Energiepreis-Protest > Grundsatzfragen
Sondervertragskunden/Rückforder./Sch.ersatz/Verjährung
Thomas S.:
Hallo alle und danke erst einmal.
Ich melde mich nur kurz, habe dieses Wochenende nur wenig Zeit. Ich prüfe erst alles in Ruhe und melde mich dann noch mal.
Nur schon mal soviel: ein Pressekommentar zum Urteil AG Leipzig 10 O 631/06, den ich eben gelesen habe (das eigentliche Urteil werde ich noch lesen), zu finden unter
http://www.lvz-online.de/aktuell/content/4817.html
zeigt das Dilemma, das mich umtreibt. Zitat (Auszug):
"Die gestrige Entscheidung des Amtsgerichtes bezieht sich auf den „Bestpreis Gas-Sondervertrag“, den Braun mit den Stadtwerken geschlossen hat. Richter Boß sah besonders in der Vertragsklausel, wonach die SWL berechtigt sind, “…weitere Veränderungen der Gaspreise aufgrund veränderter Kosten in der Beschaffung … mit Wirkung für die Zukunft vornehmen zu können…“, eine „unangemessene Benachteiligung des Verwenders“. Jener Passus räume den SWL „einen unüberprüfbaren Ermessensspielraum“ ein. Das Kündigungsrecht, welches Braun laut Vertrag eingeräumt wird, sei angesichts der faktischen Monopolstellung der Stadtwerke in Leipzig wertlos. Die Preiserhöhung der Stadtwerke ist aus Sicht des Richters auch deshalb „unbillig“, also nicht gerechtfertigt, weil das Unternehmen eine vollständige Offenlegung seiner Preiskalkulation nicht erbringen wolle und damit den Nachweis einer „billigen“ Preisanpassung schuldig bleibe."
Genau das ist ja dann doch das Problem. Bei meinem Vertrag geht es um Strom, ich kann also einen anderen Versorger wählen. Wird das Kündigungsrecht bei Gericht als ausreichend angesehen, war es das bereits.
Es ist mir zwar klar, daß die eigentliche Intransparenz durch das Kündigungsrecht nicht gemildert wird, aber hier Argumentiert ein Richter so, zumindest überlegt er in diese Richtung. Wenn schon ein Gericht das so sehen kann, kann ich sehr leicht scheitern, egal, ob es eigentlich richtig argumentiert oder eben nicht. Dieses Dilemma wird keiner VOR einem Prozeß auflösen können. Und ob eine höhere Instanz das revidiert steht auch in den Sternen. Das eingeräumte KÜNDIGUNGSRECHT und die damit verbundenen MÖGLICHEN Auslegungen der Gerichte sind die Haken an der Sache...
RR-E-ft:
@Thomas S.
Sie haben entweder das Urteil des BGH vom 13.12.2006 - VIII ZR 25/06 nicht gelesen oder aus diesem nicht den richtigen Schluss gezogen. Dieses Urteil befasst sich mit der Frage, wann ein Kündigungsrecht keinen Ausgleich schafft, nämlich wenn die Kündigung erst nach erfolgter Preisänderung wirksam werden kann.
Bei einem Sondervertrag für Elektrizität, bei dem also unter verscheidenen Anbietern gewählt werden kann, kann es überhaupt nicht um die Billigkeit des Gesamtpreises gehen, da der Anfangspreis Gegenstand einer Einigung wird und sich die Wirksamkeit eines Preisänderungsvorbehaltes allein nach § 307 BGB bemisst.
Auch dazu war die entsprechende Rechtsprechung nachgewiesen, welche Anforderungen an die Transparenz eines Preisänderungsvorbehalt zu stellen sind.
Nur bei Tarifkunden kann eine Billigkeitskontrolle stattfinden, da bei Vertragsabschluss mit § 4 AVBV ein einseitiges Leistungsbestimmung des Versorgers vereinbart wurde.
Eine ganz besondere Fallgestaltung liegt der Entscheidung des OLG Karlsruhe zugrunde, wo der Preis in einem Sondervertrag an den Tarifpreis gekoppelt worden war.
Thomas S.:
Hallo RR-E-ft.
--- Zitat von: \"RR-E-ft\" ---@Thomas S.
Sie haben entweder das Urteil des BGH vom 13.12.2006 - VIII ZR 25/06 nicht gelesen oder aus diesem nicht den richtigen Schluss gezogen.
--- Ende Zitat ---
Jein - ich bin gerade dabei ... +1h ... und fertig. :wink:
Ja, ich habe es gelesen, und ich denke, auch verstanden. Bin ja KEIN Jurist...
Allein aus der Zusammenfassung auf der ersten Seite unter a) sind aber alle zugrundeliegenden Begründungen nicht ersichtlich und man neigt ggf. zum voreiligen Jubeln. Der BGH hat schon reichlich viel an Überlegungen angestellt, so auch insbesondere zum außerordentlichen Kündigungsrecht bei einer Preiserhöhung und den KOMPENSATIONSMÖGLICHKEITEN.
Unter 28 wird auf ein nicht ausreichendes Kündigungsrecht hingewiesen, wenn dieses erst NACH der Erhöhung greift.
