Energiepreis-Protest > Grundsatzfragen
Kontrolle des Gesamtpreises
RR-E-ft:
@Black
Sie weichen aus.
Widmen wir uns bitte unvereingenommen dem juristischen Kernproblem. Ich war etwas unsachlich geworden, mea culpa. Gehen wir bitte einen (kleinen) Schritt zurück.
Was ist beim Leistungbsbestimmungsrecht die zu bestimmende \"Leistung\"?
Schließlich gilt es wohl, sauber zu subsumieren.
Ich meine, die zu bestimmende Leistung sei vorliegend die vertragliche Haupt- Gegenleistung. Die bestimmungsberechtigte Partei sei demnach vorliegend verpflichtet, diese nach Vertragsabschluss (neu) zu bestimmen. Letzteres folgt aus dem Wesensgehalt der gesetzlichen Regelung des § 315 BGB.
Einer Zahlung kann unter Berücksichtigung des Abstraktionsprinzips keine Erklärung, kein Erklärungehalt beigemessen werden.
Die Zahlung erfolgt bei billiger Leistungbsbestimmung mit Rechtsgrund, bei unbilliger Leistungsbestimmung hingegen rechtsgrundlos, was sich aus § 315 Abs. 3 Satz 1 BGB unmittelbar ergibt. Im letzteren Fall besteht ein Rückforderungsanspruch gem. § 812 Abs. 1 BGB, welcher der regelmäßigen Verjährung unterliegt. Er unterliegt der gleichen Verjährung wie der Zahlungsanspruch gem. § 433 Abs. 2 BGB.
Rechtssicherheit war ein Argument:
Wie ist es bei einem Monopolanbieter um die Rechtssicherheit bestellt, dessen Gesamtpreis auch der Billigkeitskontrolle unterliegt?
Wie könnte ein unterschiedliches Bedürfnis nach Rechtssicherheit überhaupt gerechtfertigt werden? (Art. 3 GG).
Ich meine, die materiell- rechtliche Rechte- und Pflichtenlage aus § 315 BGB ist nicht davon abhängig, ob die zur Leistungsbestimmung berufene Partei eine Monopolstellung einnimmt. Ich kann dazu jedenfalls nichts im Gesetz finden.
Was wird aus der gesetzlichen Verpflichtung aus § 2 Abs. 1 EnWG, der gesetzlichen Verpflichtung aus § 315 BGB und aus dem Abstraktionsprinzip in Bezug auf § 315 Abs. 3 Satz 1 BGB und § 812 Abs. 1 BGB? Werden die ausgehebelt und dafür gesorgt, dass sie nicht justiziabel sind?
Die Entscheidung vom 13.06.2007 (VIII ZR 36/06) schließt eine Verpflichtung zur Absenkung eines überhöhten Preisniveaus aus, wenn sie von einem vereinbarten \"Sockel\" ausgeht. Das steht im Widerspruch zur Entscheidung vom 29.04.2008 (KZR 2/07) Rdn. 26.
Venire contra factum proprium (auch ein Argument) sehe ich nicht, wenn der dem Bestimmungsrecht unterliegende Vertragsteil, die ihm vertraglich/ gesetzlich gebührende (geschuldete) Leistung in Anspruch nimmt, bezüglich der einseitig festgesetzten Haupt- Gegenleistung jedoch § 315 Abs. 3 BGB einwendet. Beide vertragliche synallagmatische Ansprüche sind gesondert zu prüfen. So kann der vertragliche/ gesetzliche Lieferanspruch fällig und durchsetzbar sein, der vertragliche/ gesetzliche Zahlungsanspruch gerade mit Rücksicht auf § 315 Abs. 3 Satz 1 BGB hingegen nicht (vgl. auch § 17 Abs. 1 Satz 3 GVV).
Zumindest dann, wenn der Schuldner § 315 BGB einwendet, kann der Gläubiger, dem hinsichtlich der vertraglichen Haupt- Gegenleistung das Bestimmungsrecht zusteht, selbst eine Feststellungsklage gem. § 315 BGB anbringen (vgl. Mugdan, Motive zum BGB). Er hat es also selbst in der Hand, wie schnell gerichtlich entschieden werden kann. Das hängt auch von seinem Prozessverhalten ab. Liegt bereits ein gerichtliches Sachverständigengutachten gem. § 411a ZPO vor und ein darauf gründendes Urteil zugunsten des Versorgers in einem Parallelverfahren, so könnte - bei der gleichen Kammer- eine Entscheidung sehr zügig getroffen werden. Konzentration der Verfahren gem. §§ 102, 103, 108 EnWG und gerichtliche Sachverständigengutachten gem. § 411a ZPO sind deshalb praktikabel.
Dass Gerichtsentscheidungen Zeit brauchen, kann nicht als Argument dafür dienen, dem einen oder dem anderen bestehende Rechte zu beschneiden. Wenn man bedenkt, wie lange manche Scheidungsverfahren in Familiensachen dauern, könnte man sonst auf den Gedanken verfallen, aus Gründen der Rechtssicherheit das Recht auf Ehescheidung einzuschränken. [Polemik wieder aus.]
