Forum des Bundes der Energieverbraucher

Autor Thema: Wirtschaftsausschuss des Bundestages hat Kartellrechts- Novelle zugestimmt- gegen Verbraucherrechte  (Gelesen 7654 mal)

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Offline RR-E-ft

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Wirtschaftsausschuss des Deutschen Bundestages hat GWB- Novelle zugestimmt

Wenn sich etwas gar nicht mehr verhindern lässt, muss es bis zur Unkenntlichkeit  verwässert werden.

Energielobby hat sich durchgesetzt

Zitat
Eingeschränkt wurde auch die vorgesehene Beweislastumkehr auf dem Energiesektor. Danach müssen Unternehmen gegenüber dem Kartellamt darlegen, dass ihre Preisbildung sachlich gerechtfertigt ist. Um zu verhindern, dass die Beweislast in Kartellzivilverfahren die Versorgungsunternehmen \"über Gebühr belastet\", soll die Beweislastumkehr nur in Verfahren vor den Kartellbehörden und den gerichtlichen Kontrollverfahren gelten, nicht jedoch in Kartellzivilprozessen, um einer Prozessflut vorzubeugen.

Besser kann man sich nicht offenbaren.

Zu deutsch:

Betroffene Verbraucher sollen von Klagen auf Rückzahlung/ Unterlassung wegen missbräuchlich überhöhter Strom- und Gaspreise vor den Kartellgerichten abgehalten werden.

Angesichts der geringen Manpower der Kartellbehörden kann man das Kartellrecht schärfen wie man will, ohne dass es den Konzernen weht tut.

Angesichts der jüngsten Rechtsprechung des VIII. Zivilsenats des BGH zu § 315 BGB hatte die unabhängige Monopolkommission kritisiert, dass es derzeit an einem effektiven Rechtsschutz der Verbraucher vor überhöhten Strom- und Gaspreisen fehlt. Es bestand also dringender gesetzgeberischer Handlungsbedarf zur Stärkung der Verbraucherrechte, dem der Gesetzentwurf der Bundesregierung hätte entsprechen können.



Für die Verbraucher bleibt im Kartellzivilrecht alles wie bisher:

Denn ein Haifisch ist kein Haifisch, wenn man´s nicht beweisen kann.

Die Verbraucher können demnach weiterhin mit überhöhten Preisen über Gebühr von den Energieversorgern in Anspruch genommen und belastet werden.


Zitat
Nach Auffassung der Union gibt es zur GWB-Novelle keine Alternative. Die Anhörung des Wirtschaftsausschusses habe ergeben, dass es \"erhebliche Monopolaufschläge\" von bis zu 9,5 Milliarden Euro gebe, die den Verbrauchern \"aus der Tasche gezogen\" würden.

Na und. Hauptsache keine Prozessflut deshalb.

Die Abzocke muss nur groß genug sein (möglichst jährlich im zweistelligen Milliardenbereich und möglichst fast alle Bürger betreffen), so dass deshalb eine Prozessflut zu besorgen steht, die es dann durch den Gesetzgeber zu verhindern gilt.

Soviel von den Volksvertretern aus dem Deutschen Bundestag, die sich -wohl nicht vollkommen zu unrecht - vor einer Prozessflut gegen die Energieversorger sorgen. Denn zu beklagen hätten sich ersichtlich sehr viele.

Offline energienetz

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Wir hatten versucht, durch persönliche Ansprache von Abgeordneten des Wirtschaftsausschusses dieses Desaster zu verhindern, leider erfolglos.
Interessant auch
 http://www.bundestag.de/ausschuesse/a09/anhoerungen/11_Anhoerung/Stellungnahmen/index.html


Sehr geehrte Frau Bulmahn,

die vorgesehene Verschärfung des Kartellrechts ist dringend notwendig.
Sie darf jedoch nicht aufgeweicht und entkräftet werden.
Ich bitte Sie darum, Ihre Stimme für die Verbraucher zu erheben und sich für eine scharfe und wirksame Novelle einzusetzen.

Der Glaube an die preisbremsende Wirkung des Wettbewerbs hat sich als fataler Irrtum herausgestellt.
Die Kartellrechtsverschärfung kann zwar keinen Wettbewerb bringen. Sie kann jedoch Verbraucher vor den gröbsten Auswüchsen schützen.