Andererseits unter 15: eine weitere Möglichkeit "könne offen bleiben", da "eine hinreichende Kompensation deshalb nicht gegeben ist, weil im verhandelten Fall "damit erhebliche Kostennachteile verbunden seien".
( :?: Verständnisfrage: was heiß "ES KÖNNE OFFEN BLEIBEN" in diesem Zusammenhang eigentlich? Das die Überlegung nicht relevant ist?)
Ist ein Umkehrschluß zulässig? Insofern ein Kündigungsrecht doch AUSREICHT, wenn eine Preiserhöhung "rechtzeitig" angekündigt wird, dies ggf. auch nur durch eine "Veröffentlichung" in der Tagespresse? Oder eben keine ERHEBLICHEN Kostennachteile entstehen?
Ich Frage deshalb, weil in meinem eindeutigen Sondervertrag nur bei extrem kundenfeindlicher Auslegung der Klausel die Vorgabe des BGH unter Randnummer 28 NICHT erfüllt wird. Es geht sozusagen um EINEN EINZIGEN TAG.
Bsp.:
Ankündigung Preiserhöhung am 01. zum nächsten 01., Kündigung erst im darauf folgenden Monat möglich. (Ankündigungsfrist ca. 4 Wochen)
Aber:
Ankündigung Preiserhöhung am 30. zum übernächsten 01., Kündigung schon im Monat VOR der Preiserhöhung möglich. (Ankündigungsfrist allerdings > 4 Wochen)
Nur ein / zwei Tage längere Ankündigungsfrist. Damit wäre die Bedingung des BGH bereits erfüllt...
Ist so eine Betrachtung zulässig, wenn §307 angewendet werden soll bzw. ist eine bereits real erfolgte Preiserhöhung mit einer Ankündigungsfrist von deutlich mehr als vier Wochen ausreichend trotz einer im Prinzip nach §307 ungültigen Klausel?
Oder gilt hier nur die rein kundenfeindliche, theoretisch mögliche Anwendung der gegebenen Klausel mit ihren "vier Wochen Ankündigungsfrist"? Dann wäre mein Beispiel allerdings völlig überflüssig! Und meine Argumentation gegenüber dem Versorger glasklar.
Das stellt sich hier jetzt als eigentlich abschließende, zentrale Frage, der Rest ist mir bekannt.
Auch wenn eine Minderheit bei SV Möglichkeiten sieht, nach §315 vorzugehen, O-Ton: "war der Anfangspreis doch nur ein anderer Tarif, der nicht individuell verhandelt wurde?".
Das schließe ich jetzt für mich gänzlich aus, da es bei unwirksamen Preisanpassungsklauseln darauf nicht mehr ankommt und da mein Versorger merkwürdigerweise dies selber ausschließt und auf einem SV mit WIRKSAMER Preisanpassungsklausel besteht, ganz im Gegensatz zu anderen Versorgern, die in diversen Verfahren doch gerne den §315 hätten, ggf. auch als "Lückenfüller" für die unwirksame Preisklausel nach §307.
Edit: Ich vergaß danach zu fragen, ob der Energieversorger bei der Einrede der Unwirksamkeit der Preisklausel nach §307 und Kürzung der Leistung auf den Anfangspreis berechtigt ist, den Strom zu sperren, oder ob er nur auf Leistung klagen kann. Gibt es dazu eine klärende Antwort, bitte, ähnlich dem Kommentar von Ulf Böge bzw. Bundeskartellamts zu §315?
Und natürlich: ein dickes DANKE an alle Mitstreiter!!!!!
Thomas S.:
Ich habe eben noch einmal meine Unterlagen durchgesehen. Es ist wunderbar, fast zu schön, um wahr zu sein (hoffentlich vertue ich mich nicht? :wink: )
Im Antwortschreiben des Versorgers wurde eine Kopie der letzten "Preisveränderungsanzeige" beigelegt, mit handschriftlichem Vermerk, wann und in welchen Tageszeitungen eine Veröffentlichung stattgefunden hatte. Diese Datumsangaben, wann veröffentlicht und zu welchem Termin erhöht wurde, finden sich auch im Antwortschreiben eindeutig wieder, nämlich:
Am 02.12.2006 wurde die Preiserhöhung zum 01.01.2007 angekündigt.
Damit kann ich wirklich nur einen Monat nach dem Termin der Preiserhöhung kündigen, und somit ist diese Preiserhöhung nun eindeutig rechtswidrig, auch in der real durchgeführten Weise, analog wie im Urteil des BGH vom 13.12.2006 - VIII ZR 25/06 verhandelt und festgestellt.
Der Versorger hat also selbst eine sehr kundenfeindliche Vorgehensweise gewählt UND BESTÄTIGT DAS AUCH NOCH SCHRIFTLICH! Was sagt ihr dazu?
Cremer:
@Thomas S.
ist für mich nichts Neues.
Die Stadtwerke Kreuznach hatten (muss man sagen) bis 31.12.2006 am Tag vor der Erhöhung (letzter Tag des Monats) eine Preiserhöhung für den kommenden Tag, nämlich den 1.1. oder 1.4. oder 1.7. oder 1.1o. die Erhöhung in der Tagespresse angekündigt. :evil:
Jetzt geschieht das ca. 3 Wochen früher :D
Aber interessant ist auch Punkt 37 des o.g. BGH-Urteils VIII ZR 25/06 !!!
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