Energiepreis-Protest > Grundsatzfragen
Welcher Preis für Neueinsteiger ?
RR-E-ft:
@Lernender
Die drei Jahre beziehen sich auf die Rückforderung unangemessen hoch einseitig festgelegter Entgelte des Versorgers.
Rückforderung in Folge Unbilligkeit
Dies setzt aber voraus, dass der Lieferant überhaupt bei oder nach Vertragsabschluss die Preise einseitig festgelegt hat.
Diese Frage entscheidet sich wiederum danach, ob überhaupt ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht bei Vertragsabschluss vereinbart wurde, also nach dem ganz konkreten Einzelfall.
Ebenso richtet sich die Frage danach, welche Erhöhung oder welches insgesamt einseitig festgelegte Entgelt der Billigkeit entspricht, nach dem ganz konkreten Einzelfall, im Zweifel nach der indiviuellen Preiskalkulation des Lieferanten.
Weil die Kosten und somit die Preiskalkulationen der einzlenen Unternehmen unterschiedlich sind, kann es auch dazu keine generelle Entscheidung geben.
Maßgeblichkeit der individuellen Entgeltkalkulation - Seite 15 unter III 3 !
Wer also erwartet, der BGH würde entscheiden, dass im Herbst 2004 generell eine Preiserhöhung von 10 Prozent oder 2 Prozent .... angemessen war, der hat überhaupt nicht verstanden, worum es hier eigentlich geht.
Lernender:
@Herr Fricke.
Ich erkenne in Ihren Formulierungen meine Auffassung wieder. Meine Sätze waren auch weniger im juristischen Sinne gemeint.
Lernender
RR-E-ft:
@jroettges
Warum jemand gezwungen sein sollte, einen Gaslieferungsvertrag bestimmten Inhalts abzuschließen, vermag ich gründsätzlich nicht zu erkennen. Grundsätzlich ist niemand gezwungen, mit Gas zu heizen, wenn er sich erstmals für eine Beheizungsart entscheidet. Man muss auch nicht als Mieter in eine gasbeheizte Wohnung einziehen.
Grundsätzlich wird deshalb erwartet, dass man einen Vertrag nur dann erstmals abschließt, wenn man mit den bei Vertragsabschluss bereits bekannten Preisen einverstanden ist. Sonst lässt man es. Wir sind so frei.
Um eine solche Angewiesenheitslage in Folge einer Monopolstellung oder eines Anschluss- und Benutzungszwangs geht es auch gar nicht, sondern darum, ob man bei Vertragsabschluss ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht des Lieferanten vereinbart.
Der BGH hat in seinem Urteil vom 13.06.2007 die Aufassung vertreten, bei Vertragsabschluss werde kein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht vereinbart, weil es nicht vereinbart sei, so dass der Anfangspreis keiner Kontrolle unterliege.
Der Anfansgpreis unterliege auch keiner Billigkeitskontrolle in entsprechender Anwendung des § 135 BGB, weil es dafür an einer Monopolstellung und Angeweisenheitslage, einem Anschluss- und Benutzungszwang fehlt, vgl. oben
Jedoch unterliege die einseitige Preisänderung nach Vertragsabschluss infolge eines gesetzlichen Preisänderungsrechts gem. § 4 AVBV bzw. § 5 GVV der Billigkeitskontrolle gem. § 315 BGB, indes nur im Umfange, wie der Preis durch diese einseitige Änderung eine Abänderung vom bisherigen Preis erfährt.
Wem also der heutige Gaspreis eines Lieferanten nicht passt und der noch keinen Gaslieferungsvertrag hat, der sollte im Zweifel gar nicht erst einen solchen Vertrag abschließen und statt dessen anders heizen (Heizöl, Flüssiggas, Kohle, Pellets).
Wenn es um Rechtsfragen geht, rät man ggf. besser nichts.
Dafür bieten Rechtsanwälte ihre Dienste an.
Im übrigen haben wohl auch Energieberater einen Rat, wenn es um die Wahl des optimalen Beheizungssystems gehen sollte.
superhaase:
--- Zitat ---Original von RR-E-ft
... Grundsätzlich ist niemand gezwungen, mit Gas zu heizen, wenn er sich erstmals für eine Beheizungsart entscheidet.
--- Ende Zitat ---
Das ist wahr, würde ich als Häuslebauer auch nie machen.
Keine leitungsgebundene Heizenergie, da ist man später auf Gedeih und Verderb dem Netzbetreiber ausgeliefert.
