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Autor Thema: Wann Nachweis der Billigkeit/Gerichtskosten  (Gelesen 29535 mal)

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Offline rkausg

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Wann Nachweis der Billigkeit/Gerichtskosten
« Antwort #90 am: 10. März 2010, 17:33:38 »
Mein Versorger hat in einem Schreiben auf ein Amtsgerichtsurteil verwiesen, in dem festgestellt worden sein soll, dass Erhöhungen der Gastarife(dieses Versorgers) der Billigkeit entsprechen. Meine Fragen dazu:
1. kann es passieren, dass ein Gericht auch ohne Vorlage von Nachweisen durch den Versorger die Gaspreise für billig erklärt und ich dadurch gar nicht die Chance erhalte, die Forderung mit der Begründung anzuerkennen, ich hätte ja vorher die Billigkeit nicht nachvollziehen können.?
2. Der Versorger erklärt sich in dem Schreiben bereit, mir das Urteil anonymisiert zur Verfügung zu stellen.
a)Welche Folgen kann die Zustimmung zur Übersendung des Urteils haben?
(z.B. Der Beklagte, also ich, wusste, dass das AG .. die Gaspreiserhöhungen für billig hält, hat aber weiterhin die Begleichung der Forderungen verweigert und deshalb Anlass zur Klage gegeben und muss dann nach Klageerhebung auch die Kosten tragen, da die Bedingungen für ein \"kostenfreies\" Anerkenntnis der Forderungen nicht mehr gegeben sind)
b) reicht evtl. schon das Angebot des Versorgers, das Urteil zur Verfügung zu stellen dafür, dass ich an den Kosten beteiligt werde?
3. Werden Urteile eines Amtsgerichts irgendwo veröffentlicht?
Danke für Antworten

Offline RR-E-ft

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Wann Nachweis der Billigkeit/Gerichtskosten
« Antwort #91 am: 10. März 2010, 17:55:51 »
Jenes Urteil selbst kann nicht der Billigkeitsnachweis sein. Es kann schließlich darauf gründen, dass dort schriftätzlich gebrachte Behauptungen, die sich nicht im Urteil finden müssen, nicht bestritten wurden. Die Rechtsprechung ist bereits weit ausdifferenziert.  Wenn der Kunde nichts bestreitet, gilt die Behauptung, die Preise entsprächen der Billigkeit, als zugestanden. Zu den Anforderungen an einen Billigkeitsnachweis siehe auch LG Dortmund, Urt. v. 20.08.09

Offline bolli

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Wann Nachweis der Billigkeit/Gerichtskosten
« Antwort #92 am: 11. März 2010, 09:01:48 »
@rkausg
Wie RR-E-ft schon dargelegt hat, ist für die Entscheidung maßgeblich, was vorgetragen und was bestritten wurde. Daher muss man sich zunächst in jedem Fall das Urteil genau durchlesen und schauen, was dort TATSÄCHLICH entschieden wurde und auf WELCHEN Tatsachen die Entscheidung beruht.

Bei der Frage der Billigkeit ist das stellen der RICHTIGEN Fragen von entscheidender Bedeutung. Oft wird (leider, weil Richter unkundig) vom Gericht kein umfangreiches Sachverständigengutachten eingeholt sondern der Richter meint, er sei selbst sachverständig genug (hat ja schließlich studiert !). Wenn man dann nicht mit einer Reihe von unangenehmen Fragen an den Versorger aufwartet, bzw. bestimmte Punkte z.B. in Bilanzen anführt, die unschlüssig sind, geht eine Schlacht oft verloren.

Aus diesem Grund ist ein in diesem Bereich versierter Anwalt auch dringend zu empfehlen. Normalerweise ist deshalb auch vorgesehen, solche Streitigkeiten, insbesondere aber wohl Fragen der Billigkeit an speziellen Kammern für Handelsrecht an den Landgerichten zu verhandeln (§102 EnWG). Aber auch hier sind einige Amtsrichter sehr selbstbewusst und lehnen solche Zuständigkeitsargumente (die man bei Klageerhebung am AG selbst erheben muss) mit recht selbstherrlichen Begründungen ab.

Aus den o.g. Gründen ist eine GENERELLE Bindungswirkung eines solchen Urteils eben auch nicht gegeben. Wenn Sie was anderes vortragen als der dortige Prozessgegner kann auch was anderes heraus kommen. Insoweit sehe ich auch kein Problem in der Anforderung des anonymisierten Urteils. Nur darauf achten, dass es auch vollständig ist. Ggf. beim AG nochmals anfordern.

Bezgl. Ihres Ansinnens des \"Sofortigen Anerkennens\" gem § 93 ZPO sollten Sie mal nicht allzuviel Hoffnung da rein setzen. Da dürfte bei einigen eher der Wunsch der Vater des Gedankens sein. Bisher gibt es da nur wenige entsprechende Entscheidungen.

Interessant ist dazu möglicherweise auch folgender Thread: Musterbrief \"Auskunftsaufforderung an Versorger\"

Offline userD0010

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Wann Nachweis der Billigkeit/Gerichtskosten
« Antwort #93 am: 11. März 2010, 10:14:19 »
@bolli
Hat rkausg eigentlich jemals dargelegt, um welche Versorgungsform es sich bei seinem Vertrag handelt? Sondervertrag oder Grundversorger?

Ich stimme Ihnen uneingeschränkt zu, dass so mancher Richter am Amtsgericht sich und seine Kompetenzen u.U. bei der Behandlung von Energiefragen überschtzt und glaubt, solche \"Peanuts\" selbst erledigen zu können oder, was aber weit schlimmer ist, nicht zugeben zu müssen, dass er mit der Materie überfordert ist.
Dies ist bspw. erkennbar geworden bei zwei unterschiedlichen Gerichten im Emsland. Der eine Richter meinte, fachlich so kompetent zu sein, dass er den Fall selbst zu entscheiden und auf den Hinweis der Zuständigkeit der Kammer für Handelssachen verzichten zu können.
Der andere Richter in einem 30 km entfernten Ord erklärte in zwei Fällen sofort die Nichtzuständigkeit seines Gerichts und verwies an das LG.

Und das Schärfste ist, dass eine bereits mehrfach genannte Anwaltskanzlei sich stets und ständig nur der Entscheidung des erstgenannten Richters bediente bei ihren Begründungen für die angeblich notwendige Klage und tunlichst die Entscheidung des m.E. kompetenteren Richters unterschlug.

Offline RR-E-ft

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Wann Nachweis der Billigkeit/Gerichtskosten
« Antwort #94 am: 11. März 2010, 12:41:26 »
In diesem Thread geht es nicht darum, was rkausg für einen Vertrag hat. Es geht auch nicht um die Frage der sachlichen Zuständigkeit des Gerichts gem. §§ 108, 102 EnWG. Es geht schließlich auch nicht darum, wie Richter im Prozess die bestrittene Billigkeit prüfen, sondern allein darum, unter welchen Voraussetzungen ein sofortiges Anerkenntnis im Sinne des § 93 ZPO möglich ist, welches zur Folge hat, dass das Gericht ohne inhaltliche Prüfung des klageweise geltend gemachten Anspruches ein Anerkenntnisurteil gegen den Beklagten erlässt, die Verfahrenskosten jedoch gem. § 93 ZPO dem Kläger aufgibt, weil der Beklagte keine Veranlassung zur Klage gegeben hatte. Dazu besteht hier und andernorts eine umfangreiche Diskussion.

 

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