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Autor Thema: OLG Düsseldorf: E.ON vor Niederlage (Langfristverträge)  (Gelesen 10051 mal)

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Offline RR-E-ft

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[ 11-KfH-O-158-00 ; 2-U-136-01 ; KZR-12-02  20-05-2003 ; B-8-113-03 ]

Die Meldung:

http://www.faz.net/d/invest/meldung.aspx?id=24518373

Der Gegenstand des Streits:

http://www.bundeskartellamt.de/wDeutsch/download/pdf/Kartell/Kartell06/B8-113-03.pdf

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OLG Düsseldorf: E.ON vor Niederlage (Langfristverträge)
« Antwort #1 am: 26. April 2006, 15:36:58 »
Quelle: www.strom-magazin.de (Professionals)

Langfristige Gasverträge:

E.ON Ruhrgas vor gerichtlicher Niederlage

Im Streit mit dem Bundeskartellamt um langfristige Gaslieferverträge zeichnet sich eine Niederlage von E.ON Ruhrgas ab. Das OLG Düsseldorf stellte heute eine Abweisung der Eilanträge von Ruhrgas in Aussicht. Das Unternehmen hatte gegen das vom Kartellamt erlassene Verbot von Langfristverträgen Beschwerde eingelegt.

Düsseldorf (ddp-nrw/sm) - In der ersten Anhörung sagte der Vorsitzende Richter Hans-Peter Dicks, nach vorläufiger Einschätzung des Gerichts führten die langfristigen Verträge zur Marktabschottung und seien damit rechtswidrig. Ruhrgas habe bisher nicht glaubhaft machen können, dass sich durch Sonderkündigungsrechte oder ihre angekündigte Selbstverpflichtung etwas Grundsätzliches am Markt ändern werde. Dicks betonte, es sei nicht davon auszugehen, dass die Versorgungssicherheit durch das Verbot der Verträge gefährdet werde. Gewisse Marktbeschränkungen von Ruhrgas seien hinzunehmen, um den Wettbewerb zu fördern.

Das Bundeskartellamt sieht in den langfristigen Lieferverträgen zwischen den Ferngaskonzernen und den Stadtwerken und Regionalversorgern ein wesentliches Wettbewerbshemmnis auf dem deutschen Gasmarkt. Eine einvernehmliche Lösung mit den Unternehmen war im vergangenen Herbst gescheitert. Die Bonner Behörde will künftig nur noch zweijährige Laufzeiten erlauben, wenn die Bedarfsdeckung mehr als 80 Prozent beträgt, und höchstens vierjährige Verträge bei einer Deckung von 50 bis 80 Prozent.

In allen wesentlichen Punkten unterstützte das Gericht die Kartellamts-Argumentation. Der Richter sagte bei der öffentlichen Anhörung, rund drei Viertel der Ruhrgas-Verträge seien bezüglich Bedarfsdeckung und Laufzeiten kritisch zu sehen. Das Unternehmen könne mit Hilfe dieser langfristigen Lieferbeziehungen potenziellen Konkurrenten den Marktzutritt verwehren. Im Netzgebiet von E.ON Ruhrgas sei damit derzeit nur ein "Restwettbewerb" möglich.

Dicks verwies darauf, dass es mit der deutschen Wirtschaftsordnung nicht vereinbar sei, Ruhrgas zu erlauben, sich den Gasabsatz in einem Marktgebiet fest abzusichern. Dies widerspreche den gültigen Gesetzen und ihrer Normenlage. Ruhrgas habe auch keinen Anspruch darauf, am Wettbewerb um die frei werdenden Gasmengen teilnehmen zu können, wenn gerade hierdurch der Wettbewerb insgesamt eingeschränkt werde. Nach vorläufiger Auffassung des Gerichts könne der Konzern auch keinen Vertrauens- oder Bestandsschutz bei Altverträgen geltend machen. Anzuwenden sei der Paragraph 81 des EG-Vertrages, und danach seien die umstrittenen Verträge nichtig.

