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Autor Thema: Leitbildfunktion der AVB/GVV - Doppelte Verneinung = Bejahung?  (Gelesen 112490 mal)

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Offline jroettges

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Leitbildfunktion der AVB/GVV - Doppelte Verneinung = Bejahung?
« Antwort #75 am: 18. Februar 2009, 22:33:39 »
@RR-E-ft

Dicke Bretter muss man eben lange bohren.
Das vor Black\'s Schädel scheint mir recht dick zu sein.  :evil:

Offline RR-E-ft

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Leitbildfunktion der AVB/GVV - Doppelte Verneinung = Bejahung?
« Antwort #76 am: 18. Februar 2009, 22:37:23 »
@jroettges

Ganz ruhig. Nichts ist, wie es scheint. Manch einer tut nur so, als ob er Holz vor der Hütten oder sonstwo hätte, damit andere versuchen, sich ihre Bohrer abzuwetzen. ;)

Offline Black

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Leitbildfunktion der AVB/GVV - Doppelte Verneinung = Bejahung?
« Antwort #77 am: 19. Februar 2009, 09:59:30 »
Wenn man sich unter Juristen wagt sollte man irgendwann damit klar kommen, dass es zu rechtlichen Problemen oft verschiedene vertretbare Rechtsmeinungen gibt. Ich glaube zur actio libera in causa gibt es derzeit 4 verschiedene vertretbare Theorien.

Wenn man der Meinung ist, dass § 5 GVV kein Preisänderungsrecht gewährt, stellt sich die Frage worauf dieses Preisänderungsrecht des Grundversorgers sonst beruhen soll?
Ihr sollt nicht wähnen, daß ich gekommen sei, Frieden zu senden auf die Erde. Ich bin nicht gekommen, Frieden zu senden, sondern das Schwert.

Matthäus, Kapitel 10, Vers 34

Offline jroettges

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Leitbildfunktion der AVB/GVV - Doppelte Verneinung = Bejahung?
« Antwort #78 am: 19. Februar 2009, 12:04:49 »
@Black

Zitat
Black schrieb: Wenn man der Meinung ist, dass § 5 GVV kein Preisänderungsrecht gewährt, stellt sich die Frage worauf dieses Preisänderungsrecht des Grundversorgers sonst beruhen soll?

Darüber hat sich das OLG Oldenburg tiefschürfende Gedanken gemacht.
Nachzulesen im Urteil vom 5.9.08 Seite 7 ff.

Zitat
Das OLG Oldenburg urteilte : Im Übrigen wurde es bis 1980 keinesfalls als Mangel oder als eine Lücke angesehen, dass es keine ausdrückliche gesetzliche Regelung über ein einseitiges Preisanpassungsrecht für Gasversorger bei laufenden Verträgen gab. Das grundsätzliche Recht zur Preisanpassung wurde für den Bereich der Grundversorgung vielmehr allgemein vorausgesetzt, und zwar folgend aus der Natur der Sache.  Demgemäß bestand für den Gesetz bzw. Verordnungsgeber bei Erlass der AVBGasV nicht einmal Handlungsbedarf. Letztlich hätte die Neubegründung eines solchen Rechts auch zu der zwangsläufigen Feststellung führen müssen, dass sämtliche vor 1980 vorgenommenen Tarifänderungen ohne Rechtsgrundlage erfolgt waren.

Vor diesem Hintergrund spricht daher nichts dafür, dass der Verordnungsgeber mit dem Verweis auf die „allgemeinen Tarife“ in § 4 AVBGasV ein Tarifanpassungsrecht begründen wollte. Er hat es vielmehr stillschweigend als bereits vorhanden vorausgesetzt bzw. es den Versorgern überlassen, dieses Recht jeweils in ihren allgemeinen Geschäftsbedingungen im Einzelnen auszugestalten.

Man kann natürlich dazu andere Ausfassungen vertreten.
Die Überlegungen des OLG Oldenburg scheinen aber logisch und fundiert.

