Forum des Bundes der Energieverbraucher

Autor Thema: Klageschrift eingegangen  (Gelesen 28886 mal)

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Offline meggie64

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Klageschrift eingegangen
« am: 29. Juli 2008, 14:27:50 »
Hallo Forum,

ich wollte nur einen kurzen Sachstandsbericht abgeben:

die Stadtwerke Neuburg haben zuletzt mit Schreiben vom 23.10.07 über die Kanzlei Lovells LLP die ausstehenden Zahlungen angemahnt und im Anschluß per Mahnbescheid geltend gemacht. Dagegen wurde selbstverständlich Widerspruch erhoben.

Am 8.7.08 wurde vom AG ND nun die Anspruchsbegründung (einer Rechtsanwaltskanzlei aus ND) zugestellt ( Datum: 27.06.08 ) . Streitwert: 476,82 €. Die Verteidigungsbereitschaft wurde fristgerecht angezeigt. Bis 05.08.08 muss schriftsätzlich erwidert werden. In seiner Begründung bittet der Anwalt der Stadtwerke das Gericht gleichzeitig, die ebenfalls anhängigen 4 weiteren Verfahren aus prozessökonomischen Gründen gemeinsam zu verhandeln.

Die Begründung ist recht einfach gehalten: es liege keine Unbilligkeit vor, da u.a. die Preisgestaltung nicht der Renditesteigerung der Stadtwerke diene, sondern sich lediglich an die gesamtwirtschaftlichen Gegebenheiten anpasse und die erhöhten Bezugskosten widerspiegele. Der BGH in seinem Grundsatzurteil vom 13.6.07 bestätige diese Auffassung. Eine ausnahmsweise doch anzunehmende Unbilligkeit liege nicht vor, da der Anstieg der Bezugskosten nicht durch rückläufige Kosten in anderen Bereichen ausgeglichen werden können. Auch habe der Bayerische Kommunale Prüfungsverband festgestellt, dass die Erhöhungen der Stadtwerke allein auf die Erhöhung der Gasbezugskosten des Gasversorgers Erdgas Schwaben GmbH zurückzuführen seien. Eine Monopolstellung der Stadtwerke läge nicht vor, da diese mit anderen Mitwerbern wie Erdgas Südbayern konkurrieren müsse. Schließlich habe auch das LG IN mit Urteil vom 22.1.08 (1 HKO 924/06) die BGH-Rechtsprechung bestätigt und eine Unbilligkeit sowie eine Verpflichtung zur Vorlage von Kalkulationsgrundlagen abgelehnt.

Bin gespannt, wie das Schießen ausgeht!

Die für September 08 erwartete BGH-Entscheidung (VIII ZR 138/07) wird wohl unbeachtet bleiben.


Gruß

Offline Cremer

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« Antwort #1 am: 29. Juli 2008, 15:48:24 »
@meggie64,

Zitat
In seiner Begründung bittet der Anwalt, die ebenfalls anhängigen 4 weiteren Verfahren aus prozessökonomischen Gründen gemeinsam zu verhandeln.

Da wäre ich vorsichtig
MFG
Gerd Cremer
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Offline meggie64

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« Antwort #2 am: 29. Juli 2008, 16:00:52 »
Warum? Ich werde mich mit den anderen - wohl bald auch - Beklagten treffen, um gemeinsam Argumente und Erfahrungen auszutauschen, für eine gemeinsame Linie der Verteidigung. Ein gemeinsam geführter Prozess wird daran doch nichts ändern? Zwar kann eine Partei nicht gleichzeitig Zeuge sein, darum jedoch geht es nicht.

Ich werde weiter berichten.

Offline RuRo

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« Antwort #3 am: 29. Juli 2008, 16:23:49 »
@meggie64

Das Wichtigste ist ein kompetenter Rechtsbeistand, davon hängt der Verlauf im Wesentlichen ab. Bitte wirklich um einen versierten Anwalt bemühen, nichts was noch so offensichtlich falsch ist, in der Klageerwiderung unwidersprochen lassen.

Den angeführten Entscheidungen liegen ausnahmslos Tarifkundenverträge zugrunde – was seid ihr?

EGS als Vorlieferant, folgt in deren weiterer Kette Bayerngas (über 90 %) – schaut mal in den Bayerngas-Thread zu deren Preisentwicklung.
Leiderln hoits z\'sam, sonst gehts nimma recht lang

Offline Gasalarm2

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« Antwort #4 am: 30. Juli 2008, 10:57:13 »
Hallo meggie64,

Sie sind nicht allein in Neuburg. Ich freue mich auf die nächsten Wochen.
Wir haben lange gewartet.

