Energiepreis-Protest > Grundsatzfragen

Wann Sondervertragskunde (außerhalb der Grundversorgung)

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jroettges:
Hier im Forum lässt sich jede Menge darüber nachlesen, welche Folgen sich aus der Unterscheidung von Sondervertragskunde (von nun an S-Kunde) und Tarifkunde (T-Kunde) in der Grundversorgung ergeben.

Wie genau man das Eine oder das Andere wird, das ist mir aber noch immer nicht so klar, wie ich es mir eigentlich wünsche.

Daher möchte ich hier dazu eine Diskussion eröffnen. Aber bitte wirklich nur diesen Aspekt diskutieren und nicht die Folgen.

RuKo sagt in seinem Beitrag "Unbilligkeitseinwand für Neu-Einsteiger"

--- Zitat ---Sondervertragskunde ist derjenige, der einen unbefristeten Vertrag mit dem Versorger durch Gegenzeichnung des Vertrags, geschlossen hat. Der Vertrag enthält auch den Verbrauchspreis.
--- Ende Zitat ---


Dies trifft bei mir so nicht zu.

Ich habe lediglich Monate vor Beginn der Lieferung eine "Anmeldung zum Anschluss an das Gasnetz der Energieversorgung Weser-Ems AG" unterschrieben. Diese wurde formularmäßig und ohne Unterschrift bestätigt.
Mit Aufnahme der Gaslieferung nach Herstellung des Anschlusses bekam ich einen Rechnerausdruck "Vertragsbestätigung" ohne Unterschrift. Ich habe ebenfalls keine weitere Unterschrift geleistet.
Die Vertragsbestätigung weist als Tarifbezeichnung "SONDERV. S I" aus.
Sie nennt die damaligen (31.01.95) Preise je cbm und den Jahresgrundpreis.
Bin ich nun ein S-Kunde ?

RR-E-ft:
@jroettges

Man vermag es nicht zu beurteilen.

Sie müssen im Forum nach Schukow und der entsicherten Handgranate suchen.


--- Zitat von: \"RR-E-ft\" ---@Free Energy

Es verhält sich genau andersrum, als Sie es sich gedacht haben.


Dilemma hin oder her:
Probleme sind dafür da, gelöst zu werden.

Man könnte den Eindruck gewinnen, da wolle sich jemand um eine ordentliche Auseinandersetzung rummogeln und wäre ganz froh darüber, dass der Kelch vorbeiginge.



Die Sache lässt sich einfach klären.



Schukow, Gesammelte Werke, Bd. 5:

Eine entsicherte Handgranate ist immer gefährlich, fraglich nur für wen. Es kommt darauf an, in welchem Graben sie landet, also auf welcher Seite der Front.

Es geht also darum, den anderen dieses Problem sauber zuzuspielen.

Grundsätzlich ist jeder, der keinen schriftlichen Vertrag abgeschlossen hat, bei dem also  ein Vertragsverhältnis allein durch Entnahme von Gas aus dem Netz konkludent zustande kam, Tarifkunde und ist es mangels Kündigung dieses Vertrages oder Abschluss eines Sonderabkommens  heute noch.

Logisch.

Es gibt also ein klares Regel- Ausnahme- Verhältnis, wonach der Tarifkundenvertrag die Regel ist.

Grundsätzlich gilt, dass derjenige, der sich auf eine Ausnahme von der Regel beruft, diese Ausnahme nachzuweisen hat.

Wer einen schriftlichen Sondervertrag abgeschlossen hatte, der an irgend einer Stelle etwas anders regelt als in §§ 2 bis 34 AVBGasV, der ist ein Sondervertragskunde und bei dem gilt das oben gesagte zu Sonderverträgen.

Auch logisch.

Wenn nun ein Erdgaskunde die Unbilligkeit der Tariffestsetzung rügt und konsequent zu kürzen beginnt, wird sich der Gaslieferant schon melden und auf den Abschluss des Sondervertrages hinweisen, auch wenn er womöglich dessen Inhalt selbst nicht mehr kennt. Darauf kommt es ja nicht an, sondern nur darauf, dass überhaupt jemals ein Sondervertrag abgeschlossen wurde und ungekündigt fortbesteht.

