Energiepreis-Protest > Grundsatzfragen
Kontrolle des Gesamtpreises
Black:
Oft wird in diesem Forum die Rechtsansicht vertreten, der Energieversorger sei im Rahmen der Billigkeitsprüfung verpflichtet auch den Ausgangspreis bzw. den aktuellen Gesamtpreis- und nicht nur streitige Preisanpassungen-offenzulegen.
Aus dieser vollständigen Offenlegung der Preise könnte dann jedermann
- die Einkaufspreise des Versorgers
- seine laufenden Betriebskosten
- seinen Gewinnspanne
einsehen. Derartige Informationen würden natürlich die Konkurrenz auf dem Energiemarkt sehr erfreuen. Abgesehen davon stellt sich die Frage, was dies dem Kunden bringen soll.
Mir fallen da nur folgende Möglichkeiten ein:
1. der Kunde hofft, dass der Versorger diese Offenlegung scheut und daher einbehaltene Abschläge nicht einklagt
2. der Kunde hofft, dass das Gericht die Gewinnspanne des Versorgers irgendwie unbillig findet und aus diesem Grund den Preis kürzt. Dies wäre langfristig gesehen der Tod des Wettbewerbs und eine Rückkehr zu den genehmigten Tarifen \"durch die Hintertür\".
RR-E-ft:
@Black
Der BGH hat in seiner Entscheidung vom 13.06.2007 - VIII ZR 36/06 klar gesagt, dass zunächst zu prüfen sei, ob überhaupt ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht besteht. Ein solches bestehe, wenn sich das Recht des Versorgers, die Entgelte zu ändern, aus dem Gesetz ergibt. Dann unterliege die Ausübung eines solchen Leistungsbestimmungsrechts der gerichtlichen Billigkeitskontrolle in unmittelbarer Anwendung des § 315 Abs. 3 BGB. In jener Entscheidung stellt der BGH zugleich heraus, dass auch der Anfangspreis zu kontrollieren sei, wenn der Versorger im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses gegenüber dem Vertragspartner auf dem sachlich-relevanten Markt eine Monopolstellung einnahm.
Aus Rdnr. 35 dieser Entscheidung geht hervor, dass die Frage, ob der Versorger gegenüber dem Kunden bei Vertragsabschluss eine solche Monopolstellung einnahm, vom Tatsachengericht festzustellen ist und der BGH an diese Feststellung gebunden sei. Das anhängige Verfahren VIII ZR 138/07, zu dem der Verkündungstermin auf den 19.11.2008 verschoben wurde, betrifft z.B. einen Fall, wo das Landgericht Duisburg eine Monopolstellung des Gasversorgers festgestellt hatte.
Der BGH hat in seiner Entscheidung vom 04.03.2008 - KZR 29/06 gesagt, dass bei bestehendem gesetzlichen Leistungsbestimmungsrecht das Gesamtentgelt dann der Billigkeitskontrolle unterliege, wenn die Entgelthöhe nicht durch wirksamen Wettbewerb begrenzt sei.
Ob die entsprechenden Voraussetzungen im konkreten Einzelfall vorliegen, ist wiederum von den Tatsachengerichten zu klären.
Der BGH hat in seiner Entscheidung vom 13.06.2007 - VIII ZR 36/06 festgestellt, dass bei bestehendem (gesetzlichem) eineitigem Leistungsbestimmungsrecht die Weitergabe gestiegener Kosten der Billigkeit entsprechen kann. Der BGH hat in seiner Entscheidung vom 29.04.2008 - KZR 2/07 im Anschluss daran festgestellt, dass sich bei gesetzlichem Leistungsbestimmungsrecht bereits aus der gesetzlichen Regelung auch eine Verpflichtung ergibt, bei Kostensenkungen auch die Entgelte abzusenken.
