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Autor Thema: Verhandlungstermin BGH zu § 315 BGB Gastarifkunden  (Gelesen 7657 mal)

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Offline RR-E-ft

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Verhandlungstermin BGH zu § 315 BGB Gastarifkunden
« am: 26. November 2006, 17:09:02 »
[ 15-C-4394-04  15-04-2005 ; 6-S-16-05  19-01-2006 ; VIII-ZR-36-06 ;
   1-C-262-04  27-05-2005 ;  9-S-300-05   03-02-2006 ;
   24-O-41-04  16-08-2004 ; 7-U-194-04  28-06-2006 ]

Siehe hier:

http://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bgh&Art=pm&Datum=2006&Sort=3&nr=38049&anz=168&pos=0&Blank=1

Das in der Revision befindliche Urteil des LG Heilbronn vom 19.01.2006:

http://www.entega.de/privatkunden/erdgas/wissenswertes/preiswidersprueche/documents/landgericht_heilbronn_19012006.pdf

Vorhergehend AG Heilbronn, Urt. v. 15.04.2005:

http://www.verbraucherzentrale-bremen.de/download/energie/Urteil_heilbronn.pdf


Bleibt zu hoffen, dass sich der BGH auch zur Billigkeitskontrolle der (erhöhten) Gastarife und nicht nur zur Frage der Billigkeitskontrolle einer Preiserhöhung äußert.

Andernfalls kann man nur bis zum 16.01.2007 warten, wo der Kartellsenat des BGH  über die Revision des Berufungsurteils des LG Karlsruhe vom 03.02.2006 verhandeln/ ggf. entscheiden soll.

In diesem Urteil des LG Karlsruhe ging es auch um einen Gas- Tarifkunden, jedoch um keine Preiserhöhung, sondern um den Gesamtpreis:

http://www.entega.de/privatkunden/erdgas/wissenswertes/preiswidersprueche/documents/landgericht_karlsruhe_03022006.pdf

Vorhergehend AG Karlsruhe, Urt. v. 27.05.2005:

http://www.energieverbraucher.de/de/Allgemein/Service/Container_Urteilssammlung/site__1628/


Für Sondervertragskunden, deren Gaspreise von den Tarifpreisen abhängen, gibt es bisher das rechtskräftige Urteil des OLG Karlsruhe vom 28.06.2006, wonach zum Nachweis der Billigkeit der geforderten Gaspreise die Preiskalkulation offen gelegt werden muss:

http://www.entega.de/privatkunden/erdgas/wissenswertes/preiswidersprueche/documents/urteil_olg_karlsruhe_28062006.pdf

Vorhergehend LG Mannheim, Urteil vom 16.08.2004:

http://www.agfw.de/fileadmin/dokumente/rec/LG_Mannheim_040816_24O41-04.pdf

Bisher gibt es eine Entscheidung des BGH zur Billigkeitskontrolle von Preisbestimmungen eines Gasversorgers. Dabei ging es indes um Pauschalen für Hausanschlusskosten und Baukostenzuschuss entsprechend der "Ergänzenden Bestimmungen" eines Gasversorgers (Pauschalen):

http://www.energieverbraucher.de/files.php?dl_mg_id=583&file=dl_mg_1137326195.pdf



Freundliche Grüße
aus Jena




Thomas Fricke
Rechtsanwalt

Offline RR-E-ft

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Offline RR-E-ft

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Verhandlungstermin BGH zu § 315 BGB Gastarifkunden
« Antwort #2 am: 20. Dezember 2006, 13:19:05 »
http://www.verivox.de/News/ArticleDetails.asp?aid=17462

http://www.vlothoer-anzeiger.de/va/weltnews/tagesthema/?cnt=1233741

Nun droht wohl ein Veröffentlichungsmarathon von Meinungen.

Ich denke so:

Die Ölpreisbindung kann überhaupt nur deshalb praktiziert werden weil es keinen wirksamen Gas- zu - Gas- Wettbewerb gibt.

Abzustellen wäre indes auf einen Preis, der sich bei wirksamen Wettbewerb einstellen würde (so auch OLG Dresden).

Im Wettbewerb würden sich wohl Gaspreise einstellen, die folgende Kosten berücksichtigen würden:

Erdgasimportpreise als Datum, dass sich nicht beeinflussen lässt und welches möglicherweise teilweise von einer Ölpreisbindung beeinflusst ist.

Effiziente Kosten für den Gastransport von der deutschen Grenze bis zum Übergabepunkt des Versorgers, effiziente Kosten des Versorgers für die eigene Verteilung (Netzkosten, Kosten der Messung und Verbrauchsabrechnung, Vertriebskosten) und ein angemessener Gewinn.

Letzterer könnte sich aus der Verzinsung nach GasNEV ergeben.

Fraglich sind jedoch bei allem die effizienten Kosten bei energiewirtschaftlich-rationeller Betriebsführung, so dass die tatsächlichen Kosten, verursacht durch ein branchentypisch zu hohes Lohnniveau mit Pensionsfonds etc., Kundenzeitschriften, Sponosring und hohe PR- Kosten keine Rolle spielen sollten.

Vollkommen unerheblich muss es dabei auch sein, über wie viele Handelsstufen das Erdgas ab deutscher Grenze zum Verbraucher gelangt, wobei bisher  auf jeder Handelsstufe in der Lieferkette "eine Schippe" aufgeschlagen wird.

