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Autor Thema: Gelten für Altverträge die AVBGasV oder die GVV?  (Gelesen 4488 mal)

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Offline Solarfuchs

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Gelten für Altverträge die AVBGasV oder die GVV?
« am: 30. Juni 2008, 15:53:48 »
Hallo,


mein Vertrag ist letztes Jahr zwangsweise \"angepaßt\" worden, allerdings steht hier im Forum, daß wenn man dem nicht zustimmt, die alten Verträge weiter gelten.
Man solle also dieser \"Anpassung\" weder widersprechen noch zustimmen. An die Empfehlung habe ich mich gehalten.

Die Frage ist: Gelten für Altverträge (bin Energiekunde seit 1986) grundsätzlich weiterhin die AVBGasV oder die GVV?


Mit freundlichen Grüßen


Solarfuchs

Offline RR-E-ft

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Gelten für Altverträge die AVBGasV oder die GVV?
« Antwort #1 am: 30. Juni 2008, 16:41:37 »
Die Frage kann nur Sonderverträge/ Erdgas- Sonderabkommen betreffen.

Für Tarifkunden galt die AVBGasV gem. § 1 AVBGasV.
Für Kunden in der Grundversorgung gilt die GasGVV gem. § 1 GasGVV.

Für Sonderabkommen gilt wie für alle Verträge:

Ein einmal durch eine Einigung wirksam abgeschlossener Vertrag gilt mit seinem gesamten Inhalt so lange unverändert fort, bis er durch Kündigung wirksam beendet wird oder bis sich die Parteien auf einen neuen Vertragsinhalt geeinigt haben. Es kommt also darauf an, worauf man sich bei Vertragsabschluss geeinigt hatte, ob man sich später auf eine Änderung des Vertragsinhalts geeinigt hatte oder ob der Vertrag etwa wirksam beendet wurde. Schließlich wurden die Bedingungen der AVBGasV in viele Verträge schon bei Vertragsabschluss gem. § 305 Abs. 2 BGB gar nicht wirksam einbezogen (eine Frage des Einzelfalls). Ohne Einbeziehung galten sie dann auch nicht in dem Vertrag.

Offline Solarfuchs

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Gelten für Altverträge die AVBGasV oder die GVV?
« Antwort #2 am: 30. Juni 2008, 17:26:35 »
Sehr geehrter Herr Fricke,

vielen Dank für Ihre Antwort!

Wenn ich das richtig verstehe, dann müßte ich den Vertrag und die AGBs von 1986 des EVUs (EWE) anfordern, da es, wie sie schreiben, eine Frage des Einzelfalls ist. Oder ist allgemein bekannt wie es bei EWE 1986 war? Wenn ja, wo bekomme ich die Informationen her?

Ist der Energieversorger verpflichtet mir die Unterlagen zuzusenden? Denn ich habe nichts vorliegen, da ich konkludent Energie abgenommen habe.

Wenn die EWE die Unterlagen zusendet, muß sie das kostenfrei machen oder darf sie Gebühren verlangen und wenn ja, in welcher Höhe?

Mit freundlichen Grüßen

Solarfuchs

Offline RR-E-ft

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Gelten für Altverträge die AVBGasV oder die GVV?
« Antwort #3 am: 30. Juni 2008, 17:52:17 »
@Solarfuchs

In ein Sonderabkommen können bei Vertragsabschluss nur solche Allgemeinen Geschäftsbedingungen wirksam in den Vertrag einbezogen worden sein, die man selbst als Vertragspartner vor Vertragsabschluss kannte und mit deren Einbeziehung man selbst als Vertragspartner bei Vertragsabschluss einverstanden war. Diese Fragen kann man sich deshalb wohl allenfalls selbst beantworten. Möglicherweise hilft es einem, sich in Hypnose versetzen zu lassen, um sich besser an die Ereignisse in 1986 zurück zu erinnern.  [26.04.86 Tschernobyl] Fest steht, dass der Gasversorger nicht verpflichtet ist, die Kosten einer solchen besonderen Hypnose- Sitzung zu tragen. ;)

Bei einem Sonderabkommen muss der Gasversorger ggf. die Einbeziehung beweisen, wenn er ein Preisänderungsrecht auf solche Allgemeinen Geschäftsbedingungen stützen wollte.

Offline Solarfuchs

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Gelten für Altverträge die AVBGasV oder die GVV?
« Antwort #4 am: 30. Juni 2008, 19:22:06 »
Sehr geehrter Herr Fricke,

Zitat
Fest steht, dass der Gasversorger nicht verpflichtet ist, die Kosten einer solchen besonderen Hypnose- Sitzung zu tragen.

Was er dafür verlangen darf, weiß ich jetzt leider immer noch nicht.

Zitat
In ein Sonderabkommen können bei Vertragsabschluss nur solche Allgemeinen Geschäftsbedingungen wirksam in den Vertrag einbezogen worden sein, die man selbst als Vertragspartner vor Vertragsabschluss kannte und mit deren Einbeziehung man selbst als Vertragspartner bei Vertragsabschluss einverstanden war. Diese Fragen kann man sich deshalb wohl allenfalls selbst beantworten.

Leider kann ich mir das nicht beantworten, da mir keine AGBs, als ich das Licht einschaltete, bekannt waren.

Also letztendlich, bekommt man nur Licht ins Dunkel, wenn es zum Prozeß kommt, wenn ich das richtig verstehe.

Das ist bedauerlich, weil man als Kunde ja nicht weiß, wie man sich verhalten darf oder nicht.

