@ nomos
Ich habe mich auch über die Energiepreise geärgert und die Rechnungen der Stadtwerke Würzburg mit Verweis auf die Unbilligkeit der Tarife gekürzt. Im Detail hatte ich aufgeführt, was für mich zum Nachweis der Billigkeit gehört. Die Stadtwerke hatten im Zusammenhang mit der Fußballweltmeisterschaft unter dubiosen Umständen für den Rasen eines Würzburger Stadions gespendet und mehrere Millionen Euro durch spekulative Zinsderivatgeschäfte verloren. Als man mir die Notwendigkeit auch dieser Kosten zur Energieversorgung nicht darlegte, kürzte ich die Rechnung auf 0 Euro. Seit rund 1,5 Jahren bezahle ich überhaupt nichts mehr für Strom und Gas. Da mir keine Billigkeit nachgewiesen wurde, habe ich meine Verärgerung in Strafanzeigen und Kartellverfahren umgesetzt.
Die überhöhten Energiepreise durch überteuerte Vorleistungen habe ich der Staatsanwaltschaft Würzburg vor über einem Jahr als Untreue der Vorstände bei den Stadtwerke Würzburg AG angezeigt. Denn der überteuerte Einkauf von Erdgas lässt sich als verbotene Einlagenrückgewähr darstellen. \"Zufällig\" war der E.ON-Konzern über seine 100%-Tochter Thüga AG zugleich Aktionär der Stadtwerke und über seine 70%-Tochter Ferngas Nordbayern der Lieferant von Erdgas. In der Konstellation lassen sich wunderbare Geschäfte machen – zu Lasten der privaten Energieverbraucher. Aktienrechtlich handelt es sich um eine
verbotene Einlagenrückgewähr der Stadtwerke Würzburg an ihren Aktionär E.ON-Konzern.
Im Januar 2008 habe ich neue Fakten zu der Untreue dargelegt. Denn das Bundeskartellamt hatte im September 2007 die
Kartellrechtswidrigkeit der Lieferverträge von Ferngas Nordbayern festgestellt und damit die Grundlage für zivilrechtlichen Schadenersatz der Stadtwerke gegenüber der Ferngasgesellschaft gelegt. Doch bislang verzichten die Stadtwerke-Vorstände darauf, diesen Schadenersatz geltend zu machen. Damit verletzen sie ihre Sorgfaltspflichten als Vorstand und handeln untreu im Sinne des Strafgesetzes.
Die Art und Weise, wie meine Strafanzeigen in einer Schwerpunktstaatsanwaltschaft für Wirtschaftskriminalität bisher behandelt wurde, lässt daran zweifeln, dass wir in Deutschland in einem Rechtsstaat leben. Die Bescheide aus Würzburg zeigen eine unglaubliche Unkenntnis von dem, was unter Untreue in Kapitalgesellschaften zu verstehen ist und was die zivilrechtlichen Folgen von Kartelldelikten sind. Die Strafverfolgung hängt offensichtlich von
parteipolitischen Erwägungen ab. Das habe ich Ende Februar in einer umfangreichen Dienstaufsichtsbeschwerde bei der Generalstaatsanwaltschaft Bamberg erläutert.
Im Februar 2008 habe ich die Steuerfahndung Würzburg wegen
Steuerhinterziehung bei den Stadtwerken eingeschaltet. Denn die
Quersubventionierung des öffentlichen Personennahverkehrs und der städtischen Schwimmbäder durch überhöhte Energiepreise in Würzburg bedeutet eine verdeckte Gewinnausschüttung an die Stadt Würzburg als Mehrheitsaktionär. Der überteuerte Gaseinkauf verstößt gegen das Energiewirtschaftsgesetz und bewirkt letztlich auch eine
verdeckte Gewinnausschüttung an den E.ON-Konzern als 2. Stadtwerke-Aktionär. Eine Reaktion der Steuerfahndung steht noch aus.