Dass der Tarifkunde vollständig kürzen darf, wissen auch die Versorger. Denn diese sind juristisch weniger unbedarft, als sie sich oft geben.  :wink: Nur weil sie den Kunden vielen Unfug schreiben, folgt daraus noch lange nicht, dass sie davon auch selbst überzeugt wären.


Die Versorger werden also darauf hinweisen, dass ein Sondervertrag besteht und § 315 BGB deshalb nicht zur Anwendung kommt.

Damit werden sie zugleich Kunth/ Tüngler widersprechen, so dass klar ist, dass sich alles nach § 307 BGB regelt.

Daran müssen sie sich dann auch später festhalten lassen, wenn sie selbst einräumten, dass ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht nach § 315 BGB nie vereinbart worden war, ihnen ein solches Recht also gar nicht zustehen kann.

Dann fordert man dazu auf, den Abschluss des Sondervertrages nachzuweisen, also einen Beleg dafür.

Dann muss die Vertragsurkunde aus dem Archiv gekramt werden, welche die Unterschrift des Kunden enthält. Die wollte man selbst schon gern immer wiederfinden......

Meinen die Versorger hingegen, es bestehe zwar ein Sondervertrag, aber ihnen sei ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht gem. § 315 BGB eingeräumt, dann war der Anfangspreis nicht weniger einseitig bestimmt als der Folgepreis und auch der Sondervertragskunde kann wie ein Tarifkunde vollständig kürzen....

Auch gut.

Es kommt also darauf an, den Erdgaslieferanten zu stellen, so dass dieser sich eindeutig erklären muss.

Das wird man wohl am ehesten erreichen, indem man sich - soweit eine Unklarheit bestehen sollte - darauf beruft, wegen der Anwendung der Bestimmungen der AVBGasV Tarifkunde zu sein, die Tariffestsetzung insgesamt als unbillig rügt und sich insgesamt auf die Unverbindlichkeit gem. § 315 Abs. 3 Satz 1 BGB beruft (BGH NJW 2003, 3131) und eine Kürzung auf Null bis zum Nachweis der Billigkeit in Aussicht stellt.

Es wird dann schon zu einer entsprechenden Reaktion kommen.

Also einfach nur mutig beginnen und damit die andere Seite zwingen, ihre Karten zu zeigen.

Wie gesagt, entsicherte Handgranaten sind immer gefährlich.

Aber es kommt darauf an, in wessen Graben diese schon liegen oder landen. Wer so eine bei sich im Graben bemerkt, hält nicht stille, sondern muss reagieren. :wink:

Die mögliche (massenweise) Kürzung auf NULL ist der Punkt, an dem man sofort mit einer, ggf. vorerst hilflosen Reaktion rechnen darf. Das ist für die Gaswirtschaft der worst case.

Kurzum:

Die Unsicherheit geht zu Lasten der Versorger und gerade nicht der Verbraucher. Wenn der Versorger sich immer wieder auf § 4 AVBGasV beruft, darf man davon ausgehen, Tarifkunde zu sein, bis das Gegenteil nachgewiesen ist.

Der geduldige Kunde kann warten. Der Versorger hingegen kann nicht geduldig warten, weil er gerade ein massives Problem verspürt. Wer sich zu hektisch bewegt, macht dabei Fehler.

Nicht die Kunden stecken in einem Dilemma, sondern die Versorger.


Wie gesagt, nicht jeder muss den Berg an der steilen Wand selbst erklimmen. Einigen wird schon in der Seilbahn mulmig....

P.S.: Das " Schukow- Zitat" habe ich mir ausgedacht.
--- Ende Zitat ---



Wenn Preisänderungen ausschließlich auf § 4 AVBV gestützt werden, sind Sie möglicherweise hier an der richtigen Stelle:

http://forum.energienetz.de/viewtopic.php?t=4576&start=75

jroettges:
@Fricke
--- Zitat ---Sie müssen im Forum nach Schukow und der entsicherten Handgranate suchen.
--- Ende Zitat ---
Bitte gehen Sie davon aus, dass ich alles hier lese und auch das meiste verstehe, abspeichere und berücksichtige !