Was anderes wäre es, wenn es in diesen Netzen echten Wettbewerb gäbe - aber darauf darf man noch länger warten, fürchte ich.
--- Zitat ---Man muss auch nicht als Mieter in eine gasbeheizte Wohnung einziehen.
--- Ende Zitat ---
Da muss ich mal einhaken:
Sowas kann auch nur einer sagen, der nicht in ein Ballungsgebiet mit Wohnungsmangel ziehen muss...... ;)
Ich hab mal davon gehört, dass man in Berlin, Dresden oder Leipzig vom Makler zu Hause abgeholt wird und dann zu 4 oder 5 schön renovierten und bezahlbaren Altbauwohnungen kutschiert wird und sich eine aussuchen darf - und bezahlt wird der Makler vom Vermieter...... ist das ein Gerücht? .... von sowas kann man in München nur träumen.......
Insofern zeigt sich auch die Realitätsferne der BGH-Richter des o.g. Urteils. Der freie Wettbewerb ist zwischen den verschiedenen Energiearten meist nicht gegeben. Für Mieter schon mal gar nicht. Und das ist die große Mehrheit der Bevölkerung. Sowiet ich mich erinnere gab es hierzu ja auch schon Urteile, die diesen freien Wettbewerb zwischen den Energiearten nicht erkennen konnten......
--- Zitat ---Wenn es um Rechtsfragen geht, rät man ggf. besser nichts.
Dafür bieten Rechtsanwälte ihre Dienste an.
--- Ende Zitat ---
Dem stimme ich grundsätzlich zu, aaaaaber....
.... dies ist keine angemessene Antwort auf die Frage von jroettges - damit kann man fast alle Fragen hier im Forum totschlagen, so dass man das Forum und auch den ganzen Verein \"Bund der Energieverbraucher\" dichtmachen kann....... :(
ciao,
sh
RR-E-ft:
@superhaase
Die Frage des Wettbewerbs zwischen den Energieträgern ist wohl nicht Gegenstand des Urteils, welches weiter abzuwarten bleibt, sondern die Frage, ob man gezwungen ist, sich (erstmals) für eine leitungsgebundene Gasversorgung zu entscheiden.
Dabei wurde der Unterschied zur Lage bei der Trinkwasserversorgung und bei der monopolistischen Stromversorgung herausgestellt.
Auf Trinkwasser- und Stromversorgung seien die Bürger angewiesen und soweit es dabei nur einen einzigen Anbieter vor Ort gibt, müssten dessen Preise von Anfang an einer Angemessenheitskontrolle unterliegen.
Beim Gas stelle sich die Sache deshalb anders da, weil man ja zu Beginn grundsätzlich die freie Wahl hätte, sich also nicht zwingend für eine leitungsgebundene Gasversorgung entscheiden müsse. Im konkreten Einzelfall mag das ggf. auch mal anders aussehen, wenn zB ein Anschluss- und Benutzungszwang bestehen sollte.
Für die Frage, ob man bei der Erstentscheidung für den Energieträger Erdgas die freie Wahl hat, ist es grundsätzlich belanglos, ob und wie sich die Preise verschiedener Energieträger gegenseitig beeinflussen, ob es einen wirksamen Wettbewerb zwischen diesen gibt, der zu gegenseitigen, deutlichen Preisbeeinflussungen führt. Das steht wieder auf einem vollkommen anderen Blatt.
Hatte der Kunde bei der erstmaligen Entscheidung für Gas noch die freie Wahl unter mehreren Alternativen, so konnte er sich frei entscheiden, ob er einen entsprechenden Vertrag eingeht und einen solchen zu den ihm bereits bekannten Preisen abschließt oder nicht.
Wenn er dabei in freier Willensbekundung und kraft seiner eigenen Privatautonomie einen Vertrag zu dem ihm bekannten Preis abschließt, dann unterliegt dieser Preis, wenn er Gegenstand einer Einigung bei Vertragsabschluss ist, keiner Billigkeitskontrolle. Preise, auf die man sich geeinigt hat sind schon deshalb richtig, weil niemand einen angemsseneren Preis kennt, als diejenigen, die einen Preis frei vereinbaren. Wenn der Preis nicht passt, lässt man es eben.
Das ist an sich vollkommen korrekt, wenn man lediglich allgemeines Zivilrecht anwendet.
