Energiepreis-Protest > Grundsatzfragen
Grundsatzfrage: Wann ist ein Sonderabkommen ein Sondervertrag?
Wusel:
--- Zitat ---Original von Wusel
--- Zitat ---Original von RR-E-ft
Man könnte übrigends auch unverbindlich die eigene Gemeinde fragen, ob diese etwa beim Abschluss des Konzessionsvertrages leichtfertig auf Jahre hinaus auf Geld verzichtet hatte oder ob die höchstzulässigen Konzessionsabgaben vereinbart wurden. Stichwort Bürgeranfrage.
--- Ende Zitat ---
Genau das habe ich gestern getan, indem ich die Höhe der Konzessionsabgaben per Mail bei der Gemeinde angefragt habe (für Gas-Grundversorgungstarife und Gas-Sonderverträge mit meinem Versorger). Mal sehen, was dabei herauskommt.
--- Ende Zitat ---
So, nach einigem Hin und Her habe ich dazu nun eine Antwort von der Gemeinde bekommen.
Ergebnis: sie können mir diese Auskunft nicht geben, denn es handelt um Inhalte eines mit einer privatrechtlich organisierten Gesellschaft (der Stadtwerke AG bzw. EVI) geschlossenen Vertrages.
Sie empfehlen mir doch tatsächlich, mich an die Stadtwerke zu wenden :evil:
Das hatte ich natürlich schon vorher mehrmals getan, die haben mir nicht einmal geantwortet!
Was soll so eine Geheimniskrämerei eigentlich? Ist es mir als Bürger verboten, zu erfahren, was meine Gemeinde für Einnahmen pro kWh durch die Konzessionsabgabe hat?
Und wenn ich das lese \"privatrechtlich organisierte Gesellschaft\"... die Stadt ist doch der Eigentümer der AG!
Die stecken doch alle unter einer Decke!!!
Zornige Grüße
Wusel
RR-E-ft:
@Wusel
Man sollte die Presse mit der Frage vorschicken. Dieser gegenüber wird man sich womöglich schlecht auf Gehemniskrämerei berufen können, es geht schließlich um Verträge, die die Kommune mit ihrer eigenen Gesellschaft vereinbart hat.
BerndA:
Sehr geehrter Herr Fricke,
\"Wusel\" stellte am Anfang dieses Threads ja die Frage:
--- Zitat ---Wann ist ein Sonderabkommen ein Sondervertrag ?
--- Ende Zitat ---
Darauf schrieben Sie:
--- Zitat --- I-M-M-A Imma.
Ein Sonderabkommen ist immer ein Sondervertrag.
Aufgrund eines Sonderabkommens wird beliefert, dessen Versorgung nicht gem. § 36 Abs. 1 EnWG in der Grundversorgung zu den Grundversorgungstarifen erfolgt.
Man spricht dabei von Energielieferungsverträgen mit Haushalstkunden außerhalb der Grundversorgung gem. § 41 EnWG.
Die Einbeziehung Allgemeiner Geschäftsbedingungen - und sollte es sich dabei auch um die Bestimmungen der AVBGasV handeln - richtet sich dabei ausschließlich nach § 305 Abs. 2 BGB.
Ebenso erfolgt eine Inhalts- und Transparenzkontrolle von Preisanpassungsbestimmungen in den AGB gem. § 307 BGB, vgl. dazu BGH, Urt. v. 11.10.2007 - III ZR 63/07 und OLG Bremen, Urt. v. 16.11.2007 - 5 U 42/06.
Das Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen (§§ 305 ff. BGB) ist also zwingend zu beachten.
--- Ende Zitat ---
Nun habe ich aber folgenden Passus in der Urteilsbegründung des LG Oldenburg zum Urteil vom 22.11.2007 ( Az: 9 O 656/06 ) gefunden:
--- Zitat --- Zwar handelt es sich bei den Klägern nicht um allgemeine Tarifkunden, denn Sie haben mit der Beklagten jeweils einen Sondertarif S I abgeschlossen. Der Sondertarif S I ist aber nicht als Individualvereinbarung zwischen den Beklagten und einzelnen herausgehobenen Kunden getroffen worden.
Vielmehr handelt es sich um einen Tarif, der neben dem allgemeinen Tarif, einer unbestimmten Vielzahl von Endabnehmern angeboten wird. Im Rahmen dieses Sondertarifs S I werden dem Beklagten als Kunden auf der Grundlage der allgemeinen Anschluss- und Versorgungspflicht zu den jeweils bekannt gemachten Tarifen und allgemeinen Bedingungen von der Beklagten versorgt.
Hier bei steht der Sondertarif S I den Endverbrauchern als Allgemeinheit in gleicher Weise zu Verfügung, wie der Allgemeine Tarif.