Wenn bei gesetzlichem Leistungsbestimmungsrecht die jeweilige Entgelthöhen das Ergebnis von Ermessensentscheidungen sind, die Entgelte zu erhöhen, abzusenken oder aber stabil zu halten, und zudem das Recht zur Erhöhung wie auch die Pflicht zur Absenkung von der konkreten Kostensituation des Unternehmens abhängen, so sollte dies wohl entsprechende Konsequenzen zeitigen. Eine Frage der inneren Logik.
Nur wenn überhaupt ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht besteht, geht es schlicht und ergreifend darum, ob derjenige, der zur Leistungsbestimmung berufen ist, bei der Ausübung dieses Rechts die naturgemäß gegenläufigen Interessen beider Vertragspartner unter umfassender Würdigung des Vertragszwecks zutreffend gegeneinander abgewogen hat.
Bei Ihren Betrachtungen (jedermann könnte...) verkennen Sie offensichtlich, dass in einem Zivilprozess dann, wenn es auf Betriebsgeheimnisse ankommen sollte, gem. § 172 Abs. 2 GVG die Öffentlichkeit ausnahmsweise ausgeschlossen werden kann.
Für die Frage, was Betriebsgeheimnisse sein könnten, ist zu berücksichtigen, inwieweit etwa gesetzliche Publizitätspflichten bestehen. Besteht eine gesetzliche Publizitätspflicht, kann es sich nicht um ein Geschäftsgehemnis handeln. Auch Marktpreise auf vorgelagerten Beschaffungsmärkten sind wohl zumindest marktöffentlich und können deshalb keine Geschäftsgeheimnisse bilden. Die Marktpreise sollte also sowieso jeder Marktteilnehmer kennen können.
Worauf der Kunde hofft, ist dafür ebenso ohne Belang, wie die Hoffnung des Versorgers, der ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht für sich in Anspruch nimmt und nur deshalb der gerichtlichen Billigkeitskontrolle in unmittelbrer Anwendung des § 315 Abs. 3 BGB unterliegt (Kehrseite ein und derselben Medaille).
Siehe auch hier.
Black:
So viel Text und so wenig Aussage....
--- Zitat ---Original von RR-E-ft
@Black
Der BGH hat in seiner Entscheidung vom 13.06.2007 - VIII ZR 36/06 (....)
Aus Rdnr. 35 dieser Entscheidung geht hervor, (...)
--- Ende Zitat ---
Schöne langatmige Darstellung zur Anwendbarkeit des § 315 BGB, sicher interessant für Laien oder Studenten, aber keine Aussage zur Eingangsfrage.
--- Zitat ---Original von RR-E-ftDer BGH hat in seiner Entscheidung vom 04.03.2008 - KZR 29/06 gesagt, (...)
Ob die entsprechenden Voraussetzungen im konkreten Einzelfall vorliegen, ist wiederum von den Tatsachengerichten zu klären.]
--- Ende Zitat ---
Wie wahr, wie wahr... aber noch immer keine Antwort zur Frage.
--- Zitat ---Original von RR-E-ftDer BGH hat in seiner Entscheidung vom 13.06.2007 - VIII ZR 36/06 festgestellt, (...)]
--- Ende Zitat ---
Weitere langatmige Ausführungen zu längst bekannter Rechtsprechung, aber noch immer nix zum Thema...
--- Zitat ---Original von RR-E-ft
Worauf der Kunde hofft, ist dafür ebenso ohne Belang, wie die Hoffnung des Versorgers, der ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht für sich in Anspruch nimmt und nur deshalb der gerichtlichen Billigkeitskontrolle in unmittelbrer Anwendung des § 315 Abs. 3 BGB unterliegt (Kehrseite ein und derselben Medaille).
--- Ende Zitat ---
Endlich was zum Thema, allerdings verstehe ich nicht was sie meinen.
Sie müssen übrigens nicht bei jeder Frage erneut die Große Geschichte der BGH Rechtsprechung in voller Länge erläutern. Es genügt beim Thema zu bleiben.
RR-E-ft:
@Black
Sie haben diesen Thread mit einem Beitrag begonnen, der aus Ihrer Sicht viele Feststellungen trifft, die Sie in den Raum gestellt haben. Er enthält - soweit ich sehen kann - vornehmlich Feststellungen Ihr eigenes Vorstellungsvermögen betreffend, aber keine Fragen.
