Forum des Bundes der Energieverbraucher

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Offline PeterH

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« Antwort #30 am: 02. Februar 2005, 08:37:58 »
Ach, sieh da!

Auch die Gasversorger und Stadtwerke ärgern sich über die höheren Preise und, wie schon mehrmals bekundet, bedauern sie die derzeitige Situation.
Aber im Grunde schmerzt es sie nicht wesentlich. Der steigende Preis wird ja einfach 1:1 an den Endverbraucher weitergegeben. Schmerzlich mag vielleicht lediglich sein, dass durch die Sensibilisierung der Endverbraucher mit der diesjährigen Preisrunde nicht so leicht ein zusätzlicher Profit aufgeschlagen werden kann und der Endverbraucher durch seine Unbilligkeitserklärungen ganz schön nervt.
Aber, wenn es die Stadtwerke und Gasversorger so sehr schmerzt, dass sie trotz fallender Importpreise steigende (heizölpreisgebundene) Bezugspreise zahlen müssen, warum unternehmen die Stadtwerke und Gasversorger nichts dagegen??? Oder was plant man denn in nächster Zukunft um einen dem Importpreis gerechtes Preisniveau zu erreichen.

Man bedenke doch die Möglichkeit der Profitsteigerung, wenn der Gaspreis vom Öl losgelöst ist. Denn welcher Kunde hat schon in seinem normalen, werktäglichen Leben ein Gespür dafür, wie der Importpreis des Gases sich verhält. Mit dem Heizölpreis hat er mindestens einmal in der Woche eine Verknüpfung. Nämlich wenn er sein Auto tanken muss. Und so kann man es ihm viel leichter und verständlicher verkaufen, dass er auch für das Gas auch mehr bezahlen soll.

Ich glaube einfach nicht, dass geschäfts- und gewinnorientierte Manger, Aufsichtsräte, Direktoren so blauäugig sind und sich den Gewinnvorteil, der sich aus dem Gasimportpreis ergibt, einfach entgehen lassen. Oder???  Vielleicht liegt es ja an dieser Blauäugigkeit, das Unternehmungen bankrott gehen, unsere Wirtschaft mehr und mehr den Bach runter geht.
 
Muss denn immer erst der gemeine Pöpel dem herrschaftlichen Hochstand auf die Sprünge helfen?
Nur ich sehe es leider mal nüchtern betrachtet so: Wir, das gemeine Volk, sind in der jetzigen Situation in der Lage unseren Energieversorgern unseren Unmut anzuzeigen und den sonst so ebnen Weg mit Steinen zu belegen. Aber spätestens zum Jahresende, oder, wenn die Nerven dafür ausreichen, zum ersten Gerichtstermin wird uns nichts anderes übrig bleiben wie klein beizugeben und eventuell das Prozedere bei der nächsten Preisrunde wieder neu aufzurollen.

Aber: STETER TROPFEN HOELT DEN STEIN!

 
Gruß aus EU-Stotzheim

P. H.

Offline Hennessy

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« Antwort #31 am: 02. Februar 2005, 10:32:50 »
Mein Coming Out hatte ich bereits im ersten Beitrag, von daher kann die Überraschung nicht ganz echt sein :) .

Zum X-ten Mal: Die Gasimporte werden nicht von den Stadtwerken/Endversorgern abgewickelt. In einer Wertschöpfungskette gibt es auf jeder Stufe unterschiedliche Margen.

Vorsicht mit der Behauptung: Ohne Heizölkopplung wird es billiger! Das darf sehr stark bezweifelt werden und selbst die Politiker und Institutionen, die jetzt so herrlich \"verbraucher-/medienfreundliche\" Politik machen, haben sich unter dem Risikoaspekt im Sommer 2004 noch für die Heizölbindung ausgesprochen. Ich kann nur immer wieder darauf hinweisen, dass nach marktwirtschaftlichen Gesichtspunkten die momentane Differenz zwischen Gasimport- und Gasverkaufspreis sich auch gegenläufig entwickeln kann - und dann halten alle ganz einfach den Mund, die jetzt der Meinung sind, dass es sich hier um eine Abzocke handelt.

