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Autor Thema: Gesetzesänderung erfordert Unterschrift zum neuen Stromlieferungsvertrag  (Gelesen 6936 mal)

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Offline Free Energy

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Hallo Herr Fricke,

an Sie als Experten habe ich bitte nochmal folgende Frage:

Die RWE Westfalen-Weser- Ems AG als örtlicher Stromversorger hat einem Schützenverein hier in unserer Stadt schriftlich mitgeteilt, dass durch das neue Energiewirtschaftsgesetz alle Versorgungsunternehmen aufgefordert seien, mit diesen Kunden neue Energielieferverträge abzuschließen.

Die Preise blieben unverändert und man solle den neuen Vertrag doch unterschreiben und in den nächsten 14 Tagen zurücksenden.

Der Schützenverein gehöre zu den Kundengruppen, die mehr als 10.000 kw/h pro Jahr verbräuchten, und deshalb sei ein neuer Vertrag erforderlich.

Was halten Sie davon ? Widerspruch wurde bisher noch nicht eingelegt. Sollte der neue Vertrag (übrigens angeblich ein Sondervertrag) unterschrieben werden, oder besser nicht ?

Gruß

Free Energy

Offline RR-E-ft

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@FreeEnergy

Ehrlich gesagt:

Ich halte überhaupt nichts davon,

dass sich so ein Verein deshalb nicht selbst an einen Anwalt wendet, um sich Schützenhilfe zu holen.

Irgendwie ermüdend:

Wer einen ungekündigten Vertrag hat, braucht keinen neuen.

Im Energiewirtschaftsgesetz findet sich überhaupt keine Bestimmung darüber, dass bestehende Verträge mit Nicht- Haushaltskunden irgenwie anzupassen wären. Ein Verein kann schon kein Haushalstkunde sein.

Was die Folge des Abschlusses eines neuen, schriftlichen Vertrages ist, ist hier so oft geschrieben worden, dass es dazu auch nichts mehr zu sagen gibt.

Übrigends:

Das \"neue\" Energiewirtschaftsgesetz ist vor zwei Jahren in Kraft getreten. Am Gesetz geändert wurde insoweit nichts.

Seit zwei Jahren sind alle Energieversorgungsunternehmen gem. § 2 Abs. 1 EnWG vor allem und zu allererst aufgefordert, die Allgemeinheit möglichst preisgünstig und effizient leitungsgebunden mit Elektrizität und Gas zu versorgen. Weitere Bestimmungen über die Belieferung von Nicht- Haushaltskunden sind nicht enthalten.

Offline Gridpem

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der Abschluss mittels Unterschrift hängt mit dem EnWG und der GVV zusammen.
Im EnWG ist definiert, wer \"Haushaltskunde\" ist und in der GVV ist geregelt, welcher Automatismus eintritt, wenn Strom aus der Steckdose entnommen wird.
Demnach fallen alle Kunden, deren Abnahme \"Haushaltskunden\" überschreitet nicht mehr unter die GVV und es besteht für den Grundversorger keine Versorgungspflicht mehr.

Für alle Lieferverhältnisse außerhalb der Grundversorgung ist aber ein schriftlicher Vertragsabschluss Voraussetzung für die Wirksamkeit.
Das betrifft für den Versorger die Belieferung und für den Kunden die Bezahlung.

Ist nichts vereinbart, braucht auch nichts geleistet werden.

EnWG ist seit 2 Jahren in Kraft, die GVV jedoch noch nicht mal ein Jahr.
Für die GVV laufen jetzt die Übergangsfristen aus, daher bestimmt jetzt das Angebot.

Gruß aus Meck-Pomm

Offline RR-E-ft

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@Gridpem

Das ist - mit Verlaub - Unsinn.

Wer bereits einen Energielieferungsvertrag hat, dessen Vertrag behält weiterhin seine Gültigkeit.

In § 41 EnWG ist geregelt, was Energielieferungsverträge mit Haushaltskunden außerhalb der Grundversorgung  enthalten sollen.

Dass solche Verträge schriftlich abgeschlossen werden sollen oder gar müssen, steht dort nicht.

Gem. § 2 AVBEltV sollten bisher schon immer Stromlieferungsverträge mit Tarifkunden schriftlich abgeschlossen werden. Die Wirksamkeit eines Vertrages hing jedoch nicht davon ab, dass der Vertrag schriftlich geschlossen wurde. Das ergibt sich schon daraus, dass Verträge auch konkludent geschlossen werden können.

Zu allen anderen Verträgen mit Kunden, die keine Haushaltskunden sind, findet sich im Gesetz nichts. Schon früher gab es zu Energielieferungsverträgen mit Nicht- Tarifkunden keinerlei gesetzliche Regelungen.