Im wirksamen Wettbewerb würden die Förederer wie Gazprom oder die Importeure selbst die Endverbraucher unter Nutzung der vorhandenen Netzinfraststruktur beliefern, ohne dass sich noch die Frage nach Handelsstufen stellen würde. Regionalgesellschaften wie etwa EVG Erdgasversorgung Thüringen- Sachsen GmbH als Gemeinschaftsunternehmen der jeweiligen Marktbeherrscher  E.ON Ruhrgas und VNG Verbundnetz Gas Leipzig bei der Belieferung von Regionalversorgern, Stadtwerken und Industrie- und Kraftwerkskunden  in Sachsen und Thüringen braucht kein Mensch.

Abzustellen wäre dann auf einen im Gas- zu- Gas- Wettbewerb gebildeten Erdgaspreis, wobei gerade nicht auf einen wertgebildeten Preis aufgrund einer Ölpreisbindung mit Preisspaltung in Kommunalgasmengen, Kraftwerksgasmengen und Industriekundengasmengen abgestellt werden könnte.

Wo sich dieser Wettbewerbspreis einstellen wird, vermag selbst der BGW noch nicht zu beurteilen.

Für diesen sind die bisherigen Erdgastarife für Karftwerke und Industriekunden gemessen an einem Wettbewerbspreis lediglich zu niedrig, so dass die Preise für Privatverbraucher aus selbem Grund zu hoch liegen werden.

Nach alldem kann es auf die sog. vertraglich vereinbarte Ölpreisbindung mit dem Vorlieferanten tatsächlich nicht ankommen, da diese nicht den objektiven Marktpreis für Erdgas in einem wirksamen Gas- zu - Gas- Wettbewerb abzubilden vermag. Nur letzterer kann indes maßgeblich sein (so OLG Dresden).

http://www.vlothoer-anzeiger.de/va/weltnews/tagesthema/?cnt=1233746

Offline ESG-Rebell

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Verhandlungstermin BGH zu § 315 BGB Gastarifkunden
« Antwort #3 am: 20. Dezember 2006, 17:19:25 »
Zitat von: \"RR-E-ft\"
Die Ölpreisbindung kann überhaupt nur deshalb praktiziert werden weil es keinen wirksamen Gas- zu - Gas- Wettbewerb gibt.

Wo sich dieser Wettbewerbspreis einstellen wird, vermag selbst der BGW noch nicht zu beurteilen.


Prof. Krämer (HVG-Anwalt) stellte in seinem Vortrag nochmals auf den angeblichen Markt und den Marktpreis beim Gas ab. Aber Dr. Kunth (HVG) selbst widersprach dem, weil er auf einen Substitutionswettbewerb abstellen wollte: "Im Gassegment gibt es derzeit faktisch noch keinen Wettbewerb zwischen Gaslieferanten ...".

Dann beklagte er noch, dass die GVU in den verbraucherfreundlichen Urteilen mit drei oder vier Wochen Frist zur Offenlegung ihrer Kalkulation verdonnert werden. Dies könnte die HVG doch garnicht. Im Strombereich gebe es immerhin Richtlinien zur Preisbildung, die auch zu einer Beweiserleichterung in Prozessen führten. Würde die HVG das Gericht mit allen Unterlagen zuschütten, so könnte weder der Verbraucher noch das Gericht damit etwas anfangen.

Das lief dann auf die bereits erwähnte "Verstopfungsbefürchtung" hinaus. Die ist natürlich Blödsinn, wie Waldeyer-Hartz selbst im Interview erläutert hat. Ein Gutachten kann laut ZPO in anderen Prozessen wiederverwendet werden.

Meines Erachtens stützt Dr. Kunth damit aber auch den Verdacht, dass die GVU gar keine interne Kalkulationen haben.

Gruss,
ESG-Rebell

Offline RR-E-ft

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Verhandlungstermin BGH zu § 315 BGB Gastarifkunden
« Antwort #4 am: 20. Dezember 2006, 17:38:42 »
@ESG-Rebell

Wenn Unterlagen vorgelegt werden, mit denen weder der Verbraucher noch das Gericht etwas anfangen können, so kommt es gerade nicht zu einer Verstopfung, sondern wegen § 315 Abs. 3 Satz 1 BGB zu einer sehr zügigen Entscheidung - gegen den Versorger.

In einem Land, in dem eine Steuererklärung schon einmal auf einem Bierdeckel Platz haben sollte, sollte es möglich sein, auch die Kalkulation eines neu festgesetzten Gaspreises nachvollziehbar und prüffähig darzustellen.

Normalerweise sollte diese Kalkulation so aussehen, dass man sie jederzeit präsentieren kann.

Etwas anderes mag gelten, wenn man erst noch kalkulieren und einen Zahlenwerk erstellen muss.

Aber darauf darf es ja gar nicht ankommen. Es kommt auf die Kalkulation aus ex-ante- Sicht , also vor der Leistungsbestimmung an (vgl. LG Neuruppin ZMR 2006, 290).

Offline RR-E-ft

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Verhandlungstermin BGH zu § 315 BGB Gastarifkunden
« Antwort #5 am: 16. Januar 2007, 17:27:54 »
Entgegen früheren Informationen soll der Kartellsenat des BGH die Verhandlung über die Revision gegen das Gaspreisurteil des LG Karlsruhe vom 03.02.2006 noch nicht terminiert haben.

Der Kartellsenat hat nunmehr entscheiden, das Verfahren dem für Kaufrecht und damit  Energielieferungsverträge zutsändigen VIII. Zivilsenat anzutragen, damit dieser darüber entscheide.

Eine Entscheidung steht deshalb vorerst nicht zu erwarten.


Also bleibt es weiter spannend.

 

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