Folgende Punkte sind mir besonders wichtig:

- der Erheblichkeitszuschlag sollte entfallen - er ist in der Kabinettsfassung gestrichen worden und muss wieder ins Gesetz
- Eine Kontrolle muss auch für Entgeltbestandteile möglich sein - das ist in der Kabinettsfassung gestrichen worden und muss wieder ins Gesetz
- Das Kürzungsrecht für Verbraucher muss im Gesetz bleiben - es ist in der Kabinettsfassung enthalten, soll gemäß Koalitionsbeschluss gestrichen werden
- derzeitige zeitliche Beschränkung der Gültigkeit bis 2012 ist falsch: Die Verschärfung muss solange gelten, bis der Wettbewerb preisbegrenzend wirkt.

Eine ausführlichere Begründung finden Sie untenstehend.

Der Bundestag darf nicht vor der Versorgerlobby einknicken, sein guter Ruf steht auf dem Spiel.

Wir Verbraucher können Ihnen als Dank für Ihren Einsatz nicht mehr bieten als das gute Gefühl, dass Sie Ihrer Aufgabe gerecht geworden sind.

Vielen Dank für Ihre Hilfe.

Herzlichen Gruss von

Aribert Peters

Vorsitzender

Bund der Energieverbraucher e.V.

Offline RR-E-ft

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@energienetz

Sie hatten womöglich mit dem Angebot einer späteren Mitarbeit in der Bundesgeschäftsstelle des Vereins in Unkel die schlechteren Argumente. ;)

Hauptsache die Vertreter des deutschen Volkes genehmigen sich ob ihrer qualitativ hochwertigen Tätigkeit höhere Diäten. Dann mag das Volk schon zufrieden sein.

Auf einen Gesetzentswurf der FDP zur Aufspaltung der Konzerne darf man wohl gespannt sein. Immerhin hatte man die Ablehnung der Kartellrechtsschärfung damit begründet. Und die naive LINKE meinte wohl, wenn Kartellrechtsschärfung drüberstehe, sei wohl auch Kartellrechtsschärfung drin. Alles was gegen die Konzerne gerichtet ist, müsse man mittragen.

Mit welchen Spezialisten das Volk doch gesegnet ist. Bessere Vertreter kann sich das Volk ersichtlich nicht leisten, weil man ihm die Milliarden ja schon  anderweitig aus der Tasche zieht.

Offline wulfus

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Sauerei!
Zitat
Die Verbraucher können demnach weiterhin mit überhöhten Preisen über Gebühr
von den Energieversorgern in Anspruch genommen und belastet werden.
...natürlich; ...die Kartellbehörde nicht, die Gerichte nicht, die Abgeordneten nicht,
das Parlament nicht, die Regierung nicht usw..
Kann man bei Raub und Diebstahl eigentlich die Polizei noch \"in Anspruch\" nehmen,
oder wird dafür das \'Bürgerrecht\' auch bald verwässert?
Haben wir es hier nicht schon geargwöhnt? ...diese Regierung ist gekauft
und wird ihren Bürgern gegenüber immer unverfrorener
!

Offline RR-E-ft

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@wulfus

Der Gesetzentwurf, der von der Bundesregierung kam und mit der Unterschrift der Bundeskanzlerin dem Parlament zugeleitet wurde, war ganz passabel und durchaus geeignet, die Verbraucherrechte zu stärken.

Im Parlament sitzen (noch) die Vertreter, die mit der Energielobby zusammengehen und darauf achten, dass es ihrer Klientel nicht wirklich ans Zeug geht.