Mein Beitrag in Erwiderung darauf, den Sie als langatmig und allenfalls noch für Laien und Studenten als interessant empfinden mögen, stellt die Situation aus meiner Sicht erschöpfend dar.
--- Zitat ---Original von Black
Oft wird in diesem Forum die Rechtsansicht vertreten, der Energieversorger sei im Rahmen der Billigkeitsprüfung verpflichtet auch den Ausgangspreis bzw. den aktuellen Gesamtpreis- und nicht nur streitige Preisanpassungen-offenzulegen.
--- Ende Zitat ---
Auf den ersten Blick eine grob falsche Aussage, wie gezeigt werden kann:
Der Ausgangspreis ist bei gesetzlichem Leistungsbestimmungsrecht veröffentlichungspflichtig und also offen zu legen. Ebenso verhält es sich dabei mit dem aktuellen Preis, der sich zumeist aus Grund- und Arbeitspreis zusammensetzt. Die Veröffentlichung ist dabei bekanntlich sogar die Grundvoraussetzung für die Geltung des einseitig festgesetzten Preises, undzwar auch vollkommen ohne Unbilligkeitseinrede. :rolleyes:
Hier im Forum wurde sehr oft - u. a. von mir - sehr ausführlich darauf hingewiesen, dass es keine Verpflichtung des Versorgers gibt, seine Kalkulationsgrundlagen offen zu legen, dass jedoch im Rahmen der Darlegungs- und Beweislast eines Billigkeitsverfahrens eine entsprechende Obliegenheit bestehen kann. Soviel Differenzierung möchte man (nicht unbedingt von Laien und Studenten im Erstsemester)erwarten. Der erste Absatz Ihres Eingangsbeitrages entbehrt also schon der Grundlage.
Der zweite Absatz Ihres Eingangsbeitrages betrifft Annahmen, die schlicht nicht zutreffen.
--- Zitat ---Original von Black
Aus dieser vollständigen Offenlegung der Preise könnte dann jedermann
- die Einkaufspreise des Versorgers
- seine laufenden Betriebskosten
- seinen Gewinnspanne
einsehen. Derartige Informationen würden natürlich die Konkurrenz auf dem Energiemarkt sehr erfreuen.
--- Ende Zitat ---
Wie gesagt, die Preise müssen veröffentlicht werden und werden zumeist auch veröffentlicht, ohne dass man aus diesen die Einkaufspreise des Versorgers, seine laufenden Betriebskosten oder seine Gewinnspanne ersehen kann. Wenn man die zu deckenden Kosten daraus tatsächlich ersehen und also die Deckungsbeiträge ermitteln könnte, gäbe es gewiss weniger Aufregeung.
Über meinen Hinweis auf § 172 Abs. 2 GVG im Zusammenhang mit Preiskalkulationen gehen Sie getrost hinweg, obschon gerade der Schutz von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen möglicherweise Ihr Thema sein sollte.
So genau kann man leider gar nicht erkennen, was Sie eigentlich mit diesem Beitrag thematisieren wollten.
--- Zitat ---Original von Black
Mir fallen da nur folgende Möglichkeiten ein:
1. der Kunde hofft, dass der Versorger diese Offenlegung scheut und daher einbehaltene Abschläge nicht einklagt
2. der Kunde hofft, dass das Gericht die Gewinnspanne des Versorgers irgendwie unbillig findet und aus diesem Grund den Preis kürzt. Dies wäre langfristig gesehen der Tod des Wettbewerbs und eine Rückkehr zu den genehmigten Tarifen \"durch die Hintertür\".
--- Ende Zitat ---
Ihr eigenes Vorstellungsvermögen, dem wohl der dritte Abschnitt Ihres Ausgangsbeitrages gewidmet ist (\"Mir fallen da nur folgende Möglichkeiten ein...\"), sollte gewiss nicht Thema sein. Eine Diskussion darüber wäre jedenfalls offensichtlich wenig zielführend. Um das eigene Vorstellungsvermögen und dessen etwaige Begrenztheit zu thematisieren, suche man sich ggf. andere Dialogpartner. ;)
Übrigends ist nicht immer lediglich eine Entgelterhöhung streitgegenständlich im Sinne von § 308 ZPO.