Ich bleibe dabei, dass sich Zivilgerichte nicht selbst den Streitgegenstand oder ergbnisorientiert die anzuwendenden Rechtsnormen auswählen können und dürfen. Das entnehme ich u.a. aus Art. 20 Abs. 3 GG.
egn:
--- Zitat ---Original von RR-E-ft
Liegt bereits ein gerichtliches Sachverständigengutachten gem. § 411a ZPO vor
--- Ende Zitat ---
Aber wie kann man ein solches Gutachten erzwingen wenn das Gericht den Zeugenaussagen und den durch den Gläubiger beauftragten Gutachten vorbehaltlos glaubt?
Im Ingolstädter Fall hatte auch das OLG dagegen nichts einzuwenden und dann war Schluss.
Dreh- und Angelpunkt ist meiner Meinung nach dass der Gesamtpreis als Ganzes der Billigkeitsprüfung in Vergleich zu den Einfuhrpreisen unterliegen muss. Denn anscheinend haben sich möglicherweise einige der direkt an den Verbraucher liefernden Versorger seit 2003 bei der Weitergabe der Preiserhöhungen durch den Vorlieferanten zurückgehalten. Aber an die Vorlieferanten kommt man so auch nicht ran da der BGH dies verboten hat.
RR-E-ft:
@egn
Ich bin bestrebt, die juristische Diskussion abstrakt zu führen, ohne Rücksicht auf den konkreten Einzelfall.
Es ist dafür belanglos, ob es dabei um Gas oder sonst etwas, in Ingolstadt, auf Usedom oder sonstwo im Geltungsbereich des Grundgesetzes geht.
Es geht nur darum, was sich juristisch aus einem bestehenden Leistungsbestimmungsrecht im Sinne von § 315 Abs. 1 BGB ergibt, abstrakt bezogen auf jedwedes Vertragsverhältnis, insbesondere auf jene, bei denen sich das Leistungsbestimmungsrecht auf die vertragliche Haupt- Gegenleistung bezieht.
Wenn wir erst einmal die materiell- rechtliche Schiene abgearbeitet haben, können wir uns ggf. eingehender mit der prozessrechtlichen Schiene befassen. Durcheinander diskutieren bringt nichts.
Es geht also (bisher) nicht um Beweisfragen, schon gar nicht um Quersubventionierungen und all das andere Gesumms, wovon einem leicht der Kopf schwirrt. Dass Nichtjuristen gerade einmal aus der Diskussion aussteigen müssen, nehme ich dabei in Kauf.
winn111:
möchte mich hier mal einmischen. Zumindest erging am 19.6.2008
ein Urteil des LG Erfurt, wonach die Preiserhöhungsklauseln der EON
gegen § 307 BGB verstoßen und damit ungültig sind.
EON ist bei Enercity mit 24 % beteiligt und es ist wahrscheinlich,
daß hier die gleichen ungültigen AGBs verwendet werden.
Warum wohl rücken die Stadtwerke die AGBs trotz Aufforderung nicht
raus, damit ich diese prüfen kann. Am Aushang kann ich diese wohl einsehen, aber nicht weiter prüfen. Mich würde auch interessieren,
ob diese AGBs still und heimlich geändert worden sind und § 305 BGB
hinzugefügt ist. Wenn man sich gegen Preiserhöhungen wehren will,
sollte man auf jeden Fall die AGBs studieren und nicht über Sinn und
Unsinn des § 315 BGH streiten.
Nach § 307 BGB sind die Stadtwerke verpflichtet, Ihre Kalkulation
offen zu legen, um Erhöhungen durchzusetzen. Es gibt schon Urteile,
die Preiserhöhungen verbieten, wegen Nichtoffenlegung der
Preisbestandsteile.
Es gibt hier eine Masse von Urteilen, die mal so oder mal so ausgehen
und sich nur auf § 315 zu begnügen ist zu kurz gesprungen oder
entspricht einer gewissen Rechthaberei. Streitet euch also weiter,
ich werde auf jeden Fall die AGBs überprüfen lassen, denn hier allein
liegt das Übel des Problems.
RR-E-ft:
@win111
Die Frage der Wirksamkeit von AGB in Sonderabkommen hat mit der Diskussion hier nichts zu tun. In solchen Sonderabkommen geht es nicht um Billigkeit [vgl. OLG Oldenburg, Urt. v. 05.09.2008in Sachen Sonderabkommen der EWE mit Heizgas- Kunden].
Hier geht es (hoffentlich weiter) ausschließlich darum, was sich daraus ergibt, wenn vertraglich oder aber gesetzlich ein Leistungbestimmungsrecht im Sinne des § 315 Abs. 1 BGB hinsichtlich der vertraglichen Haupt- Gegenleistung besteht.
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