Wir denken nur, dass sich ein Tarifkunde - im Gegensatz zum Kunden eines Sonderabkommens - gar nicht auf einen Anfangspreis einigt, weil ja klar ist, dass der Preis nicht ein für allemal feststeht, sondern vom Versorger von Zeit zu Zeit mit den \"jeweils geltenden Preisblättern\" bzw. Veröffentlichungen gem. § 4 AVBV einseitig neu festgesetzt wird, was auch schon fünf Minuten nach Vertragsabschluss der Fall sein konnte.
Wenn der eine Vertragsteil aber den Preis jederzeit nach Vertragsabschluss einseitig neu festlegen darf, dann ist eben gar kein Preis vereinbart worden, sondern ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht desjenigen, der die Preise mit den jeweils geltenden Preislisten neu festsetzt:
Bildlich könnte man sich vorstellen, dass der Gaslieferant den Kunden bei Erstabschluss besucht, ein schriftlicher Vertrag abgeschlossen wird, in dem der Preis genannt ist und weiter drinsteht, dass der Lieferant den Preis jederzeit durch Mitteilung einer neuen Preisliste neu festlegen darf. Sehr schön, beide Seiten unterschreiben den Vertrag, in dem der Preis bei Vertragsabschluss genannt ist. Die Tinte unter dem Vertrag ist noch nicht richtig trocken, da eilt der Lieferant zum nächsten Kunden. Als er das Haus seines gerade gewonnenen Neukunden verlässt, greift er just noch einmal in die Aktentasche, entnimmt daraus die neue Preisliste mit völlig anderen Preisen als im gerade abgeschlossenen Vertrag genannt, und steckt sie in den Briefkasten eben des Kunden, mit dem er gerade noch zusammensaß und den Vertrag abgeschlossen hatte. Laut Vertrag sollen immer die Preise der jeweils geltenden Preisliste des Lieferanten verbindlich sein, die der Kunde in seinem Briefkasten vorfindet.......
Darum geht es.
Der Kartellsenat ist bei dieser Konstellation (Preise in Form Allgmeiner Tarife) der zutreffenden Ansicht, dass schon der Anfangspreis nicht weniger einseitig bestimmt ist als der Folgepreis.
Weiter sind wir der Meinung, dass Lieferanten, soweit eine gesetzliche Versorgungspflicht besteht, in ihrer Preisgestaltung nicht wie jeder sonstige Anbieter frei sein können.
Natürlich haben Versorgungsuntetrnehmen, soweit sie einem gesetzlichen Kontrahierungszwang unterliegen, also gegenüber Tarifkunden gem. § 10 Abs. 1 EnWG 1998 und Kunden in der Grundversorgung und in der Ersatzversorgung gem. §§ 36, 38 EnWG die gesetzliche Verpflichtung aus § 2 Abs. 1 EnWG zu einer möglichst preisgünstigen Versorgung.
So kann man diesen Kunden, die einen gesetzlichen Anspruch auf eine möglichst preisgünstige Versorgung haben, nicht \"Mondpreise\" offerieren und dann darauf verweisen, diese seien so frei vereinbart worden. Schließlich können die gesetzlich Anspruchsberechtigten nur die Preise annehmen, die ihnen angeboten werden. Die Preisangebote (vor Vertragsabschluss) müssen dabei schon der gesetzlichen Verpflichtung zu einer möglichst preisgünstigen Versorgung entsprechen. Die gesetzlichen Bestimmungen des Energiewirtschaftsgesetzes sind also dabei zu beachten, weil sonst die bewussten Entscheidungen des Gesetzgebers missachtet werden. Der Gesetzgeber hätte sich sonst die Regelungen in §§ 1, 2 EnWG schenken können, weil sie praktisch keine Beachtung erfahren müssen, wenn sie nicht im Wege effektiven Rechtsschutzes der anspruchsberechtigten Kunden auch gerichtlich durchgesetzt werden können. Wer einen gesetzlichen Anspruch auf möglichst preisgünstige leitungsgebundene Versorgung mit Elektrizität und Gas hat (die Allgemeinheit !) und der dazu zählende Kunde mit Anspruch auf Grundversorgung, muss diesen Anspruch gerichtlich durchsetzen können, Art. 19 Abs. 4, 20 Abs. 3 GG.
Auch der Kartellsenat des BGH verweist auf die Preisbildungsschranken, die sich aus dem Energiewirtschaftsgesetz ergeben.
Sonderabkommen unterliegen - abgesehen von § 41 EnWG - keinen energierechtlichen Besonderheiten, also allgemeinem Zivilrecht.
Der Kunde eines Sonderabkommens ist dadurch geschützt, dass der Lieferant- wenn kein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht bei Vertragsabschluss vereinbart wurde - die Preise nur dann einseitig abändern darf, wenn zum einen eine entsprechende Allgemeine Geschäftsbedingung wirksam in den Vertrag einbezogen wurde.
