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Autor Thema: Frage zur Urteilsanmerkung von Prof. Klaue  (Gelesen 4412 mal)

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Offline Rob

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Frage zur Urteilsanmerkung von Prof. Klaue
« am: 17. Januar 2008, 17:41:22 »
Hallo,
da ich für den Bereich \"Gerichtsurteile zum Energiepreis-Protest\" kein Schreibrecht habe, muss ich folgende  Frage hier stellen:
Zitat Urteilsanmerkung von Prof. Klaue:
\"Das heißt, kommunale Gasweiterverteiler diskriminieren nicht die „gefangenen“ Altkunden, die eine Gasheizung installiert haben, dadurch, dass sie ihnen z. Bsp. höhere Preise abverlangen und gleichzeitig Neukunden zum „Einfangen“ günstigere Konditionen und Preise gewähren.\"

Ich habe als ich meinen Gasanschluß legen ließ, 1000EUR Anschlußzuschuß von meinen Stadtwerken bekommen, ferner wurden die Erdarbeiten auch von ihnen subventioniert, d.h. mein Anschluß hat mich 2800EUR gekostet. Ein Vergleichsangebot, welches ich von einer anderen Baufirma einholte, kam auf über 6000EUR.

Das ist doch eine Besserstellung gegenüber den Altkunden wenn ich mich nicht irre... .

Oder wie seht Ihr das?

Offline RR-E-ft

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Frage zur Urteilsanmerkung von Prof. Klaue
« Antwort #1 am: 17. Januar 2008, 17:47:14 »
@Rob

Die ganze Argumentation zieht nicht.

Bei Kunden, die von Heizöl auf Gas umstellen, werden oftmals die Entsorgungskosten übernommen, teilweise eine Umstellprämie gezahlt usw. usf. Der Wettbewerb zwischen den Energieträgern findet deshalb nicht über Preise und Mengen statt, wie es in einem Wettbewerbsmarkt üblich wäre. Zudem gibt es keinen einheitlichen Marktpreis für Wärme auf einem Markt.

Offline nomos

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Frage zur Urteilsanmerkung von Prof. Klaue
« Antwort #2 am: 17. Januar 2008, 21:14:35 »
Zitat
Original von RR-E-ft
Die ganze Argumentation zieht nicht.
    Prof. Dr. Klaue folgt mit seiner Anmerkung sicher mit Interesse und nicht ohne Grund der Auffassung des VIII. Zivilsenates und stellt fest, dass damit im Prinzip die Missbrauchsaufsicht über die Erdgaspreise im kommunalen Bereich abgeschafft ist. Ein Freibrief für die Mitglieder des Instituts (Stadtwerke).

    Wenn man wie im Heilbronner Fall (Wärmemarkt), keine marktbeherrschende Stellung hat, kann man sie auch nicht missbrauchen.

    Manche Richter folgen ja offensichtlich \"blind\" diesem  Heilbronner Fall. Es ist zwar überhaupt nicht nachvollziehbar, aber wer garantiert, dass sich das nicht doch als einheitliche Rechtsprechung durchsetzt?  -\"auf hoher See und vor Gericht ....\"-

Offline RR-E-ft

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Frage zur Urteilsanmerkung von Prof. Klaue
« Antwort #3 am: 17. Januar 2008, 21:58:18 »
@Nomos

Prof. Klaue gibt die Argumentation wieder, welche der Entscheidung des BGH zu Grunde liegt. Sodann zieht er daraus Schlüsse für die praktische Rechtsanwandung.

Die Argumentation, die der Entscheidung des BGH zu Grunde lag, ist schon oft mit guten Argumenten widerlegt worden, etwa durch Kollegen Dr. Olaf Däuper (BBH) in seiner umfassenden Untersuchung \"Gaspreisbildung und europäisches Kartellrecht\". Kaufste hier.

Was wären Sie denn bereit, für eine Garantie- Urkunde zu zahlen, damit es jemand nur Ihnen allein garantiert ?

Danach könnte sich richten, ob sich jemand bereit findet,  eine entsprechende Garantie zu übernehmen. Angebot und Nachfrage bestimmen den Preis, streng marktwirtschaftlich im Sinne von Ehrhard.

