Dieser Beitrag von mir wurde am 12.10.2004 um 14:49 unter
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Überhöhte Strom-, Gas-, Fernwärme- und Wasserpreise kosten den Sozialstaat Millionen- Ohne Not!
Immer wieder passiert es, dass Kunden die Versorgung mit Strom, Gas und Wasser wegen Zahlungsrückständen eingestellt werden soll. All zu oft werden betroffene Kunden von den Versorgungsunternehmen deshalb auch an den Staat verwiesen, damit dieser einspringt:
Erst wenn die Schulden vollständig beim Versorgungsunternehmen beglichen seien, würde eine Weiterversorgung mit den lebenswichtigen Gütern Strom, Gas, Fernwärme und Wasser wieder aufgenommen.
Betroffene Kunden werden zum Sozialamt geschickt, um ihren entsprechenden Anspruch aus § 35a BSHG auf Hilfe zum Lebensunterhalt geltend zu machen.
Schlussendlich soll der Staat die Schulden vollständig bezahlen, damit der Kunde wieder versorgt wird. So versuchen Versorgungsunternehmen, ihr Ausfallrisiko, welches für eine Marktwirtschaft typisch ist, vollständig zu minimieren.
Es ist jedoch nicht notwendig, dass der Staat die vollständige Zahlung gleich übernimmt:
Es reicht zumeist vollkommen aus, wenn der Kunde in einer solchen Situation die Unbilligkeit der vom Versorgungsunternehmen geforderten Tarife gem. Paragraph 315 BGB einwendet.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist die Forderung des Versorgungsunternehmens dann bis zur Rechtskraft einer Zahlungsklage des Versorgers vollkommen unverbindlich, vgl. zuletzt BGH, Urt. v. 30.04.2003 - VIII ZR 279/02 (unter
www.bundesgerichtshof.de /Entscheidungen).
Eine Versorgungseinstellung oder fristlose Kündigung von Versorgungsverträgen darf wegen vollkommen unverbindlicher Forderungen des Versorgungsunternehmens nicht vorgenommen werden.
In dem Zahlungsprozess muss das Versorgungsunternehmen durch vollständige Offenlegung seiner Kalkulationsgrundlagen die Billigkeit seiner Tarife nachweisen. Hiervor schrecken viele Versorgungsunternehmen allein deshalb zurück, weil offenbar werden könnte, dass die Preise bereits jetzt weit übersetzt sind.
Wenn das Versorgungsunternehmen zudem seine Kalkulation erstmals im Rahmen des Zahlungsprozesses des Versorgungsunternehmens offen legt, hat der Kunde immer noch die Möglichkeit, eine hiernach berechtigte Forderung \"sofort\" anzuerkennen im Sinne von Paragraph 93 ZPO.
Das Versorgungsunternehmen hat dann die gesamten Prozesskosten zu tragen.
Allein die hiernach titulierte Forderung kann das Sozialamt immer noch übernehmen, um eine Versorgungseinstellung abzuwenden.
Kunden, die sich deshalb in ihrer Verzweiflung auf Anraten des Versorgungsunternehmens an das Sozialamt wenden, sollte deshalb nicht die vollständige Bezahlung ihrer Verbindlichkeiten beim Versorgungsunternehmen gewährt werden, sondern statt dessen eine Rechtsberatung zum Einwand der Unbilligkeit gem. § 315 BGB gegen die Tarife der Versorgungswirtschaft.
Denn es kann wohl nicht angehen, dass der Sozialstaat bei angespannter Haushaltslage sich letztlich dazu erpressen lässt, Forderungen der Versorgungsunternehmen vollständig zu begleichen, von denen nicht nur Verbraucherverbände sagen, dass diese schon längstens um ein unerträgliches Maß zu hoch seien.
So kann der Sozialstaat ohne weiteres jährlich erhebliche Beträge einsparen.
Die Versorgungsunternehmen werden deshalb nicht ruiniert.
Wegen der zwingenden Verpflichtung zur Offenlegung der vollständigen Kalkulationsgrundlagen werden die Versorgungsunternehmen sogar mittelbar dazu angehalten, ihre Tarife z.B. für die leitungsgebundene Versorgung mit Energie entsprechend der Verpflichtung aus § 1 Energiewirtschaftsgesetz in der bisher geltenden Fassung „preisgünstig“ zu gestalten.
Mit dieser gesetzlich geforderten Preisgünstigkeit ist es wohl unvereinbar, dass die Preise und daraus resultierenden Gewinne immer weiter steigen. Auch erhebliche Werbungskosten z.B. durch umfangreiches Sportsponsoring sind nicht zu rechtfertigen auf einem Markt, von dem es im 15.Hauptgutachten der Monopolkommission heißt, es sei eine Marktverengung eingetreten, Wettbewerb finde fast nicht mehr statt.