angebot oder seine Nachfrage auf andere Waren oder gewerbliche Leistungen umzustellen, sowie die Möglichkeit der Marktgegenseite, auf andere Unternehmen auszuweichen, zu berücksichtigen.
Zwei oder mehr Unternehmen sind marktbeherrschend, soweit zwischen ihnen für eine bestimmte Art von Waren oder gewerblichen Leistungen ein wesentlicher Wettbewerb nicht besteht und soweit sie in ihrer Gesamtheit die Voraussetzungen des Satzes 1 erfüllen. Der räumlich relevante Markt im Sinne dieses Gesetzes kann weiter sein als der Geltungsbereich dieses Gesetzes.
(3) Es wird vermutet, dass ein Unternehmen marktbeherrschend ist, wenn es einen Marktanteil von mindestens einem Drittel hat. Eine Gesamtheit von Unternehmen gilt als marktbeherrschend, wenn sie
1.aus drei oder weniger Unternehmen besteht, die zusammen einen Marktanteil von 50 vom Hundert erreichen, oder
2.aus fünf oder weniger Unternehmen besteht, die zusammen einen Marktanteil von zwei Dritteln erreichen,
es sei denn, die Unternehmen weisen nach, dass die Wettbewerbsbedingungen zwischen ihnen wesentlichen Wettbewerb erwarten lassen oder die Gesamtheit der Unternehmen im Verhältnis zu den übrigen Wettbewerbern keine überragende Marktstellung hat.
(4) Ein Missbrauch liegt insbesondere vor, wenn ein marktbeherrschendes Unternehmen als Anbieter oder Nachfrager einer bestimmten Art von Waren oder gewerblichen Leistungen
1.die Wettbewerbsmöglichkeiten anderer Unternehmen in einer für den Wettbewerb auf dem Markt erheblichen Weise ohne sachlich gerechtfertigten Grund beeinträchtigt;
2.Entgelte oder sonstige Geschäftsbedingungen fordert, die von denjenigen abweichen, die sich bei wirksamem Wettbewerb mit hoher Wahrscheinlichkeit ergeben würden; hierbei sind insbesondere die Verhaltensweisen von Unternehmen auf vergleichbaren Märkten mit wirksamem Wettbewerb zu berücksichtigen;
3.ungünstigere Entgelte oder sonstige Geschäftsbedingungen fordert, als sie das marktbeherrschende Unternehmen selbst auf vergleichbaren Märkten von gleichartigen Abnehmern fordert, es sei denn, dass der Unterschied sachlich gerechtfertigt ist;
4.sich weigert, einem anderen Unternehmen gegen angemessenes Entgelt Zugang zu den eigenen Netzen oder anderen Infrastruktureinrichtungen zu gewähren, wenn es dem anderen Unternehmen aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen ohne die Mitbenutzung nicht möglich ist, auf dem vor- oder nachgelagerten Markt als Wettbewerber des marktbeherrschenden Unternehmens tätig zu werden; dies gilt nicht, wenn das marktbeherrschende Unternehmen nachweist, dass die Mitbenutzung aus betriebsbedingten oder sonstigen Gründen nicht möglich oder nicht zumutbar ist.
Diese Regelungen haben mit
§ 29 GWB gar nichts zu tun. Sie galten schon, bevor § 29 GWB überhaupt zeitlich befristet in Kraft trat. Ausdrücklich heißt es dort, dass §§ 19, 20 GWB unberührt bleiben.
Hierzu:
Prof. Dr. Dr. Peter Salje, Hannover
Das Wettbewerbs- und Kartellrecht als Maßstab einer Gaspreis-Billikgeitskontrolle durch Zivilgerichte
ET 2005, 278 ff.
Hier lesen Beachte insbesondere Seite 280 \"
Leitsatz 3\" unter nunmehriger Geltung des § 29 GWB.
Die gerichtliche Entgeltkontrolle bezieht sich immer auf den Gesamtpreis, sagt auch dieser Experte.
