Energiepreis-Protest > Grundsatzfragen
Kontrolle des Gesamtpreises
RR-E-ft:
@tangocharly
Ich enthalte mich, in die Beiträge von Black Auffassungen hinein zu vermuten oder auch nur über solche Vermutungen zu spekulieren und zu diskutieren. In der Sache bitte nicht wieder alles durcheinander bringen. Wir waren wohl gerade gedanklich gut sortiert.
Also in der Entscheidung vom 13.06.2007 (VIII ZR 36/06) geht es nicht um Marktpreise, sondern u. a. um geänderte Kosten des Unternehmens. Um einen Zahlungsanspruch gem. § 433 BGB ging es auch nicht. Ein solcher war nicht streitgegenständlich. Streitgegenständlich war dort ein Feststellungsanspruch gem. § 315 Abs. 3 BGB. Es handelte sich um eine Feststellungsklage.
Bei einer Zahlungsklage ist Streitgegenstand allein der Kaufpreisanspruch gem. § 433 II BGB. Daran ändert sich auch nichts, wenn im konkreten Vertragsverhältnis die vom Kunden geschuldete Haupt- Gegenleistung Gegenstand eines Leistungsbestimmungsrechts des Gläubigers im Sinne von § 315 Abs. 1 BGB ist und der Schuldner im Prozess die Unbilligkeitseinrede gem. § 315 Abs. 3 BGB erhebt, vgl. nur BGH, Urt. v. 02.10.1991 (VIII ZR 240/90). Aus dieser Entscheidung geht ganz klar hervor, unter welchen Voraussetzungen das Gericht nur gem. § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB eine Ersatzbestimmung treffen kann.
Diese Voraussetzungen lagen in jenem Verfahren - einem Zahlungsprozess - nicht vor. Die genaue Begründung dafür, die sich erst am Ende der Entscheidung findet, sollte man sich merken. Es fehlte u.a. bereits am Feststellungsantrag gem. § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB. Die Zahlungsklage wurde deshalb als derzeit unbegründet abgewiesen.
Diese Entscheidung belegt, dass allein der Kläger mit seinem Antrag gem. § 308 ZPO den Streitgegenstand bestimmt, über den das Gericht vollständig zu entscheiden hat, aber auch nicht mehr als beantragt zusprechen darf.
Merke:
Auf eine Zahlungsklage des Verkäufers gem. § 433 Abs. 2 BGB ergeht wegen des vom Kläger bestimmten Streitgegenstandes kein Gestaltungsurteil gem. § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB.
Es darf in Folge der Antragstellung gem. § 308 ZPO gar nicht ergehen.
Der zur Bestimmung der vertraglichen Haupt- Gegenleistung berechtigte Verkäufer müsste dafür seinerseits einen Feststellungsantrag gem. § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB stellen, dem nur dann Erfolg beschieden sein kann, wenn auch die übrigen Tatbestandsvoraussetzungen des § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB vorliegen, wozu auch und gerade die Unbilligkeit gehört. Das besagt das Urteil vom 02.10.1991 (VIII ZR 240/90) neben vielem anderen Bedeutsamen.
Ebenso klar ist, dass kein Gericht zur ergebnisorientierten, selektiven Rechtsanwendung befugt ist.
Die gerichtliche Billigkeitskontrolle ist Aufgabe der Tatsachengerichte und unterliegt nur eingeschränkter revisionsrechtlicher Kontrolle, was immer wieder höchstrichterlich entschieden wurde, vgl. BGH, Urt. v. 13.06.2007 (VIII ZR 36/06) Rn. 20:
--- Zitat ---Die tatrichterlichen Ausführungen zur Anwendung des § 315 BGB im konkreten Fall können vom Revisionsgericht nur darauf überprüft werden, ob das Berufungsgericht den Begriff der Billigkeit verkannt, ob es die gesetzlichen Grenzen seines Ermessens überschritten oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht hat und ob es von einem rechtlich unzutreffenden Ansatz ausgegangen ist, der ihm den Zugang zu einer fehlerfreien Ermessensentscheidung versperrt hat (BGHZ 115, 311, 321; Senatsurteil vom 21. September 2005 - VIII ZR 7/05, NJW-RR 2006, 133, unter II 2 m.w.N.).
