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Autor Thema: Stromkonzernen wird Abzocke vorgeworfen  (Gelesen 6157 mal)

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Offline Fidel

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Stromkonzernen wird Abzocke vorgeworfen
« Antwort #1 am: 17. August 2006, 11:34:11 »
Da ist ja in der aktuellen Diskussion immer wieder von einer Schmerzgrenze die Rede.

Diese liegt bei jedem verschieden.
Auch der Abzocke- Vorwurf ist nicht neu:

http://www.n24.de/wirtschaft/branchen/?a2003081416500135690

http://www.swr.de/report/archiv/sendungen/050228/02/frames.html

http://www.freenet.de/freenet/nachrichten/kontrovers/gesellschaft/200503_energie_abzocke/index.html

http://www.rp-online.de/public/article/nachrichten/wirtschaft/energie/deutschland/109567

Bemerkenswert ist jedoch, dass der Sprecher der E.ON Thüringer Energie AG, Herr Martin Schreiber, geäußert haben soll, die jetzt beantragte Strompreiserhöhung sei notwendig, weil die Kaufleute der E.ON- Tochter, die man Kaufmänner nennt, an eine solche Schmerzgrenze gestoßen seien, eine solche sei erreicht:


Strom wird doch teurer
Thüringische Landeszeitung (Abonnement) - 14. Aug. 2006
... Der E.ON-Vorstand hat bis in den Abend über die Zahlen gebrütet und ... "Doch irgendwann sagen die Kaufmänner: Wir sind an der Schmerzgrenze angekommen", meinte ...


Kaum vorstellbar:

Der Gewinn ist von Jahr zu Jahr stetig wie drastisch gestiegen:

TEAG Thüringer Energie AG: Gewinnsteigerung um 136 % im Jahr


Zudem hatte man erst zum 01.08.2006 die Strompreise um fünf Prozent gesenkt, um der behördlich verfügten Absenkung der Netzentgelte zu entsprechen.

Versprochen war die Absenkung der Strompreise bereits im Oktober letzten Jahres.

e.on Thüringer Energie

E.ON Thüringen hat als Stromlieferant durch die erzwungene Absenkung der Netzentgelte der TEN Thüringer Energienetze GmbH wie jeder andere in Thüringen tätige  Stromlieferant erhebliche Einsparungen zu verzeichnen !

Als größter Stromlieferant im Freistaat profitiert E.ON Thüringen sogar am meisten von der Senkung der Netzentgelte um 14 Prozent.

So gesehen:

Die Kosten sind für den Stromlieferanten entsprechend gesunken!

Diese Einsparungen in Millionenhöhe wurden ersichtlich nicht im vollen Umfang an die Gesamtheit der Stromkunden weitergegeben.

Deshalb ist es vollkommen verfehlt davon zu sprechen, das Unternehmen oder dessen Kaufleute seien an eine Schmerzgrenze gestoßen.

Wenn solche Kaufleute Phantomschmerz haben sollten, sollten sie damit zum Arzt geschickt werden.

Nicht anders verhält es sich, wenn die Strombeschaffung unwirtschaftlicher erfolgt als über den Konzernverbund möglich.

Es erscheint überhaupt lächerlich, wenn E.ON angesichts aller bisherigen Bilanzpressekonferenzen behauptet, man sei an eine Schmerzgrenze gestoßen.

Das mag allenfalls damit zu tun haben, dass die übervolle Konzernkasse drückt. Schließlich sollen wohl allein für Endesa 27 Mrd EUR fließen. Ein Völlegefühl kann schon mal Schmerzen verursachen. Der Arzt empfielt dann jedoch wohl nicht, weiter ungehemmt reinzustopfen....

Mit dem Geld hätte man auch hier viele moderne Kraftwerke errichten können, die durch ihr Angebot dafür sorgen, dass der Strom insgesamt billiger wird.

Es ist schmerzlich, dass das Geld ins Ausland abfließen soll, während hier Kraftwerke und Netz in weiten Teilen immer noch nicht auf den Stand gebracht wurden.

Seit der Wende sind auch in Thüringen viele Kraftwerksstandorte für immer vom Netz gegangen: Jena Nord, Suhl-Struth, Gotha, ....

Nun soll das Stromangebot knapp und teuer sein.

Von dieser Schmerzgrenze redet indes niemand.