Prof. Dr. Ulrich Ehricke, Köln
Die Kontrolle von einseitigen Preisfestsetzungen in Gaslieferverträgen
JZ 2005, 599 ff.
hier lesenProf. Dr. Gunther Kühne, LL.M., Clausthal/Göttingen
Vom Privatrecht zum Wirtschaftsrecht - Die Verdrängung der Monopolpreisrechtsprechung zu § 315 BGB durch Kartellrecht -
RdE 2005, 241 ff
hier lesenBerkner/Topp/Kuhn/Tomala
Das Verhältnis von § 30 AVBFernwärmeV zu § 315 BGB im Blickwinkel der neuen RechtsprechungET 2005, 953 ff.
Prof. Dr. Gunther Kühne, LL.M., Clausthal/Göttingen
Gerichtliche Entgeltkontrolle im Energierecht
NJW 2006, 654 ff.
Prof. Dr. Günther Kühne, LL.M., Clausthal/Göttingen
Billigkeitskontrolle und Verbotsgesetze,
NJW 2006, 2520 ff.
hier lesenProf. Dr. Ulrich Büdenbender, Dresden
Die Bedeutung der Preismissbrauchskontrolle nach § 315 BGB in der Energiewirtschaft
NJW 2007, Heft 41, 2945 ff.
Privatdozent Dr. Dan Wielsch, LL.M., Frankfurt am Main
Die Kontrolle von Energiepreisen zwischen BGB und GWB
JZ, Heft 2, 2008, S. 68 ff.
Der seit der 6. GWB- Novelle bestehende Anspruch des Endkunden wurde zwar mit der Kartellrechtsnovelle 2007 zu § 29 GWB nicht unbedingt aufgewertet, aber auch
nicht eingeschränkt.
Für die zivilgerichtliche Entgeltkontrolle des Gesamtpreises ist es im Grundsatz zunächst egal, ob diese im Wege einer gerichtlichen Billigkeitskontrolle gem. § 315 BGB oder einer kartellzivilrechtlichen Kontrolle erfolgt. Beide Formen der
zivilgerichtlichen Entgeltkontrolle sind ausdrücklich vom Gesetzgeber vorgesehen (vgl. nur § 17 Abs. 1 Satz 3 GVV), wobei noch die vom Gesetzgeber gewollte Konzentrationswirkung gem. §§ 102 EnWG zu beachten ist.
Nach wie vor kann jeder Endkunde selbst einen kartellrechtswidrigen Preishöhenmissbrauch zivilgerichtlich geltend machen. Sachlich zuständig ist das Kartellgericht.
Merkwürdig, dass der 8. Senat meint, die ursprünglich im Gesetzentwurf vorgesehene Fassung des § 29 GWB hätte die Reaktionsmöglichkeit des Kunden deutlich gestärkt. Denn die Berufung auf § 29 GWB hätte gem. § 87 GWB zur ausschließlichen Zuständigkeit des Kartellgerichts und in ein Kartellzivilverfahren geführt, welches von der gerichtlichen Billigkeitskontrolle gem. § 315 Abs. 3 BGB auch nach dem Verständnis des Senats gerade unterschieden sein soll.
Allein deshalb vermag die Einschätzung des 8. Zivilsenats zu einer angeblichen Intention des Gesetzgebers nicht zu überzeugen, zumal Wassertarife und Flughafenbenutzungsentgelte keiner behördlichen Tarifgenehmigungspflicht, gleichwohl aber der gerichtlichen Billigkeitskontrolle unterliegen (BGH, Urt. v. 30.04.2003 - VIII ZR 278/02; BGH, Urt. v. 18.10.2007 - III ZR 277/06).
Nicht anders verhält es sich mit den einseitigen Honorarfestsetzungen der Freiberufler (Architekten, Ärzte, Anwälte), soweit ein Gesetz diesen ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht einräumt.