Offline Black

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Leitbildfunktion der AVB/GVV - Doppelte Verneinung = Bejahung?
« Antwort #79 am: 19. Februar 2009, 13:02:48 »
Was nach meiner Auffassug gegen die Ansicht des OLG Celle spricht ist Folgendes:

Auch der Grundversorgungsvertrag ist ein Vertrag - der zusätzlich sehr stark durch das Gesetz ausgestaltet ist. § 1 Abs. 1 Satz 2 GVV regelt, dass die GVV Vertragsbestandteil ist.

Ein Preisänderungsrecht kann daher nur:

- aus vertraglicher Regelung
- aus Gesetz

folgen.

Für die Annahme eines Preisanpassungsrechts \"Kraft Natur der Sache\" gibt es rechtlich keinen Raum. Rechtliche Pflichten und Rechte gibt es nicht einfach aus der Luft, das widerspricht der Systematik unseres Rechtssystems.

Würde das Anpassungsrecht nicht vom Gesetzgeber normiert sein, sondern quasi \"einfach da\" , dann wäre es kein gesetzliches Preisanpassungsrecht mehr, wie es der BGH bezeichnet hat.
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Matthäus, Kapitel 10, Vers 34

Offline RR-E-ft

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« Antwort #80 am: 19. Februar 2009, 13:19:27 »
@Black

Richtig ist, dass es kein Preisneufestsetzungsrecht aus der Natur der Sache gibt, es sich gegenüber Tarifkunden/ grundversotrgte Kunden um ein gesetzliches Leistungsbestimmungsrecht handelt, welches m. E. in § 10 Abs. 1 EnWG 1998 bzw. § 36 Abs. 1 EnWG selbst zu suchen und zu finden ist und welches durch AVBGasV bzw. Grundversorgungsverordnung lediglich eine Ausformung hinsichtlich seiner Ausübung erfährt. Diese Ansicht lässt sich damit begründen, dass die gesetzliche Versorgungspflicht zu Allgemeinen Tarifen bzw. Preisen älter ist als die entsprechenden Verordnungen, die erst nachträglich erlassen wurden. Die gesetzliche Versorgungspflicht fand sich bereits in § 6 EnWG 1935, später in § 10 EnWG 1998, sodann in § 36, 38 EnWG.

Wäre dieses Leistungsbestimmungsrecht nicht besonders ausgeformt, so würde es gem. § 315 Abs. 2 BGB des Zugangs einer entsprechenden Willenserklärung beim Kunden bedürfen.

Das OLG Oldenburg hat sich wohl nur unpräzise ausgedrückt, und meinte, dass sich aus der gesetzlichen Versorgungspflicht zu jeweiligen Allgemeinen Tarifen bereits ergibt, dass das gesetzlich versorgungspflichtige Unternehmen die Tarife einseitig festsetzen können muss (ähnlich BGH, Urt. v. 18.10.2005 - KZR 36/04 für Netzentgelte).

Ein vertragliches Leistungsbestimmungsrecht unterliegt, soweit es sich in Allgemeinen Geschäftsbedingungen findet, der Inhaltskontrolle gem. § 307 BGB mit der Folge, dass - zur Meidung der Unwirksamkeit - u. a. das Transparenzgebot zu beachten ist [vgl. OLG Hamm, Urt. v. 06.03.08]. Hierzu sind die Ausführungen in der angeführten Entscheidung des LG Bremen vom 30.01.2009 zutreffend.

Offline Black

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« Antwort #81 am: 19. Februar 2009, 14:09:32 »
Von einem Preisänderungsrecht ist in § 36 EnWG noch weniger zu lesen als in der GVV.

Wie begründen Sie, dass ein Preisänderungsrecht, das den Sonderkunden trifft transparenter ausgestaltet sein muss als ein Preisänderungsrecht, das den Grundversorgungskunden trifft?
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Offline RR-E-ft

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« Antwort #82 am: 19. Februar 2009, 14:13:24 »
@Black

Gedanklicher Kreisverkehr?

Ich habe beides bereits umfassend begründet.

Ggf. führt die Lektüre der Entscheidung des BGH vom 18.10.2005 (KZR 36/04) und des Landgerichts Bremen vom 30.01.2009 [3 O 177/08] weiter.

Auch die Netzentgelte I- III - Entscheidungen des BGH stellen zutreffend auf ein gesetzliches Leistungsbestimmungsrecht des Netzbetreibers hinsichtlich der Netzentgelte ab, obschon sich aus § 6 Abs. 1 EnWG 1998 auch ein solches nicht auf den ersten Blick ersehen lässt.

