Zum aktuellen Gaspreis-Urteil des Bundesgerichtshofs
Eine Stellungnahme der VZ Bremen:
Die Verbraucherzentrale Bremen warnt vor einer Überbewertung des
aktuellen Urteils des Bundesgerichtshofs (BGH) zur Kontrolle der
Gaspreise. Zum einen sind die meisten Gaskunden von diesem Urteil
nicht betroffen, da das Urteil nur für Tarifkunden (Kleinstverbraucher)
und nicht für Sondervertragskunden (ca. 90% der Kunden) gilt.
Bundesweit sind also nicht einmal 10 Prozent der Gasverbraucher
betroffen. Zum anderen wird – angesichts gegensätzlicher BGH-Urteile
– die Anrufung des „Großen Senats“ des BGH immer wahrscheinlicher.
„Wir nehmen das aktuelle Urteil des Bundesgerichtshofs zur Kontrolle
des Gaspreises gemäß § 315 BGB nicht mit Jubel zur Kenntnis, sehen
die Gasversorger aber noch lange nicht auf der Siegerstraße“,
kommentiert Irmgard Czarnecki, Geschäftsführerin der
Verbraucherzentrale Bremen das Urteil.
Der verhaltene Optimismus der Verbraucherzentrale Bremen hat
seinen Grund. Denn das Karlsruher Urteil betrifft erst einmal nur die
Tarifkunden. Die meisten Verbraucher sind aber sogenannte
Sondervertragskunden und diese sind nicht betroffen. In Bremen sind
dies in der Regel die Verbraucher mit einem Gasjahresverbrauch von
mehr als 8.000 kWh.
Aber auch für die Gas-Tarifkunden besteht noch Hoffnung. Denn erst
wenn das schriftliche Urteil der aktuellen BGH-Entscheidung vorliegt,
kann bewertet werden, inwieweit es für die Bremer Situation überhaupt
Aussagekraft besitzt.
Urteil ist falsches Signal
Das Urteil selber könnte ein Freibrief für das Gasversorger sein, die
Kunden wie eine Weihnachtsgans auszuschlachten. Angesichts eines
fehlenden Gasmarktes ist das Urteil ein falsches Signal.
Schon für den Strommarkt hat der BGH selbst von einem Oligopol
gesprochen. Mit RWE und e-on haben zwei Stromversorger über ihre
Dominanz einen freien Wettbewerb verhindert. Dies hat der BGH in
einem kartellrechtlichen Verfahren festgestellt. Dabei gibt es auf dem
Strommarkt - im Gegensatz zum Gasmarkt - immerhin eine Reihe von
Anbietern. Wenn also schon der BGH selber zu der Auffassung
kommt, dass es keinen wirklichen Wettbewerb gibt, stellt sich die
Frage, wie Richter des selben Gerichtshofes ein nicht nur solch
verbraucherfeindliches, sondern auch ein solch widersprüchliches
Urteil fällen können. Eine Antwort fällt schwer.
Enttäuschend ist, dass nach der Politik, nun auch der BGH den
Verbrauchern in den Rücken fällt. Zuerst liberalisiert die Politik den
Energiesektor, macht dies den Bürgern mit dem Versprechen auf
billigere Energiepreise schmackhaft. Dann „vergisst“ sie aber dabei, für
einen Energiemarkt zu sorgen. Sie erhält die Monopolstrukturen,
fördert sie zum Teil sogar. Zudem regelt sie den Energiemarkt
unzureichend.
Mittlerweile sind zwar viele Politiker aufgewacht und erkennen den
angerichteten Schaden. Nur trauen sie sich nicht, gegen die
Energielobby vorzugehen. Dasselbe Schicksal scheint nun den BGH
zu ereilen. Er fällt ein Urteil, das die Verbraucher im Regen stehen
lässt.
Viele Einzel- und Sammelklagen laufen noch
In Sachen Gaspreise ist mit dem Urteil aber noch nicht das letzte Wort
gesprochen worden. Denn offenbar gibt es am Bundesgerichtshof zwei
unterschiedliche Haltungen dazu. Der VIII. Zivilsenat hat nun mit
diesem Urteil zum zweiten Mal ein Urteil zu Gunsten der Gasanbieter
gefällt. Dem gegenüber steht der Kartellsenat, der in einem anderen
Verfahren Dresdner Gaskunden Recht gegeben hat, welche die
Wirksamkeit der Gaspreiserhöhung angezweifelt hatten.
Die Verbraucherzentrale Bremen geht deshalb davon aus, dass mit
dem nächsten anstehenden Gaspreisverfahren der sogenannte Große
Senat angerufen werden wird, diese unterschiedliche
Rechtsauffassung endgültig zu klären. Da die vielen Einzel- und
Sammelklagen in ganz Deutschland weiterlaufen werden, ist das
bereits jetzt absehbar. Der Widerstand geht weiter.
„Am Ende wird sich zeigen, welchen Stellenwert das höchste deutsche
Zivilgericht dem Verbraucherschutz zumisst“, meint Irmgard Czarnecki
abschließend.
An den Admi, falls zu allgemein bitte verschieben!