--- Ende Zitat ---
Wenn sich ein einseitiges Leistungbsetimmungsrecht auf die vertragliche Haupt- Gegenleistung, das zu zahlende Entgelt bezieht, gilt Folgendes, vgl. BGH, Urt. v. 18.10.2007 (III ZR 277/06) Rdn. 20 f.
--- Zitat ---Dem Inhaber des Bestimmungsrechts verbleibt für die rechtsgestaltende Leistungsbestimmung ein nach billigem Ermessen auszufüllender Spielraum, der Voraussetzung der richterlichen Billigkeitskontrolle gemäß § 315 Abs. 3 BGB ist (Senatsurteil BGHZ 115, 311, 319). Innerhalb des Spielraums stehen dem Bestimmungsberechtigten mehrere Entscheidungsmöglichkeiten zur Verfügung. Die Prüfung, ob die Bestimmung der Höhe des Entgelts der Billigkeit entspricht, erfordert die Abwägung der objektiven wirtschaftlichen Interessen beider Vertragspartner und eine umfassende Würdigung des Vertragszwecks, in die weitere Gesichtspunkte einfließen können (Senatsurteil vom 24. November 1977 aaO S. 143 unter A. II. 2.; BGHZ 41, 271, 279; BGH, Urteil vom 2. Oktober 1991 - VIII ZR 240/90 - NJW-RR 1992, 183, 184 unter III. 1. m.w.N.; Clausen, Zivilgerichtliche Preiskontrolle über die Landeentgelte der Verkehrsflughäfen in Deutschland S. 76; Schwenk/Giemulla, Handbuch des Luftverkehrsrechts 3. Aufl. S. 581; jew. m.w.N.). Ziel dieser Prüfung ist nicht die Ermittlung eines \"gerechten Preises\" von Amts wegen. Vielmehr geht es darum, ob sich die getroffene Bestimmung in den Grenzen hält, die durch die Vorschrift des § 315 Abs. 3 Satz 1 BGB gezogen werden (Senatsurteil vom 24. November 1977 aaO S. 143 unter A. II. 2.). Damit dient die anzustellende Billigkeitskontrolle der Sicherung elementarer Vertragsgerechtigkeit (Landgericht Berlin, ZLW 2001, 475, 481).
Die Ermessens- oder Billigkeitskontrolle der privatautonomen Leistungsbestimmung obliegt grundsätzlich dem Tatrichter, weil sie tatsachenabhängig ist und einen entsprechenden tatrichterlichen Beurteilungsspielraum verlangt (Soergel/Wolf, BGB 12. Aufl. § 315 Rn. 48; Staudinger/Rieble, BGB [2004] § 315 Rn. 301). Die tatrichterlichen Ausführungen zur Anwendung des § 315 Abs. 3 BGB im konkreten Fall können vom Revisionsgericht nur daraufhin überprüft werden, ob das Berufungsgericht den Begriff der Billigkeit verkannt hat, ob es die gesetzlichen Grenzen seines Ermessens überschritten oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht hat und ob es von einem rechtlich unzutref-fenden Ansatz ausgegangen ist, der ihm den Zugang zu einer fehlerfreien Ermessensübung versperrt hat (Senat, BGHZ 115 aaO S. 321; BGH, Urteile vom 24. November 1995 - V ZR 174/94 - NJW 1996, 1054, 1055 m.w.N.; vom 21. September 2005 - VIII ZR 7/05 - NJW-RR 2006, 133, 134 unter II. 2.; vom 13. Juni 2007 - VIII ZR 36/06 - NJW 2007, 2540, 2542 Rn. 20; Staudinger/ Rieble aaO Rn. 302).