Ein Preisänderungsrecht in Allgemeinen Geschäftsbedingungen unterliegt der Inhaltskontrolle gem. § 307 BGB und muss deshalb - zur Meidung der Unwirksamkeit - dem Transparenzgebot entsprechen, transparent sein (vgl. etwa BGH, Urt. v. 11.10.2007 - III ZR 63/07; Urt. v. 15.11.2007 - III ZR 247/06 und Urt. v. 13.07.2004 - KZR 10/03 unter II.6).

Es geht dabei nicht um transparenter, sondern um transparent.

Warum das beim gesetzlichen Leistungsbestimmungsrecht anders ist, ergibt sich ohne weiteres aus der Entscheidung des BGH vom 29.04.2008 - KZR 2/07.

Offline Black

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« Antwort #83 am: 19. Februar 2009, 14:28:52 »
§ 307 BGB verlangt Transparenz und Angemessenheit, legt aber selbst nicht fest, was genau angemessen und transparent in jedem Einzelfall bedeutet, denn es handelt sich insoweit um eine Generalklausel.

Der Maßstab für Transparenz wird also durch die Rechtsprechung näher ausgestaltet. Bisher gibt es Rechtsprechung zu Preisanpassungsrechten, die der Versorger selber ausgestaltet hat.

Das schließt aber nicht aus, dass die Übernahme der gesetzlichen Regelung als hinreichend transparent gewertet wird, da die Transparenzanforderungen dazu dienen den Kunden vor unangemessener Benachteiligung zu schützen. Und dann stellt sich schon die Frage nach der Gleichstellung von Sonder- und grundversorgten Kunden.
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Offline RR-E-ft

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« Antwort #84 am: 19. Februar 2009, 14:31:40 »
@Black

Das haben objektiv- generalisierende Normen wie § 307 BGB  nun einmal so an sich.

Aus der ständigen Rechtsprechung des BGH ergibt sich doch eindeutig, welche Anforderungen an Preisänderungsrechte in Allgemeinen Geschäftsbedingungen nach dem Transparenzgebot gem. § 307 BGB generell zu stellen sind.

Die Frage, ob  die Übernahme einer - einen vollkommen anderen Sachverhalt regelnden - gesetzlichen Bestimmung transparent sein könnte, hatte der achte Zivilsenat des BGH anlässlich der mündlichen Verhandlung im Verfahren VIII ZR 274/06 wohl auch bereits beantwortet.

Dies sei alles andere als transparent, hieß es.
Wie könnte es auch anders sein?

Eine unangemessene Benachteiligung im Sinne des § 307 BGB liegt insbesondere dann vor, wenn gegen das Transparenzgebot verstoßen wird, so der BGH in ständiger Rechtsprechung.

Offline Black

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« Antwort #85 am: 19. Februar 2009, 14:39:50 »
Nun, eine solche Klausel wie hier diskutiert lag normalen Gerichten schon vor, mit dem Ergebnis \"die Einen sagen so, die Anderen sagen so\" und der BGH hat darüber noch nicht entschieden.

Zu den bisherigen Urteilen des BGH zu anderen Klauseln bleibt festzustellen:

Zitat
Original von RR-E-ft
Warum sollte man Urteilen überhaupt eine irgend geartete Indizwirkung beimessen (können)?
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Offline RR-E-ft

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« Antwort #86 am: 19. Februar 2009, 14:41:53 »
@Black

Ich rede nicht von Indizwirkung, sondern von ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung, die nach dem Grundgesetz einen Teil der geltenden Rechtsordnung bildet.

Wäre schon komisch, darüber zu diskutieren, ob die geltende Rechtsordnung etwaig an sich nur ein Indiz ist. Wofür eigentlich?

Offline Black

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« Antwort #87 am: 19. Februar 2009, 14:49:37 »
Hat der 8. Senat nicht schon mal so entschieden, wie Sie es vorher in Ansehung anderer BGH Entscheidungen vehement ausgeschlossen hatten (Preissockel)?

