Energiepreis-Protest > Grundsatzfragen

Sondervertragskunde und § 315 BGB

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eislud:
@Kampfzwerg
Treffende Beschreibung zum 315 und 307.



--- Zitat von: \"Kampfzwerg\" ---Wenn der Versorger klagt und sich im Prozess herausstellt, dass sich die Preisänderungen auf nach 307 unwirksame Klauseln stützen, kann er wohl kaum gewinnen, oder seht Ihr das anders?
--- Ende Zitat ---

Sehe ich genauso. Auch eine anschließende Anwendung des § 315 scheint ausgeschlossen.
Siehe hier bei Sondervertragskunden: http://forum.energienetz.de/viewtopic.php?p=22369#22369


Zum Landeskartelamt:
Das Landeskartelamt hat meines Erachtens mit Recht eine andere Sicht der Dinge, es ist auch nicht dem § 315 verpflichtet. Im Urteil OLG Karlsruhe (7 U 194/04) ist das gut beschrieben. Hier ein Auszug:
Während die kartellrechtliche Bestimmung allein denjenigen Nachteil ausgleichen will, der sich aus dem fehlenden Wettbewerb ergibt, soll § 315 BGB im Unter-schied dazu die der einen Vertragspartei übertragene Rechtsmacht, den Inhalt des Vertrages einseitig festzusetzen, begrenzen, wobei der das gesamte Ener-giewirtschaftsrecht beherrschende Grundsatz berücksichtigt werden muss, dass die Energieversorgung - unter Beachtung der Anforderungen an die Sicherheit der Versorgung - so preiswürdig wie möglich zu gestalten ist und abweichend von anderen Wirtschaftszweigen hier dem Gesichtspunkt der Gewinnmaximierung nur eingeschränkte Bedeutung zukommt (vgl. BGH NJW-RR 1992, 183, 184 f.)[/list:u]
Und wir benötigen ja auch nicht tatsächlich das Landeskartelamt bei eventuellen Sperrandrohungen. Hiergegen können wir ja selbst vorgehen. Es ist nur eben von Vorteil, wenn sich eine Sperrandrohung mit viel weniger Aufwand durch einen Telefonanruf beim Landeskartelamt in Luft auflöst.  

Nur noch so bezüglich Kündigung eines Sondervertrages:
Einen Sondervertrag selbst zu kündigen, um sich dann anschließend grundversorgen zu lassen, §315 einzuwenden und auf 0 zu kürzen, ist nicht empfehlenswert:
Siehe hier: http://forum.energienetz.de/viewtopic.php?t=4621

Gruss eislud

Free Energy:
Hallo eislud,

danke für die schnelle Antwort. Leider besteht bei uns hier immer noch eine große Unsicherheit bezüglich dieser Sonderverträge.

Wir haben hier z. Bsp. einen angeblichen "Gassondervertrag" eines EVU´s , bei dem die Preise bei Vertragsabschluss nicht direkt vom EVU vorgegeben wurden. Der Verbraucher akzeptiert darin eine Laufzeit von 12 Monaten durch eine Unterschrift. Der Vertrag ist dann mit einer Frist von 3 Monaten vor Ablauf der 12 Monate schriftlich kündbar und verlängert sich ansonsten automatisch um weitere 12 Monate.

Hier ist ein Link zu diesem Vertrag:

http://www.stadtwerke-ahaus.de/minmax.html

Der Vertrag enthält dabei folgenden Absatz:

"Es wird ein sondervertraglicher Rabatt von 3% auf den jeweils während der Vertragslaufzeit aktuellsten und für Ihren Bedarf gültigen Nettoarbeitspreis des allgemeinen Gastarifes garantiert".


Ein Hinweis auf irgendwelche AGB´s fehlt völlig !

Ist das nun ein Sondervertrag mit einer unzuässige Preisanpassungklausel nach § 307 BGB oder nicht ? Oder handelt es sich dabei eher um einen Fixvertrag, der § 315 oder § 307 BGB evtl.  ganz ausschließt ? Kann ja eigentlich auch nicht sein, weil eine Preisänderung ja möglich ist (siehe obige Formulierung "aktuellsten Preis"), oder verstehe ich da was falsch ?

Was ist das für ein Vertrag ?


Gruß

Free Energy

RuRo:
@FreeEnergy

Ich verstehe es so, dass ein Sondervertrag geschlossen wird, für den, verbrauchsabhängig, ein bereits bestehender allgemeiner Tarif gilt, mit 3 % Rabatt.

Für mich ist  das ein Angebot zum Abschluss eines Sondervertrags. Es sollen ja auch andere Kündigungsfristen gelten, als dies die  GasGVV (vgl. § 20 GasGVV) vorsehen. Die Vertragslaufzeit ist erstmal unbefristet. Damit bleibt abzuwarten, ob mit Abschluss des Vertrags AGB\'s ausgehändigt werden. Da würd\' ich mal nachfragen bzw. ergänzend anfordern.