--- Ende Zitat ---
aaO., Rdn. 39:
--- Zitat ---Bei der Billigkeitskontrolle der in Rede stehenden Entgeltanhebung kommt dem Grundsatz der Kostendeckung besondere Bedeutung zu. Die Preiskontrolle der von der Klägerin einseitig festgesetzten Flughafenentgelte hat sich - ähnlich wie bei anderen Entgelten im Bereich der Daseinsvorsorge - am Kostenbezug der geforderten Entgelte zu orientieren (vgl. Senatsurteil BGHZ 115 aaO S. 318; BGH, Urteile vom 2. Oktober 1991 aaO S. 185 unter III 2. a); vom 21. September 2005 aaO S. 135 unter II. 2. b); Landgericht Berlin aaO S. 480; ZLW 2006, 475, 478; Clausen aaO S. 90 ff m.w.N.; von Einem, Die Liberalisierung des Marktes für Bodenabfertigungsdienste auf den Flughäfen in Europa S. 201; Giesberts/Sieberg aaO ZLW 2005 S. 183; Hoffmann/ Grabherr, Luftverkehrsgesetz Stand Mai 2006 § 6 Rn. 173 zur Prüfung des Antrags auf Genehmigung der Entgelte nach § 43 Abs. 1, § 53 Abs. 1 LuftVZO). Im Rahmen der Leistungsbestimmungsbefugnis des Flughafenbetreibers ist es prinzipiell hinzunehmen, dass die Klägerin für die Berechnung der Flughafenentgelte die einzelnen Geschäftsbereiche des Flughafens unterscheidet und ihrer Entscheidung isoliert die Erlös- und Kostensituation im Bereich der Zentralen Infrastruktureinrichtungen zugrunde gelegt hat [vgl. OLG Düsseldorf, Urteil vom 18. Juni 2003 - VI U (Kart) 64/01 - juris Rn. 22; Giesberts/Sieberg aaO S. 188]. Die Begrenzung auf den Geschäftsbereich der Zentralen Infrastruktureinrichtungen ist dadurch gerechtfertigt, dass die Fluggesellschaften gerade diese Einrichtungen in Anspruch nehmen. Somit ist der notwendige Kostenbezug grundsätzlich gewahrt. Über die Deckung der Kosten der Leistung sowie der Vorhaltung der dazu notwendigen Anlagen hinaus steht dem Flughafenbetreiber auch ein Gewinn zu, aus dem er die erforderlichen Rücklagen bilden und Investitionen tätigen kann (EuGH, Beschluss vom 16. Oktober 2003 aaO S. 86 f Rn. 56; Senatsurteil vom 24. November 1977 aaO S. 147 unter A. II. 5.; vgl. BGH, Urteil vom 2. Oktober 1991 aaO S. 185 unter III. 2. a) m.w.N.; Landgericht Berlin, ZLW 2001 aaO S. 481; Clausen aaO S. 91).
--- Ende Zitat ---
Sind das nicht etwa die generellen Kriterien für die Billigkeitskontrolle einer einseitigen Entgeltbestimmung?
Es ist deshalb m. E. nicht Aufgabe des BGH, einen weitergehenden Prüfungsrahmen für eine Billigkeitskontrolle vorzugeben. Es steht dem BGH meines Erachtens weder an noch zu.
Zumeist geht es nicht darum, dass das Gericht eine Ermessensentscheidung zu treffen hat, sondern allein darum, eine Ermessensentscheidung der zur Leistungsbestimmung berufenen Vertragspartei auf ihre Billigkeit hin zu kontrollieren, was es m.E. zunächst erfordert, eine vorgenommene Abwägung zwischen den gegenläufigen Interessen beider Vertragsteile unter umfassender Würdigung des Vertragszwecks aufzuzeigen.
