Forum des Bundes der Energieverbraucher

Autor Thema: Gerichtsverfahren eines Sondervertragskunden der vorher als Tarifkunde eingestuft wurde  (Gelesen 56539 mal)

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Offline bolli

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Zitat
Original von ben100
Termin für die mündliche Verhandlung wurde auf den 3. November 2010 angesetzt.
Aber warum vor dem VIII. Senat, wenn das OLG Urteil vom Kartellsenat des OLG Düsseldorf kam ?  ?( ?( ?(   Revisionsverhandlung des VIII. Senats auf Entscheidung des Kartellsenats des OLG Düsseldorf

Ich dachte, bei Revisionen gegen OLG-Entscheidungen der Kartellsenate aufgrund Energiewirtchaftsgesetzstreitigkeiten wäre immer der BGH-Kartellsenat zuständig
Zitat
Kartellsenat beim BGH

Der Kartellsenat ist kraft Gesetzes für die Entscheidungen über die in § 94 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen und die in § 107 des Gesetzes über die Elektrizitäts- und Gasversorgung aufgeführten Rechtsmittel sowie über sonstige Beschwerden gegen Entscheidungen der Oberlandesgerichte in Kartellsachen zuständig.

Wollen die jetzt alles dem VIII. übertragen? SEEEHR merkwürdig!!!

Edit: Na, da bin ich ja froh, dass es mir nicht alleine so geht mit dem Unverständnis siehe hier

Offline ben100

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Werde da heute mal nachfragen.

Wo steht denn dieses Gesetzt, weil Du schreibst ja


\"....ist kraft Gesetz\", welches meinst Du also?

Danke!

Offline ben100

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Ok, habe mit dem Anwalt telefoniert.

Es ist ok bei diesem Senat, da es wohl (wie gesagt ich bin Laie) kein Verfahren nach diesen § ist.

Darunter fallen wohl kartellrechtliche Sachen.

Allerdings geht es mit guter Hoffnung in die Verhandlung.

Hoffe er behält recht in seinem Gefühl.

Offline bolli

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Zitat
Original von ben100
Werde da heute mal nachfragen.

Wo steht denn dieses Gesetzt, weil Du schreibst ja


\"....ist kraft Gesetz\", welches meinst Du also?

Danke!
Auch wenn deine Anwältin o.k. sagt einfach nochmal zum Verständnis, soweit ich es kenne (bin auch kein Anwalt).

Für den Fall des Energierechts gibt es zwei Argumentationen:

Die eine sagt, es geht da einfach um Kaufverträge, bei denen der eine was liefert und der andere dafür als gegenleistung was bezahlen muss. Für Streitigkeiten aus diesen Verträgen ist der \"normale\" Zivilrechtsweg vorgesehen, also erste Stufe Amtsgericht (AG) oder Landgericht (LG), Zivilkammer, je nach höhe des Streitwertes.

Die andere folgt dem § 102 EnWG, wo festgelegt ist, dass bei allen Streitigkeiten, die sich aus dem EnWG ergeben, die Landgerichte als unterste Ebene, und hier die Kammer für Handelssachen zuständig sind. Dieses hatte der Gesetzgeber wegen der seiner Meinung nach größeren Kompetenz bei den Fragen z.B. nach Angemessenheit des Preises etc. explizit im EnWG so festgelegt.

Da insbesondere bei der Frage, ob jemand ein Sondervertragskunde ist (da gibt es einen individuellen Vertrag dem man zustimmen kann oder auch nicht) oder nicht doch ein Kunde in der gesetzlichen Grundversorgung (hier ergeben sich viele Vertragsmodalitäten aus dem EnWG bzw. der GasGVV bzw. StromGVV und unterliegen keinem individuellem verhandeln) ist, das EnWG betroffen ist, sollte in solchen Fällen normalerweise immer die Kammer für Handelssachen am Landgericht (Kartellkammer) für diese Angelegenheiten zuständig sein. Das sehen aber nicht alle AG so.

In Ihrem Fall war es aber ja so. Das AG Duisburg hatte den Fall zuständigkeitshalber genau aus diesem Grund ans LG Düsseldorf, Kammer für Handelssachen, weitergegeben und Sie hatten anteilige Verfahrenskosten zu tragen, eben weil Sie am falschen Gericht Ihre Klage eingereicht hatten.

Die Berufung hatte dann auch wieder der Kartellsenat des OLG Düsseldorf verhandelt und nicht ein Zivilsenat an diesem Gericht. Und nach diesem Strang hätte die Revision über die OLG-Entscheidung gemäß den Geschäftsverteilungsregeln des BGH eben auch vor den Kartellsenat des BGH (der sich mit Revisionen gegen Urteile der Handelskammern der OLGs beschäftigt) und nicht vor den VIII.- Senat des BGH, der sich mit Zivilrechtlichen (normalen Vertragsangelegenheiten u.ä. ) Streitigkeiten beschäftigt, gehört.

