Energiepreis-Protest > Grundsatzfragen

Kontrolle des Gesamtpreises

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Black:
Zunächst einmal ein Satz zur \"älteren\" und \"jüngeren\" Rechtsprechung des BGH. Der interessierte Nichtjurist wird hierin wohl sofort einen eindeutigen Wandel in der Rechtsprechung des BGH vermuten.

Das ist aber nicht der Fall. Die \"ältere\" Rechtsprechung befasste sich direkt mit der Forderung einer Kontrolle des Gesamtpreises durch den Kläger und lehnte diese direkt ab.

Ihre gern zitierte \"neuere\" Rechtsprechung des Kartellsenats bezog sich auf eine Preisanpassungsklausel in einem Sonderkundenvertrag. Die Überlegungen des Kartellsenats erfolgten nur vergleichend um aufzuzeigen wo nach Meinung des Kartellsenats Unterschiede zwischen dem Sonderkundenvertrag und dem Leitbild der GasGVV liegen.

Dadurch ist noch keine Änderung der Rechtsprechung eingetreten.

Eine vertragliche Preisvereinbarung und ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht schließen sich auch nach \"Denkgesetzen\" nicht aus. Warum soll man sich nicht darauf einigen eine bestimmte Ware zu einem bestimmten vereinbarten Preis zu erhalten und gleichzeitig ein nachträgliches Änderungsrecht dieses Preises i.S.d. § 315 BGB in den Vertrag mit aufzunehmen. Bleibt der vereinbarte Ausgangspreis bestehen sollten beide Parteien zufrieden sein, denn das ist es ja was gewollt war. Wird der Preis aber verändert, dann muss diese VERÄNDERUNG auch billig sein.

Natürlich kann ein Bäcker den Preis einer bereits gekauften Schrippe nicht nachträglich ändern, da haben Sie Recht. Aber der Versorger ändert ja auch nicht den Preis für Gas, das bereits verheizt wurde sondern für Gas (oder Strom) das KÜNFTIG bezogen wird. So wie unser Bäcker seinen Preis für Brötchen, die ich erst noch kaufen will auch neu festsetzen kann.

Ist mir der Bäcker künftig zu teuer, dann kaufe ich die Brötchen woanders. Ist mir der neue Gastarif zu teuer kann ich den Tarif oder sogar den Versorger wechseln (§ 5 Abs. 3 GVV) ohne den neuen Preis gegen mich gelten lassen zu wollen.


--- Zitat ---Original von RR-E-ft
Hinzu tritt, dass diese vorhergehende Entscheidung vom 13.06.2007 (VIII ZR 36/06) nach Aussage des Vorsitzenden Herrn Ball in der mündlichen Verhandlung am 28.05.2008 (VIII ZR 138/07) noch nicht gefestigt und \"zementiert\" ist. Die Rechtsprechung entwickelt sich. Ich habe aufgezeigt in welche Richtung und was nach meiner Auffassung daraus folgt.
--- Ende Zitat ---

Das Aufzeigen der Richtung in die sich die Rechtsprechung (womöglich) künftig entwickeln wird (oder auch nicht) ist aber von einer Darstellung des geltenden Rechts zu unterscheiden.

Mündliche Sätze eines Richters über nicht zementierte Ansichten arten schnell in Kaffesatzleserei aus.

RR-E-ft:
@Black

Zunächst stellt sich die Frage, ob im konkreten Vertragsverhältnis ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht im Sinne des § 315 Abs. 1 BGB  besteht.

Besteht ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht, so begründet dieses zugleich ein Recht und eine Verpflichtung der zur Leistungsbestimmung berufenen Partei (vgl. Gesetzesmaterialien zu § 315 BGB). Besteht ein solches Recht nicht, kann der eine Vertragsteil die vertragliche Leistung auch nicht nachträglich einseitig neu bestimmen.

Das ist die Rechtslage.