Die neuen zeitlichen Vorgaben des Kartellamtes bei der Vertragsgestaltung wollte der Richter im Eilverfahren zunächst nicht bewerten. Dies sei eine Sache für das Hauptsacheverfahren, sagte er. Eine endgültige Entscheidung im Eilverfahren wurde am Mittwoch noch nicht erwartet.

Von Andreas Heitker



Anmerkung:

Der selbe Senat hatte sich auch schon mit den Auswirkungen der Langfristverträge zu befassen und machte dabei deutlich, dass sich auch örtliche Gasversorger gegen die Preiserhöhungen wehren könnten:

http://www.wz-newsline.de/sro.php?redid=113223

Offline RR-E-ft

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OLG Düsseldorf: E.ON vor Niederlage (Langfristverträge)
« Antwort #2 am: 26. April 2006, 18:17:35 »
http://www.verbaende.com/News.php4?m=38065

http://www.verivox.de/News/ArticleDetails.asp?aid=14446

http://de.today.reuters.com/news/newsArticle.aspx?type=companiesNews&storyID=2006-04-26T112516Z_01_HUB641098_RTRDEOC_0_DEUTSCHLAND-BRANCHEN-ENERGIE-ZF.xml

http://www.ftd.de/unternehmen/handel_dienstleister/68099.html

http://www.energate.de/news/83632

Anmerkung:

Die betroffenen Verträge verlieren nicht erst ihre Gültigkeit, sondern sind im Falle eines Verstoßes gegen Kartellrecht gem. §§ 1 GWB, 134 BGB längst gesetzlich verboten und deshalb nichtig.

Auch das OLG Düsseldorf spricht von der Nichtigkeit solcher Verträge. Diese Folge tritt nicht etwa erst später ein, sondern besteht schon.

Das OLG Düsseldorf hatte solche Verträge bereits in einem Urteil vom Dezember 2001 als nichtig und unwirksam befunden undzwar rückwirkend ab dem 28.04.1998, d. h. ab der vollständigen Liberalisierung des Erdgasmarktes.

In dem angefochteten Beschluss führte das Bundeskartellamt aus, dass durch diesen Beschluss lediglich ein bereits bestehendes gesetzliches Verbot aktualisiert wird.

Wo diese Verträge bereits nichtig sind, kann E.ON Ruhrgas auch nicht unter Bezugnahme auf in diesen nichtigen Verträgen enthaltene Preisanpassungs- und Preisgleitklauseln gegenüber den Stadtwerken die Preise erhöhen.


Es bestehen dann derzeit anstelle der nichtigen Verträge sog. Interimsverhältnisse zwischen E.ON Ruhrgas und den betroffenen Stadtwerken. In solchen Interimsverhältnissen kommt § 315 BGB unmittelbar zur Anwendung, was zur Folge hat, dass die von E.ON Ruhrgas weiter geforderten Preise für die Gaslieferungen einer zivilrechtlichen Billigkeitskontrolle unterfallen.

Die Stadtwerke müssen die sich ergebenden Möglichkeiten erkennen und sich zunutze machen.

Schlussendlich hätten dann Gerichte den billigen Preis für Erdgaslieferungen der E.ON Ruhrgas an Stadtwerke zu kontrollieren/ zu bestimmen.

Eine solche Möglichkeit zur Bestimmung des "billigen" Erdgaspreises bietet sich so schnell nicht wieder.

Kunden, deren Stadtwerke von E.ON Ruhrgas aufgrund langfristiger Verträge beliefert werden, sollten ihren Versorger darauf besonders hinweisen.

Die Stadtwerke hatten ab Herbst 2004 selbst immer wieder darauf verwiesen, die Preiserhöhungen beruhten auf entsprechenden Klauseln in langfristigen Bezugsverträgen und somit eben solchen, die längst nichtig sein sollen.

Für kartellrechtswidrige und deshalb verbotene Verträge gibt es keinen Vertrauensschutz, zumal die Rechtsprechung des OLG Düsseldorf schon lange besteht.

