Energiepreis-Protest > Grundsatzfragen
Kontrolle des Gesamtpreises
RR-E-ft:
@Black
Ich möchte mein Ergebnis nochmals kurz zusammenfassen.
Besteht ein Bestimmungsrecht, ist die bestimmungsberechtigte Partei verpflichtet, eine der Billigkeit entsprechende Ermessensentscheidung zu treffen. Das ist juristisch das Wesen des Bestimmungsrechts.
--- Zitat ---Derjenige Kontrahent, dem hiernach die Bestimmung der Leistung anheimgegeben worden, ist dazu durch den Vertrag verpflichtet. Als vertragliche Erklärung und im Sinne des Vertrages ist die Bestimmung, wenn sie dem anderen Theile gegenüber erklärt ist, getroffen und damit unwiderruflich (§ 315 Abs. 2). Auf die Erklärung finden im Uebrigen die allgemeinen Bestimmungen über rechtsgeschäftliche Willenserklärungen Anwendung.
--- Ende Zitat ---
Quelle: Motive zum BGB
\"Steht dem Gläubiger das Bestimmungsrecht zu, ist er verpflichtet, die Bestimmung zu treffen\" (vgl. Palandt/ Grüneberg, BGB, 67. Aufl., § 315 Rn. 12, wohl schnell zur Hand).
Erfahrungsgemäß bestehen nur wenige Rechte, die nicht zugleich auch mit Pflichten verbunden sind.
Betrifft das Bestimmungsrecht die vertragliche Haupt- Gegenleistung, dann besteht die Verpflichtung in Bezug auf diese. Ist das Bestimmungsrecht nicht bedingt, so ist dies zu jedem Zeitpunkt nach Vertragsabschluss der Fall. In einem solchen Fall ist die vertragliche Haupt- Gegenleistung mithin zu jedem Zeitpunkt nach Vertragsabschluss das Ergebnis der Ermessensentscheidungen der Vertragspartei, der das Bestimmungsrecht zusteht und die zugleich vertraglich verpflichtet ist, die Haupt- Gegenleistung zu bestimmen.
Denkgesetze verletzt?
Wenn ja, von wem?
--- Zitat ---Eine der Billigkeit nicht entsprechende Bestimmung ist nicht die Vertragsmäßige. Der andere Kontrahent braucht sie deshalb nicht anzuerkennen. Wird sie nicht anerkannt, so erfolgt auf Klage des einen oder anderen Kontrahenten die Entscheidung durch Urtheil
--- Ende Zitat ---
Quelle: Motive zum BGB
Der Vertragsteil, dem das Bestimmungsrecht zusteht, trägt die Darlegungs- und Beweislast, dafür dass seine Bestimmung der Billigkeit entspricht.
RR-E-ft:
Meine Aussage im Zusammenhang mit den Musterbriefen, dass die Gasversorger vorgeben, selbst nicht zwischen Grundversorgung und Sondervertrag zutreffend unterscheiden zu können, findet sich bestätigt:
Siehe hier.
Schon ziemlich abenteuerlich, was man den Kunden dabei alles zumutet.
RR-E-ft:
@Black
Eine Klage auf Festsetzung des angemessenen Entgelts ist bei bestehendem Leistungsbestimmungsrecht möglich.
Da es für die Angemessenheit eines konkreten Gatstarifs jedoch auf die Kostenentwicklung des konkreten Versorgers ankommt, geht ein solcher Antrag regelmäßig deshalb ins Leere, wenn der Versorger seine Kostenkalkulation nicht offen legt. So musste das LG Hannover auf Festsetzung des billigen Entgelts klagenden Verbrauchern in einem Urteil vom 19.02.2007 (Az. 21 O 88/06) wie folgt bescheinigen.
--- Zitat ---
Da die Beklagte ihre Darlegungs- und Beweislast im Rahmen des § 315 BGB nicht erfüllt hat, ist eine sachgerechte inhaltlich fundierte Bestimmung der angemessenen Entgelte gem. § 315 BGB durch die Kammer nicht möglich; der Hauptantrag der Kläger geht mithin ins Leere.
--- Ende Zitat ---
Siehe hier.
Das scheint zwangsläufig so zu sein.
Ronny:
@ Fricke
Hier muss ich wieder auf meine Ausführungen von oben zurückkommen. Auch wenn andere Forumsteilnehmer forsch behaupten, Sie hätten meine Frage schon beantwortet, ist das nicht der Fall, wie Ihr letztes posting belegt.
Ihre Ausführungen, dass dem Preisanpassungsrecht auch eine Preisanpassungspflicht gegenübersteht, wenn der Versorger bei bestrittener Billigkeit die Billigkeit vor Gericht belegenen muss, sind nachvollziehbar, aber keinerlei Beleg dafür, dass die Gesamtkalkulation offengelegt werden muss.