Auch wenn es schwer fällt, sollte man bitte einfach einmal versuchen, abstrakt beim Leistungsbestimmungsrecht im Sinne von § 315 BGB zu bleiben, ohne Rücksicht auf energiewirtschaftliche Bestimmungen, um das juristische Problem besser einzugrenzen, so wie es weiter oben begonnen wurde und unsere Diskussion m. E. inhaltlich erfolgreich vorangebracht hat. Geht die Diskussion inhaltlich zu sehr durcheinander, steht zu besorgen, dass hier einer den Kurt Beck macht.
Es lohnt wirklich nicht, jedes mal wieder das gesamte Fass neu aufzumachen. Unter anderem den angeblichen Substitutionswettbewerb hatten wir oben bereits vollumfänglich abgehandelt. Es handelt sich um eine Frage, die vom Tatsachengericht in concreto zu klären ist. Gibt es einen solchen Wettbewerb in Berlin, muss es einen solchen in Pfullingen oder auf Rügen noch lange nicht geben. Es kommt immer auf den sachlich, räumlich und zeitlich konkret abzugrenzenden Markt an. Darauf kommt es jedoch für eine direkte Anwendung des § 315 BGB bei bestehendem Leistungsbestimmungsrecht Im Sinne des § 315 Abs. 1 BGB schon nicht an, vgl. oben.
Black:
@RR-E-ft Ich verstehe Ihre Aufregung nicht. Wenn seit einem Vertragsschluss mittlerweile 20 Preisanpassungen ins Land gegangen sind, von denen 18 nicht vom Kunden beanstandet wurden und gezahlt wurden, dann ist doch verständlich, dass das Gericht sich bei der Billigkeitskontrolle auf die 2 Anpassungen beschränkt, die der Kunde tatsächlich beanstandet hat.
Etwas anderes wäre auch nicht praktikabel. Auch für denjenigen, der eine Leistung einseitig bestimmt muss irgendwann einmal eine Rechtssicherheit gewährleistet sein, ob diese Bestimmung nun bindend geworden ist oder nicht. Die Auffassung des BGH, dass dies bei fehlendem Widerspruch und Zahlung der Fall ist, ist insoweit interessengerecht und läßt sich z.b. mit dem Verbot des widersprüchlichen Verhaltens begründen (venire contra factum proprium)
Im Übrigen halte ich es für absolut zulässig, einen Vertrag so zu gestalten, dass zunächst ein fester Preis vereinbart wird, der verbindlich gelten soll, bis die berechtigte Vertragspartei einseitig eine Veränderung dieses Preises bestimmt. Bis zur Ausübung dieses Rechts besteht der vereinbarte Ausgangspreis, wodurch auch der notwendige Vertragsbestandteil Preis von Anfang an hinreichend bestimmt ist und der Vertrag insoweit keine Lücke aufweist.
Dem steht auch der § 315 BGB nicht entgegen. Der § 315 BGB legt nur die Rechtsfolge fest fest, wenn und soweit zugunsten einer Vertragspartei ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht vereinbart wurde. Wenn dieses Recht eben nicht für den Preis von Anfang an, sondern erst für seine Veränderung vereinbart ist, dann kann der § 315 BGB auch nicht über diesen Teil hinaus angewendet werden.
Daher hat der BGH völlig zu Recht den Ausgangspreis als vereinbart und nicht als einseitig festgelegt angesehen und eine billigkeitskontrolle nur für den bestimmbaren Teil, die Anpassung, zugelassen.
RR-E-ft:
@Black
Der Denkfehler - pardon - besteht darin, dass das Bestimmungsrecht nicht nur zu Erhöhungen berechtigt, die sich aufeinander auftürmen könnten, sondern eben zugleich auch eine gesetzliche Verpflichtung zur Entgeltsenkung beinhaltet, wenn diese für die Kunden günstig ist.
