Forum des Bundes der Energieverbraucher

Autor Thema: Strategie: die Wahl der Waffen  (Gelesen 8351 mal)

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Offline Martinus11

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Strategie: die Wahl der Waffen
« am: 27. November 2005, 17:41:09 »
Guten Tag!
Da neben der Billigkeitskontrolle offenbar häufig unwirksame Preisgleitklauseln vorliegen, hat man ja eigentlich 2 scharfe Waffen.
In meinem Fall ist es z.B. so, dass in den auf der Homepage meines EVU stehenden \"Erdgaslieferbedingungen\" nur von Preisänderungen im Zusammenhang mit der Anpassung der Abschläge die Rede ist, was den Namen \"Preisgleitklausel\" kaum verdient. Eine entspr. Klausel müsste doch hier zu finden sein, oder gibt es noch andere \"Orte\"?

Theoretisch ist das also wohl noch eindeutiger als eine Billigkeitskontrolle. Aber Recht haben und Recht kriegen sind zwei verschiedene Sachen...
Ich frage mich nun generell und angesichts des Urteils vom 8.12. (womit die Angelegenheit sicher noch nicht beendet ist) sowie der zu vermutenden Taktik der EVUs, was strategisch am besten ist bei der Formulierung meines Widerspruchs.
Billigkeit und/oder Unwirksamkeit monieren? Vielleicht nur eines von beiden und das andere bei passender Gelegenheit und in Anlehnung an die noch nicht absehbare Entwicklung der Dinge hinterherschieben? Erst den 8.12. abwarten oder besser noch vorher?

Noch eine ganz praktische Frage: Ich kann den Widerspruch beim EVU selbst abgeben, da dieser gleich bei mir in der Nähe ist. Wie lasse ich mir den Empfang bestätigen? Muss ich da selbst was vorbereiten (was?) und das wird dann von jemandem (von wem?) unterschrieben, der den Erhalt bestätigt?

Danke,

Martinus11

Offline Cremer

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Strategie: die Wahl der Waffen
« Antwort #1 am: 28. November 2005, 08:20:18 »
@Martinus11,

Sie können sich den Empfang des Schreibens formlos auf einer Kopie bestätigen lassen. Der versorger wird ja irgendwo eine Information oder so etwas ähnliches haben.
MFG
Gerd Cremer
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Offline RR-E-ft

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Strategie: die Wahl der Waffen
« Antwort #2 am: 28. November 2005, 12:32:58 »
@Martinus11

Die \"Waffen\" sind bereits gewählt.

Nach dem Musterbrief soll der Versorger zunächst im ersten Schritt sein Recht zu einseitigen Preisanpassungen nachweisen. Dabei geht es also um wirksame Preisanpassungsklauseln.

Gelingt Schritt eins nicht, hat es sich schon erledigt.

Im zweiten Schritt soll er sodann die Erforderlichkeit und Angemesseheit der Preiserhöhung durch vollständige Offenlegung der Preiskalkulation nachweisen.


Freundliche Grüße
aus Jena



Thomas Fricke
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Offline Martinus11

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Strategie: die Wahl der Waffen
« Antwort #3 am: 28. November 2005, 19:37:44 »
@Cremer:
Na, dann werde ich da mal in die Höhle des Löwen spazieren, werde mich schon durchfragen.
Dachte nur, nicht dass was Bestimmtes auf der Kopie stehen muss.

@RR-E-ft:
Bei dem Musterschreiben von energienetz.de ist beides drin, stimmt.
Ich kam über einen Link von gaspreise-runter-owl.de und deren Musterbrief spricht nur von der Billigkeitskontrolle. Außerdem fehlt das Verrechnungsverbot. Ich dachte, die Musterbriefe wären überall gleich.

Moniert wird in dem Musterschreiben hier aber auch nur die PreisERHÖHUNG, sollte man nicht auch den GESAMTpreis monieren, hatten Sie irgendwo doch schon mal gesagt, oder?

Eine Frage zur Begrenzung der Abschläge hätte ich noch. Wie bei vielen anderen sind auch bei mir seit der Preiserhöhung vom Sommer die Abschläge gleich geblieben, mein Verbrauch wird bis zur nächsten Jahresabrechnung wohl etwas niedriger sein. Da der Verbrauch saisonal recht verschieden ist, kann ein jetziger Blick auf den Zähler wenig Aufschluss geben, da das meiste in den nächsten Monaten verbraucht wird und wer weiß, wie der Winter wird und wie oft ich nicht zu Hause bin usw.

Könnte ich angesichts dessen im Widerspruch jetzt noch sagen, der Abschlag soll bis zur Jahresabrechnung im März gekürzt werden und zwar gleich ordentlich von 90 Euro auf z.B. 60 Euro, um auf diese Weise sicher zu gehen, später meinem Geld nicht hinterherlaufen zu müssen. Ich weiß aus dem Forum hier, dass das grundsätzlich geht, aber bis zu welcher Höhe und muss sich der Versorger dann auf meine fragliche Schätzung verlassen?

