Energiepreis-Protest > Grundsatzfragen
Leitbildfunktion der AVB/GVV - Doppelte Verneinung = Bejahung?
Black:
--- Zitat ---Original von ESG-Rebell
Vielleicht werden auch Sie, Black, mir ferner zustimmen, dass der Begriff \"grundsätzlich\" gleichbedeutend mit \"immer\" oder \"Für alle Fälle\" ist.
--- Ende Zitat ---
Das ist falsch. Die Aussage \"grundsätzlich\" bedeutet im juristischen Sprachgebrauch immer die Möglichkeit der Ausnahme.
http://www.lexexakt.de/glossar/grundsaetzlich.php
Wenn jemand behauptet, er sage grundsätzlich die Wahrheit, heißt das, dass er in Ausnahmefällen auch mal lügt. Umgangssprachlich wird grundsätzlich gerne mit immer gleichgesetzt, was aber falsch ist.
Ich denke zumindest diese Aussage wird ihnen RR-E-ft bestätigen können, wenn sie meine Ausführungen anzweifeln.
Im übrigen es gibt nur zwei Konstellationen:
Fall 1. \"grundsätzlich wirksam\" = in der überwiegenden Zahl wirksam, aber es gibt unwirksame Fälle
Fall 2. \"grundsätzlich unwirksam\" = in der überwiegenden Zahl unwirksam, aber es gibt wirksame Fälle
wenn man Fall 2. jetzt negiert, indem man ein \"nicht\" dazunimmt, dann ist man wieder bei Fall 1.
Mann kann grundsätzlich übersetzten mit \"im Regelfall\". Der BGH hat also gesagt:
Preisanpassungsklauseln sind nicht im Regelfall unwirksam.
userD0009:
--- Zitat ---Original von Black
Fall 1. \"grundsätzlich wirksam\" = in der überwiegenden Zahl wirksam, aber es gibt unwirksame Fälle
Fall 2. \"grundsätzlich unwirksam\" = in der überwiegenden Zahl unwirksam, aber es gibt wirksame Fälle
wenn man Fall 2. jetzt negiert, indem man ein \"nicht\" dazunimmt, dann ist man wieder bei Fall 1.
Mann kann grundsätzlich übersetzten mit \"im Regelfall\". Der BGH hat also gesagt:
Preisanpassungsklauseln sind nicht im Regelfall unwirksam.
--- Ende Zitat ---
Ganz so \"einfach\" ist es aber dann doch nicht. Der BGH verwendet eine bestimmte Formulierung mit einer bestimmten Intention.
Wenn der BGH also formiliert, dass Preianpassungsklauseln nicht grundsätzlich unwirksam sind, so hat das eine andere (wertende) Bedeutung, als die Formulierung, dass solche grundsätzlich wirksam sind.
Außer man unterstelle dem BGH, dass er aus Selbstgeltungsgesichtspunkten eine umständliche Ausdrucksweise wähle.
Grüße
belkin
nomos:
@belkin, man darf dem BGH aber die \"umständliche Ausdrucksweise\" vorwerfen, wenn selbst gestandene Juristen solche Schwierigkeiten mit dem Urteilstext haben. Ich stelle mir solche Auslegungen ungern vor den diversen Gerichten vor.
Ich habe mal ein paar Nichtjuristen gefragt, wie sie das verstehen und habe die [grundsätzlich] schwarzen Reifen von ESG-Rebell als Muster genommen ;) :
Das Fahren mit Sommerreifen ist [grundsätzlich] nicht verboten.
Verstanden wurde das überwiegend so:
[*]Das Fahren mit Sommerreifen ist im Regelfall erlaubt.[/list]Das Fahren mit Sommerreifen ist nicht [grundsätzlich] erlaubt.
Verstanden wurde das überwiegend so:
[*]Es gibt Ausnahmen, manchmal ist das Fahren mit Winterreifen geboten.[/list]Was ist nun die \"juristische Bedeutung\" dieser gewählten Formulierung? Zweifelsfrei klar wurde der offensichtlich feine Unterschied hier nicht. Auch Juristen könnten doch in Urteilen schreiben was sie konkret meinen ohne massenweise Interpretationen und Kommentare auszulösen, die die Zweifel [grundsätzlich] noch vermehren. ;)
RR-E-ft:
@all
Soviel grundsätzliche Diskussion um einen einzigen Satz.
Das ist des Guten zuviel.
Es ist wie es ist:
Preisänderungsvorbehalte sind, insbesondere in Dauerschuldverhältnissen, nicht grundsätzlich unwirksam.
Es hätte ja jemand der Meinung sein können, dass sie grundsätzlich (im Sinne von per se = an sich = aus sich heraus) unwirksam sind.
In Dauerschuldverhältnissen kann die Notwendigkeit zur Anpassung bestehen, bei normalen Kaufverträgen, die auf einen einmaligen Leistungsaustausch gerichtet sind, hingegen nicht. Ein Preisänderungsvorbehalt in den AGB eines sog. Onlineshops, über dessen Seiten ein Kaufvertrag mit einem \"Mouseklick\" geschlossen wird, wird deshalb demgegenüber wohl schon an sich/ aus sich heraus unwirksam sein.
Sie sind nur wirksam wenn,...
Gemeinhin, insbesondere unter Technikern wird \"grundsätzlich\" oft so verstanden, dass es keine Ausnahmen gäbe.