Sie meinen wohl - dann jedoch nunmehr offen contra legem - ein Bestimmungsrecht sei nur ein Erhöhungsrecht und umfasse keine Verpflichtung. Woher nehmen Sie das nur?! [nochmals: Palandt, BGB, 67. A., § 315 Rn. 12 und BGH, Urt. v. 29.04.2008 (KZR 2/07) Rdn. 26]. Unvertretbar, falsch.
Derjenige Gläubiger, der nach Vertragsabschluss berechtigt ist, die vertragliche Haupt- Gegenleistung zu bestimmen, ist auch dazu verpflichtet, nach Vertragsabschluss eine der Billigkeit entsprechende Bestimmung der vertaglichen Haupt- Gegenleistung zu treffen.
Dies zu negieren, hieße, das geltende Recht nicht anzuwenden. Welches Recht Richter anzuwenden haben, können sich die Gerichte nicht aussuchen. Gegen Rechtsbeugung hätte ich tatsächlich etwas. Eine solche sähe ich, wenn sich Zivilgerichte ihren Streitgegenstand oder aber das anzuwendende Recht ergebnisorientiert selbst aussuchen wollten.Dagegen müssen zumindest all diejenigen etwas haben, die einen Eid darauf geschworen haben, das Recht und die Rechtsordnung zu verteidigen. Ein Verstoß gegen die verfassungsmäßige Ordnung (Art. 20 III GG) ist das Letzte, dem man das Wort reden sollte. Nochmals: Ich glaube nicht, dass Bundesrichter sehenden Auges ergbnisorientiert das geltende Recht verkürzen oder verbiegen würden, auch wenn es nicht wenige hoffen mögen.
Möglicherweise haben Sie einen Vorschlag, wie man die - aus dem Bestimmungsrecht zugleich folgende Verpflichtung - juristisch sauber kontrolliert, wenn diese Verpflichtung an der Kostenentwicklung des Unternehmens hängt [vgl. BGH, Urt. v. 29.04.2008 (KZR 2/07) Rdn. 26] und die dafür maßgebliche Kostenentwicklung dem betroffenen Kunden nicht bekannt ist.
Kurzer Fakten- Check:
--- Zitat ---Original von Black
Der § 315 BGB legt nur die Rechtsfolge fest, wenn und soweit zugunsten einer Vertragspartei ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht vereinbart wurde. Wenn dieses Recht eben nicht für den Preis von Anfang an, sondern erst für seine Veränderung vereinbart ist, dann kann der § 315 BGB auch nicht über diesen Teil hinaus angewendet werden. Daher hat der BGH völlig zu Recht den Ausgangspreis als vereinbart und nicht als einseitig festgelegt angesehen und eine Billigkeitskontrolle nur für den bestimmbaren Teil, die Anpassung, zugelassen.
--- Ende Zitat ---
Klingt - zumindest mit dem Brustton der Überzeugung vorgetragen - ehrfurchtgebietend professionell, jedoch bei genauer Betrachtung alles andere als überzeugend:
Wer soll denn bitte diesen bestimmbaren Teil, also die Anpassung festlegen, der sich angeblich nur noch kontrollieren lässt?
Wohl der zur Leistungsbestimmung berechtigte Vertragsteil selbst, hier gerade der Versorger?!
Im Klartext: Der gem. § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB gerichtlich zu kontrollierende Vertragsteil legt also selbst fest, wie weit die ihn betreffende gesetzliche Kontrollmöglichkeit überhaupt reicht?!
Das ist wirklich Ihre Auffassung, die Sie für vetretbar halten und hier öffentlich vertreten möchten?!
Das wäre wirklich famos. Was meinen wohl Studenten im Grundstudium dazu?
