Energiepreis-Protest > EWE

Einstellung der Versorgung

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RR-E-ft:
@Lutz

Als Tarifkunde habe ich bereits 2004 die gesamte Tariffestsetzung meines Versorgers bei Strom und Gas als unbillig gerügt und mich auf die Unverbindlichkeit der einseitig festgelegten Tarife gem. § 315 Abs. 3 Satz 1 BGB berufen.

Sodann habe ich die Zahlungen auf Rechnungen, Abschläge komplett eingestellt, um mich bis zum Billigkeitsnachweis zu gedulden.

Keine Sorge:

Die Versorgung funktioniert trotzdem zuverlässig, weil die Stadtwerke ihre vertragliche/ gesetzliche  Lieferverpflichtung erfüllen.

Wann ihre Forderungen überhaupt nur fällig werden können, haben die Stadtwerke selbst in der Hand.

Ich kann warten.

Der Versorger ersichtlich auch. :wink:

In dem BGH- Urteil vom 05.07.2005 (NJW 2005, 2919) heißt es Unter II. 1


--- Zitat ---b) Die entsprechende Anwendung des § 315 Abs. 3 BGB hat zur Folge, daß die vom Versorgungsunternehmen angesetzten Tarife für den Kunden nur verbindlich sind, wenn sie der Billigkeit entsprechen (§ 315 Abs. 3 Satz 1 BGB). Entspricht die Tarifbestimmung nicht der Billigkeit, so wird sie, sofern das Versorgungsunternehmen dies beantragt, ersatzweise im Wege der richterlichen Leistungsbestimmung durch Urteil getroffen (§ 315 Abs. 3 Satz 2 BGB; vgl. Staudinger/Rieble, aaO Rdn. 294 f.). Erst die vom Gericht neu festgesetzten niedrigeren Tarife sind für den Kunden verbindlich, und erst mit der Rechtskraft dieses Gestaltungsurteils wird die Forderung des Versorgungsunternehmens fällig und kann der Kunde in Verzug geraten (BGH, Urt. v. 24.11.1995 - V ZR 174/94, NJW 1996, 1054; MünchKomm./Gottwald, BGB, 4. Aufl., § 315 Rdn. 49; Palandt/Heinrichs, BGB, 64. Aufl., § 315 Rdn. 17; Staudinger/Rieble, aaO Rdn. 276); erst von diesem Zeitpunkt an besteht mithin eine im gerichtlichen Verfahren durchsetzbare Forderung des Versorgungsunternehmens.

c) Das gilt nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs grundsätzlich auch dann, wenn, wie hier, die Tarifbestimmung mit Genehmigung der zuständigen Aufsichtsbehörde getroffen worden ist. Denn die rein öffentlich-rechtliche Wirkung der Genehmigung beschränkt sich auf das Verhältnis der Behörde zum Genehmigungsempfänger und ist für die privatrechtliche Überprüfung eines einseitig festgesetzten Entgelts anhand des § 315 Abs. 3 BGB nicht präjudiziell (vgl. nur BGHZ 115, 311, 315; BGH, Urt. v. 02.07.1998 - III ZR 287/97, NJW 1998, 3188, jeweils m.w.N.; vgl. auch Ludwig/Odenthal/Hempel/Franke, Recht der Elektrizitäts-, Gas- und Wasserversorgung, § 30 AVBEltV Rdn. 56).
--- Ende Zitat ---

jroettges:
@ffm

Bei einem Sondervertrag gilt der im Vertrag stehende Preis als vereinbart. Sonst ist kein Preis vereinbart worden. Den musss man zahlen. Im Prinzip aber auch keinen Cent mehr. Als Sondervertragskunde ist es daher eher riskant, auf Null zu kürzen.

Im Vertrag müssten eigentlich auch Regelungen für Preisänderungen enthalten oder eingeschlossen sein. Soetwas hat die EWE aber garnicht, versucht erst jetzt den Kunden mit den neuen AGB für EWE Erdgas Classic äußert dubiose Preisänderungsklauseln unterzujubeln.

Bei Sonderverträgen mit der EWE muss man also stets und heftig nach den spätestens seit Erlass des EnWG Mitte 2005 gesetzlich vorgeschriebenen Regeln für Preisänderungen fragen und die Preise insgesamt als unbillig rügen.

RR-E-ft:
@jroettges

Ob der im Sondervertrag stehende Preis als vereinbart gilt oder es sich dabei nicht etwa auch um einen einseitig festgesetzten Preis handelt, ist fraglich (vgl. OLG Karlsruhe, RdE 2006, 356 und BGH, Urt. v. 18.10.2005 - KZR 36/04 = NJW 2006, 684).

Es kommt auf den Einzelfall und die Umstände des Vertragsabschlusses an.