Auf dieser Grundlage kann die nur formale Bezeichnung als Sondertarif S I nicht zu einer abweichenden rechtlichen Einordnung führen, auch bei diesem Tarif handelt es sich letzlich um Tarifkunden, die aus dem Angebot mehrerer Tarife der Beklagten den für Ihr Abnahmeverhalten günstigsten Tarif auswählen, ohne dabei jedoch Sonderbedingungen für sich im Einzelnen aushandeln zu können.
Ein Sonderkundentarif wird dadurch nicht begründet ( so auch LG Berlin v. 28.06.07 AZ 51 S 16/07). Die Preisanpassungsklausel des § 4 AVBGasV findet daher zwischen den Parteiein direkt Anwendung.
--- Ende Zitat ---
Widersprechen sich da nicht beide Aussagen ? Auch andere Forumsteilnehmer meldeten ja zwischendurch durchaus Zweifel an. Liegt in diesen Fällen vielleicht doch kein \"echter Sondervertrag\" vor ?
Gruß
Bernd A.
Cremer:
@BerndA,
m.E. kommt es auf die Ausgestaltung des Vertrages drauf an.
Wenn nämlich bei den Bedingungen steht wie z.B. bei den SW KH steht \"Erdgas-Sondervertrag A\", dann ist diesein Sondervertrag, auch wenn dieser in einem Preisblatt veröffentlicht wird.
Ich weiß nicht, wie dies bei den vorgelegten Vertragsunterlagen am LG Oldenburg war.
RR-E-ft:
@BerndA
Nach unserer Auffassung ist das Urteil des LG Oldenburg in diesem Punkt der rechtlichen Beurteilung unzutreffend.
Ein Sonderkundentarif wird sowieso nie begründet, sondern immer ein Versorgungsvertrag und dieser wiederum entweder in der Grundversorgung oder als Sonderabkommen. Alles was nicht Grundversorgung ist, ist Sonderabkommen. Unechte Sonderabkommen gibt es nicht.
EWE hat die Verträge als Sonderabkommen angeboten und dabei ausdrücklich darauf hingewiesen, dass es sich dabei nicht um die Allgemeine Versorgung gem. § 10 EnWG a.F. handelt, folglich die Preise keine Allgemeinen Preise im Sinne dieser Vorschrift sind.
Für eine anderweitige Auselgung durch ein Gericht ist kein Platz, weil die entsprechenden Angebote der EWE schon keine Auslegung zulassen. Zudem bildet der Wortlaut nach h. M. die Grenze jeder Auslegung.
Folglich finden die Vorschriften der AVBGasV auf diese Verträge keine direkte Anwendung, sondern können allenfalls als Allgemeine Geschäftsbedingungen gem. § 305 BGB in die Verträge einbezogen worden sein und unterliegen dabei der Inhaltskontrolle gem. § 307 BGB (vgl. Palandt, BGB, 67. Aufl. 2008, § 310 Rn. 6; Hartmann in Danner/ Theobald, Energierecht, Loseblattsammlung Stand Juni 2007, Bd. II, B 1 § 1).
EWE hatte sich ganz bewusst dazu entschieden, die Verträge als Sonderabkommen anzubieten, insbesondere wegen der geringeren Konzessionsabgaben nach § 2 KAV.
So sehen die derzeit von EWE angebotenen Vertragsbedingungen für Neukunden auch bewusst in Abweichung von den Regelungen der Grundversorgungsverordnung eine Mindestvertragslaufzeit von sechs Monaten vor, also eine deutlich längere Vertragsbindung als nach den gesetzlichen Regelungen für die Grundversorgung gem. § 36 Abs. 1 EnWG.
Die Kunden entscheiden sich demnach beim Abschluss solcher Verträge gem. § 41 EnWG bewusst gegen eine Belieferung als Tarifkunde zu den angebotenen Allgemeinen Tarifen, d. h. Kleinverbrauchstarif K, Grundpreistarif G bzw. ab dem 01.09.2004 Basistarif BT in der Grundversorgung.
Zwischen der Grundversorgung und dem Sonderabkommen EWE classic ist deshalb deutlich zu unterscheiden.
Das sind eindeutig Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) für die Lieferung außerhalb der Grundversorgung.
Für eine Auslegung durch ein Gericht ist auch dabei kein Platz.
Nur bei dem von EWE angebotenen Basistarif BT handelt es sich folglich um die Grundversorgung gem. § 36 EnWG und nur darauf finden die Vorschriften der GVV unmittelbare Anwendung.
Sonst hätte man auch die Angebote von E wie einfach oder Yello Strom als Allgemeine Tarife einzuordnen, was ganz offensichtlich absurd ist. Auch dabei finden keine individuellen Preisverhandlungen statt und die Angebote richten sich an alle Haushaltskunden vor Ort, für welches sich die Verbraucher freiwillig entscheiden.
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