Wirkliche Schmerzgrenzen:

http://www.muehlacker.de/mt/artikel.php?p=2006/8/17/0/




Freundliche Grüße
aus Jena



Thomas Fricke
Rechtsanwalt

Offline taxman

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Stromkonzernen wird Abzocke vorgeworfen
« Antwort #2 am: 17. August 2006, 13:26:14 »
Was mir dabei eigentlich immer wieder einfällt:

1. Die Strompreiserhöhungen basieren auf kalkulatorisch ermittelten Zahlen, zu Deutsch, sind geschätzt!

2. Die Kalkulation ist aber immer, um es nochmals zu betonen "IMMER", völlig an der Realität vorbei.

Das man solch ein Preisfindungsverfahren dann überhaupt noch zulässt ?

Tja, wenn es den §315 des BGB nicht gäbe müsste man ihn jetzt erfinden !

taxman
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Offline RR-E-ft

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Stromkonzernen wird Abzocke vorgeworfen
« Antwort #3 am: 17. August 2006, 15:07:18 »
@taxman

Wie da im einzelnen kalkuliert wird, hat noch niemand erfahren.

E.ON will ggf. das Gebot für Endesa noch erhöhen, aber zugleich auch die Gewinne immer noch weiter steigern.
Ein klassischer Zielkonflikt.

Deshalb wird man ggf. in Düsseldorf und München etwas gerechnet haben und es dann an die Filialen weitergegeben haben, Wunschzettel mit einem bestimmten Nachdruck.

Nun haben die Kaufleute vor Ort deshalb ggf. Schmerzen.

Dann hat man vor Ort selbst schnell  einen Wunschzettel fertig gemacht, bis in den Abend hinein gebrütet, und diesen zum 15. August  beim Ministerium eingereicht.

Anders kann man sich das kaum erklären.

Wie wollte man gegenüber den Vorgaben der eigenen Konzernspitze aber § 315 BGB in Stellung bringen?

Nach der Rechtsprechung unterfällt auch das Direktionsrecht des Arbeitgebers § 315 BGB. Das gilt auch für die angestellten Kaufleute:

http://www.arbeitsrecht.de/arbeitsrecht/newsletter/archiv/2002/NL_055.php?navid=1

"So hat z.B. das Bundesarbeitsgericht zum Aktenzeichen 2 AZR 486/93 festgestellt, dass bei einer verfassungskonformen Auslegung des § 315 BGB der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer keine Arbeit zuweisen darf, die den Arbeitnehmer in einen vermeidbaren Gewissenskonflikt bringt. Das Direktionsrecht des Arbeitgebers zur Konkretisierung der vertragsgemäßen Arbeitsleistung ergebe sich aus einer Abwägung der beiderseitigen Interessen des Arbeitgebers und des Arbeitnehmers. Hierbei sei insbesondere zu berücksichtigen, ob der Arbeitnehmer bei der Eingehung des Arbeitsverhältnisses mit einem Gewissenskonflikt hat rechnen müssen, ob der Arbeitgeber aus betrieblichen Erfordernissen auf diese Arbeitsleistung bestehen muss, ob dem Arbeitnehmer andere Arbeit zugewiesen werden kann und ob mit zahlreichen weiteren Gewissenskonflikten in der Zukunft zu rechnen ist."

(Hat der Arbeitgeber überhaupt eine Monopolstellung inne und ist die Billigkeitskontrolle gem. § 315 BGB  nicht etwa von § 19 GWB verdrängt, müssten nun Kollegen aus der Energiewirtschaft entsprechend ihrer eigensinnigen Argumentationslinie fragen.) :wink:


Schon wieder erweist sich, dass § 315 BGB wunderbar passt.

Offline taxman

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Stromkonzernen wird Abzocke vorgeworfen
« Antwort #4 am: 17. August 2006, 15:46:06 »
Herr Fricke,

soweit wollte ich mit dem 315 gar nicht gehen.

Ich werde das Urteil einmal ein paar Kollegen zukommen lassen. :D :D

taxman
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Stromkonzernen wird Abzocke vorgeworfen
« Antwort #5 am: 17. August 2006, 16:35:31 »
@taxman

Es wäre doch interessant zu erfahren, ob sich etwa EVU- Mitarbeiter mittlerweile aus eigener Anschauung selbst in einem Gewissenskonflikt sehen, weil diese den Verbrauchern immer wieder mit bestimmten Erklärungen gegenübertreten sollen, von denen sie ggf. selbst gar nicht (mehr) überzeugt sind.

Alle Jahre wieder:

http://www.tagesschau.de/aktuell/meldungen/0,1185,OID5815316,00.html

http://www.tagesschau.de/aktuell/meldungen/0,1185,OID5583708_REF1,00.html

http://www.tagesschau.de/aktuell/meldungen/0,1185,OID4811044_REF1,00.html


http://www.tagesschau.de/video/0,1315,OID4650554_RES_NAV_BAB,00.html

http://www.tagesschau.de/aktuell/meldungen/0,1185,OID4649104_NAV_REF1,00.html

http://www.tagesschau.de/aktuell/meldungen/0,1185,OID2819894_NAV_REF1,00.html


Und irgendwie müssen sich die elementaren Daten immer schlagartig ändern.