Zur Kontrolle der Billigkeit des Gaspreises ist nach dem BGH die Offenlegung der Kalkulationsgrundlagen zur Erläuterung des Gesamtpreises nicht mehr erforderlich. Es reicht ein Nachweis über die Angemessenheit der Preisänderung aus. Für diesen Nachweis muss die Entwicklung des Bezugspreises und der sonstigen Kosten gegenüber gestellt werden. Die Ausgangs-Bezugskosten und sie Ausgangs-\"sonstigen Kosten\" werden nicht überprüft
Wenn dieser Nachweis nicht erbracht wird, dann ist die Angemessenheit belegt.
Das von Ihnen zitierte Urteil des LG Hannover, in welchem das LG die Offenlegung der Kalkulationsgrundlage gefordert hatte, ist durch das Urteil des BGH vom 13.06.2007 überholt. Das LG würde heute - wenn es sich an die BGH-Rechtsprechung hält - so nicht mehr entscheiden. Was ist denn mit den ganzen anderen LG- und OLG-Entscheidungen, nach denen die Versorger die Billigkeit ihrer Preisanpassungen belegt haben, in dem sie die Bezugspreisentwicklung unter Vorlage ihrer Bezugsverträge dargelegt haben? Warum erwähnen sie diese, der höchstgerichtlichen Rechtsprechung folgenden Urteile nicht auch?
Wäre Ihre Darstellung dann nicht etwas sachlicher?
Ronny
nomos:
@Ronny, wenn es nicht um Stilfragen, sondern um die Sache geht dann:
--- Zitat ---Zur Kontrolle der Billigkeit des Gaspreises ist nach dem BGH die Offenlegung der Kalkulationsgrundlagen zur Erläuterung des Gesamtpreises nicht mehr erforderlich. Es reicht ein Nachweis über die Angemessenheit der Preisänderung aus. Für diesen Nachweis muss die Entwicklung des Bezugspreises und der sonstigen Kosten gegenüber gestellt werden. Die Ausgangs-Bezugskosten und sie Ausgangs-\"sonstigen Kosten\" werden nicht überprüft
--- Ende Zitat ---
Über dieses \"Grundsatzurteil\" wurde in der Zwischenzeit viel geschrieben, auch hier im Forum. Man kann viel nachlesen, wenn man will.
Es ging um den konkreten Fall des pensionierten Richters Klaus von Waldeyer-Hartz aus Heilbronn, der mit seiner Klage vor diesem Gericht wenig Erfolg hatte.
Die Richter stellten sich hier die Frage, ob es sich bereits beim Vertragsabschluss um eine einseitige Preisfestsetzung handelte. Das verneinten sie mit dem Argument, dass zu dem Zeitpunkt, zu dem sich der Kläger für Erdgas entschied, noch keine Monopolstellung bestand. Schließlich konnte er sich ja auch für Öl oder Holz entscheiden. Sie sahen da in Heilbronn einen \"Substitutionswettbewerb\".
Ob die Monopolsituation nach dem Gesetz überhaupt eine Rolle spielt, ist hier aber schon die erste Frage, die sich stellt. Wenn, dann ist die Begründung des Gerichts allenfalls zum Teil und nur formal stichhaltig. Denn es gibt zwar im Prinzip einen Wettbewerb zwischen Gas, Öl, Holz oder Fernwärme. Für das praktische Leben ist dieser Hinweis aber weltfremd. Denn kein Mieter hat diese Wahlfreiheit. Er ist an die Heizungsart gebunden, für die sich sein Vermieter entschieden hat. Eigenheimbesitzer können vielleicht beim Neubau frei entscheiden – und dann womöglich erst wieder nach zwei Jahrzehnten, wenn sie ihre Heizung modernisieren.
Aber selbst für Eigenheimbesitzer gibt es an vielen Orten Satzungen, die aus Umweltschutzgründen Öl und Holz verbieten. Außerdem war der gesehenen Wettbewerb bei der sogenannten Ölpreisbindung wohl eine Fata Morgana.
Bei Preiserhöhungen sieht das ohnehin völlig anders aus, hier kann der Kunde nicht unter mehreren Anbietern wählen. Allerdings vermuteten die Richter auch hier, dass die Preise als vereinbart gelten könnten, wenn ein Kunde sie ohne Widerspruch akzeptiert. Das, so führte der Vorsitzende Richter, Wolfgang Ball, aus, ist spätestens dann der Fall, wenn der Jahresendrechnung nicht widersprochen wird. Ball bekannte dabei auch den \"Schrecken\", den es dem Gericht bei dem Gedanken einjage, \"Preiserhöhungen der vergangenen 27 Jahre wieder aufzurollen\". Schließlich war der Kläger bereits seit 1980 Kunde der HVG.
Andere Gerichte haben über die dortigen Gegebenheiten zu entscheiden und das vor allem nach dem Wortlaut der Gesetze und dem darin zum Ausdruck gebrachten Willen des Gesetzgebers. Das BGH-Urteil im \"Heilbronner Fall\" ist kein Muster für alle Fälle, wie das immer wieder versucht wird von interessierter Seite darzustellen.
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