Wenn die Bundesregierung und fünf Landesregierungen
in äußerster Sorge um die Sicherheit der Bevölkerung auf der Grundlage des Atomgesetzes (§ 19 AtG) entscheiden, dass acht Meiler zunächst vom Netz gehen und alle Meiler überprüft werden, ist dies zunächst anzuerkennen. Dass auch Sorge um den Erhalt ihrer Macht und den Rückhalt ihrer Politik in der Bevölkerung bei der Entscheidung mitschwingen mag, beeinträchtigt die getroffene Entscheidung schließlich nicht.
Das staatliche Machtwort in der TagesschauBund und Länder scheuen dabei offensichtlich keine rechtliche Auseinandersetzung mit den Atomkonzernen über die Befugnisse nach
§ 19 Atomgesetz.
Bund und Länder müssen immerhin davon ausgehen, dass die gesetzlichen Voraussetzungen für die Anordnung der einstweiligen Stilllegung jedenfalls vorliegen. Denn das staatliche Handeln ist an Recht und Gesetz gebunden.
Warum die notwendigen gesetzlichen Voraussetzungen urplötzlich vorliegen sollen, wird jedenfalls nicht auf Anhieb ersichtlich.
Die Aufsichtsbehörde kann anordnen, daß ein Zustand beseitigt wird, der den Vorschriften dieses Gesetzes oder der auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnungen, den Bestimmungen des Bescheids über die Genehmigung oder allgemeine Zulassung oder einer nachträglich angeordneten Auflage widerspricht oder aus dem sich durch die Wirkung ionisierender Strahlen Gefahren für Leben, Gesundheit oder Sachgüter ergeben können. Sie kann insbesondere anordnen,
1.daß und welche Schutzmaßnahmen zu treffen sind,
2.daß radioaktive Stoffe bei einer von ihr bestimmten Stelle aufbewahrt oder verwahrt werden,
3.daß der Umgang mit radioaktiven Stoffen, die Errichtung und der Betrieb von Anlagen der in den §§ 7 und 11 Abs. 1 Nr. 2 bezeichneten Art sowie der Umgang mit Anlagen, Geräten und Vorrichtungen der in § 11 Abs. 1 Nr. 3 bezeichneten Art einstweilen oder, wenn eine erforderliche Genehmigung nicht erteilt oder rechtskräftig widerrufen ist, endgültig eingestellt wird.
Nochmals:
In Deutschland hat sich über Nacht bei Lichte betrachtet
nichts verändert.
Die Kernkraftwerke in Deutschland sind nicht weniger sicher oder unsicher als vor einer Woche oder im September 2010.
Die Konzerne könnten deshalb gegen die Entscheidung klagen und Schadensersatz beanspruchen, wenn sich herausstellt, dass die Voraussetzungen für diesen
staatlichen Eingriff nicht vorliegen.
Wenn die Voraussetzungen jedoch vorliegen, dann müssten sie wohl auch schon im Herbst 2010 vorgelegen haben.
Dann aber stellt sich das Regierungshandeln im Herbst 2010 in einem völlig neuen Licht dar.