Gruß vom Gasalarm

Offline meggie64

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« Antwort #5 am: 30. Juli 2008, 14:39:22 »
Zur Klageerwiderung: gibt´s denn da nicht zwischenzeitlich \"Mustererwiderungen\"? Denn vom Prinzip her ist die Argumentationsweise doch stets dieselbe: alles bestreiten, kein Nachweis der Billigkeit, doch Monopolstellung, Quersubventionierung unzulässig, Privatgutachten kein Beweismittel, ebensowenig Mitarbeiter der Stadtwerke als Zeugen, keinerlei Möglichkeiten - auch nicht für das Gericht - zur Überprüfung der Preisgestaltung. Wäre doch praktisch, wenn jemand seine Klageerwiderung online stellt. Meine kann jeder haben, wenn es soweit ist.

Offline Cremer

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« Antwort #6 am: 30. Juli 2008, 16:13:13 »
@meggie64,

die anderen 3 Fälle könnten nicht ganz gleichartig sein.

Dann spielt die Gegenseite Sie gegeneinander, dem Gericht gegenüber, aus.

Prüfen Sie erst mal die andewren Fälle genau, z.B. ob die gleichen Verträge vorliegen
MFG
Gerd Cremer
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Offline DieAdmin

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« Antwort #7 am: 30. Juli 2008, 16:28:40 »
Zitat
Original von RuRo
@meggie64
Das Wichtigste ist ein kompetenter Rechtsbeistand, davon hängt der Verlauf im Wesentlichen ab. Bitte wirklich um einen versierten Anwalt bemühen, nichts was noch so offensichtlich falsch ist, in der Klageerwiderung unwidersprochen lassen.

@meggie64,

RuRo hat Ihnen eigentlich schon den wichtigsten Rat gegeben.
Haben Sie inzwischen einen RA kontaktet? Ihrem letzten Beitrag (auf der Suche nach Musterschreiben) interpretier ich so, dass Sie dies noch nicht getan haben.

Es ist wirklich dringend anzuraten, einen Rechtsanwalt zu kontakten, nicht selber rumdoktern.

Es ist wieder Ihnen, noch anderen geholfen, wenn durch solche \"Eigeninitiative\" Urteile zu Ungunsten der rebellierenden Kunden gefällt werden.

Hier mal eine Anwaltsliste: http://www.energienetz.de/index.php?itid=1550&search_artikel_id=1550

Sollten Sie als Vereinsmitglied in den Prozesskostenfond einzahlen: Da bitte an den Service wenden

Offline Cremer

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« Antwort #8 am: 31. Juli 2008, 00:18:54 »
@meggie64,

irgendwann kommt der Zeitpunkt, wo man zu einem fachanwalt für Energierecht gehen muss.

Dieser ist jetzt bei Ihnen erreicht.

Es ist 5 nach 12

Ich empfehle, die Verfahren einzeln behandeln zu lassen und nicht wie der gegnerische Anwalt dem Gericht vorgeschlagen hat, gemeinsam.

Ihr Anwalt sollte dies überlegen.

Entscheidend sind die Ausgangssituationen der Beklagten. Diese mögen alle unterschiedliche sein, für den Versorger eben nicht, wie der Antrag es zeigt.
MFG
Gerd Cremer
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Offline Gasalarm2

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« Antwort #9 am: 17. Dezember 2008, 12:45:57 »
Nach neuesten Informationen hat sich das Amtsgericht Neuburg (nach Antrag des Beklagten) für sachlich unzuständig erklärt.
Nun liegt der Fall bei der Kammer für Handelssachen beim LG Ingolstadt.

Gruß vom Gasalarm

Offline Gasalarm2

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« Antwort #10 am: 08. Januar 2009, 14:58:29 »
Am 20. Januar um 09:00 Uhr soll die Sache nun am LG Ingolstadt verhandelt werden.

Gruß vom Gasalarm

Offline RuRo

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« Antwort #11 am: 14. Januar 2009, 19:17:42 »
@Gasalarm2
Ist die Adresse \"Auf der Schanz 37\" des LG\'s korrekt?
In welchem Saal findet die Verhandlung statt?
Leiderln hoits z\'sam, sonst gehts nimma recht lang

Offline Rob

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« Antwort #12 am: 14. Januar 2009, 20:14:14 »
Zitat
Original von Gasalarm2
Nach neuesten Informationen hat sich das Amtsgericht Neuburg (nach Antrag des Beklagten) für sachlich unzuständig erklärt.
Nun liegt der Fall bei der Kammer für Handelssachen beim LG Ingolstadt.