Im März 2008 habe ich die
Kommunalaufsicht zu einer umfangreichen Prüfung der Würzburger Energiepolitik aufgefordert. Nach meiner Einschätzung sind allein in Würzburg Schadenersatzforderungen von über 100 Mio. Euro gegen den E.ON-Konzern zu realisieren. Darüber hinaus hat der frühere Stadtwerke-Vorstand durch verlustreiche Zinsderivate Milllionen verspekuliert und wird nicht von den verantwortlichen Aufsichtsräten in Haftung genommen. Die überhöhten Energiepreise wirken wie eine
verfassungsrechtlich verbotene Steuer und schädigen durch den Entzug von Kaufkraft die regionale Wirtschaft. Das und noch einige Aspekte mehr liegen seit dem 3.3.2008 bei der Regierung von Unterfranken und werden dort kommunalrechtlich überprüft.
Das
Bundeskartellamt hat sich wegen mangelnder Personalressourcen im Frühjahr 2007 geweigert, die Entflechtung der E.ON-Konzerns von seinen zahlreichen Stadtwerke-Beteiligungen zu betreiben. Der
Bundeswirtschaftsminister hat der Untätigkeit des Bundeskartellamtes zugestimmt und sich inhaltlich nicht weiter mit der Sache beschäftigt. Als ich die Beschwerde bei der EU-Kommission vorbereitete, stellte ich an Hand der Gesetzgebung zum Markt der Ferngasnetze fest, wie der Bundestag wider besseres Wissen eindeutig gegen Europarecht verstieß. Offensichtlich haben Lobbyisten die Energiegesetzgebung manipuliert und damit den mangelhaften Wettbewerb bei Ferngas zementiert. Diese Dokumentation habe ich der EU-Kommission vorgelegt und eine
Vertragsverletzungsklage gegen die Bundesrepublik wegen Abschottung der Energiemärkte verlangt. Darauf erhielt ich von der Generaldirektion Wettbewerb eine Antwort, die an der Unabhängigkeit der Kommission zweifeln lässt. Der Bescheid der EU-Kommission erweckt den Verdacht, als ob ihn nicht der unterzeichnende Referatsleiter erstellt habe, sondern ein Beauftragter des E.ON-Konzerns. Meine Beschwerde zu dem Bescheid ist seit fünf Monaten trotz mehrfacher Erinnerung unbeantwortet.
Aus dem Ärger über die Energiepreise haben sich ergeben:
[list=1]
- mehrere Strafverfahren gegen die verantwortlichen Vorstände und Aufsichtsräte in Würzburg
- eine gigantische Schadenersatz-Forderung gegen das Energie-Kartell, wenn man die Situation aus Würzburg mit seinen 130.000 Einwohnern auf das Bundesrepublik hochrechnet und die bereits festgestellten Kartellrechtswidrigkeiten zu Grunde legt
- ein Problem für die Kommunalpolitik mit ihren Schattenhaushalten in den Stadtwerken
- ein Justiz-Skandal, da die lokale Staatsanwaltschaft durch Rechtsbeugung und Strafvereitelung im Amt die verantwortlichen Politiker in den Aufsichtsräten vor Strafverfolgung schützt
[/list=1] Wer Interesse an dem umfangreichen Schriftwechsel hat, der wende sich mit Nennung des Themas an mich unter der E-Mail-Adresse Lothar.Gutsche (at) arcor.de Als Antwort kommen dann je nach Thema bis zu 2 MB an Word-Dokumenten und Tif-Dateien. Ich wünsche mir, dass andere mein Vorgehen in andere Städte übertragen. Es gibt berechtigte Chancen, das Geld zumindest in die Kassen der kommunalen Unternehmen zurückzubringen, wo es mehr nutzt als bei den großen Vier (E.ON, RWE, Vattenfall und EnBW) aus dem Energiekartell. Folgende Themen können bei mir abgefragt werden:
- Zinsspekulationsgeschäfte bei Stadtwerken
- verbotene Einlagenrückgewähr durch überteuerten Gaseinkauf
- Schadenersatz zu Gunsten der Stadtwerke wegen Kartelldelikten
- Steuerhinterziehung durch verdeckte Gewinnausschüttung, insbesondere bei Quersubventionierung
- kommunalpolitische Aspekte überhöhter Energiepreise
- Abschottung der Gasmärkte durch Stadtwerke-Beteiligung auf EU-Ebene
- Zwei-Klassen-Justiz der Staatsanwaltschaft
Viele Grüße Lothar Gutsche