Lutz:
@RR-E-ft

Danke für die schnelle Antwort.
Ihre „Geschichte“ ist mir bekannt, lese ja nicht erst seit gestern hier mit. :lol:

Meine Frage zielt aber mehr auf konkludentes Handeln ab:
Als „Normal-Verweigerer“ habe ich dem EVU bereits vor 2 Jahren den Musterbrief zu kommen lassen, mit der Jahresrechnung meine Gegenrechnung auf Basis 08/2004 erstellt, die Abschläge gekürzt und zahle diese „unter Vorbehalt“. All dies habe ich dem EVU mitgeteilt; einige Briefe sind hin und her gegangen, meine Kürzung wird sogar „entgegenkommenderweise, bis auf weiteres … akzeptiert“.

Und JETZT setze ich die Zahlungen aus, ohne das EVU zu informieren.
Stellt sich der Sachverhalt dann nicht anders dar?

Lutz

RR-E-ft:
@Lutz

Wenn man bisher seine Zahlungen nur unter dem Vorbehalt der Rückforderung  geleistet hat, weiß das Unternehmen, dass die Sache noch nicht entschieden ist, das Geld insgesamt zurück gefordert werden kann.

Nur muss man sich die Frage gefallen lassen, warum man andauernd etwas unter dem Vorbehalt der Rückforderung leistet, wenn man weiß, dass infolge § 315 Abs. 3 Satz 1 BGB kein derzeit fälliger Zahlungsanspruch besteht.

Man kann deshalb dem Versorger mitteilen, dass man endlich an der gerichtlichen Klärung der eigenen Leistungspflicht (BGH NJW 2003, 3131) interessiert ist und bis dahin in Übereinstimmung mit der BGH- Rechtsprechung seine Zahlungen einstellt.

Der Versorger möge zur gerichtlichen Klärung der eigenen  Leistungspflicht Feststellungsklage erheben, dass das von ihm einseitig festgelegte  Entgelt der Billigkeit entspricht, ersatzweise die Feststellung des der Billigkeit entsprechenden Entgelts gem. § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB beantragen (vgl. OLG Karlsruhe RdE 2006, 356 - Gas- bzw. BGH NJW 2003, 1449 und BGH NJW-RR 1992, 183 - Strom-).

Dies möge im Interesse des Unternehmens zügig geschehen, da nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung bis zur gerichtlichen Feststellung kein im gerichtlichen Verfahren durchsetzbarer Zahlungsanspruch besteht (vgl. BGH NJW 2005, 2919 unter II 1 b).

Von anderweitigem Schabernack möge man vor der gerichtlichen Klärung der Leistungspflicht Abstand nehmen, insbesondere da mangels fälligen Zahlungsanspruches schon kein vertragliches  Zurückbehaltungsrecht hinsichtlich der Leistungen des Versorgungsunternehmens besteht (vgl. LG Oldenburg WuM 2006, 162; LG Köln, RdE 2004, 306 re. Sp).

Man sollte dabei mitteilen, dass es einem infolge der fehlenden Kenntnis über die maßgeblichen Kalkulationsgrundlagen selbst unmöglich ist, den billigen Preis zu bestimen (BGH NJW-RR 2006, 192).

Und dann wartet man eben die gerichtliche Klärung ab.

Es ist das Normalste von der Welt, dass Rechtsstreitigkeiten durch die Gerichte zu klären sind und nicht im Wege des Faustrechts (historisch: Raubrittertum) einer Lösung zugeführt werden dürfen.

Aktuell sind einzelne Zahlungsklagen von Versorgern an Landgerichten anhängig, bei denen im Wege der Widerklage die bereits geleisteten Abschläge und Vorauszahlungen zurückverlangt werden sollen, wenn der Versorger die Billigkeit und somit die Verbindlichkeit und den Bestand seiner Forderung nicht nachweist.

Ohne entsprechenden Nachweis soll der Versorger also nicht nur den zahlungsprozess verlieren, sondern zugleich auch noch auf Rückzahlung bereits geleisteter Abschlagszahlungen in Anspruch genommen werden.

Das ist mit Rücksicht auf § 315 Abs. 3 Satz 1 BGB nur konsequent.

Der Vorteil liegt darin, dass man für einen solchen mit einer Widerklage verfolgten Rückforderungsanspruch keinen Gerichtskostenvorschuss einzahlen muss, weil ja der Versorger auf Zahlung geklagt hat. :wink:

Interessante Konstellation, die endlich einmal einer gerichtlichen Klärung bedarf:

Stell Dir vor, Du wirst vom Versorger auf Restzahlung verklagt und bekommst am Ende sogar alles bisher schon gezahlte Geld wieder raus. 8)

Mal sehen, was die Gerichte dazu sagen. Die Sache ist für Strompreise eigentlich schon geklärt (vgl. LG Mühlhausen, Urt. v. 12.04.2005).

Bisher ist wohl nur noch niemand auf die Idee gekommen, konsequent alle bereits geleisteten Zahlungen zurück zu verlangen.

Im Falle des Obsiegens dürften die Augen des Versorgers groß sein.

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