Dies setzt voraus, dass der Kunden bei Vertragsabschluss die Klausel kannte und mit dieser einverstanden war (§ 305 BGB).
Zudem muss die Klausel dem Transparenzgebot (§ 307 BGB) entsprechen, so dass der Kunde bei Vertragsabschluss bereits erkennen konnte, welche höheren Kosten ihn zukünftig treffen werden.
Ist die Klausel in diesem Sinne transparent und hatte der Kunde in Kenntnis dieser Klausel in den AGB deren Einbeziehung gem. § 305 BGB zugestimmt und darin eingewilligt, so bedarf er keines weitergehendenden Schutzes mehr. Wenn er wusste, was zukünftig auf ihn zukommt, und er ungezwungen darin eingewilligt hat, so war es seine freie Entscheidung. Bevormundet wird niemand.
Wurde hingegen im Sonderabkommen ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht bei Vertragsabschluss vereinbart, dann ist selbstredend auch der Anfangspreis schon einseitig bestimmt und unterliegt deshalb der Angemessenheitskontrolle.
Wurde kein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht bei Vertragsabschluss vereinbart und ist im Vertrag auch keine wirksame Preisänderungsklausel enthalten, sei es wegen mangelnder Einbeziehung gem. § 305 BGB, sei es wegen deren Unwirksamkeit infolge Intransparenz gem. § 307 BGB, so verbleibt es beim nicht einer Angemessenheitskontrolle unterliegenden Anfangspreis, auf den man sich bei Vertragsabschluss vollkommen ungezwungen geeinigt hatte. Davor muss man nicht geschützt werden.
Der Anfangspreis wird deshalb nur dann auf seine Angemessenheit kontrolliert, wenn die Parteien bei Abschluss des Vertrages ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht des Lieferanten hinsichtlich der zu zahlenden Entgelte frei vereinbart hatten oder wenn der Kunde auf die Leistungen des Lieferanten zwingend angewiesen war, weil es sich um besondere Leistungen handelt, die man zum Leben braucht und der Lieferant eine Monopolstellung hinsichtlich dieser Leistungen, auf die der andere angewiesen ist, einnimmt.
Sollte etwa ein Juwelier auf dem flachen Land weit und breit eine Monopolstellung haben, so dass alle Bauern im weiten Umkreis bei diesem die Klunkern für ihre Liebsten kaufen müssen, so unterliegen die bei Abschluss eines Kaufvertrages mit diesem Juwelier jedenfalls keiner Angemessenheitskontrolle nach § 315 BGB.
Das gilt selbst dann, wenn ein Bauer tüchtig Ärger bekommen sollte, wenn er zum Geburtstag o. ä. nicht mit entsprechenden Schmuckgeschenken aufwarten kann.
Dass es auch diesem Juwelier verboten ist, die Bauern zu überwuchern, steht auf einem anderen Blatt.
Möglicherweise hatten einige den Hintergrund der Billigkeitskontrolle gem. § 315 BGB bisher nicht erkannt und deshalb erhitzen sich die Gemüter über die jüngste BGH - Rechtsprechung.
Bei genauer Betrachtung sollte indes klar werden, dass man sich ggf. falsch aufregt.
Denn die Entscheidungen sind bis auf den Punkt, dass mit Tarifkunden ein Anfangspreis und kein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht vereinbart wurde, vollkommen nachvollziehbar.
Die Kritik richtet sich deshalb dagegen, dass der Senat vollkommen unterschiedliche Sachverhalte, nämlich im Energiewirtschaftsgesetz geregelte Tarifkundenbelieferung bzw. Grundversorgung einerseits und dem freien Vertragsrecht unterliegende Sonderabkommen andererseits, wohl allesamt über einen Kamm schert.
Der Senat hat nur freies Vertragsrecht angewandt, gerade so, als gäbe es kein Energiewirtschaftsgesetz, das besondere Rechte und Pflichten anordnet.
Man könnte deshalb den falschen Eindruck gewinnen, als gäbe es generelle Antworten.
Die gibt es aber gerade nicht!
Jeder einzelne Fall muss anhand allgemeinen Vertragsrechts und des Rechts über Allgemeine Geschäftsbedingungen geprüft werden.
Energierechtliche Wertungen müssen darin einfließen.
Generelle Antworten verbieten sich deshalb.
Und so muss eben jeder sehen, wie es bei ihm ganz konkret steht.
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