Ich würde z. B. gerne, da ich S1 Kunde bin (also vermutlich Sonderkunde) gerne auf die Preise von 1986 zurückkürzen.

Bin aber nicht sicher, ob das empfehlenswert ist oder nicht.


Mit freundlichen Grüßen und vielen Dank für die Korrespondenz!

Solarfuchs

PS: Und ich weiß auch immer noch nicht , ob das EVU verpflichtet ist, mir die Unterlagen zuzusenden?

Offline RR-E-ft

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Gelten für Altverträge die AVBGasV oder die GVV?
« Antwort #5 am: 30. Juni 2008, 19:36:30 »
@Solarfuchs

Jeder hat so seine Wunschvorstellungen. ;)

Vielleicht sollten Sie sich in Ihrem ganz speziellen Fall zu Ihrem Vorhaben ausführlich durch einen Rechtsanwalt beraten lassen. Wir waren wohl alle 1986 bei Vertragsabschluss nicht mit dabei und können deshalb nicht wissen, was Sie konkret mit dem Versorger seinerzeit vereinbart hatten, ob und ggf. welcher feststehende Preis für Energielieferungen vereinbart wurde, ob ggf. eine Preisänderungsklausel vereinbart worden war, ggf. welchen Inhalt diese hatte, oder aber die Belieferung zum jeweiligen Allgemeinen Tarif vereinbart worden war.

Wenn Ihnen bei Abschluss des Vertrages keine AGB bekannt waren, können solche auch nicht in den Vertrag einbezogen worden sein. Durch die erstmalige Stromentnahme durch Betätigen eines Lichtschalters kam in der Regel ein Tarifkundenvertrag zustande. Durch die Betätigung eines Lichtschalters wurde wohl jedenfalls kein Gasliefervertrag absgeschlossen, es sei denn, es wäre ein Gaslicht gemeint.

Was Sie 1986 nun vereinbart hatten, ist keine Grundsatzfrage, sondern ein ganz konkreter Einzelfall.

Offline ESG-Rebell

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Gelten für Altverträge die AVBGasV oder die GVV?
« Antwort #6 am: 30. Juni 2008, 20:09:48 »
Zitat
Original von Solarfuchs
Also letztendlich, bekommt man nur Licht ins Dunkel, wenn es zum Prozeß kommt, wenn ich das richtig verstehe.

Das ist bedauerlich, weil man als Kunde ja nicht weiß, wie man sich verhalten darf oder nicht.
Nur ein Prozeß - ob Zahlungs- oder Feststellungsklage - bringt Rechtssicherheit für den betreffenden bzw. auch für zukünftige Abrechnungszeiträume - und das auch nur für ihren eigenen Vertrag!

Das Eine bedingt aber nicht unbedingt das Andere.
Auch ohne Prozeß können Sie davon ausgehen, dass es nicht so clever ist, dem Versorger etwa mitzuteilen, was sie alles wussten, welche Unterlagen Sie selbst haben oder ihm gar Kopien derselben zu schicken. Auch wenn Sie auf Verlagen jetzt Unterlagen von ihrem Versorger erhalten, so wird dieser ggf. später argumentieren, dass bestimmte Vertragsbestandteile jedenfalls zu diesem Zeitpunkt wirksam einbezogen worden seien.

Wenn Sie in einem Prozeß bestreiten, bestimmte Vertragsbestandteile erhalten oder schriftlich abgeschlossen zu haben, wird ihr Versorger nicht selten Schwierigkeiten haben, das Gegenteil zu beweisen. In diesem Kontext zeigt sich dann, welche Unterlagen Ihr Versorger vorlegen muss.

Zitat
Original von Solarfuchs
Ich würde z. B. gerne, da ich S1 Kunde bin (also vermutlich Sonderkunde) gerne auf die Preise von 1986 zurückkürzen.
Bin aber nicht sicher, ob das empfehlenswert ist oder nicht.
Auch das hängt weniger von ihrem Status als von ihrer Risikobereitschaft ab. Kürzen Sie wenig oder gar nicht (nur Vorbehaltszahlung), dann werden Sie vermutlich nicht verklagt werden.

Kürzen Sie auf den Anfangspreis 1986, dann laufen schnell hohe Forderungen des Versorgers auf und die Klagewahrscheinlichkeit steigt.

Bis heute sind zahlreiche Verträge nicht eindeutig als Tarif- oder Sonderverträge einzuordnen; weshalb Sie ja auch mit dem Musterschreiben das einseitige Preisanpassungsrecht bestreiten und sich hilfsweise auf die Unbilligkeit berufen.

Auch wenn ihr Anwalt Ihren Vertrag so oder so einordnet, kann das Gericht später immer noch der gegenteiligen Auffassung sein.


Stillhalten, Abwarten und (mit Gas erhitzten) Tee trinken ist zumindest nicht die schlechteste Lösung.

Mit der Tatsache, dass mein Versorger mich noch immer nicht verklagt hat, kann ich bisweilen gut leben.

Gruss,
ESG-Rebell.

Offline tangocharly

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Gelten für Altverträge die AVBGasV oder die GVV?
« Antwort #7 am: 30. Juni 2008, 22:42:56 »
..... und wer auf die Aktivitäten von Politik und Kartellamt wartet, wird sicher einen kalten Hintern erhalten.

Mir fällt da nur die Parabel vom \"Bock und dem Gärtner\" ein.
<<Der Preis für die Freiheit ist die Verantwortung>>

 

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