Offline hollmoor

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« Antwort #32 am: 02. Februar 2005, 11:59:03 »
@Hennessy

Das Wort \"Abzocke\"würde  ich für meine Person in meinem Kampf
gegen die Gaspreiserhöhungen nicht unbedingt verwenden,obwohl
es in der derzeitigen Situation naheliegt.

Da Sie ja  auf der Gehaltsliste eines Versorgers stehen und somit
vom Fach sind,hätte ich gern mal eine Stellungnahme bzw.vielleicht
auch eine plausible Erklärung zu folgendem:
Mein bezogenes Erdgas wird praktisch vor meiner Haustür gefördert.
Der zuständige Versorger erhöht die Preise ab 1.10.04 um 9,6 % und am
1.01.05 nochmals um 9,7 %.Lt.seinem Schreiben,nur die\"reinen\"
Bezugspreise.Aufgrund der Preiserhöhung der Vorlieferanten werden
nur die reinen Bezugspreise weitergegeben,war die Darstellung im Schreiben.
Die Netzkosten etc.werden über einen zusätzlichen Verbrauchspreis
von der 7,30 € + Mwst. pro Monat u.pro max Wärmebelastung extra
in der Rechnung aufgelistet.Da es sich um L Gas minderer Qualität handelt,
wird der Verbrauch natürlich noch mit einem Multiplikator abgerechnet.
Dieser ändert sich je nach Messung meist jedes Jahr.
Ich kann also folglich nicht nachvollziehen,warum ich eine Preiserhöhung von knapp 20 % für Gas,dass aus der Umgebung kommt,akzeptieren soll.
Es handelt sich hier in diesem Fall nicht mal eben um läppische 3,4,5 o.
6 % Steigerung.Ich finde die 20 % tige Erhöhung für völlig überzogen!

Igendeiner verdient da doch wohl ordentlich?


hollmoor
Gruß aus der Lüneburger Heide

Offline Cremer

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« Antwort #33 am: 02. Februar 2005, 12:02:02 »
@ Hennessy

1.)
Sofern Sie bei einem \"Zwischenhändler\" sind, also direkter Versorger in der Fläche zu Endverbraucher, dann würde ich gerne Ihre Meinung zu der Pressemitteilung des Bundeskartellamtes vom 28.1.2005 wissen.

Haben Sie Verträge mit Ihren Vorlieferanten, die eine Laufzeit von mehr als zwei Jahren haben? Gerade hier setzt ja die Kritik des Bundeskartellamtes an.

2.)
Wie stehen Sie zu dem Entwurf des Energiewirtschaftgesetzes (EWG)?
Sofern Sie \"Zwischenhändler\" sind(Unter Wahrung Ihrer Anonymimität):
- haben Sie sich schon mit der Realisierung/Umsetzung in Ihrem Unternehmen beschäftigt?
- wie stehen Sie zu § 3 Nr. 38 \"vertikalorientiertes Unternehmen\" oder sind Sie ein solches? Gilt dies auch, wenn durch die Eigentumverhältnisse eines Stadtwerkes dieses andere Stadtbeteilungsgesellschaften quersubvensioniert?
- wie sehen Sie die praktische Umsetzung im Teils 4 des EWG (§ 36 bis § 42) in Bezug zu den Verbrauchern, künftige Trennung der Rechnungen nach Strom, Gas und Wasser?

Wie ist Ihre Meinung dass Stadtwerke (Versorger in der Fläache für Endverbraucher), die das Lebensmittelprodukt \"Wasser\" verkaufen als Muttergesellschaften auch große Gas- und Stromlieferanten haben. Das lebenmittel \"Wasser\" ist Allgemeingut. ich halte es nicht für richtig, dass große Energielieferanten, siehe in England, da ist die RWE der größte Wasserlieferant, auch dieses liefert, bzw. markbeherrschend ist. das sollte in kommunalen Händen bleiben!!!
MFG
Gerd Cremer
BIFEP e.V.