Die Energiekonzerne revanchieren sich möglicherweise mit ein paar Eimern Farbe und Plakatkleister für den nächsten Wahlkampf..... Sollst mal sehen, welche Partei dann ggf. die Farbe des E.ON- Konzerns auf den eigenen Plakaten hat und sich als Vertreter einer (mehrfach) gebeutelten Arbeiterschaft geriert ! ;)

Offline wulfus

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Zitat
Wenn wirtschaftliche Erfordernisse angemessen berücksichtigt werden, hat die Bundesregierung
mit der Energiewirtschaft und dem neuen BDEW einen starken Partner an ihrer Seite.
Aus der Einführungsrede Rede von Herrn Michael G. Feist, Präsident des Bundesverbandes der Energie- und
Wasserwirtschaft (BDEW), Vorstandsvorsitzender der Stadtwerke Hannover AG
anlässlich der Gasfachlichen Aussprachetagung 2007 in Karlsruhe 13. November 2007

Offline RR-E-ft

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Bemerkenswert ist, dass selbst der VZBV in seiner Stellungnahme nicht erkannt hatte, dass sich Verbraucher nach der Ursprungsfassung auf Preishöhenmissbrauch berufen und deshalb kürzen konnten, gar nicht darauf angewiesen waren, erst nachträglich auf Rückzahlung zu klagen oder sogar erst das Ende eines behördlichen Kartellverfahrens nach vollständigem Instanzenzug (ggf. über Jahre hinweg) abzuwarten, bis die Rückzahlungsansprüche sowieso verjährt sind.

Zitat
Den Haushaltskunden ist mit Blick auf überhöhte Zahlungen somit nur mittelbar gedient, denn sie müssten nach der Feststellung eines Preismissbrauches zuviel gezahlte Beträge gegebenenfalls einklagen.

Der ursprüngliche Entwurf der Bundesregierung hätte unmittelbare Folgen die Endverbraucher gehabt. Dies frühzeitig klar genug zu erkennen, war offensichtlich nur der Energielobby vergönnt.

Der VZBV hatte m. E. die dringende Notwendigkeit der Schärfung des Zivilkartellrechts nicht erkannt.  Schade, sonst hätte man sich ggf. noch engagierter dafür eingesetzt.

Offline ESG-Rebell

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Zitat
Original von RR-E-ft
Der VZBV hatte m. E. die dringende Notwendigkeit der Schärfung des Zivilkartellrechts nicht erkannt.
Schade, sonst hätte man sich ggf. noch engagierter dafür eingesetzt.
Hat der VZBV dies wohl nicht erkennen können, wollen, oder dürfen?
Hat der VZBV sich wohl nicht engagierter dafür eingesetzen können, wollen, oder dürfen?

Wer meint, dass die VZ ihrer Arbeit gänzlich ungestört durch die Energielobby nachgehen kann, ist naiv.

Man kann sich fragen, wie weit die Störmöglichkeiten gehen ...  :rolleyes:

Gruss,
ESG-Rebell

Offline RR-E-ft

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@ESG-Rebell

Es ist wohl nicht angebracht, sich in wilden Spekulationen zu ergehen.

VZBV hat im Interesse der Verbraucher eine Stellungnahme eingebracht, hätte diese ggf. noch engagierter verfolgen können, wenn er das Potential erkannt hätte.

Offline redbluewitch

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dazu paßt das Bekenntnis eines MdBs

Zitat
Der direkt gewählte (!) SPD-Bundestagsabgeordnete Marco Bülow hat kurz vor der Abstimmung in der Legislative der Republik zur Terror-Vollmacht über unsere Truppen durch die NATO namens \'Operation Enduring Freedom\' (OEF) in einem erschütternden Essay deutlich gemacht, was die einzigen vom Volk gewählten Vertreter des Staates in dieser real existierenden Demokratie zu sagen haben: nichts.

http://www.radio-utopie.de/index.php?themenID=1225

http://sz-magazin.sueddeutsche.de/index.php?id=110&tx_ttnews%5Btt_news%5D=3658&tx_ttnews%5BbackPid%5D=109&tx_ttnews%5BshowUid%5D=346&tx_ttnews%5BcatSelection%5D=6

interessant ist zudem, dass Herr Bülow von Beruf freier Journalist und \'PR-Berater\' ist

Siehe dazu auch die Richtigstellung von Marco Bülow, der übrigens der Vorratsdatenspeicherung zugestimmt hat

http://www.abgeordnetenwatch.de/marco_buelow-650-5789-1.html#fragen

Offline nomos

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Zitat
Original von RR-E-ft
Die Abzocke muss nur groß genug sein (möglichst jährlich im zweistelligen Milliardenbereich und möglichst fast alle Bürger betreffen), so dass deshalb eine Prozessflut zu besorgen steht, die es dann durch den Gesetzgeber zu verhindern gilt.