Und ergibt sich nicht aus der Rechtsprechung zur Klausel:

\"Der vorstehende Gaspreis ändert sich, wenn eine Änderung der allgemeinen Tarifpreise eintritt.\"

BGH VII ZR 274/06, 17.12.2008
Nach ihrem Wortlaut ändern sich die Gaspreise, \"wenn eine Änderung der allgemeinen Tarifpreise eintritt\". Damit regelt die Klausel zwar die Voraussetzung für eine Preisänderung. Nicht hinreichend klar geregelt ist aber, wie sich die Gaspreise bei Vorliegen der Voraussetzung ändern sollen. Unklar ist insbesondere, ob die Änderung in einem bestimmten Verhältnis zur Änderung der allgemeinen Tarifpreise erfolgen und welches Verhältnis dies gegebenenfalls sein soll. Die Bestimmung ist in diesem Punkt objektiv mehrdeutig.


dass eine Anknüpfung an das Preisänderungsrecht nach der GVV zulässig wäre, wenn die Klausel zusätzlich noch das Anpassungsverhältnis erklärt?
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Offline RR-E-ft

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« Antwort #88 am: 19. Februar 2009, 15:14:53 »
@Black

Zutreffend ist, dass der achte Zivilsenat des BGH sogar wiederholt in Abweichung zu anderen Senaten entschieden hat ohne unter Einhaltung des Verfahrens nach GVG den dafür bestehenden Großen Senat anzurufen (z.B. Urt. v. 13.06.2007 VIII ZR 36/06 unter anderem  in Widerspruch zu BGHZ 151, 274, 282; Urt. v. 19.11.2008 VIII ZR 138/07 unter anderem im Widerspruch zu Urt. v. 08.03.2008 - KZR 29/06 und zu BGH, Urt.  vom 4. Dezember 1986 - VII ZR 77/86, WM 1987, 295, unter II 2 b, c).

Zitat
Stromnetznutzungsentgelt III

BGB § 315; EnWG 1998 § 6; EnWG 2003 § 6

Dem Netzbetreiber steht nach § 6 Abs. 1 EnWG 1998 bei der Bestimmung des Netznutzungsentgelts ein gesetzliches Leistungsbestimmungsrecht zu.

Der Nachprüfung der Billigkeit des vom Wettbewerb nicht kontrollierten Netznutzungsentgelts steht es nicht entgegen, wenn der Preis bei Vertragschluss beziffert worden ist oder der Netznutzer eine frühere Preiserhöhung nicht beanstandet hat (Abgrenzung zu BGH, Urt. v. 13.6.2007– VIII ZR 36/06, NJW 2007, 2540 [für BGHZ vorgesehen]).

BGH, Urteil vom 4. März 2008 – KZR 29/06 – OLG Celle, LG Hildesheim

Zitat
BGH, Urt. v. 04.12.1986 - VII ZR 77/86:


Mißverständlich und im Ergebnis unzutreffend ist es jedoch, wenn das Berufungsgericht von einer \"vereinbarten Pauschale\" spricht und daraus den Schluß ziehen will, schon deshalb seien die in den \"Ergänzenden Bestimmungen\" der Klägerin niedergelegten Sätze einer Nachprüfung unzugänglich.

a) Die Pauschalen sind von den Parteien nicht individuell vereinbart worden. Sie sind vielmehr in den \"Ergänzenden Bestimmungen\" der Klägerin enthalten. Auf diese Bestim-mungen erstreckt sich der Verordnungscharakter der AVBV nicht (Ludwig/Cordt/Stech/Odenthal, Der Wirtschaftskommentator, § 1 AVBE1tV Nr. 7). Sie sind vielmehr als Allgemeine Geschäftsbedingungen im Sinne von § 1 Abs. 1 AGBG anzusehen (Tegethoff-Büdenbender-Klinger, Das Recht der öffentlichen Energieversorgung, § 1 AVBGasV Rdn. 23; § 10 AVBGasV
Rdn. 26). So sind denn die Hinweise der Klägerin auf ihre Pauschalen in dem Schreiben vom 4. Februar 1982 und in den Auftragsbestätigungen vom 11. April 1983 auch nicht als ein Angebot der Klägerin zur Vereinbarung bestimmter Beträge zu verstehen, über die sich die Parteien gesondert zu einigen hatten. Es handelte sich vielmehr nur um die Einbeziehung von AGB-Pauschalen in den Vertrag, was sich insbesondere aus dem Wortlaut des Schreibens der Klägerin vom 4. Februar 1982 ergibt, wo es heißt, es kämen die Pauschalpreise entsprechend den \"Ergänzenden Bestimmungen\' zur Anwendung.
 