Wußte man am 14.08.2006 angeblich noch nicht, ob man die Preise zum Jahresanfang überhaupt erhöht, ist urplötzlich sogar von 2 Cent/ kWh (netto) die Rede, also von einer Preiserhöhung, wie sie so drastisch noch nicht vorkam.

http://www.welt.de/data/2006/08/14/996612.html

Das ist so, als hätte der Staat die Stromsteuer auf einen Schlag eingeführt.

Am 16.08.2006 wurde ersichtlich, dass in Thüringen Strompreiserhöhungen um 15 Prozent beantragt wurden:

http://www.mdr.de/nachrichten/meldungen/3315669.html

Genehmigungspflichtig sind nur Nettopreise.

Die Mehrwertsteuererhöhung spielt dabei also keinerlei Rolle.

Diese soll es also noch oben drauf geben !!!

Als einzige Begründung werden gestiegene Strombeschaffungskosten herangezogen.

Diese haben jedoch am Strompreis nur einen Anteil von weniger als 20 Prozent:

40 Prozent Staatsanteil laut VDEW, Netzentgelte- Anteil ca. 36 Prozent, Rest somit 24 Prozent. Der Rest besteht indes nicht allein aus den Strombeschaffungskosten, sondern auch aus den Vertriebskosten und dem Gewinn.

Man kann nur vermuten, ob etwa bestimmte Kontakte zwischen den Playern zu diesen schlagartig geänderten Markteinschätzungen und Prognosen führten.

Nachvollziehbar ist das ganze jedenfalls nicht.
Es lässt sich auch ganz bestimmt nicht erklären.

Das kann wohl nichts mit reeller Kalkulation, sondern nur mit dem durchsichtigen Kalkül zu tun haben, wer sich sehr viel wünscht, wird wenigstens etwas bekommen.

Dafür bedarf es schon keiner Kaufleute.

Vattenfall stellt sogar sinkende Strompreise für Berlin und Hamburg in Aussicht:

http://www.welt.de/data/2006/08/15/999288.html

http://www.pz-news.de/wirtschaft/82859/

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Stromkonzernen wird Abzocke vorgeworfen
« Antwort #6 am: 18. August 2006, 15:29:34 »
In Sachsen sollen sogar Strompreiserhöhungen um 3,3 Cent/ kWh beantragt worden sein:

http://www.lvz-online.de/aktuell/ar.html?p=/aktuell/content/199778.html

Offline RR-E-ft

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Stromkonzernen wird Abzocke vorgeworfen
« Antwort #7 am: 21. August 2006, 12:02:27 »
Quelle: http://www.strom-magazin.de (Professionals)

"KEIN DURCHWINKEN DER ANTRÄGE"
21.08.2006, 08:46 Uhr

Strompreise: Länder kündigen strenge Prüfungen an

Angesichts der geplanten weiteren Steigerungen der Strompreise gehen die Bundesländer auf Konfrontationskurs zu den Konzernen. Man werde die von den Unternehmen beantragten Preiserhöhungen äußerst kritisch prüfen, sagten zahlreiche zuständige Minister übereinstimmend dem "Handelsblatt".
 ...  

Eberhard Meller der Zeitung.

Unterdessen müssen die Verbraucher nicht nur zum Jahreswechsel, sondern offenbar auch darüber hinaus mit weiteren kräftigten Strompreiserhöhungen rechnen.
...
In Niedersachen wolle ein Versorger sogar 22 Prozent mehr verlangen.
...
Von Ralf Beunink


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Stromkonzernen wird Abzocke vorgeworfen
« Antwort #11 am: 23. August 2006, 09:27:43 »
Für die übrige Wirtschaftswelt scheint nun ebenfalls der Bogen überspannt. Die Meinungsäußerungen der einzelnen Wirtschaftsinstitute werden immer eindringlicher in ihren Forderungen die Preissteigerungen auszusetzen.

Auf mich wirkt es schon komisch, dass von der Presse Verbraucherschutzverbände diesbezüglich nur so gering wahrgenommen werden.

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« Antwort #12 am: 24. August 2006, 11:55:33 »
@taxman

Nicht nachvollziehbare, unbegründete Preiserhöhungen kann man nicht aussetzen (aufgeschoben ist nicht aufgehoben), sie haben vielmehr zu unterbleiben.

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