Black:

--- Zitat ---Original von RR-E-ft
@Black

Zunächst stellt sich die Frage, ob im konkreten Vertragsverhältnis ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht besteht. Besteht ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht, so begründet dieses zugleich ein Recht und eine Verpflichtung der zur Leistungsbestimmung berufenen Partei (vgl. Gesetzesmaterialien zu § 315 BGB).
--- Ende Zitat ---

Springen sie doch nicht immer vom konkreten Rechtsproblem zu Vorfragen. Wenn wir diskutieren ob im Rahmen des § 315 BGB eine Gesamtpreiskontrolle möglich sein soll meint das natürlich nur die Fälle wo § 315 BGB überhaupt Anwendung findet. Da muss man doch an dieser Stelle nicht bedeutungsschwer darauf hinweisen, dass überhaupt der Tatbesatand des § 315 BGB gegeben sein muss.

Mir kommt das jetzt ein bisschen so vor als würde Sie mitten in einer Diskussion über die strafrechtliche Frage Mord oder Totschlag mit einmal darauf hinweisen, dass zuerst einmal überhaupt einer tot sein muss.

RR-E-ft:
@Black

Ich habe versucht, die Ihrer Ansicht nach zu weitschweifige Diskussion auf den wesentlichen Kern zu begrenzen. Mit dieser wesentlichen Aussage kann man sich nach den Regeln der juristischen Kunst einfach auseindersetzen.

Das ist das Rechtsproblem:


--- Zitat ---Besteht ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht, so begründet dieses zugleich ein Recht und eine Verpflichtung der zur Leistungsbestimmung berufenen Partei (vgl. Gesetzesmaterialien zu § 315 BGB). Besteht ein solches Recht nicht, kann der eine Vertragsteil die vertragliche Leistung auch nicht nachträglich einseitig neu bestimmen.
--- Ende Zitat ---

Wenn Juristen über ein Rechtsproblem hinsichtlich des Kaufrechts zu entscheiden haben, stellt sich auch nicht die Frage, ob der konkret betroffene Vertrag einen Schrank, einen Stuhl oder aber eine Stehleuchte betrifft, wovon Nichtjuristen möglicherweise ausgehen. Auch vorliegend kann und sollte  man sich über eine Abstraktion der juristischen Lösung nähern.

Ich glaube, Sie dahingehend verstanden zu haben, dass bei bestehendem Leistungsbestimmungsrecht zwar ein entsprechendes Recht bestünde, jedoch nicht zugleich auch eine entsprechende Verpflichtung. Eine solche Auffassung ließe sich m. E. juristisch nicht halten.

Dann stellt sich die Frage, was die Verpflichtung, die sich aus dem einseitigen Leistungsbestimmungsrecht ergibt, beinhaltet und wie die Einhaltung der bestehenden Verpflichtung kontrolliert bzw. rechtlich durchgesetzt wird.

Schon sollte man der Sache näher kommen.

Bleiben wir bitte sachlich bei diesem konkreten Rechtsproblem.

Black:
Gut, beschränken wir uns zunächst auf diese Rechtsfrage.

Nach Ihrer Ansicht besteht also bei einem LeistungsbestimmungsRECHT auch eine BestimmungPFLICHT. Und das begründen Sie mit den Gesetzesmaterialien zum § 315 BGB?

Ich sehe das anders. Aus ihrer Sicht gibt es nur alles oder nichts, also entweder der gesamte Preis wird einseitig bestimmt oder der gesamte Preis ist dauerhaft vertraglich festgelegt.

Zwischen diesen beiden Extrempunkten gibt es aber noch folgende Konstellation. Der Ausgangspreis ist vertraglich vereinbart und zusätzlich besteht ein einseitiges Anpassungsrecht dieses Vertrages i.S.d. § 315 BGB.
Ich zitiere mal den Palandt zu § 315 Rdn. 2:

\"Das Bestimmungsrecht kann sich je nach Parteivereinbarung auf die Leistung als solche, die Person des Vertragspartners, die Anpassung des Vertrages an veränderte Verhältnisse, (…), die Ergänzung der Vertragsbedingungen oder auf Leistungsmodalitäten beziehen.\"

Insoweit kann durchaus der Ausgangspreis vereinbart und die Erhöhung des Preises einseitig bestimmt sein.

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