Nach
BGH, Urt. v. 04.12.2008 - IX ZR 219/07 unterliegen schließlich auch die Ermessensausübungen eines Rechtsanwaltes bei der Honorarfestsetzung gegenüber dem Mandanten einer gerichtlichen Billigkeitskontrolle gem. § 315 BGB ebenso wie einseitige Honorafestsetzungen eines Arztes oder Architekten:
Der Rechtsanwalt kann das ihm nach § 14 RVG eingeräumte Billigkeitsermessen nicht einseitig auf einen Dritten übertragen, sondern diese im anwaltlichen Dienstvertrag wurzelnde Befugnis lässt sich ebenso wie ein vertragliches Leistungsbestimmungsrecht gemäß § 315 BGB allenfalls durch eine Vereinbarung beider Vertragsteile an einen Dritten delegieren (vgl. Staudinger/Rieble, BGB 13. Aufl. Bearb. 2004 § 315 Rn. 89 f). Das Leistungsbestimmungsrecht nach § 14 RVG gehört in seiner Ausübung zum Entstehungstatbestand des Vergütungsanspruchs. Das hierbei bestehende Billigkeitsermessen kann daher jedenfalls nicht ohne Zustimmung des anderen Vertragsteils mit dem Abtretungsvertrag einem Zessionar zugeschoben werden. Stets bleibt der Rechtsanwalt wie der Arzt bei Einschaltung einer privatärztlichen Verrechnungsstelle trotz Zustimmung des anderen Teils auch zumindest dafür verantwortlich, dass der Dritte das Billigkeitsermessen (dort § 5 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 GOÄ) durch Kenntnis von der Leistungserbringung und ihren Besonderheiten sachgerecht ausüben kann (vgl. Lang/Schäfer/Stiel/Vogt, Der GOÄ-Kommentar 2. Aufl. § 5 Rn. 26).
Siehe auch BGH, Urt. v. 08.11.2007 - III ZR 54/07.Demnach kann jeder Privatpatient, Mandant usw.
einseitige Vergütungsfestsetzungen innerhalb von Abrechnungen gem. § 315 Abs. 3 BGB gerichtlich auf ihre Billigkeit kontrollieren lassen, was unschwer zu einer
Prozessflut führen kann. Es ist das normalste von der Welt, dass immer dann, wenn dem einen Vertragsteil entweder vertraglich oder durch Gesetz ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht hinsichtlich der Vergütung eingeräumt ist, die einseitig festgsetzte Vergütung der gerichtlichen Billigkeitskontrolle
in unmittelbarer Anwendung des § 315 Abs. 3 BGB unterliegt, ohne dass es dafür überhaupt auf eine Monopolstellung oder nur marktbeherrschende Stellung ankommen kann. Das mögen sich vielschreibende Professoren wie Ehricke/ Kühne/ Salje usw. usf. getrost hinter die Ohren schreiben.
Wo jedoch ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht weder vertraglich noch durch Gesetz eingeräumt ist, besteht ein solches nicht und erfolgt allein deshalb auch keine gerichtliche Billigkeitskontrolle, selbst bei einer Monopolstellung, vgl. BGH, Urt. v. 17.12.2008 - VIII ZR 274/06.
Dies bedeutet im Umkehrschluss auch, dass Änderungen am Kartellrecht die gerichtliche Billigkeitskontrolle gem. § 315 BGB vollkommen unberührt lassen. Denn die gerichtliche Billigkeitskontrolle einer einseitig festgesetzten Vergütung ist schon nicht von einer marktbeherrschenden Stellung abhängig, für welche die Bestimmungen des GWB überhaupt nur anwendbar sind.
Der Kartellsenat des BGH hat in seiner Entscheidung vom 29.04.2008 - KZR 2/07 zutreffend ausgeführt, dass der regionale Gasversorger gegenüber seinen HuK- Kunden eine marktbeherrschende Stellung einnimmt,
der Gastarif und dessen Änderung
gesetzlich an den Maßstab der Billigkeit gebunden sind, aus § 315 BGB zugleich eine gesetzliche Verpflichtung folgt, den Tarif abzusenken, wenn es die Kosten zulassen und dies den Kunden günstig ist, ein kartellrechtswidrig überhöhter Preis nicht der Billigkeit entsprechen kann.
Demnach ist ein von Tarifkunden geforderter Gastarif, der von Anfang an an den Maßstab der Billigkeit gebunden ist, immer das Ergebnis von Ermessensentscheidungen, den Gastarif zu erhöhen, abzusenken oder aber stabil zu halten und gerade nicht das Ergebnis einer vertraglichen Preisvereinbarung, vgl. BGH, Urt. v. 18.10.2005 - KZR 36/04 Tz. 9, 10.
