Den Artikel der Süddeutschen nicht gelesen?
Ein Sprecher der Weltbank in London versuchte die Wogen am Freitag zu glätten. Von einer Geheimstudie könne nicht die Rede sein. \"Hier wurde die Meinung eines einzelnen Experten zitiert, den die Weltbank zu Rate gezogen hat, wie viele andere auch\", sagte er der Süddeutschen Zeitung.
Er distanzierte sich vom Inhalt des Papiers, in dem es weiter heißt, dass weder Spekulanten noch die verstärkte Nachfrage aus Schwellenländern wie Indien und China Schuld an den steigenden Preisen trügen. Auch die mehrjährige Dürre in Ländern wie Australien habe nicht \"wesentlich\" dazu beigetragen.
Die Krise am Lebensmittelmarkt hat nach Einschätzung der Weltbank verschiedene Ursachen, die sie in einer am 2. Juli veröffentlichten Studie aufschlüsselt.
Genannt werden darin die Verteuerung von Energie und Düngemitteln, die Dollar-Schwäche, die weltweit wachsende Nachfrage nach Nahrung, aber auch die Exportstopps einiger Länder, die etwa bei Reis zu kurzfristigen Engpässen auf dem Weltmarkt geführt haben.
\"Einen signifikanten Beitrag zu den steigenden Lebensmittelpreisen leistet sicher auch die Biokraftstoffproduktion\" betonte der Weltbank-Sprecher. Einen Anteil von 75 Prozent an der Preiserhöhungen könne er aber nicht bestätigen.
Biosprit ist eben gerade nicht die
zweifelsfrei wesentliche Ursache.
Dies ist
unter anderem auch der abrupte Exportrückgang der USA, die zuvor jahrzehntelang die Welt mit ihren subventionierten Exporten \"beglückt\" hat und damit abhängig gemacht hat. Der Exportrückgang kommt von dem plötzlich und unüberlegt angestachelten Biospritanbau, das ist wahr. Er ist also quasi ein Auslöser, wenn man so will. Das bestreite ich gar nicht.
Der Grundstein des Problems wurde aber zuvor mit der verfehlten Welthandelspolitik in Verbindung mit den Agrarexportsubventionen der USA und der EU gelegt. Denn fast alle Länder der Welt könnten sich selbst ernähren, wenn man ihnen das die letzten Jahre nicht geradezu verboten hätte (Weltbank und IWF und WHO). Dann könnte ihnen der Biospritanbau in den USA egal sein.
Vielmehr ist es doch so, dass ein rechtzeitiger und langsam einsetzender Biospritanbau in den USA und in der EU den anderen Entwicklungsländern und Schwellenländern ermöglicht hätten, von den Agrarüberschüssen des \"Westens\" verschont ihre eigene Landwirtschaft weiterzuentwickeln.
Dann könnte ein Biospritanbau auf landwirtschaftlichen Überkapazitäten bei uns ohne Problem für die Lebensmittelpreise möglich sein.
Dass Biosprit zu der Problemsituation beiträgt und verschärfend oder als Auslöser wirkt, ist also anzunehmen.
Trotzdem ist Biosprit (nicht jede Form und nicht überall und nicht zu jeder Zeit und in jedem Umfang) sinnvoll - auch heute.
Wie die Weltbank selbst sagt, steht der Autor alleine da. Und die zitierten Aussagen klingen auch so schon dem ersten Anschein nach recht unglaubwürdig. Nichts ist Schuld, keine Dürre, keine Missernten, kein Nachfrageanstieg - Marktwirtschaft spielt also keine Rolle - oder doch? Ja! Wenn der Biosprit die Preise hochtreibt, dann ist das andererseits ein marktwirtschaftlicher Mechanismus! Das ist für mich auf den ersten Anschein Mumpitz. Und sowas kommt von einem Wirtschaftler.
Wenn man die Milchpreisentwicklung der letzten Jahre ansieht, dann haben die doch recht deutlichen Schwankungen rauf und jetzt wieder runter, bis die Bauern streikten, rein gar nichts mit dem Biosprit zu tun. Das war rein durch erhöhte Nachfrage aus Asien und die darauf folgende Produktionsausweitung bedingt. Ob der Herr Wirtschaftsfuzzi das wohl anders sieht?
Dass die EU in ihrer Biospritpolitik nun zurückrudert, ist gut.
Die Pläne waren wohl auch recht unausgegoren.
Auch die Bundesregierung mit dem geplanten verstärkten Ethanoleinkauf aus Brasilien hat wohl kein schlüssiges Konzept.
Doch selbst wenn der Biospritanbau wieder vollkommen aufgegeben würde, würde das Problem der armen und hungernden Bevölkerung in den Entwicklungsländern nicht beseitigt, allenfalls vorübergehend gedämpft, wenn wir (EU und USA) die Welt wieder mit subventionierten Lebensmitteln überschwemmen.
Das mag für viele als Argument schon hinreichend sein.
Gut.
Aber eine Lösung ist das nicht und man sollte daher nicht vergessen, die wirklichen Ursachen anzupacken.
Ja, dazu gehört unter vielem anderen z.B. auch der exorbitante Fleischkonsum bei uns, der zu fragwürdigen und für viele Länder und deren Bevölkerung schädlichen Sojaimporten führt.
Davor sollte man nicht die Augen verschließen.
ciao,
sh