Leider hat der VIII. Senat in der Vergangenheit an der einen oder anderen Stelle schon mal versucht, Pflöcke in die Erde zu hauen, die nicht immer so ganz nachvollziehbar sind (z.B. Sockelpreis in der GV), während der Kartellsenat da eine etwas andere Linie zu fahren scheint, insbesondere wenn es um die Angemessenheit der Preise geht (und das ist ja unser wesentliches Thema) und so wünschen wir uns eben den einen oder anderen Fall mehr beim Kartellsenat, um da einige Punkt mal entgültig geklärt zu bekommen, ggf. falls nötig, vom Großen Senat. Erst dann ist es einigermaßen endgültig.

Aber da Ihre Rechtsanwältin ja gute Kontakte zum BdEV und ggf. auch zum Kollegen RR-ft-E hat, werden wir sicher noch erfahren, warum da ein Zuständigkeitswechsel stattgefunden hat.  :evil:

Offline RR-E-ft

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In den Vorinstanzen haben - soweit ersichtlich - Kartellgerichte entschieden und das Amtgericht als Eingangsinstanz sogar für unzuständig erklärt:

BGH VIII ZR 178/09 mündliche Verhandlung am 03.11.10 Abgrenzung Tarifkunde/ Sondervertragskunde

Deshalb stellt sich die Frage, weshalb nicht der Kartellsenat für die Revision zuständig sei.
Wurde die Sache etwa vom Kartellsenat des BGH an den VIII. Zivilsenat überwiesen?

Merkwürdig schon

Zitat
BGH VIII ZR 314/07 Rn. 35

Eine gegebenenfalls dem Kartellsenat des Bundesgerichtshofs vorbehaltene Stellungnahme zu der von den Klägern aufgeworfenen Frage eines etwaigen Preismissbrauchs der Beklagten (§ 19 Abs. 4 Nr. 2 GWB) ist im gegenwärtigen Verfahrensstadium nicht veranlasst.

Offline ben100

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Also:

1. Es ist ein Anwalt (Frau Holling hat mich nur vor dem OLG vertreten)

2. Ich habe ihm genau das hier vorgelesen

3. Er hat gesagt das das schon richtig ist.

Werde aber nochmals per Mail nachfragen.

Offline ESG-Rebell

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Zitat
Original von RR-E-ft
BGH VIII ZR 178/09 mündliche Verhandlung am 03.11.10 Abgrenzung Tarifkunde/ Sondervertragskunde
Soeben habe ich folgendes erfahren:

Zitat
BGH Geschäftsstelle VIII. Zivilsenat
In dem Verfahren VIII ZR 178/09 wurde am 29.10.2010 die Rücknahme der Revision erklärt. Somit ist der morgige Termin zur mündlichen Verhandlung hinfällig.
Gruss,
ESG-Rebell

Offline ben100

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Jo, habe gerade den Anwalt in Karlsruhe angerufen, die haben die Revision zurückgezogen.

Gewinnt!!!!!!

Woher hast Du das eigentlich erfahren?

Offline bolli

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Original von ben100
Jo, habe gerade den Anwalt in Karlsruhe angerufen, die haben die Revision zurückgezogen.

Gewinnt!!!!!!

Woher hast Du das eigentlich erfahren?
Hat er doch geschrieben:
Zitat
BGH Geschäftsstelle VIII. Zivilsenat:
In dem Verfahren VIII ZR 178/09 wurde am 29.10.2010 die Rücknahme der Revision erklärt. Somit ist der morgige Termin zur mündlichen Verhandlung hinfällig.

Als häufiger Prozessbeobachter in Energieprozessen informiert er sich natürlich vorher, ob es nicht kurzfristig irgendeine Verschiebung gegeben hat, dann braucht er sich nicht umsonst auf den Weg zu machen. ;)

An dieser Stelle auch von mir mal vielen Dank an ESG-Rebell für die oft sehr schnellen Prozessberichte bei BGH-Prozessen. !!!

Ihnen natürlich Glückwunsch zu Ihren Prozessgewinn und Ihrer Durchhaltedauer. So was ist ja immer ne ziemlich langgedehnte Sache.

Offline ESG-Rebell

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Original von bolli
Zitat
Original von ben100
Jo, habe gerade den Anwalt in Karlsruhe angerufen, die haben die Revision zurückgezogen.

Gewinnt!!!!!!