So betrifft etwa das am achten Zivilsenat des BGH unter dem Aktenzeichen VIII ZR 138/07 anhängige Verfahren, einen Fall, bei dem nicht eine einzelne Erhöhung, sondern der Zahlungsanspruch des Gasversorgers streitgegenständlich ist. Das Verfahren betrifft die in Form einer Widerklage erhobene Zahlungsklage des Gasversorgers. Diesen hatte das Landgericht Duisburg in Abänderung des Urteils des AG Dinslaken abgewiesen.
--- Zitat ---Original von Black
Abgesehen davon stellt sich die Frage, was dies dem Kunden bringen soll.
--- Ende Zitat ---
Ich hoffe, dass Sie nicht ernstlich die Frage aufwerfen wollen, was etwa der vom Urteil des LG Duisburg v. 10.05.2007- 5 S 76/06 betroffene Kunde nun davon hat/ was es ihm bisher gebracht hat. Diese Frage könnten Sie sich indes wohl leicht selbst beantworten. ;)
Gegenstand der gerichtlichen Billigkeitskontrolle gem. § 315 Abs. 3 BGB ist die Frage, ob bei vertraglichem/ gesetzlichem Leistungsbestimmungsrecht die Ermessensentscheidung der zur Leistungsbestimmung berufenen Vertragspartei auf zutreffender Abwägung der (naturgemäß) gegenläufigen Interessen beider Vertragspartner unter umfassender Würdigung des Vertragszwecks gründet.
Diese Frage hat damit, ob ein Wettbewerb besteht oder nicht, schlicht und ergreifend nichts zu tun. Voraussetzung ist lediglich, dass einer Vertragspartei ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht zusteht.
Diejenige Vertragspartei, die sich vertraglich ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht gem. § 315 Abs. 1 BGB einräumen lässt, muss wissen, dass ihre einseitige Leistungsbestimmung von Anfang an einer solchen gerichtlichen Billigkeitskontrolle gem. § 315 Abs. 3 BGB unterliegt, bei der es auf die Abwägung der gegenläufigen Interessen beider Vertragspartner unter umfassender Würdigung des Vertragszwecks ankommt. Vertragszweck ist regelmäßig eine möglichst preisgünstige leitungsgebundene Energieversorgung.
Diejenige Vertragspartei, die sich bei Vertragsabschluss ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht hinsichtlich der vom Kunden zu zahlenden Entgelte vertraglich einräumen lässt, hat somit die sich daraus automatisch ergebenden rechtlichen Konsequenzen (Kehrseite ein und der selben Medaille) selbst gewählt, aus freiem Entschluss. Das wird leider gern vergessen. Deshalb ist die ganze Aufregung wenig verständlich.
Black:
Wenn man von ihren ellenlangen und an dieser Stelle überflüssigen Ausführungen zum Wesensgehalt des § 315 BGB einmal absieht ist doch folgendes festzustellen:
1. Eine Gesamtpreiskontrolle vor deutschen Gerichten findet derzeit nicht statt. Sie vertreten zwar die Auffassung eine solche Kontrolle sei nun nach der Entscheidung des Kartellsenats rechtlich verbindlich festgestellt, aber es bleibt dabei, faktisch erfolgt bislang keine Kontrolle des Ausgangspreises vor irgendeinem deutschen Gericht.
2. Die ganze Energieprotest-Fraktion hier versucht eine solche Ausgangspreiskontrolle zu erreichen. Vielleicht in der Mehrzahl nicht bewusst, aber zumindest der Aussage in den blind kopierten \"Musterschreiben\" zu folge.
Die Eingangsfrage war nun, was damit praktisch erreicht werden soll. Denn jede Rechtsverfolgung dient einem praktischen Ziel.
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