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Offline Hennessy

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« Antwort #34 am: 11. Februar 2005, 23:37:46 »
@Hollmoor

1. Es ist branchenüblich Verträge mit wesentlich längeren Laufzeiten zu haben. Meistens sind es jedoch mehrere Verträge mit unterschiedlichen Laufzeiten bzw. Mengen, da das Kartellamt bzw. die Rechtsprechung ja in dieser Richtung schon entsprechenden Freimengen \"erzwungen\" hat. Obwohl es mehrere Vorlieferanten (ruhrgas, BP, wingas, RWE, VNG etc.) gibt, fällt es schwer echte Preisvorteile bei unterschiedlichen Lieferanten zu erlangen.

2. Es gibt kein EVU, das sich nicht mit den Auswirkungen des EnWG beschäftigt und viele haben schon seit Monaten die ersten organisatorischen und gesellschaftsrechtlichen Schritte unternommen - obwohl aus dem Gesetzentwurf die konkrete Realisierungspraxis noch lange nicht klar ist. Eine direkte Quersubventionierung anderer Sparten ist durch die getrennte Buchführung und Bilanzierung heute schon im Strom und mit Verabschiedung des EnWG prinzipiell nicht mehr möglich. Was das EVU bzw. deren Gesellschafter mit seinem Gewinn machen, steht allerdings auf einem anderen Blatt.

Die Grundversorgung im EnWG ist etwas, das es in dieser Form bisher so nicht gegeben hat und ist nur für Kunden relevant, die keinen Vertrag mit einem Lieferanten abgeschlossen haben, aber trotzdem Strom oder Gas aus dem Netz entnehmen.  Durch die Grundversorgungspflicht  wird ausgeschlossen, dass jemand nicht versorgt wird, nur weil er keinen Vertrag mit irgendeinem Lieferanten unterschrieben hat (heute wird dies noch durch den sog. faktischen Vertrag abgedeckt).

Wasser hat in Deutschland (fast?) immer einen Kostenpreis, egal ob 100% kommunale Wasserversorgungsunternehmen oder privatwirtschaftliche Wasserversorger. Darauf achten die Kommunen bei der Vergabe der Konzessionsverträge, aus genau den beschriebenen Gründen. Trotzdem muss es erlaubt sein mit Wasserversorgung Geld zu verdienen - aber mit Kontrolle des Konzessionsgebers.

Die Stromkennzeichnungspflicht ist pure Verdummung. Die Unternehmen kaufen aus Kostengründen Strom an der Börse, betreiben Eigenerzeugung, kaufen von Vorlieferanten und haben Einspeiser am Netz. Wie soll in diesem Wirrwar eine realitätsnahe Erzeugungsstruktur und die damit verbundenen Emissionen für meinen Strom angegeben werden? Es gibt einige wenige EU-Länder und Unternehmen in Deutschland, bei denen dies Sinn macht - der Rest ist (leider) pseudo-umweltorientierte Energiepolitik.

Es gibt bereits heute Unternehmen, die alle Kostenbestandteile des Stromes (Netznutzung, KWK, EEG, Ökosteuer, Konzessionsabgabe) auf den Rechnungen zahlenmäßig ausweisen. In Verbindung mit der oftmaligen Verbraucherkritik \"Die Rechnung versteht kein Mensch mehr\" erweist man allerdings mit solchen Maßnahmene dem Kunden  einen Bärendienst m an kann es eben nicht allen Recht machen.

Noch eine Anmerkung zum Energiewirtschaftsgesetz: Sinn und Zweck ist unter anderem die Förderung des Wettbewerbs/Liberalisierung und damit verbunden die Senkung der Energiepreise. Dieses Gesetz erhöht eindeutig die Kosten der Strom- und Gasversorgung und ist damit in dieser Hinsicht kontraproduktiv für sinkende Preise. Jeder der den administrativen Aufwand von Stromwechselkunden kennt (sieht man außerhalb des Versorgungsunternehmens nicht), wird mir zustimmen.

Offline RR-E-ft

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« Antwort #35 am: 12. Februar 2005, 14:59:38 »
@Hennessy

Die langfristigen Gasbezugsverträge stehen ja nun auf dem Prüfstand, hiernach die Ölpreisbindung.