Insbesondere sind nicht nur schriftliche Energielieferungsverträge wirksam. Dass Energielieferungsverträge zu ihrer Wirksamkeit der Schriftform bedürfen, steht nirgends.

Ein großes Chemiewerk und ein Energieversorgungsunternehmen müssen also keinen schriftlichen Vertrag abschließen, um einen wirksamen Stromlieferungsvertrag zu begründen. So war es schon immer und daran hat sich gar nichts geändert.

Dafür galt schon früher die AVBEltV nicht und auch die StromGVV findet dabei gar keine Anwendung.

Die Versorgungspflicht ergibt sich dabei übrigends aus dem einmal wirksam geschlossenen Stromlieferungsvertrag selbst.

Offline Gridpem

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@RR-E-ft

Die Wirsamkeit von Verträgen ist sicherlich nicht im EnWG oder in den AVB geregelt, dafür gilt nach meiner Erfahrung immer noch das BGB.

Ganz allgemein

Wer mir etwas zuschickt (Strom), ohne das ich es angefordert habe (Liefervertrag), braucht auch nicht zu erwarten, dass ich es bezahle.

So sehe ich heute einen Strombezug außerhalb der GVV

Offline superhaase

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Zitat
Original von Gridpem
Wer mir etwas zuschickt (Strom), ohne das ich es angefordert habe (Liefervertrag), braucht auch nicht zu erwarten, dass ich es bezahle.
Wenn Du einen Lichtschalter betätigst, dann hast Du was angefordert, und dann musst Du was bezahlen - so einfach ist das!
Wenn Du von Netzbetreiber zwangsweise mit Elektroschocks gefoltert wirst, ist das natürlich was anderes, dann musst Du den Strom nicht bezahlen......  :rolleyes:
ciao,
sh
8) solar power rules

Offline RR-E-ft

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@Gridpem

Sie haben möglicherweise längst einen Stromliefervertrag abgeschlossen, der nicht den Regelungen der StromGVV unerfällt.

Aufgrund eines solchen Vertrages ist der Lieferant verpflichtet, Elektrizität zu liefern und der Kunde verpflichtet, die Lieferung zu bezahlen.

Gibt es hingegen gar keinen Vertrag, könnte die Stromlieferung - ohne Vorwarnung- jederzeit eingestellt werden undzwar deshalb, weil keine vertragliche Lieferpflicht besteht.

Wenn Sie Strom aus dem Netz entnehmen, wird Ihnen schon klar sein, dass der Strom nicht unentgeltlich und im vertraglosen Zusatnd geliefert wird, sondern die Lieferungen entgeltlich erfolgen, soweit man keinen Preis bei Vertragsabschluss vereinbart hatte zu einem vom Lieferanten einseitig festgelegten Preis. Das genügt vollkommen, um von einem bestehenden Energielieferungsvertrag auszugehen.

Wer denkt, er habe keinen schriftlichen Vertrag und brauches deshalb den gelieferten Strom auch nicht zahlen, dürfte einem Irrtum erlegen sein.

Übrigends schickt Ihnen niemand ungebeten Strom ins Haus, sondern Sie haben sich bewusst dazu entschlossen, solchen aus dem Netz zu entnehmen.

Sie können die Entnahme auch jederzeit selbst einstellen. Es kann Ihnen also niemand Strom liefern, wenn Sie nicht bewusst Strom aus dem Netz entnehmen.

Insoweit ist Ihre Bratrachtungsweise nicht recht nachvollziehbar.

Anders mag der Fall ggf. dann liegen, wenn der Lieferant einen bestehenden Vertrag kündigt und danach weiter liefert.

Offline Gridpem

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@Free Energy

Vielleicht sollten Sie von Ihrem Versorger mal die Konditionen eines Sondervertrages abfordern.
Bei einer Menge größer 100.000 kWh Jahresverbrauch ergeben sich günstigere Netznutzungskosten imSondervertragsbereich, als wie für GVV-Kunden.
Das sind z.B. geringere Konzessionsabgabe (0.11 ct/kWh), geringere KWK-Umlage für die Mengen über 100.000 kWh (0,05 ct/kWh).

Rechnen Sie sich das NN-Entgelt Ihres letzten Jahresverbrauches mal mit dem für Kleinkunden und dann mit dem für Sonderkunden durch einschließlich Mess-und Abrechnungsentgelt.
Wenn sich darus ein Preisvorteil ergibt, verlangen Sie diesen von Ihrem Versorger mit dem neuen Angebot, oder Sie lassen sich alternativ mal ein Angebot enes unabhängigen Dritten zukommen.

Gruß aus Meck-Pomm

 

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