Im Jahre 1998, als das EnWG noch in der alten Fassung existierte (d.h. also noch kein § 3 Nr. 22 EnWG 2005), da meinte der BGH am 25.02.1998 Az.: VIII ZR 276/96, Tz. 43 (= BGHZ 138, 118 ff.):
Tz 43.
Die Bildung einer Risikogemeinschaft zwischen Tarif- und Sonderkunden ist zwar - wie das Berufungsgericht zu Recht ausführt - nicht zwingend geboten. Sie ist gleichwohl im Hinblick auf die Abgrenzung zwischen beiden Kundengruppen zumindest zweckmäßig. Sonderkunden unterscheiden sich von Tarifkunden, wie die Revision zutreffend hervorhebt, in erster Linie durch eine vom \"Normalkunden\" abweichende Abnahmecharakteristik, nicht notwendigerweise jedoch - wie das Beispiel der Nachtstrombezieher und kleineren Gewerbebetriebe (vgl. Schmidt-Salzer in Hermann/Recknagel/Schmidt-Salzer aaO Rdnr. 372) zeigt - durch ein erhöhtes Schadensrisiko. Sonderkunde ist insoweit nicht etwa nur der Großkunde, sondern jeder Kunde, der von den allgemeinen Merkmalen des Tarifkunden abweicht.
Man könnte also annehmen, dass der Gesetzgeber im Jahre 2005 mit § 3 Nr. 22 EnWG in der Frage der Abnahmecharakteristik die \"Grobfeile\" angesetzt hätte und der Praxis dabei die \"Suche nach den allgemeinen Merkmalen des Tarifkunden\" abnehmen hätte wollen.
Denn wenn sich die Abnahmecharakteristisk im Unterschied privaten zu gewerblichen Verbrauchs darin ausdrückt, ob der Verbauch von mehr als 10.000 kWh gewerblich abgenommen werde, dann müßte im Umkehrschluss angenommen werden, dass der private Verbraucher \"jede Menge\" Energie abnehmen könne, also z.B. 100.000 kWh, dies aber keinen Ausdruck seiner Abnahmecharakteristik darstellte. Wäre eine merkwürdige Logik !
Doch auch der Blick in § 41 Abs. 1 EnWG zeigt wiederum, dass der \"Haushaltskunde\" nicht generell ein \"Grundversorgungskunde\" ist, quasi von Gesetzes wegen. Denn dort ist geregelt was gelten soll, wenn Haushaltskunden (§ 3 Nr. 22 EnWG) außerhalb der Grundversorgung versorgt werden.
Somit kommt es nach wie vor auf \"die allgemeinen Merkmalen eines Tarifkunden\" (respektive
Grundversorgungskunden) an, die der BGH bereits am 25.02.1998 im Auge gehabt hat.
In diesem Zusammenhang hat vor einiger Zeit
@RR-E-ft schon konkrete Ansatzpunkte für die Merkmale des Tarifkunden (bzw. Grundversorgungskunden) referiert:
Zitat @RR-E-ft, 18:22h
Unzweifelhaft ist auch, dass der jeweilige Allgemeine Preis der Grundversorgung höher kalkuliert sein muss als ein im Rahmen der Vertragsfreiheit angebotener Sondervertragspreis (KG Berlin, Urt. v. 28.10.08 Az. 21 U 160/06). Beim Gas folgt dies allein aus der höheren Konzessionsabgabe. Zudem können sich die Lieferanten im Rahmen der Vertragsfreiheit ihre Kunden aussuchen, unterliegen keinem Kontrahierungszwang. Der Grundversorger muss alle Haushaltskunden versorgen, auch wenn diese sich etwa durch schlechte Bonität und Zahlungsmoral auszeichnen, was entsprechende Risikoaufschläge rechtfertigen könnte.
Damit stellen sich doch die grundsätzlichen Fragen:
(1) Warum werden von Versorgern (wie z.B: der EnBW, mit ihrem beispielslosen Tarifdschungel) Tarifgestaltungen angeboten, die dem Abnehmer suggerieren, dass in seinem Fall speziell die Abnahmemengen (z.B. 30.000 kWh) mit einem günstigeren Preis belohnt werden, als im Fall eines Kleinabnehmers (mit. z.B. 1.800 kWh) ?