Gruß vom Gasalarm

Hallo Gasalarm,
können Sie mir bitte das AZ bzw. den Verweisungsbeschluß zukommen lassen. Unser Amtsgericht meint immer noch, es sei zuständig. Es wäre hilfreich, wenn man einem bayerischen AG-Richter zeigen könnte, dass auch bayerische Amtsgerichte in diesen Fällen nicht zuständig sind und dies auch manchmal erkannt wird... .

Danke,
Rob

Offline Gasalarm2

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« Antwort #13 am: 15. Januar 2009, 12:34:02 »
@RuRo und @Rob

die angegebene Adresse scheint richtig zu sein.

Verhandelt wird vor der Kammer für Handelssachen.

Das Az ist  AG ND: Beschluss vom 08.12.2008, 1C 273/08.


Gruß vom Gasalarm

Offline Gasalarm2

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« Antwort #14 am: 20. Januar 2009, 12:59:17 »
Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 20.01.2009:

Das Ergebnis vorweg: Es kam zu einem Vergleich, also keine Entscheidung über die Billigkeit oder Unbilligkeit der Preisfestsetzung der Stadtwerke Neuburg.

Nach der unstrittigen Feststellung, dass es sich beim Beklagten um einen Tarifkunden handele wurde vom Vorsitzenden klargestellt, dass für Ihn noch eine gewisse Unklarheit über den Gegenstand der Klage bestehe.
Die strittige Summe von 352,46 € sei noch nicht vollständig detailliert.
Wäre es nicht zu einem Vergleich gekommen, hätten die Parteien aufgegeben bekommen, diese Klarheit herzustellen. In erster Linie der Versorger - welche Erhöhung führt zu welchem Rückstand?

Nach der Klärung Tarifkunde wurde die Relevanz ABVGasV bestätigt worin das einseitige Bestimmungsrecht des Versorgers festgelegt sei – welches dann nach billigem Ermessen gemäß §315 BGB stattfinden müsse.

Der Vorsitzende stellte klar, dass für Ihn nur die Preiserhöhungen  (im strittigen Umfang von 352,46 €) maßgeblich seien. Der Preissockel sei unstrittig.

Rückläufige Kosten beim Versorger seien gemäß aktueller Rechtsprechung des BGH in diesem Zusammenhang nicht zu berücksichtigen.

Wenn Bezugspreise steigen, dürfen diese in der etwa selben Größenordnung weitergegeben werden.

Die Forderung nach vollständiger Offenlegung der Kalkulationsunterlagen kann nicht durchgesetzt werden.
Die Stadtwerke müssten aber Beweise liefern – hier seien alle Beweismittel möglich.
(Die Stadtwerke boten als potenziellen Zeugen ihren Vertriebleiter an?!?)

Das Gutachten des Kommunalen Prüfungsverbandes seien zwar ein Parteigutachten – aber grundsätzlich sei nicht davon auszugehen, dass in diesem Gutachten über die Preiserhöhungen der letzten Jahre die Unwahrheit dargestellt würde.

Die kartellrechtlichen Urteile des BGH (Kartellsenat) seien für den Vorsitzenden nicht relevant – sie würden sich nicht mit dem §315 BGB beschäftigen, so der Richter!

Auf der anderen Seite wurde die Äußerung der Klägerseite, die Preise der Stadtwerke Neuburg seien von der Landeskartellbehörde nicht gerügt worden ebenfalls vom Vorsitzenden abgelehnt, da auch hier das Kartellrecht und nicht der §315 relevant seien.

Es wurde nochmals auf die grundsätzliche Bedeutung des Urteils vom 13.06.2007 hingewiesen und ebenfalls auf das Urteil vom 22.01.2008 des Landgerichts Ingolstadt.

\"Auf den ersten Blick entsprechen die Erhöhungen der Gaspreise billigem Ermessen\" – so der Vorsitzende.

Nach diesem \"Warnschuss\" entschloss man sich auf Seiten des Beklagten, sich dem vom Vorsitzenden angebotenem Vergleich zu beugen und es wurde der Beschluss gefasst, dass:

•   der Beklagte die 352,46€ zahlt
•   der Kläger auf weitere Ansprüche wie z.B. Zinsen verzichtet
•   Die Kosten des Verfahrens gegeneinander aufgerechnet werden
•   Die Sache bis einschließlich 31.12.2007 abgegolten und erledigt sei

 

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