b) Nun betreffen die Pauschalen als solche die reine Preisgestaltung. Damit unterliegen sie gemäß S 8 AGBG grund-sätzlich nicht der Überprüfung nach §§ 9 bis 11 AGBG (vgl. Senatsurteil NJW 1984, 17L, 172 m.w.N.). Dies bedeutet jedoch im konkreten Fall nicht, daß die Pauschalen einer ge-richtlichen Beurteilung völlig entzogen wären. So hat schon das Reichsgericht bei der Preisgestaltung von Strompreisen durch ein städtisches Versorgungsunternehmen grundsätzlich § 315 Abs. 3 BGB für anwendbar gehalten (RGZ 111, 310, 313).

Später hat der Bundesgerichtshof ausgeführt, daß Tarife von Unternehmen, die Leistungen der Daseinsvorsorge anbieten, auf deren Inanspruchnahme der andere Vertragsteil im Bedarfsfalle angewiesen ist, grundsätzlich einer Billigkeitskontrolle nach § 315 Abs. 3 BGB unterworfen sind (BGH2 73, 114, 116). Auch im Schrifttum ist anerkannt, daß ein Verwender, der den Preis seiner Leistung einseitig durch Allgemeine Geschäftsbedingungen vorschreibt, einer Kontrolle auf dem Wege der entsprechenden Anwendung des § 315 Abs. 3 BGB jedenfalls dann unterworfen ist, wenn er in seinem Lei-stungsbereich eine rechtliche oder tatsächliche Monopolstellung besitzt, so daß der andere Teil, wenn er die Leistung erwerben will, mit dem Verwender kontrahieren muß, auch wenn er mit dem vorgeschriebenen Preis oder Tarif nicht einverstanden ist (Brandner in Ulmer/Brandner/Hensen, AGBG, 4. Aufl., § 8 Rdn. 10; so auch Wolf in Wolf/Horn/Lindacher, AGBG-Kommentar, § 8 Rdn. 13; Söllner in MünchKomm, 2. Aufl., S 315 BGB Rdn. 7; Ballhaus in BGB-RGRK, 12. Aufl., 5 315 Rdn. 22).

c)Diese Grundsätze sind hier anzuwenden. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts hat die Klägerin, die als kommunales Wirtschaftsunternehmen Gas als Leistung der Daseinsvorsorge anbietet, eine Monopolstellung. Sie wäre von den der Beklagten mitgeteilten Pauschalen schon aus Gründen der Gleichbehandlung nicht abgewichen (vgl. a. Senatsurteil vom 16. März 1978 - VII ZR 73/77 = LM EnergiewirtschaftsG § 6 Nr. 9 = WM 1978, 730, 731). Insofern ist der fehlende Widerspruch der Beklagten gegen die Preisvorstellungen der Klägerin, dem das Berufungsgericht so viel Bedeutung beimißt, ohne Belang. Dasselbe gilt für die Feststellung des Berufungsgerichts, die Beklagte habe durch ihre Unterschrift unter die Gasanschlußanträge die AVB und die \"Ergänzenden Bestimmungen\" als Vertragsinhalt anerkannt. Die Beklagte mußte als Tarifkundin die Pauschalen akzeptieren oder aber von dem Gasanschluß Abstand nehmen. Deshalb liegt es auch neben der Sache, wenn das Berufungsgericht die vorliegenden Pauschalen mit der Pauschalvereinbarung nach § 2 Nr. 7 VOB/B vergleicht. Dort geht es nicht um die Leistungen der Daseinsvorsorge, die durch ein Monopolunternehmen angeboten werden.

3. Die Pauschalen sind für die Beklagte daher nur verbindlich, wenn sie der Billigkeit entsprechen. Zur Nachprüfung kann die Beklagte nach S 315 Abs. 3 S. 2 BGB das Gericht anrufen.