Bindenende Preisvereinbarungen werden bei Vertragsabschluss nur mit
Sondervertragskunden getroffen. Ob bei Vertragsabschluss vertraglich vereinbarte Entgelte, welche für beide Vertragsteile grundsätzlich bindend sind, nachträglich einseitig abgeändert werden dürfen und wirksam abgeändert werden können, richtet sich ausschließlich danach, ob ein einseitiges Entgeltänderungsrecht (bei Vertragsabschluss) wirksam vereinbart worden ist, vgl. BGH, Urt. v. 17.12.2008 - VIII ZR 274/06; BGH, Urt. v. 20.07.2005 - VIII ZR 199/04. Dies ist bei Preisänderungsklauseln, die gegen § 307 BGB verstoßen, nicht der Fall (vgl. BGH, Urt. v. 29.04.2008 - KZR 2/07 und BGH, Urt. v. 17.12.2008 - VIII ZR 274/06).
Von den eindeutigen Wertungen des Gesetzgebers, dass eine vertragliche Vereinbarung zweier übereinstimmender Willenserklärungen gem. §§ 145 ff. BGB bedarf und eine einseitige Willenserklärung gem. § 315 Abs. 2 BGB kein auf Annahme gerichtetes Angebot darstellen kann, wurde ja bereits umfassend geschrieben. Diese Erkenntnis hatte der Senat schließlich selbst in seiner Entscheidung vom 20.07.2005 -
VIII ZR 199/04 hinreichend deutlich zum Ausdruck gebracht.
@Black
Kontrollüberlegung:Wenn es richtig
wäre, dass durch eine Zahlung auf eine
einseitig erstellte Abrechnung das gezahlte Entgelt neu vereinbart werden könnte, dann müsste in dem Fall, dass der Kunde der einseitigen Abrechnung des Versorgers schriftlich widerspricht, er einseitig eine schriftliche Gegenabrechnung aufmacht und auf diese sodann das gekürzte Entgelt zahlt, mit Rücksicht auf
§ 362 HGB erst recht eine vertragliche Entgeltneuvereinbarung auf das gekürzte Entgelt wirksam zustande gekommen sein.
Denn das Schweigen des kaufmännischen Versorgers auf entsprechende Anträge gem. § 145 BGB gilt kraft Gesetzes als Annahme. So liegen die Fälle bekanntlich massenweise. Unbestreitbar auch eine
pragmatische Lösung, die zur Entlastung der Justiz beitragen kann.
Nichts ist leichter, als eine Lawine loszutreten, in denen den Versorgern zigtausendfach kundenseits schriftliche Vertragsangebote, gerichtet auf für die Kunden sehr vorteilhafte Vertragsänderungen, ggf. einschließlich Kunden- AGB zugehen, auf welche die Versorger dann ruckzuck reagieren müssten, z.B. Gaspreise wie 1976 (all inclusive, fix) bei zweijähriger Vertragsbindung.
Geht einem Kaufmann, dessen Gewerbebetrieb die Besorgung von Geschäften für andere mit sich bringt, ein Antrag über die Besorgung solcher Geschäfte von jemand zu, mit dem er in Geschäftsverbindung steht, so ist er verpflichtet, unverzüglich zu antworten; sein Schweigen gilt als Annahme des Antrags.
Durch diese massenweisen Anträge könnten die Versorger schnell und punktgenau erfahren, was sich die Kundschaft wünscht und sich entsprechende Marketingaktionen und Marketingaufwendungen ersparen.
Wer schreibt der bleibt und so könnte man auch im Falle rechtzeitiger Widersprüche die schriftlichen Anträge immer wieder neu an die Versorger richten, monatlich, wöchentlich, täglich.
Was dem einen recht ist, muss dem anderen dann wohl auch billig sein.
Unser eigentliches Thema in diesem Thread ist jedoch nach wie vor das Entstehen und die Verjährung von Rückforderungsansprüchen der Sondervertragskunden von Energieversorgungsunternehmen.