Woher hast Du das eigentlich erfahren?
Als häufiger Prozessbeobachter in Energieprozessen informiert er sich natürlich vorher, ob es nicht kurzfristig irgendeine Verschiebung gegeben hat, dann braucht er sich nicht umsonst auf den Weg zu machen. ;)
Es gibt noch einen wesentlich profaneren Grund für meine Anfrage: Die Verhandlungen können schon für 9:00 oder auch erst für 11:00 anberaumt sein und ich habe keine Lust, zwei Stunden auf dem Gang rumzustehen ;)

Wer eine Verhandlung beobachten möchte, der wende sich an die Pressestelle des BGH (pressestelle@bgh.bund.de) um nach der geplanten Uhrzeit zu fragen (AZ angeben). Zun Termin einen Ausweis mitnehmen.

@ben100:
Von meiner Seite natürlich auch noch herzlichen Glückwunsch!

Gruss,
ESG-Rebell.

Offline ben100

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Naja auf jedenfall hat es sich für mich gelohnt und ich konnte etwas beitragen für andere.

Bin gespannt wie es weitergeht.

Offline ben100

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Original von RR-E-ft
In den Vorinstanzen haben - soweit ersichtlich - Kartellgerichte entschieden und das Amtgericht als Eingangsinstanz sogar für unzuständig erklärt:

BGH VIII ZR 178/09 mündliche Verhandlung am 03.11.10 Abgrenzung Tarifkunde/ Sondervertragskunde

Deshalb stellt sich die Frage, weshalb nicht der Kartellsenat für die Revision zuständig sei.
Wurde die Sache etwa vom Kartellsenat des BGH an den VIII. Zivilsenat überwiesen?

Merkwürdig schon

Zitat
BGH VIII ZR 314/07 Rn. 35

Eine gegebenenfalls dem Kartellsenat des Bundesgerichtshofs vorbehaltene Stellungnahme zu der von den Klägern aufgeworfenen Frage eines etwaigen Preismissbrauchs der Beklagten (§ 19 Abs. 4 Nr. 2 GWB) ist im gegenwärtigen Verfahrensstadium nicht veranlasst.


Der BGH hat vor ca. einem Jahr einen neuen Geschaeftsverteilungsplan beschlossen. Demnach gehen alle Verfahren mit energierechtlichem Bezug zum VIII. Senat.

Offline RR-E-ft

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Soll der BGH tatsächlich die interne Geschäftsverteilung entgegen der gesetzlichen Bestimmung des § 107 Abs. 1 Nr. 3 EnWG geregelt haben?

Offline bolli

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Original von RR-E-ft
Soll der BGH tatsächlich die interne Geschäftsverteilung entgegen der gesetzlichen Bestimmung des § 107 Abs. 1 Nr. 3 EnWG geregelt haben?
Na ja, immerhin wäre es eine Erklärung für diese (BGH VIII ZR 178/09 mündliche Verhandlung am 03.11.10 Abgrenzung Tarifkunde/ Sondervertragskunde - Revision gegen das Urteil des Kartellsenats des OLG Düsseldorf vom 24. Juni 2009 - 2 U (Kart) 14/08 ) Zuständigkeitsverschiebung, auch wenn sie mich genauso erschüttert wie möglicherweise Sie. Aber ich halte in unserem (Rechts-?)staat nichts mehr für unmöglich.  Und eine bessere Erklärung ist mir bisher auch nicht gegeben worden.

Und wir wissen doch beide mit vielen anderen zusammen, dass sich auch Unterinstanzen bei weitem nicht immer um die Formulierungen z.B. in § 102 EnWG kümmern und selbst Grundversorgungsstreitigkeiten am Amtsgericht verhandeln, obwohl ausdrücklich die Zuständigkeit gerügt wurde.
Des weiteren hat ja auch der VIII. Senat des BGH mit seinem Urteil vom 13.06.2007 - VIII. ZR 36/06 schon Entscheidungen getroffen, die sich z.B. mit der Billigkeitsfrage von Energiepreisen (der berühmte Sockelpreis) und somit mit Fragen des EnWG beschäftigen.

Möglicherweise  besteht oftmals halt bei den Entscheidungen ein Spannungsverhältnis zwischen allgemeinem Vertragsrecht bei Sondervertragskunden (?) mit unwirksamen oder nicht wirksam einbezogenen Preisänderungsklauseln und Spezialrecht in Form von EnWG/GasGVV-StromGVV bei grundversorgten Kunden (?) auf Basis der gesetzlichen Regelungen.

Ich weiss auch nicht, wie man über die Billigkeit von Netzentgelten (die ja auch möglicherweise aufgrund von Sonderverträgen zustande kommen kann) vor dem Kartellsenat verhandeln kann und bei der Frage der Billigkeit von Strom- oder Gasentgelten eine Zuständigkeit des VIII. Senats sehen will.
Aber ich lerne immer mehr den Spruch zu verstehen, der man da kennt: \"Vor Gericht und auf hoher See.......\"

Offline RR-E-ft

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Wenn mir jemand sagt, wir wüssten doch beide, dann bin ich erst einmal skeptisch, weil ich hoffe, dass man nicht gegenseitig in den Kopf des anderen sehen kann.  ;)

 

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