Energiepreis-Protest > Grundsatzfragen

Kontrolle des Gesamtpreises

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RR-E-ft:
@tangocharly

Jetzt sind Sie wohl auf dem Holzweg. Es geht gerade nicht um einen Wärmemarkt.

Wir diskutieren hier die direkte Anwendung des § 315 BGB.
Dabei geht es überhaupt nicht darum, ob man eine bestehende Beheizungsanlage multivalent betreiben kann.

Die Gretchenfrage, die uns Black beantworten wollte, war die , wie er es mit der Verpflichtung zu Preisabschlägen nach Vertragsabschluss hält, wenn im konkreten Vertragsverhältnis ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht iSv. § 315 Abs. 1 BGB besteht.

Black:
Zur Gretchenfrage:

Geht man davon aus, dass das gesetzliche Preisanpassungsrecht im Rahmen der Billigkeit sowohl eine Erhöhung als auch eine Absenkung des Preises ermöglicht und erfordert (so BGH KZR 02/07) könnte der Kunde bei gesunkenen Bezugskosten (oder sonstigen geänderten Kosten) eine Preisanpassung auch nach unten verlangen.

Die widerspricht zwar der Theorie des BGH VIII ZR 36/06 \"unabänderlicher Preissockel\" wäre aber nach meiner Ansicht interessengerecht.

Voraussetzung ist jedoch eine Veränderung der Kostenlage im Vergleich zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses.

RR-E-ft:
@Black

Immerhin sehen Sie nun wohl auch einen Widerspruch zwischen der Entscheidung KZR 2/07 und der Entscheidung VIII ZR 36/06.

Wenn ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht im Sinne des § 315 Abs. 1 BGB besteht, ist der Versorger nach Vertragsabschluss berechtigt und verpflichtet, den Preis der Billigkeit entsprechend neu festzusetzen, wobei seine konkrete Kostenentwicklung zu Grunde zu legen ist.

Wie soll der betroffene Kunde die entsprechende Verpflichtung des Versorgers zur Preisabsenkung kontrollieren und durchsetzen?

Ist es dafür nicht erforderlich, dass der Versorger seine Preiskalkulation bei Vertragsabschluss und die zwischenzeitliche Entwicklung aller preisbildenden Faktoren, die in die Grund- und Arbeitspreise Eingang gefunden haben, offen legt, vgl. KG Berlin, B. v. 12.02.2008 (21 U 160/06)?

Darf es für die Neufestsetzung des Allgemeinen Preises/ Tarifs wirklich darauf ankommen, wie sich die Kosten seit dem Zeitpunkt des Vertragsabschlusses eines konkret betroffenen Kunden zwischenzeitlich entwickelt haben, nachdem es abhängig vom jeweiligen Zeitpunkt des Vertragsabschlusses dabei zu willkürlichen Zufallsergebnissen kommen kann, vgl. BGH, Urt. v. 18.10.2005 (KZR 36/04) Rdn. 10?


--- Zitat ---Das Recht des Netzbetreibers, künftige Netznutzungsentgelte ohne Mitwirkung des Netznutzers festzusetzen, kann nicht anders behandelt werden. Aber auch das zum Zeitpunkt des Vertragschlusses von dem Netzbetreiber geforderte Entgelt ist regelmäßig ein nach dem Willen der Vertragsparteien einseitig bestimmtes Entgelt, das der Netzbetreiber zu bestimmten Zeitpunkten ermittelt und das - schon zur Vermeidung einer sachlich nicht zu rechtfertigenden Ungleichbehandlung - für eine bestimmte Zeitdauer sämtlichen Vertragsbeziehungen mit gleichen Nutzungsprofilen unabhängig davon zugrunde liegen soll, wann der Vertrag geschlossen wird. Auch dann, wenn das Entgelt betragsmäßig bereits feststellbar ist, wird - wie im Streitfall der Verweis auf die \"jeweils geltende Anlage 3\" verdeutlicht - nicht dieser Betrag als Preis vereinbart. Der Betrag gibt vielmehr lediglich das für einen bestimmten Zeitpunkt ermittelte Ergebnis des gleichen Preisbestimmungsverfahrens wieder, das dem Netzbetreiber auch für die Zukunft zustehen soll, an dem der Netznutzer nicht teilnimmt, dessen konkrete preisbestimmende Faktoren ihm nicht bekannt sind und dessen Ergebnis er weder nachvollziehen noch beeinflussen kann. Es ist daher nicht weniger einseitig bestimmt als die künftige Höhe des Entgelts. Es wäre eine künstliche Aufspaltung der äußerlich und inhaltlich einheitlichen Preisvereinbarung und führte zu Zufallsergebnissen, wollte man einen vereinbarten Anfangspreis von (vom Zeitpunkt der ersten ausdrücklich oder stillschweigend vorgesehenen Neuberechnung an maßgeblichen) einseitig bestimmten Folgepreisen unterscheiden.
--- Ende Zitat ---

Man stoße sich dabei nicht an dem Wort \"Netznutzungsentgelt\", sondern erstze dieses aus Gründen der Abstraktion durch \"Entgelt\".