EWE ( www.ewe.de ) schreibt zum Beispiel seinen Kunden derzeit, dass das meiste verkaufte Gas des Unternehmens aus Deutschland stamme.

Kein Grund also für eine Ölpreisbindung.

EWE ist jedoch zu 47,9 % an der VNG Verbundnetz Gas AG Leipzig
 http://www.vng.de/content/deutsch/VNG/Auf_einen_Klick/Aktionaere/index.html

beteiligt, welche sich wiederum bei der russichen GAZPROM engagiert. Sollte EWE allein deshalb die Ölpreisbindung verteidigen?

Bereits am 07.11.2001 hatte das OLG Düsseldorf - U (Kart) 31/00 - einen langfristigen Gasbezugsvertrag zwischen einem Ferngasunternehmen und einem Stadtwerk als kartellrechtswidrig für insgesamt unwirksam erklärt:

http://www.ra-kotz.de/tale_oder_pay.htm (Stadtwerke Aachen)

Auch auf diese Rechtsprechung nimmt das BKartA in seinem Arbeitspapier Bezug.

http://www.bundeskartellamt.de/wDeutsch/aktuelles/2005_01_28.shtml?navid=1

Es stellt also wohl nur eine Rechtslage dar, die so schon längstens besteht, aber wie immer:

Wo kein Kläger, da kein Richter.

Deshalb erwägt das BKartA nun ein Verbot solcher Verträge.
Meines Erachtens zurecht.

Dass die Preise und Konditionen für kommunale Unternehmen \"im Wettbewerb\" bisher wie abgesprochen aussehen und nicht weit auseinander liegen, mag Ursachen haben.

Es gibt ja wohl die einheitliche Marke \"erdgas\", was man sonst nur aus dem Franchaise- System von Mc. Donalds kennt. Bei Letzterem sind auch die Preise und Konditionen bundesweit gleich.

Vielleicht hat es also mit den vielen Interessen zu tun, die der BGW vertritt ( www.bgw.de ).

Ich glaube auch, dass die Stromkennzeichnung hinsichtlich der Emissionen keinen Recht Sinn macht.

Ich stelle mir den Strom im Netz immer wie einen See vor, der aus vielen Quellen gespeist wird und aus dem wiederum an mehreren Zapfstellen Wasser entnommen wird.

Das Besondere liegt nur darin, dass zeitgleich genausoviel Zufluss wie Abfluss da sein müssen, damit das System nicht zusammenbricht. Der Inhalt des Sees ist tatssächlich so durchmischt, dass man den Strom als solchen nicht zertifizieren könnte, z.B. als Ökostrom aus sog. regenerativen Energien- es sei denn Direktleitung von einer solchen Anlage bis zum Kunden. Außer Betracht bleibt dabei zudem der Energieeinsatz zur Herstellung einer Windkraftanlage, insbesondere in der Aluminiumindustrie....

Wichtig für die Transparenz der Strompreise wie auch der Abrechnungen ist die gesonderte Ausweisung von Nettostrompreis, Netznutzung, Konzessionsabgabe, KWK- und EEG- Abschlag, Stromsteuer, Mehrwertsteuer und auch des prozentualen Anteils der eingesetzten Brennstoffe.

Gerade die gesonderte Ausweisung der Netznutzungsentgelte sehe ich für den Wettbewerb jedoch als besonders wichtig an.

Hierdurch wird halbwegs transparent, wo die Gewinne tatsächlich erwirtschaftet werden, im natürlichen Monopol Netz oder in einem harten Wettbewerb der Vertriebssparte und somit durch unternehmerische Leistung und welche Chance ein Wettbewerber hat.

Es soll gar nicht in Abrede gestellt werden, dass innovative Unternehmen ihre Gewinne nicht nur im Netz generieren. Bei vielen ist es jedoch leider anders.

Derzeit begründen viele Versorger die Preiserhöhungen bei \"Heizstrom\" z.B. über 10 % mit dem gestiegenen Staatsanteil.

