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Autor Thema: Abmahnung unwirksamer Klauseln durch Verbraucherverbände  (Gelesen 3945 mal)

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Offline RR-E-ft

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Abmahnung unwirksamer Klauseln durch Verbraucherverbände
« am: 27. August 2006, 16:24:09 »
Siehe zunächst hier:

EVA  Energieversorgung Apolda GmbH


Beispielhaft könnte man sich der Preisänderungsvorbehalte in solchen Verträgen annehmen:

http://www.ewe.de/download/pdf/811_010VGSondervereinbarung_EWE_Farbe.pdf

http://www.ewe.de/download/pdf/811_012_Sondervereinb_BRB_012006.pdf

Es handelt sich ausdrücklich nicht um Preise der Grund- oder Ersatzversorgung bzw. Allgemeine Tarife im Sinne der § 10 EnWG 1998 in Verbindung mit § 4 AVBGasV:

http://www.ewe.de/ewe_2254.php#04

Es müssen die Grundsätze BGH NJW-RR 2005, 1717, OLG Stuttgart NJW-RR 2005, 852 herangezogen werden.

Entsprechende Rechtsprechung besteht seit langem:

http://www.rws-verlag.de/bgh-free/volltex/1999/vo12_9/vo63628.htm

"Die konkrete Ausgestaltung der beanstandeten Klauseln verstößt unabhängig davon auch gegen das sich aus § 9 AGBG ergebende Transparenzgebot. Danach sind Verwender Allgemeiner Geschäftsbedingungen entsprechend den Grundsätzen von Treu und Glauben verpflichtet, Rechte und Pflichten ihrer Vertragspartner möglichst klar und durchschaubar darzustellen. Dazu gehört auch, daß Allgemeine Geschäftsbedingungen wirtschaftliche Nachteile und Belastungen soweit erkennen lassen, wie dies nach den Umständen gefordert werden kann (grundlegend: BGHZ 106, 42, 49 f.; 106, 259, 264 f.). Deshalb verstoßen Anpassungsklauseln, die dem Verwender ein uneingeschränktes Änderungsrecht vorbehalten, ohne daß der Kunde vorhersehen kann, unter welchen Voraussetzungen und in welchem Umfang ihn höhere oder weitere Gebühren treffen, gegen das Transparenzgebot und sind unwirksam (BGHZ 136, 394, 402). Auch einseitige Bestimmungsvorbehalte können nur hingenommen werden, soweit sie bei unsicherer Entwicklung der Verhältnisse als Instrument der Anpassung notwendig sind und den Anlaß, aus dem das Bestimmungsrecht entsteht, sowie die Richtlinien und Grenzen seiner Ausübung möglichst konkret angeben (Brandner, in Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Gesetz 8. Aufl. § 9 Rdn. 100).

Damit wäre auf einen Schlag einer großen Anzahl von Kunden durch eine entsprechende rechtliche Klärung durch das Landgericht Oldenburg ein Dienst erwiesen:

Der EWE-Konzern versorgt  über 765 000 Kunden in seinem gesamten Netzgebiet mit Erdgas.

Eine entsprechende Breitenwirkung können so kostengünstig wie effizient nur Verbraucherverbände nach dem UKlaG leisten.

Offline Christian Guhl

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Abmahnung unwirksamer Klauseln durch Verbraucherverbände
« Antwort #1 am: 27. August 2006, 23:05:37 »
Ist meine Vermutung richtig, daß ich nicht mehr auf die Unzulässigkeit einer Preiserhöhungsklausel nach § 307 BGB klagen brauche, wenn das EVU deswegen schon abgemahnt wurde ? Kann ich dann direkt auf Rückzahlung der aufgrund dieser unzulässigen  Klausel vorgenommenen Preiserhöhungen klagen ?

Offline AKW NEE

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Abmahnung unwirksamer Klauseln durch Verbraucherverbände
« Antwort #2 am: 28. August 2006, 08:29:49 »
Hallo und guten Tag,
macht eine Klage auf Rückzahlung wirklich Sinn, wenn schon vorher die Zahlung mit Begründung nach 315 BGB verweigert wurde? Ich frage mich, was der Versorger zurückzahlen soll!
Gruß

Offline RR-E-ft

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Abmahnung unwirksamer Klauseln durch Verbraucherverbände
« Antwort #3 am: 28. August 2006, 11:16:20 »
@Christian Guhl

Der Verbraucher, der Zahlungen verweigert, kann auf Feststellung Unwirksamkeit/ Unbilligkeit der Preiserhöhungen klagen.

Dabei wird die Unwirksamkeit von Preisänderungsklauseln incident geprüft, vgl. LG Bremen, LG Berlin, LG Dresden.

Auf die Feststellung der Unwirksamkeit einer solchen Klausel klagt man als betroffener Verbraucher nicht gesondert.

Wer unter Vorbehalt oder vorbehaltlos Zahlungen aufgrund einer unwirksamen Klausel gezahlt hat, muss auf Rückzahlung klagen.

In der Standardkommentierung Palandt, BGB, Vor § 307 Rn. 14 kann man erfahren:

Zitat
Die Verwendung von unwirksamen Klauseln begründet gem. § 1 UKlaG einen Unterlassungsanspruch.

Sie verstößt zugleich gegen die bei Vertragsverhandlungen bestehende Pflicht zur gegenseitigen Rücksichtnahme und verpflichtet daher nach den Grundsätzen der culpa in contrahendo dem anderen Vertragsteil gegenüber zum Schadensersatz (BGH NJW 84, 2816; 94, 2754; OLG Hamm VersR 01, 1422, § 311 Rn. 41).

Der Schadesnersatzanspruch kann auf Ersatz von Rechtberatungskosten oder auf Rückforderung der aufgrund von unwirksamen Klauseln erbrachten Leistungen gerichtet sein (dann Konkurrenz mit Anspruch aus § 812 BGB).


Gibt es bereits ein von einem Verbraucherverband nach § 1 UKlaG erstrittenes Unterlassungsurteil, kann sich ein Verbraucher gem. § 11 UKlaG darauf berufen, so dass im eigenen Prozess die Frage, ob die Klausel unwirksam ist oder nicht, nicht mehr geklärt werden braucht.

Diese ist dann bereits mit Bindungswirkung geklärt.

Eine solche Wirkung haben Sammelklagen nicht, so dass im eigenen Prozess das Gericht eine eigene Prüfung der Frage der Wirksamkeit der Klausel anzustellen hat und dabei grundsätzlich auch zu einer anderen Beurteilung gelangen kann, nicht muss.

Darin liegt also der besondere Vorteil von Unterlassungsklagen nach UKlaG durch Verbraucherverbände.


@AKW NEE

Was man gar nicht erst gezahlt hat, kann man auch nichts zurückverlangen.

Wenn man erst später mit dem Kürzen begonnen hatte, können jedoch für einen vorhergehenden Zeitraum ggf. Rückforderungsansprüche bestehen, die man verfolgen möchte. Selbsthilfe im Wege der Aufrechnung ist schließlich regelmäßig unzulässig, § 31 AVBV.


Freundliche Grüße
aus Jena



Thomas Fricke
Rechtsanwalt

 

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