Zitat
BGH, B. v. 10.12.2008 KVR 2/08 Rn. 12

Der Bundesgerichtshof hat demgemäß schon in seiner bisherigen Rechtsprechung den Gasversorgungsmarkt als den für die kartellrechtliche Beurteilung sachlich relevanten Markt angesehen (Sen.Urt. v. 29.4.2008 – KZR 2/07, WuW/E DE-R 2295 Tz. 12 – Erdgassondervertrag, für BGHZ 176, 244 vorgesehen, im Anschluss an BGHZ 151, 274, 282 – Fernwärme für Börnsen). In Übereinstimmung damit geht jetzt auch der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs in seinem Urteil vom 19. November 2008 (VIII ZR 138/07 Tz. 18] von einer Monopolstellung des örtlichen Gasversorgers aus.


Zutreffend ist auch, dass dieser Senat sich dabei mit bereits bestehender Rechtsprechung anderer Senate nicht auseinandergesetzt und die Abweichung dazu nicht begründet hat, was auf eine Ignoranz der bereits bestehenden höchstrichterlichen Rechtsprechung schließen lassen könnte.

Sollte uns dies nun generell schon an der geltenden Rechtsordnung zweifeln lassen?
Ist es etwa ein Indiz dafür, wie zuweilen von einem einzelnen Zivilsenat des BGH mit der geltenden Rechtsordnung verfahren wird?

Ihre letzte Frage ist auch bereits umfassend beantwortet.

Der achte Zivilsenat hatte die Frage in der Entscheidung vom 17.12.2008 (VIII ZR 274/06) ausdrücklich offen gelassen, weil es darauf für die Entscheidungsfindung nicht ankam. Wenn er die Frage ausdrücklich offen gelassen hat, dann kann er sie denknotwendig noch nicht beantwortet haben. Und dass der gezogene Schluss nicht zutreffend ist, wurde auch bereits umfassend begründet.

Es gibt zu der Frage obergerichtliche Rechtsprechung vom OLG Bremen, vom OLG Hamm, vom OLG Oldenburg und etwas abseitig davon des OLG Celle. Mit allen zusammen befasst sich u.a. die genannte Entscheidung des LG Bremen vom 30.01.2009 mit m. E. gut begründeter, zutreffender Wertung. Damit kann man sich inhaltlich auseindersetzen.

Nachdem die Grundsätze zum Transparenzgebot entsprechend der ständigen Rechtsprechung des BGH bekannt sind, hier mehrfach aufgeführt wurden, kann man eine jede Klausel daran messen und kontrollieren, auch jene, die Sie sich ggf. vorstellen.

Transparenz erfordert zum einen Vorhersehbarkeit und zum anderen eine Kontrollmöglichkeit anhand der Klausel selbst hinsichtlich Anlass, Richtlinien und Umfang.
Ausgeschlossen sein müssen unzulässige Beurteilungsspielräume des Klauselverwenders.


Dann machen Sie das doch hier öffentlich Schritt für Schritt, um dann ggf. zu welchem Ergebnis zu gelangen?

Zeigen Sie bitte nachvollziehbar auf, wie Sie dabei Schritt für Schritt zu Ihrem Ergebnis gelangt sein wollen (Lösungsweg).

Dann kann man auch darüber inhaltlich diskutieren. Sonst nicht.
Bisher fehlt Ihrer Argumentation leider die Transparenz.

Nichts als müßig ist demgegenüber jede Diskussion darüber, was wer für möglich hält.

Offline goofy3

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« Antwort #89 am: 20. Februar 2009, 00:51:33 »
Moin,
für mich wäre es vergeudete Zeit in schwarzen  löchern in  gewissen Sternbildern rumzufliegen, hatte Probleme nach zwei Seiten das Kopfschütteln unter Kontrolle zu bringen.
Mit viel Zeit würde ich die Widersprüche einiger Personen einmal zusammentragen.

Im Atlantik sind auch gerade unversehens zwei U Boote zusammengestoßen, villeicht ist es hier auch schon vorgezogen so mal gewesen?


Gehe mal flippern am Black Hole, hat drei Ebenen, ist erbaulicher.
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