Dieser betrage nun fast 40 %!
Man ist erschrocken und denkt, wieder im Staatsozialismus zu sein.

Indes:

Mal abgesehen davon, dass in der Zahl auch schon die auf allen Gütern lastende Mehrwertsteuer enthalten ist:

Bereits im Geschäftsbericht der E.on Energie AG 2003 ( www.eon-energie.com ) auf Seite 43 ist jedoch zu lesen, dass der \"Staatsanteil\" bereits seinerzeit fast 41 % betrug.

Er ist also eher gesunken.

\"Staatsanteil\" deshalb, weil die KWK- Umlage gerade auch den Eigenerzeugungsanlagen kommunaler EVU zu Gute kommt.

Die Beträge werden also weder vom Staat erhoben noch fließen sie ihm zu.

Die entsprechenden Abschläge sind in den Strompreisen seit 2000 enthalten, teilweise gesondert ausgewiesen, oftmals jedoch nicht.

Diese Abschläge als Vorauszahlungen auf den künftigen bundesweiten Belastungsausgleich werden vom VDN beim VDEW prognostiziert, der Natur der Sache geschuldet wohl eher als worst case- Szenario und somit immer reichlich hoch.

Bisher hat es ersichtlich gegenüber den Verbrauchern keine \"spitze\" Abrechnungen dieser jahrelangen Vorauszahlungen gegeben.

Einzelne Verbände reden davon, dass allein in den vergangenen zwei Jahren bei den EEG- Vorauszahlungen 500 Mio EUR zuviel vereinnahmt wurden. Der Staat legt die Vorauszahlungen weder fest, noch kontrolliert er sie.

Der VDN hat wohl jetzt gerade erst einmal eine Arbeitsgrundlage geschaffen, die Beträge aus 2001 endabzurechnen, obschon die Gesetze den Abschluss der Kostenwälzungen und des Belastungsausgleiches im Folgejahr vorsehen.

Das ist unbefriedigend, da die Vorauszahlungen wohl \"satt\" prognostiziert werden und deshalb wohl eine Tendenz zu Überzahlungen besteht.

Mit  dem entsprechenden Geld aus den \"zinslosen Krediten der Kunden\" arbeiten die EVU, obschon es für die Kunden Zinsen bringen sollte.

Das nicht nur buchhalterische, sondern auch gesellschaftsrechtliche Unbundling macht bei den Großen tatsächlich Sinn und ist erforderlich.

RWE, EnBW, Vattenfall haben diese Trennung längst vollzogen.
E.on Energie war schon soweit , hatte aber zwischenzeitlich teilweise wieder re-integriert.

Mithin entstehen dort auch keine weiteren Folgekosten aus den Regelungen.

Nichts anderes kann für die Regionalversorger gelten, an denen die Konzerne wesentlich beteiligt sind:

z.B. Thüringen:

Stromversorger

TEAG Thüringer Energie AG über 72 % E.on Energie AG

Gasversorger  

Gasversorgung Thüringen GmbH  50 % Contigas (100%ige Tochter der E.on Energie AG)
Erdgasversorgung Thüringen- Sachsen GmbH 50% E.on Ruhrgas

Bei den Stadtwerken muss dies wohl auch gelten, wo die Konzerne über ihre Töchter (in Thüringen: TEAG, GVT, EVG, thüga) wesentliche Beteiligungen halten. Aus der Historie heraus gibt es wohl hier kein Stadtwerk ohne Konzernbeteiligung, sämtlich E.on, allein Gera gehört zur Electrable-Gruppe.

Einzelne Stadtwerke sind nicht anders aufgestellt als Regionalversorger, so dass bei ihnen das gleiche gelten muss, zum Bsp. MVV Mannheim.

Allein bei kleinen Stadtwerken in kommunaler Hand macht das gesellschaftsrechtliche Unbundling wenig Sinn. Es gibt ja oft nicht einmal genügend Personal, um die Teilgesellschaften entsprechend auszustatten.