Dass damit die gesetzliche Regelung des § 315 BGB ad absurdum geführt würde, liegt so offen zu Tage, dass ich mich wirklich frage, ob Sie wirklich ernst meinen können, was Sie hier vertreten und uns als Recht und Gesetz entsprechend nahe bringen möchten. Merken Sie eigentlich, dass Sie im Begriff sind, das geltende Recht völlig auf den Kopf zu stellen? Oder merken Sie es etwa nicht mehr?
Auch die Rechtssicherheit ist gegeben (hin wie her), undzwar nicht erst irgendwann.
Werden auf eine unbillige Entgeltfestsetzung Zahlungen geleistet, so erfolgen diese Zahlungen wegen § 315 Abs. 3 Satz 1 BGB rechtsgrundlos und unterliegen deshalb - auch ohne zuvor erhobene Unbilligkeitseinrede - gem. § 812 I BGB der Rückforderung, vgl. BGH, Urt. v. 05.02.2003 (VIII ZR 111/02). Und dieser Rückforderungsanspruch unterliegt der regelmäßigen - ich meine kurzen, nunmehr dreijährigen - Verjährung, vgl. BGH, aaO..
Kontrolliert wird auch nicht der Preis von vor 20 Anpassungen, sondern der jeweils aktuelle Preis, weil dieser ja gerade das Ergebnis der Ermessensausübung der zur Bestimmung berechtigten Vertragspartei ist.
Praktikabel kann es auch sein:
In der Regel wird ein gerichtliches Sachverständigengutachten erforderlich sein, vgl. nur BGH, B. v. 02.06.2008 (II ZR 67/07). Ein solches gerichtliche Sachverständigengutachten kann in anderen, gleichgelagerten Verfahren gem. § 411a ZPO Verwendung finden. Das gilt zumal dann, wenn die Verfahren gem. § 103 EnWG bei einer besonderen Kammer konzentriert werden, so dass auch eine divergierende Rechtsprechung unwahrscheinlich ist. Wenn es auch keine prozessuale Bindungwirkung gibt, so doch die mehrfach verwendbaren gerichtlichen Sachverständigengutachten.
Bisher legen die Versorger ja auch in allen Verfahren die gleichen, jedoch gekauften- fortgeschriebenen - Fließbandbescheinigungen vor.
Das geht mit gerichtlichen Sachverständigengutachten gem. § 411a ZPO noch viel besser. Die taugen wenigstens als Beweismittel, haben aber aus Sicht betroffener Kreise wohl den Nachteil, dass sie sich weit schwerer kaufen lassen.
Ronny:
@Fricke
Ich glaube, Sie haben sich da irgendwie verrannt.
Niemand bestreitet, dass sich auch ein Verpflichtung ergeben kann, die Preise zu senken. Das hat black an keiner Stelle behauptet.
Die ganze Panik von wegen Auflösung des Rechtsstaats ist doch völlig aus der Luft gegriffen.
--- Zitat --- Kurzer Fakten- Check:
--- Zitat --- Zitat: Original von Black
Der § 315 BGB legt nur die Rechtsfolge fest, wenn und soweit zugunsten einer Vertragspartei ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht vereinbart wurde. Wenn dieses Recht eben nicht für den Preis von Anfang an, sondern erst für seine Veränderung vereinbart ist, dann kann der § 315 BGB auch nicht über diesen Teil hinaus angewendet werden. Daher hat der BGH völlig zu Recht den Ausgangspreis als vereinbart und nicht als einseitig festgelegt angesehen und eine Billigkeitskontrolle nur für den bestimmbaren Teil, die Anpassung, zugelassen.
--- Ende Zitat ---
Klingt - zumindest mit dem Brustton der Überzeugung vorgetragen - ehrfurchtgebietend professionell, jedoch bei genauer Betrachtung alles andere als überzeugend:
Wer soll denn bitte diesen bestimmbaren Teil, also die Anpassung festlegen, der sich angeblich nur noch kontrollieren lässt?
Wohl der zur Leistungsbestimmung berechtigte Vertragsteil selbst, hier gerade der Versorger?!