Danke,

Martin

Offline RR-E-ft

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Strategie: die Wahl der Waffen
« Antwort #4 am: 28. November 2005, 19:44:56 »
@Martinus11

Die Musterbriefe sehen nicht von ungefähr ähnlich aus.

Sie kommen aus der selben \"Werkstatt\".

Schauen Sie doch auch unter

http://www.nvzmv.de/allgemein/Musterbrief_Gas.pdf

http://www.vzth.de/files/stories/276/Microsoft%20Word%20-%20Musterschreiben%20an%20den%20Gasversorger06_10_04.pdf

http://www.verbraucherzentrale-sh.de/dokumente/dokumente/musterbrief%20gaspreis%20april05.rtf

Ergänzend zu diesen Musterbriefen gibt es im Heft \"Wohnungswirtschaft und Mietrecht\" (Mieterbund) Heft 9/2005 gleich am Anfang auf Seite 547 ff. einen Aufsatz \"Zivilrechtliche Billigkeitskontrolle von Erdgaspreisen gem. § 315 BGB\" von mir.

Ich hoffe, Paderborner Kollegen lesen hier mit und sorgen ggf. für entsprechende Anpassungen.



Freundliche Grüße
aus Jena



Thomas Fricke
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Offline Martinus11

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Strategie: die Wahl der Waffen
« Antwort #5 am: 30. November 2005, 12:06:10 »
@RR-E-ft:
danke für die Links, ich habe mir alle Musterschreiben angesehen, aber die von mir angesprochene Monierung des GESAMTpreises fehlt bei allen.
Sollte man die nun mitreinbringen oder nicht?

Bei dem einen Musterschreiben wird vorsichtshalber gleich mal eine Unbilligkeit für alle zukünftigen Preiserhöhungen moniert. Ist das sinnvoll, was bis zur nächsten Erhöhung geschieht, weiß doch keiner!? Wäre es nicht besser, später einen neuen Widerspruch zu schreiben, der sich an der neuen Lage orientiert?
Man kann doch nicht sämtliche Preiserhöhungen für alle Zukunft schon jetzt angreifen, zumal die noch gar nicht relevant sind, oder?

Offline RR-E-ft

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Strategie: die Wahl der Waffen
« Antwort #6 am: 30. November 2005, 12:13:57 »
@Martinus11


Nehmen Sie es mit rein, etwa so:

http://www.goest.de/gaspreise.htm#muster

Zahlungen erfolgen künftig nur auf die Hauptforderung zu den alten Preisen. Ich rüge auch diese als unbillig und behalte mir vor, auch deren Billigkeit gerichtlich prüfen zu lassen und Überzahlungen zurückzufordern.

Damit soll gerade der Gesamtpreis als unbillig gerügt werden.

Bei jeder weiteren Preiserhöhung legen Sie erneut Widerspruch ein, wenn Sie Zweifel an der Berechtigung hegen....



Freundliche Grüße
aus Jena



Thomas Fricke
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Offline Martinus11

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Strategie: die Wahl der Waffen
« Antwort #7 am: 30. November 2005, 13:12:07 »
Danke!

Martin

Offline Martinus11

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Strategie: die Wahl der Waffen
« Antwort #8 am: 14. Dezember 2005, 19:04:29 »
Hallo,
Widerspruch ist mittlerweile verschickt, gehört habe ich noch nichts.

Ich frage mich, welche Verpflichtungen das EVG bezüglich der Bekanntmachung einer Preisänderungsklausel in den AGB hat. Können die nicht im nachhinein plötzlich eine Klausel \"aus dem Hut zaubern\" ?

Mich macht etwas stutzig, dass die VZ des Bundes sich dieser Sache bei meinem EVU schon vor einiger Zeit angenommen hat und gegen die Klausel bzw. deren Fehlen nicht vorgegangen ist.
Da ich zugleich auch die Unbilligkeit moniere, mache ich mir zwar keine Sorgen, aber etwas seltsam ist das schon, also dass ich jetzt etwas tue, was sich die VZ nicht traut.

Grüße,

Martinus11

Offline Cremer

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Strategie: die Wahl der Waffen
« Antwort #9 am: 15. Dezember 2005, 08:02:08 »
@Martinus11

nun lassen Sie Ihrem Versorger etwas Zeit.

Sofern eine AGB-Änderung stattgefunden hat, muss der Versorger Sie darüber persönlich in einem Schreiben informieren. Sie können diese sogar ablehnen, da einseitig erhoben.
Dies ist aber hier bestimmt nicht der Fall
MFG
Gerd Cremer
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Strategie: die Wahl der Waffen
« Antwort #10 am: 15. Dezember 2005, 11:05:47 »
@Martinus11

Es ist unserer Rechtsordnung fremd, dass eine Partei den gesamten Inhalt eines Vertrages nachträglich neu bestimmen kann.