Ein Fixvertrag hat nach meinem Kenntnisstand und der Handhabung unseres Versorgers immer eine feste Laufzeit. Der Vertrag endet durch Zeitablauf.

eislud:
@Free Energy

Entscheidend ist hier meines Erachtens, dass die Preisvereinbarung nicht individuell ausgehandelt wird. Die Preise beziehen sich vielmehr auf die Preise des jeweils gültigen allgemeinen Tarifs. Eine Preisanpassungsklausel ist deshalb schon gar nicht vorhanden. Eine Anwendung des § 307 kann hier also nicht in Betracht kommen.

Um die allgemeinen Tarife anzupassen, auf die sich der neue Vertrag bezieht, wurde dem Versorger ein einseitiges Leistungsbestimmungrecht eingeräumt, wie bei Tarifverträgen eben üblich. Bei einem einseitigen Leistungsbestimmungsrecht findet der § 315 Anwendung.

Das ist natürlich zuerst einmal verwirrend, weil es sich ja mit hoher Wahrscheinlichkeit um einen Sondervertrag handelt (wie ja @RuRo schon ausgeführt hat) und wir gelernt haben, dass bei einem Sondervertrag der § 315 eben regelmäßig nicht zur Anwendung kommt.
Dies hier ist ein Ausnahmefall - keine Regel ohne Ausnahme.

Ich war beim ersten Durchlesen des Urteils des OLG Karlsruhe 7 U 194/04 auch etwas verblüfft, dass tatsächlich für einen Sondervertrag der § 315 angewendet wurde. Meines Erachtens handelt es sich bei Ihnen um einen absolut vergleichbaren Fall.

Bitte schauen Sie sich mal das Urteil des OLG Karlsruhe 7 U 194/04 [7-U-194-04] vom 28.06.2006 an. Dort den Punkt II.1.c. Hier ein Auszug:
... Die Billigkeitskontrolle nach § 315 Abs. 3 BGB scheidet entgegen der Auffassung der Klägerin auch nicht deshalb aus, weil die Preisvereinbarung individuell ausge-handelt wurde oder individuell hätte ausgehandelt werden können. Es mag zwar zutreffen, dass die Beklagte als Energiedienstleistungsunternehmen ein Sonder-vertragskunde war. Die Möglichkeit über die Preiskonditionen zu verhandeln be-standen aber weder für die Beklagte beim Vertragseintritt noch für die früheren Vertragspartner (*.* GmbH und *.* GmbH), wie sich aus den zwischenzeitlich vor-gelegten Normsonderverträgen ergibt. Vielmehr gewährte die Klägerin Abneh-mern mit einer jährlichen Liefermenge ab *.* kWh einen Rabatt von 5 % auf den allgemeinen Erdgastarif 2 (Anl. K9). Dieser Tarif wurde aber einseitig von der Klägerin festgesetzt und verändert wie ein Vergleich der Entgelte ab 01.05.2002 und ab 01.01.2003 (Anl. K 5 und K 6) belegt. Gegen die Verhandlungsbereit-schaft der Klägerin spricht auch ihr erstinstanzliches Vorbringen. Dort räumt sie selbst ein, dass Leistung und Gegenleistung der Erstlieferungsverträge nicht indi-viduell, sondern generell bestimmt waren und spricht von Preisvorgabe - allge-meiner Tarif abzüglich 5 % Rabatt - der nicht zur Disposition gestellt werden konnte. Etwas anderes folgt auch nicht daraus, dass die Beklagte freiwillig in die bestehenden Verträge eingetreten ist und bei Vertragseintritt keinen Vorbehalt hinsichtlich der Entgeltbestimmung erklärt hat (BGHZ 164, 336, 339 ff.)...[/list:u]
Meines Erachtens sieht es also wie folgt aus:
- Es handelt sich um einen Sondervertrag.
- § 315 kommt zur Anwendung für die gesamte Preisfestsetzung.
- Mit einer Unterschrift unter den neuen Vertrag, Musterbrief wie gehabt mit Rüge der Billigkeit mitsenden.
- Bis auf die neue Laufzeit und die Kündigungsfrist, bleibt also alles beim Alten. Das insbesondere für den Billigkeitseinwand.

Gruss eislud

(Wenn Fragen an bestimmte Personen gestellt werden, dann ist es nicht ungewöhnlich, dass der Kreis der Antwortenden etwas geringer ausfällt. Wäre dieser Kreis nicht von anderer Seite vergrössert worden, hätte ich mich hierzu beispielsweise nicht geäußert - ich war ja auch nicht gefragt.)  :lol:

eislud:
@Free Energy
Nachtrag:
Ein neuer Vertrag ist natürlich überhaupt nur notwendig, wenn der bisherige Vertrag wirksam gekündigt wurde. Ist der bisherige Vertrag nicht gekündigt, dann kann man den neuen Vertrag auch den Hasen geben.  :lol:

Gruss eislud

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