Im Klartext: Der gem. § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB gerichtlich zu kontrollierende Vertragsteil legt also selbst fest, wie weit die ihn betreffende gesetzliche Kontrollmöglichkeit überhaupt reicht?!
Das ist wirklich Ihre Auffassung, die Sie für vetretbar halten und hier öffentlich vertreten möchten?!
--- Ende Zitat ---
Wieso sollte das Versorgungsunternehmen selbst bestimmen, wie weit die gerichtliche Kontrollmöglichkeit reicht? Die Kontrollmöglichkeit ergibt sich aus dem Gesetz (§ 315 BGB) und dem Urteil des BGH vom 13.06.2007, welches festlegt, dass das Versorgungsunternehmen zum Nachweis der Billigkeit der Preisänderungen die Änderung der Bezugs- und sonstigen Kosten darlegen muss. Das Versorgungsunternehmen hat auf den Umfang der Kontrolle doch überhaupt keinen Einfluss.
Ihre eigentliche Sorge scheint - soweit ich das richtig verstehe - zu sein, dass das Versorgungsunternehmen nicht verpflichtet sein sollte, Preissenkungen weiterzugeben, bzw., dass das nicht kontrollierbar wäre. Wieso sollte das nicht mit den vom BGH vorgebenen Mitteln kontrollierbar sein?
Zu den Sachverständigengutachten:
Sie können ja gebetsmühlenhaft wiederholen, dass die von den Versorgungsunternehmen in Auftrag gegebenen Gutachten gekauft sind. Aber die auf das Allerplakativste aufgestellte Unterstellung, dass diese Gutachten allesamt falsch seien und allein deshalb falsch seien, weil das Versorgungsunternehmen das Gutachten bezahlt hat, ist reine Polemik.
Wenn ich mir die Urteile der letzten Wochen und Monate anschaue, dann stelle ich fest, dass in keinem der mir bekannten Verfahren ein gerichtliches Sachverständigengutachten eingeholt wurde, obwohl dies dem Gericht prozessual ohne weiteres möglich gewesen wäre. Woran lag das wohl? Nur an der grenzenlosen Dummheit der Verbruacheranwälte, die nicht wussten, dass man den Inhalt der Versorgergutachten substantiiert bestreiten kann und muss?
Oder aber daran, dass die Ausführungen in den Gutachten und die Erläuterungen der Versorgungsunternehmen hierzu überzeugend waren?
Ist es nicht doch möglich, dass die Versorgungsunternehmen Recht haben, wenn sie sagen, dass die Preisänderungen auf Änderungen in der Kostenstruktur zurückzuführen waren und keine höheren Gewinne verursacht haben? Kennen Sie denn ein Urteil, welches die Unbilligkeit einer Preisanpassung festgestellt hat, sofern das Versorgungsunternehmen die nach Ansicht des Gerichtes erforderlichen Tatsachen mitgeteilt hatte?
Ronny
u.h.:
--- Zitat ---RONNY
Ist es nicht doch möglich, dass die Versorgungsunternehmen Recht haben, wenn sie sagen, dass die Preisänderungen auf Änderungen in der Kostenstruktur zurückzuführen waren und keine höheren Gewinne verursacht haben?
--- Ende Zitat ---
Interessant...
Gegenfragen:
Woher kommen wohl dann die ständig (z.T. exorbitant) steigenden Gewinne ???
Und wieso sollte diese keinen \'Spielraum\' für Preissenkungen eröffnen?
P.S.
Mein Gasversorger hat es noch nicht einmal versucht, die Preiserhöhungen irgendwie zu belegen.
Er war auch nicht bereit, mir schriftlich zu bestätigen, daß (alle) seine Gasbezugspreise die \'Ölpreisbindung\' haben.
Wieso wohl???
Etwa, weil der Versorger zu den Top-Ten der Preistreiber gehört....???
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