Für diese soll es jedoch Ausnahmen geben. Solche sind schon in der EU- RiLi vorgesehen, fraglich ist nur, ob diese auch bei kleinen Stadtwerken mit wesentlicher Beteiligung der Konzerne zum Tragen kommt.

Insgesamt wird das System dadurch transparenter und vor allem kontrollierbarer.

Lesenswert hierzu ist die Entscheidung des Bundeskartellamts vom 14.02.2003 in Sachen TEAG Thüringer Energie AG unter

http://www.bundeskartellamt.de/wDeutsch/archiv/EntschKartArchiv/EntschKartell.shtml

Durch die Zuordnung von Kosten des Vertriebsbereiches zum Netzbereich wurden die Netznutzungsentgelte um über 10% künstlich überhöht, was den Wettbewerb behindert.

Diese Entscheidung des Bundeskartellamtes ist auch deshalb so lesenswert, weil darin das BKart auf Seite 40 unten davon spricht, dass der Haushaltskunde (Allgemeiner Tarif) die traditionelle \"Milchkuh der Energiewirtschaft\" ist.

Fast hellseherisch sagte das BKartA dabei voraus, dass sich bei abnehmendem Wettbewerb infolge zu hoher NNE auch die sog. Sonderprodukte drastisch verteuern und sich den Allgemeinen Tarifen annähern werden.

Diese Situation haben wir jetzt gerade- keine zwei Jahre nach der Entscheidung!!!!

Im \"Stern\" Nr. 7/2004 vom 10.02.2005 auf S. 140 beschreibt gerade ein verantwortlicher Mitarbeiter der staatlichen Energiepreisaufsicht NRW, wie bei der Gestaltung der Strompreise getrickst wurde und wird und dass die Regularien immer noch nicht ausreichen, dem zu begegnen. Er spricht selbst von \"erheblicher Luft\" in den Strompreisen:

http://www.stern.de/wirtschaft/unternehmen/536353.html?nv=cp_L2_rt

Wenn dies schon auf dem Strommarkt bei staatlich kontrollierten Preisen der Fall ist, was ist dann erst im Bereich der staatlich nicht kontrollierten Gaspreise zu erwarten....


Die Entscheidung des BKart in Sachen TEAG wurde durch das OLG Düsseldorf am 11.02.2004 rechtskräftig aufgehoben, jedoch nicht, weil die Netznutzungsentgelte in Ordnung sind, sondern weil das BKartA seine bisherigen gesetzlichen Befugnisse überschritten haben soll, die ersichtlich immer noch nicht ausreichen.

Die Strompreise in Thüringen liegen weiterhin 9 % über dem Bundesdurchschnitt, wie das statistische Landesamt aktuell wieder feststellte. Der VEA- Strompreisindex (www.vea.de) und e´net (www.netznutzungsentgelte.de) sehen TEAG weiter auf einem traurigen Spitzenplatz.  

Eine solche Manipulation der Netznutzungsentgelte  wird also in der Zukunft schwieriger und das ist wichtig für funktionierenden Wettbewerb.

Zu diesem gehören nicht nur sinkende NNE, sondern auch Wettbewerber, worauf der VKU (www.vku.de) zutreffend hinweist.

Jetzt ist wohl die Zeit für kommunale Unternehmen, in moderne GuD- (Gemeinschafts-) Kraftwerke zu investieren und sich von den Großen zu emanzipieren.

Bei wirksamen Wettbewerb, dessen Voraussetzung genannt wurde, haben sie dann die Chance, mit dem somit erzeugten Strom auf dem Markt zu agieren, im Interesse der kommunalen Anteilseigner und somit auch der Verbraucher vor Ort. Diese Interssen sind ja nicht immer widerstreitend.

Also kann man doch wohl sagen, dass das neue EnwG auf einem guten Weg ist, einzelne Bereiche jedoch im Sinne einer Wettbewerbsförderung noch einer weiteren Konkretisierung bedürfen, die man nicht dem Verordnungsgeber in Form des Bundeswirtschaftministeriums überlassen kann und darf.

Dessen Chef ist zu oft allein mit den Konzernspitzen im Gespräch.
Vielleicht braucht der auch bald einen neuen Job - in der Energiewirtschaft wie sein Vorgänger?