(2) Warum wollen Versorger zum Ausdruck bringen, dass sie sich demjenigen Kunden gegenüber, dem sie wegen seines höheren Verbrauchs günstigere Konditionen bieten als dem Kleinkunden, zur Belieferung
für verpflichtet halten ?
(3) Warum sollen Verbraucher, die wegen ihres höheren Verbrauchs angeblich belohnt werden sollen, nicht noch günstiger konditioniert werden, indem man ihnen eben noch die niedrigeren Konzessionsabgaben des Sonderkunden kalkuliert (spendiert) ?
(4) Warum wollen Versorger sich den Kunden gegenüber, die wegen ihres höheren Vebrauchs angeblich belohnt werden sollen, des (nach den GVV\'s nicht vorgesehenen) Kündigungsrechts begeben, welches dem Sonderkunden gegenüber ja besteht ?
(5) Welcher Vorteil bietet sich den Kunden, die wegen ihres höheren Vebrauchs angeblich belohnt werden sollen, indem ihnen eine
Versorgungspflicht und ein
Kündigungsverbot geboten werden ?
(6) Welcher Vorteil bietet sich dem Versorger, wenn er seinen Allgemeinen Preis im Wesentlichen allein durch öffentliche Bekanntgabe fordern darf und sich keine Gedanken über Preisänderungsklauseln machen muß ?
Zusammen gefaßt lassen sich diese Fragen auf einen Nenner konzentrieren:
Der Abnehmer soll davon abgehalten werden, sich über sein Versorgungsverhältnis zu seinem Versorger weitere Gedanken zu machen als diejenigen \"Wird mein Häuschen warm\" und \"Kommt Strom aus der Steckdose\".
Der BGH hat nun wiederholt in seinen jüngeren Entscheidungen betont, dass es ihm für die Frage der Einstufung in erster Linie darauf ankommt,
wie das Versorgungsverhältnis aus der Sicht des Abnehmers verstanden werde.
Auffällig ist allerdings dabei, wenn man diese Entscheidungen des BGH zu dieser Problematik filtert, dass der BGH jeweils immer Anhaltspunkte aus den Vertragsunterlagen akribisch sucht, welche mit dem Wörtchen \"Sonder....\" beginnen.
Ein und derselbe BGH-Senat, der noch vor Jahren von \"den Merkmalen des Tarifkunden\" sprach, löst sich von seiner überkommenen Rechtsprechung, ohne ein Wörtchen darüber zu verlieren, warum es bei der Frage, wie aus des Verbrauchers Sicht dessen Versorgungsverhältnis einzustufen sei, (nur noch ?) auf Formulierungen
des Versorgers maßgeblich ankommen soll (Indizwirkung) !
In diesem Zusammenhang noch ein Blick auf die Bestimmung gem. § 41 Abs. 1 Nr. 3 EnWG.
Dass der Gesetzgeber unter dem Begriff : \"die Zahlweise\" vielleicht nur Ratenzahlungen und /oder Abschlagszahlungen gemeint haben könnte, ist nicht anzunehmen.
Aber, wenn man auf die Masse von \"Grundversorgungsverträgen\" schaut, bei denen den Abnehmern von den Versorgern \"die bequeme Zahlungsweise auf dem Weg der Lastschrifteinzugsermächtigung\" angeboten und von den Abnehmern auch angenommen wird, wie sieht es dabei dann mit der vom BGH angesprochenen Indizwirkung aus ?
Man kann eigentlich allen \"grundversorgten\" Abnehmern nur empfehlen bei der Beantwortung des Angebotes auf Teilnahme am Lastschrifteinzugsverfahren dem Versorger schriftlich mitzuteilen, dass man gerne von der Möglichkeit Gebrauch machen und dieser angebotenen
Sondervereinbarung zustimmen werde. Denn wer ist für die Einordnung des VErsorgungsverhältnisses maßgeblich, wenn es auf das Kriterium
der Sicht des Verbrauchers ankommen soll.