Juristen beschreiben damit hingegen grundsätzlich den Regelfall, von dem es Ausnahmen geben kann.
\"Grundsätzlich\" wird auch (als) Synonym für per se benutzt.
Ich habe den Satz immer so verstanden, dass Preisänderungsvorbehalte, insbesondere in Dauerschuldverhältnissen, nicht an sich/ aus sich heraus unwirksam sind. Dieses Verständnis ist auch schlüssig. Mit dem Vertständnis des Kollegen (Black) wäre es hingegen unvereinbar, dass der BGH unbestreitbar in ständiger Rechtsprechung ausdrücklich betont, dass Preisanpassungsklauseln nur zulässig sind, wenn....
@nomos
Wenn etwas geboten ist, ist etwas anderes deshalb noch nicht unbedingt verboten... Wir sollten aber die müßige Diskussion über diesen einen Satz an dieser Stelle beenden. Wir enden sonst im Palaver, ohne uns noch auf den Kern der Sache zu konzentrieren.
Der Kern liegt aber darin, dass eine AGB- Preisänderungsklausel nur dann wirksam ist, wenn - kumulativ unter anderem - der Vertragspartner des Verwenders die Berechtigung einer vorgenommenen Preisänderung anhand der Klausel selbst zuverlässig kontrollieren kann.
@Black/ Ronny
Auch die Entscheidung des achten Zivilsenats vom 17.12.2008 (VIII ZR 274/06) stellt zutreffend auf dieses Kriterium ab. Die Klausel (und die darauf gestützten einseitigen Preisänderungen) waren deshalb unwirksam, weil die Kunden als Vertragspartner die Berechtigung der vorgenommenen Preiserhöhungen nicht zuverlässig kontrollieren konnten.
--- Zitat ---Darin liegt zugleich eine unangemessene Benachteiligung der Kunden der Beklagten (§ 307 Abs. 1 Satz 1 BGB), weil diese die Berechtigung einer Preisänderung nicht verlässlich nachprüfen können. Der Beklagten wird es dadurch ermöglicht, das in dem ursprünglich vereinbarten Gaspreis zum Ausdruck kommende Gleichgewicht von Leistung und Gegenleistung zu ihren Gunsten zu verändern (vgl. Senatsurteile vom 21. September 2005, aaO, unter II, und vom 13. Dezember 2006 – VIII ZR 25/06, NJW 2007, 1054, Tz. 21).
Dieser Beurteilung lässt sich, anders als das Berufungsgericht gemeint hat, nicht entgegenhalten, die Preisanpassungsklausel entspreche dem gesetzlichen Leitbild des § 4 Abs. 1 und 2 AVBGasV.
--- Ende Zitat ---
Das war und ist der entscheidende Punkt und nichts anderes.
Bei einer einseitigen Leistungsbestimmung, bei welcher der bestimmungsberechtigten Vertragspartei immer ein Spielraum eingeräumt ist, kann der Kunde die Berechtigung einer vorgenommenen einseitigen Preisänderung schon deshalb per se nicht zuverlässig kontrollieren, weil er den dabei zur Verfügung stehenden Spielraum gar nicht kennt/ kennen kann.
Das sollte eigentlich einleuchten.
Mag mich bitte niemand schelten, dass ich \"zuverlässig\" und \"verlässlich\" synonym verwende. ;)
Alexander Heyers:
\"Dass die Preisentwicklung auf anderen Märkten für Wärmeenergie die Preisbildung auf
dem Gasversorgungsmarkt wesentlich mitbestimmt, wie schon die auch im Streitfall mit dem Vorlieferanten der Beklagten vereinbarte Kopplung des Gaspreises an den Marktpreis für leichtes Heizöl zeigt, ändert nichts daran, dass die Gasversorgung aus der Sicht der Erdgas als Heizenergie verwendenden Letztverbraucher als Marktgegenseite grundsätzlich nur in Ausnahmefällen, in denen die Grundentscheidung über die für die Beheizung eines Gebäudes verwendete Energie erstmals oder erneut getroffen wird, durch andere Heizenergieträger substituierbar ist\" (BGH KZR 2/07).
So geht grundsätzlich. Das ist klar, präzise, eindeutig.
Und mit dieser Eindeutigkeit kann für Preisänderungsvorbehalte eben nicht angenommen werden, dass sie wirksam sind.
Deshalb steht da nicht \"sie sind grundsätzlich wirksam\"
Weil es nicht so leicht ist.
Sind sind erst einmal nicht grundsätzlich unwirksam
(auch das wäre leicht herauszufinden).
Das \"grundsätzlich\" hat damit zu tun, wie einfach es ist, etwas zu erkennen. Komplizierte Dinge können keine Grundsätze werden.
Einfach ist hier nur, dass ein Bedürfnis des Versorgers besteht, nicht 100 Jahre an dem einmal vereinbarten Preis festgehalten zu werden, auch wenn alles andere dauernd teurer wird.
Und dann wird es halt kompliziert, wann von einer wirksamen Klausel auszugehen ist.
Die Klauseln können aus allen möglichen Gründen wirksam oder unwirksam sein.
Nur nicht aus dem Grund, dass sie eine Preisvorbehaltsregelung darstellen.
Ist doch ganz einfach, oder?
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