Black:

--- Zitat ---Original von RR-E-ft

Wie soll der betroffene Kunde die entsprechende Verpflichtung des Versorgers zur Preisabsenkung kontrollieren und durchsetzen?
--- Ende Zitat ---

Meine Sorge geht in die andere Richtung. Wenn nämlich der Kunde dem Versorger quasi täglich unsubstantiiert unterstellen kann, der Preis von gesern sei heute plötzlich unbillig geworden. Selbst ein feststellendes Urteil schafft dann kaum abschließende Klarheit, da der Kunde bereits einen Tag nach einem solchen Urteil behaupten könnte, nun  sei der Preis aber ganz bestimmt unbillig geworden und erneut die Zahlung verweigern.

RR-E-ft:
@Black

Ich verstehe schon, dass die Menschen wegen verschiedener Sorgen nachts schwer in den Schlaf finden mögen.

Meine Frage zielte darauf ab, wie die Einhaltung einer bestehenden gesetzlichen Verpflichtung des Versorgers durch den Kunden bzw. durch ein Gericht kontrolliert werden kann. Darauf muss man eine Antwort geben können.

Man bräuchte m. E. die Preiskalkulation und die Offenlegung der Richtlinien und Regeln, nach denen sich die maßgeblichen Kosten regelmäßig ändern, möglicherweise die Beschaffungskosten quartalsweise nach einer feststehenden Berechnungsvorschrift, was sich bei mehreren Vorlieferanten entsprechend komplexer gestaltet.

Der Kunde vermag nichts zu substantiieren, wenn er die Preiskalkulation und die konkreten Regeln, nach denen sich die Kosten regelmäßig verändern, nicht kennt. Das liegt nicht am Kunden, sondern am Versorger. Dieser allein hat es in der Hand, dem Kunden die erforderlichen Kenntnisse zu verschaffen.

Die Verbraucher vertreten wohl nicht die Auffassung, die Preise wären über Nacht (von gestern auf heute) plötzlich unbillig geworden, sondern sie seien schon länger systematisch überhöht, was die amtliche Begründung der Bundesregierung zu § 29 GWB nahelegt. Letztere wiederum gründet auf umfangreichen Bereichsuntersuchungen. Diese amtliche Gesetzesbegründung der Bundesregierung, wonach das Preisniveau auf ein volkswirtschaftlich nicht mehr vertretbares Maß gestiegen ist und mit der Entwicklung der Primärenergiekosten nicht mehr zu begründen ist und die Letzverbraucher über Gebühr belastet werden, sollte uns allen Anlass zur Sorge geben. Das muss uns doch wohl zuallererst um den Schlaf bringen. Demgegenüber muss Ihre vorgetragene Sorge klein erscheinen.

Was sollte den Versorger denn davon abhalten, den Nachweis zu führen, dass sein Preis nicht (erst) über Nacht unbillig geworden ist?

Die BAFA- Erdgasimportpreise (Wert der Ware an der deutschen Grenze) werden amtlich erfasst und monatlich veröffentlicht. Die Netzkosten werden von der Bundesnetzagentur halbwegs kontrolliert. Die Netzkosten einschließlich vorgelagerter Netze sowie Mess- und Abrechnungskosten sind gem. § 40 EnWG n.F. in den Verbrauchsabrechnungen gesondert auszuweisen. Schließlich bestimmt § 40 Abs. 2 Satz 2 EnWG n.F., dass der Kunde die Wahl haben soll, in welchen Abständen der Verbrauch ihm gegenüber abzurechnen sei.

Siehe hier.


--- Zitat ---(1) Energieversorgungsunternehmen sind verpflichtet, in ihren Rechnungen für Energielieferungen an Letztverbraucher die Belastungen aus den Entgelten für den Netzzugang und gegebenenfalls darin enthaltene Entgelte für den Messstellenbetrieb und die Messung beim jeweiligen Letztverbraucher gesondert auszuweisen.

(2) Lieferanten sind verpflichtet, den Energieverbrauch nach ihrer Wahl monatlich oder in anderen Zeitabschnitten, die jedoch zwölf Monate nicht wesentlich überschreiten dürfen, abzurechnen. Sofern der Letztverbraucher dies wünscht, ist der Lieferant verpflichtet, eine monatliche, vierteljährliche oder halbjährliche Abrechnung zu vereinbaren.
--- Ende Zitat ---

Jeder Letzverbraucher kann folglich eine monatliche Abrechnung verlangen, wenn er dies wünscht. Es bedarf wohl nicht sehr viel Phantasie zu ersehen, was dabei für die Billigkeitskontrolle der zur Abrechnung gestellten Preise  bei einseitigem Leistungsbestimmungsrecht daraus folgt. Der betroffene Kunde  lässt sich monatlich abrechnen und stellt immer nur die Preise der letzten Abrechnung streitig. Wenn es das sein sollte, was Sie sich vorstellen, so wäre es wohl unproblematisch.

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