Dann handelt es sich schon um keinen Vertrags, sondern ein Diktat.

Der Versorger kann die Preise nur dann einseitig neu bestimmen, wenn ihm ein entsprechendes Recht eingeräumt ist, was bestritten ist.

Hat er dieses Recht, muss er sich grundsätzlich an das billige Ermessen gem. § 315 BGb halten.


Dass der Versorger darüber hinaus auch noch nachträglich alle anderen Vertragsbedingungen, die ja bei Tarifkunden in der AVBV geregelt sind,  einseitig ändern kann, sehe ich aus o.g. Gründen nicht.

Auch bei Sonderverträgen können nachträglich nicht ohne weiteres die Vertragsbedingungen abgeändert werden.

Sonst hätte man nur einen \"Scheinvertrag\", weil ein Vertragspartner immer im nächsten Augenblick den kompletten Vertragsinhalt einseitig ändern könnte......

Das hätte die gleiche Wirkung, als hätte man gar keinen Vertrag geschlossen, sich also nicht geeinigt.

Zu einer Einigung gehören immer mindestens zwei.



Freundliche Grüße
aus Jena- Stadt zur Welt



Thomas Fricke
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Offline Cremer

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Strategie: die Wahl der Waffen
« Antwort #11 am: 15. Dezember 2005, 11:24:36 »
@Fricke,
@Martinus11,

Mit der Frage von Martiunus11 wird hiermit wohl gemeint sein, dass es zu den bekanntermaßen AVBGasV ja noch weitere Vertragsbestimmungen gibt wie die Allgemeinen Bestimmungen als auch noch Bestimmungen zu Sonderverträgen (SW KH: Bestimmungen zum Erdgas-Sondervertag A). Diese möglichen einseitigen Vertragsänderungsbegehren müssen schriftlich den Kunden gerichtet werden. Die Versorger wollen diese Änderungen immer den Kunden einseitig bestimmend  \"aufs Auge drücken\".
MFG
Gerd Cremer
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« Antwort #12 am: 15. Dezember 2005, 14:02:14 »
Hallo,
ich meinte beides bzw. alles, was \"möglich\" ist.
Nicht, dass es z.B. genügt, die neuen AGB irgendwo im Hinterhof an die Haustür zu kleben oder in irgendeinem öff. Medium, das vielleicht kein normaler Verbraucher liest, bekanntzumachen.

Habe übrigens jetzt die Antwort erhalten. Ich muss jetzt überweisen, Begrenzung der Einzugsermächtigung akzeptieren sie nicht. Ansonsten eher freundlich, Ölpreisbindung, leichts Heizöl usw. werden ausgeführt. Die im Musterbrief zitierten Urteile seien nicht einschlägig, da es um Wasserversorgung und Netznutzungsentgelte ginge.

Besonders interessant: Auf die von mir monierte Preisänderungsklausel wird mit keinem Wort eingegangen. Was könnte das bedeuten?

Grüße,

Martinus11

Offline Cremer

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Strategie: die Wahl der Waffen
« Antwort #13 am: 15. Dezember 2005, 14:11:48 »
@Martinus11,

wenn keine Akzeptanz der Begrenzung der Einzugsermächtigung, dann lassen Sie schön abbuchen und anschließend auf Kosten des Versorger rückbuchen und überweisen dann per Dauerauftrag.

Die Preisänderung gemäß Preisgleitklausel können die anscheinend nicht nachweisen.

Ich hatte die SW KH aufgefordert, mir dezidiert , also en Detail, den Nachweis der jährlichen Änderungen der Arbeitspreise für Gas von 1992 bis heute anhand dieser Formeln zu erbringen. 1992 waren zum letztenmal die \"Bestimmungen für den Gassondervertrag A\" gerade in den Preisgleitformeln für den Arbeitspreis als auch für den Grundpreis (§5.1 und 5.2) geändert worden.
Hinweis in diesem Aufforderungsschreiben, sie mögen mein Schreiben bei einer gerichtlichen Auseinandersetzung dem Gericht vorlegen. :oops:

Bis heute schweigen im Walde.  :?:
MFG
Gerd Cremer
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« Antwort #14 am: 15. Dezember 2005, 14:16:12 »
@Martinus11

Das könnte bedeuten, dass es entweder keine Klausel gibt oder man eine solche selbst für unwirksam hält.

Vgl. etwa hier:

http://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bgh&Art=en&sid=320502b6a735d2b7b8151561524b89b7&client=2&nr=34088&pos=16&anz=24

Es könnte aber auch bedeuten, dass der Mustertextbaustein nicht soweit reichte.



Freundliche Grüße
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Thomas Fricke
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