Soviel von den Volksvertretern aus dem Deutschen Bundestag, die sich -wohl nicht vollkommen zu unrecht - vor einer Prozessflut gegen die Energieversorger sorgen. Denn zu beklagen hätten sich ersichtlich sehr viele.
    Fahren wir jetzt ab sofort alle Schwarz mit der Bahn. Was die Mehrheit macht darf man oder es wird wenigstens nachträglich von den Volksvertretern legalisiert!

    Fast, immerhin, ein Verstoß gegen § 29 ist auch eine Ordnungswidrigkeit, die mit einem Bußgeld mit bemerkenswerten Höchstgrenzen nach dem Umsatz bedacht werden kann (§81).

Offline RR-E-ft

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@nomos

Und welche Kraftwerksgesellschaft wollte man sich da greifen, die den Strom zu teuer an der Börse verkauft ?

Die vielleicht? Oder die? Oder aber die? Vielleicht auch diese?Oder aber die hier?

Was wäre, wenn die Konzerne zwischen ihre Kraftwerksgesellschaften und der Börse ihre Handelsgesellschaften zwischenschalten, die von den Kraftwerken Strom teuer kaufen und den Strom dann zu diesen Kosten an der Börse anbieten? Ist dann die Handelsgesellschaft marktbeherrschend?

Im Ergebnis wäre doch wohl die gesamte Preisbildung an der Strombörse verboten und jeder marktbherrschende Anbieter, der dort aus abgeschriebenen Kohle- oder Atomkraftwerken weit über den Stromerzeugungskosten  Strom anbietet, wäre betroffen.

Aber wann liegt Marktbeherrschung überhaupt vor?

Wie groß ist denn der Markt für den Strom, der an der EEX gehandelt wird ?!!! Ist dieser auf das Bundesgebiet beschränkt oder zählt etwa  auch Österreich mit dazu?

Man kann wohl auch versuchen, einen Pudding an die Wand zu nageln.

Bei der Anwendung des Kartellrechts auf den Endkundenmarkt ist es mit der Marktabgrenzung und der marktbeherrschenden Stellung viel leichter. Aber dafür gilt wieder die Beweislastumkehr nicht.

Das haben die Brüder wieder fein hinbekommen.

Worüber alles gesprochen wurde.

Offline nomos

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@RR-E-ft, ich bin ebenso enttäuscht über das was unsere Politiker und Volksvertreter hier wieder abgeliefert haben. Ich wollte dem wenigstens etwas positives abgewinnen. Aber die dokumentierte Ordnungswidrigkeit ist wohl das Papier nicht wert. Eine Beruhigungspille für die Verbraucher. Es gibt Momente, da wird man ja so bescheiden.  Insbesondere wenn es um die deutsche Energiepolitik geht.

Aber ich denke, die Zeiten wo eine Placebogabe bei  den Verbrauchern ausreichte ist vorbei. Es ist noch nicht alle Tage.

Offline RR-E-ft

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Offline k2a

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Ich hatte gehofft, dass die neue Kartellrechts-Novelle, zur Bekämpfung von Preismissbrauch im Bereich der Energieversorgung, den Verbraucher hilft, besonders bei überhöhten Preisen, derartige Forderungen abzuwenden.

Da aber die Beweislastumkehr nur in Verfahren vor den Kartellbehörden und den gerichtlichen Kontrollverfahren gelten, nicht jedoch in Kartellzivilprozessen, stellt sich mir die Frage der Anwendbarkeit.

Welche Möglichkeit hat ein Stromkunde sich zur Wehr zusetzen gegenüber einen Versorger (LEW), der eine Preisanhebung für Wärmestrom demnächst um bis zu 26% angekündigt hat?

Da bei Wärmestrom eine Sondervertrag zugrund liegt, kommt hier der § 315 BGB nicht zur Anwendung um die Billigkeit nachzuweisen. Zwar steht im Vertrag, dass man die Berechnungsgrundlage verlangen kann. Ich bezweifele aber sehr, ob man anhand dieser Berechnungsgrundlage die Billigkeit nachzuweisen ist.

 

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