Es geht mir auch nicht allein um die  Beantwortung meiner eigenen Fragestellung. Ich würde gerne andere Stimmen und Erfahrungen zu der Problematik hören.

Bei mir selbst geht es um die Frage, ob ein Vertrag, der von keiner der beiden Parteien eigenhändig unterschrieben ist, ein gültiger Sondervertrag sein kann, weil:
- durch die Unterschrift unter die "Anmeldung zum Anschluss..." meine Willenbekundung eindeutig war und
- es einer Unterschrift des Versorgers nicht bedurfte und
- das jahrelange (bis 2005) kongluente Handeln beider Parteien (das EVU hat geliefert, ich habe die jeweiligen Tarife bezahlt und die Abrechnungen akzeptiert) den Vertrag besiegelt hat.

Es geht in meinem Falle also lediglich um die Frage, ob aus den o.g. Gründen auch ein Sondervertrag ohne Unterschriften gültig geschlossen sein kann.

Fabio:

--- Zitat von: \"jroettges\" ---...
Ich habe lediglich Monate vor Beginn der Lieferung eine "Anmeldung zum Anschluss an das Gasnetz der Energieversorgung Weser-Ems AG" unterschrieben. Diese wurde formularmäßig und ohne Unterschrift bestätigt.
Mit Aufnahme der Gaslieferung nach Herstellung des Anschlusses bekam ich einen Rechnerausdruck "Vertragsbestätigung" ohne Unterschrift. Ich habe ebenfalls keine weitere Unterschrift geleistet.
Die Vertragsbestätigung weist als Tarifbezeichnung "SONDERV. S I" aus.
Sie nennt die damaligen (31.01.95) Preise je cbm und den Jahresgrundpreis.
Bin ich nun ein S-Kunde ?
--- Ende Zitat ---


Ich habe lediglich nach dem Umzug eine telefonische Anmeldung ab [01.xx.xx - Datum] vorgenommen. Also "nix" Unterschrift! Zugesandt wurde mir vom Versorger eine Vertragsbestätigung mit folgendem Inhalt:

"...hiermit begrüßen wir Sie ab [01.xx.xx - Datum] als neuen Kunden der [Versorgername] und bestätigen Ihnen den Bezug von Energie und/oder Wasser gemäß § 2 der Allgemeinen Versorgungsbedingungen (AVB). Diese Vertragsbestätigung ist rechtsgültig für die folgenden Produkte:..."

Dann wird mir in der Produktgruppe "Erdgas" ein Produkt per Kürzel (!) bestätigt, welches ein Sondervertrag war. Das habe ich aber aus der Vertragsbestätigung niemals erkennen können! (Weiterhin werden die mtl. Abschläge aufgeführt, die ich zu leisten habe. Aber NICHTS darüber wie dieses Produkt preislich bemessen wird, also keine Angaben zur Tarifhöhe, wie xx ct/kWh o.ä.!) Ich hinterfrage diese Vertragsbestätigung!

War ich Sondervertragskunde? - Der Versorger sagt eindeutig "JA"!
Habe ich diesen beauftragt? - Nein.

Und nun?... Ich kann nur aufgrund § 307 argumentieren, vorgehen etc.!

Aber ich bezweifle dies bis heute, da ich nie einen Sondervertrag gewollt oder bestellt, geschweige denn einen unterschrieben habe!

Gruss
der Fabio

RR-E-ft:
@Fabio

Wenn der Versorger einen Vertragsschluss gem. § 2 AVBV bestätigt hat, ergibt sich doch aus § 1 Abs. 2 Satz 2, Abs. 2 AVBV, dass es sich dabei nur um einen Tarifkundenvertrag handeln kann.

Denn:

Nur für Tarifkunden gilt § 2 AVBV.
Und entsprechend dieser Vorschrift wurde ein Vertragsabschluss bestätigt.

Angaben zur Tarifhöhe bedarf es dabei nicht, weil sich diese gem. § 4 AVBV -ebenfalls nur für Tarifkunden - aus der jeweiligen öffentlichen Bekanntmachung ergibt.

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