Offline nomos

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Frage zur Urteilsanmerkung von Prof. Klaue
« Antwort #4 am: 17. Januar 2008, 22:33:04 »
@RR-E-ft, bei Ludwig Erhard ging es um die soziale Marktwirtschaft. Daher denke ich jetzt mal nicht nur an mich.
Der Preis für eine Garantie wäre bei meinem Risiko ja noch überschaubar. Aber eine Garantie wollte ich gar nicht kaufen, es war mehr eine Mischung aus Unverständnis und Unsicherheit, das sich da breit macht, bei diesen diversen Entscheidungen vor hohen Gerichten.

Juristische Fachbücher gibt es viele die man kaufen und auch lesen kann. Diese Fachbücher stehen doch auch Juristen zur Verfügung. Trotzdem fällen Juristen Urteile, die solche Schlüsse für die praktische Rechtsanwendung ermöglichen. Oder gibt es vielleicht dafür auch noch ein passendes Fachbuch? ;)

Offline RR-E-ft

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Frage zur Urteilsanmerkung von Prof. Klaue
« Antwort #5 am: 17. Januar 2008, 22:41:42 »
@nomos

Die Rechtsprechung entwickelt sich dynamisch, oft in kontroversem Meinungsstreit.

Da gibt es Mindermeinungen, eine herrschende Meinung, ohne dass das statisch wäre.

Man sollte das vertreten, wovon man mit guten Argumenten überzeugt ist.

Lange Zeit war herrschende Meinung, die Erde sei eine Scheibe oder die Sonne kreise um die Erde. Heute meinen wir, es besser zu wissen.

Darüber wurde auch viel vor Gericht gestritten und manch einer hat sich den Kittel versengt dabei.

Offline nomos

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Frage zur Urteilsanmerkung von Prof. Klaue
« Antwort #6 am: 18. Januar 2008, 10:03:23 »
Zitat
Original von RR-E-ft
Die Rechtsprechung entwickelt sich dynamisch, oft in kontroversem Meinungsstreit.

Lange Zeit war herrschende Meinung, die Erde sei eine Scheibe oder die Sonne kreise um die Erde. Heute meinen wir, es besser zu wissen.
    Danke RR-E-ft, für diesen passenden Vergleich. Genau den Eindruck habe ich manchmal, dass wir uns bei dieser  \"Wissenschaft\" noch damit auseinandersetzen.

    Dynamisch, wohin? Wenn ich mich wieder einmal intensiv mit Urteilen,  Diskussionen und diversen juristischen Anmerkungen beschäftigt habe, bitte ich um Nachsicht, wenn bei mir dann Zweifel an einer fortschrittlichen Entwicklung der Rechtssprechung aufkommen.  Es gibt da doch offensichtlich juristische Vertreter, die immer noch ohne selbst nachzudenken der These folgen und sie auch noch vertreten, die Erde sei eine Scheibe, obwohl sie sie selbst im praktischen Leben mehrfach jährlich umrunden.

Offline RR-E-ft

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Frage zur Urteilsanmerkung von Prof. Klaue
« Antwort #7 am: 18. Januar 2008, 14:24:01 »
@nomos

Sie meinen wohl, den Fortschritt (als Richtung) zu kennen und dass alle Entwicklung diesem zustrebe. Möglicherweise gibt es ihn gar nicht. Selbst diejenigen, die dieser dialektischen Theorie folgen, gehen wohl davon aus, dass die Entwicklung nicht geradlinig verläuft und sprechen dabei von der Negation der Negation.

Dynamisch ist nur das Gegenteil von statisch. Es gibt also keine einmal in Marmor gemeißelte, allzeit gültige Aussagen. Das besagt indes nicht, dass diese Dynamik auch progressiv sei.

Ich wage zu bezweifeln, dass es juristische Vetreter gibt, die heute noch ernsthaft die These vertreten, die Erde sei eine Scheibe.

Sollte es solche Vertreter gleichwohl noch geben, so wären sie wohl auch nicht flotter in Raum und Zeit unterwegs als alle anderen Erdenbürger. Die Mehrzahl hat genug damit zu tun, es einmal im Jahr um die Sonne zu schaffen. Und die wenigsten umrunden die Erde wohl im praktischen Leben mehrfach im Jahr. Viele werden damit wohl überfordert sein.  ;)

Es ist wohl eine Frage, des eigenen Standpunktes. Einige sind mobiler als andere.

Die Frage danach, ob es einen einheitlichen Wärmemarkt gibt, scheint eine klassische Glaubensfrage zu sein. Glaubensfragen vertragen sich oft schwer mit Wissenschaftlichkeit. Kannste glauben. ;)

 

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