Es ist eher unwahrscheinlich, dass alle gewählten Vertreter des ganzen deutschen Volkes im Bundestag alsbald in die Energiewirtschaft wechseln wollen oder müssen....

Deshalb ist das Gesetzgebungsverfahren zum neuen Energiewirtschaftsgesetz im ordentlichen parlamentarischen Verfahren
Bundestag/ Bundesrat wohl besser aufgehoben.

Freundliche Grüße
aus Jena



Thomas Fricke
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Offline angeljustus

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« Antwort #36 am: 14. Februar 2005, 20:52:54 »
@Hennessy

Man sollte doch der Sache wegen mit der Diskussion um \"Sein oder Nichtsein\" aufhören!
Fakt ist doch, dass die EVU`s die Situation nutzen, um kräftig in die eigene Tasche zu wirtschaften, sowohl bei Strom oder Gas. Gab es mal eine Senkung des Arbeitspreises, wurde der Grundpreis erhöht usw. usw.......  :lol:
Und letztendlich sind Unternehmen wie Yellow doch durch die hohen Durchleitungsgebühren gescheitert. Also, alles gekünzelt.  
Das Problem ist doch, wie versteht der \"Kleine Mann\" das?!

In diesem Sinne noch eine muntere Runde
angeljustus

Offline Chicken_the_brave

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« Antwort #37 am: 15. Februar 2005, 19:01:07 »
wenn man die Beiträge zu diesem Thread einmal dem Bundestag vorlegen würde, ergäbe sich eine dermaßene Steigerung der Diskussionsrunde, dass wir wahrscheinlich im Jahre 2130 mit einer Liberalisierung (im Sinne des Endkunden) im Gasmarkt rechnen können. Schon heute machen uns die Österreicher und Dänen vor, wie es geht. Möchte ein Gaskunde in Koppenhagen wechseln, so hat die DONG (Dänischer Gasversorger) damit kein Problem. Dieses Forum zeigt wo der eigentliche Kanckpunkt liegt, wir diskutieren zu viel und handeln zu wenig! :(  Ich bin gespannt, wenn der Regulierer (derzeit vorgesehen der RegTP [Regulierungsbehörde für Post und Telekommunikation]) seine Arbeit im Strombereich aufnimmt und irgendwann eine vollständige Deregulierung des Gasmarktes vorgesehen ist und als Neuerung des EnWG aufgenommen wird. Ich denke mal, dann sehen wir uns hier alle wieder, aber keiner wird sagen, schade, dass XY als Gaslieferant mitlerweile Insolvenz angemeldet hat.

Tschö

Chicken the brave

Offline RR-E-ft

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« Antwort #38 am: 15. Februar 2005, 21:03:17 »
Meines Erachtens ist die Diskussion hier trotzdem wichtig, auch wenn die wenigsten über eine entsprechende Lobby bei den Gesetzgebungsorganen des Bundes und der Länder verfügen.

Hier das Wortprotokoll der Expertenanhörung im Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit des Deutschen Bundestages vom 15.12.2004:

http://216.239.59.104/search?q=cache:LECPaAEf27oJ:www.bundestag.de/parlament/gremien15/a09/eAnhoerungen/nEnWG2/cprotokoll.pdf+BGW+Bundeskartellamt&hl=de&ie=UTF-8

Man muss schon alles sehr genau lesen.

Ich glaube gerade im Zusammenhang mit der Nettosubstanzerhaltung und dem Einwand eines VKU- Vertreters zu den Personalkosten im Rahmen der der Netzentgelte herausgelesen zu haben, dass die meisten Gasversorger bisher über gar keine Kostenkalkulation verfügen, die sie nun nach dem Einwand der Unblligkeit vor einem Gericht offen legen könnten. Vermutet hat man solches ja schon lange. Glauben wollte man es nicht.

Das wäre natürlich gerade im Zusammenhang mit dem Heilbronner Verfahren sehr spannend.


Freundliche Grüße
aus Jena



Thomas Fricke
Rechtsanwalt

 

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