Auch vor dem BGH wird man keine Chance haben. Der Kartellsenat des BGH stellte erst in den Urteilen vom 07.02.2006 - KZR 8/05 und KZR 9/05 klar, dass Art. 82 EGV nicht zur Disposition des nationalen Gesetzgebers steht. Das Bundeskartellamt macht in seiner Entscheidung auch einen Verstoß gegen europäisches Kartellrecht geltend.

Siehe auch hier:

http://www.dradio.de/dlf/sendungen/umwelt/464288/



Freundliche Grüße
aus Jena




Thomas Fricke
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Offline Graf Koks

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OLG Düsseldorf: E.ON vor Niederlage (Langfristverträge)
« Antwort #3 am: 24. Mai 2006, 16:01:22 »
@RR-e-ft:

Haben Sie schon das Aktenzeichen des Verfahrens beim OLG Düsseldorf ?
Dann kann es gleich in Schriftsätze aufgenommen werden.

M.f.G. aus Berlin
Graf Koks

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OLG Düsseldorf: E.ON vor Niederlage (Langfristverträge)
« Antwort #4 am: 24. Mai 2006, 18:51:30 »
@Graf Koks

Wollen Sie unbedingt vor einer Kartellkammer verhandeln?

Das wäre wohl  die Konsequenz, wenn man sich in Schriftsätzen entsprechend positioniert.

Untunlich!


Freundliche Grüße
aus Jena




Thomas Fricke
Rechtsanwalt

Offline RR-E-ft

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OLG Düsseldorf: E.ON vor Niederlage (Langfristverträge)
« Antwort #8 am: 12. Juli 2006, 13:26:03 »
Die Fragen könnten längst höchstrichterlich geklärt sein, wenn die Gaswirtschaft nicht gaswirtschaftliche Lösungen gefunden und Revisionen vor dem Bundesgerichtshof zurückgenommen hätte:

Quelle:

http://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bgh&Art=pm&Datum=2003-4&nr=25979&pos=0&anz=12

Verkündungstermin: 20. Mai 2003 (Verhandlungstermin: 8. April 2003)


KZR 12/02


LG Stuttgart - 11 KfH O 158/00 ./. OLG Stuttgart - 2 U 136/01

Die Klägerin ist eine Ferngasgesellschaft für Baden-Württemberg sowie einige wichtige Anrainergebiete, die fremdbezogenes Erdgas über ein eigenes Leitungsnetz an andere kommunale und regionale Energieversorgungsunternehmen liefert. Die Beklagte ist ein kommunales Energieversorgungsunternehmen, das schon seit 1982 von der Klägerin Erdgas bezog. Der am 29. April 1996 zwischen den Parteien geschlossene Gaslieferungsvertrag, der eine Laufzeit bis zum 30. September 2015 hat, enthält in § 4 Abs. 2 eine Demarkationsabrede und verpflichtet in § 2 Abs. 6 die Beklagte, ihren gesamten Erdgasbedarf mit Ausnahme von Flüssiggas durch Bezug von der Klägerin zu decken sowie einen über den Rahmen der Lieferverpflichtung hinausgehenden Bedarf bei der Klägerin zu decken, es sei denn, die Klägerin sei hierzu nicht bereit oder in der Lage, zusätzliche Mengen zu marktgerechten Bedingungen zu decken. Der Vertrag enthält ferner in § 13 eine salvatorische Klausel und eine Ersetzungsregelung.


Mit der im Berufungsverfahren - auf Grund einer außergerichtlich zwischen den Parteien erfolgten Einigung - in der Hauptsache für erledigt erklärten Klage hat die Klägerin die Beklagte auf vollständige Erfüllung eines Erdgaslieferungsvertrages und auf die Feststellung in Anspruch genommen, daß die Beklagte nicht berechtigt sei, den Arbeitspreis für von der Klägerin bezogenes Erdgas zu kürzen. Die Beklagte hat im Wege der Zwischenfeststellungswiderklage die Feststellung dahin begehrt, daß der zwischen den Parteien geschlossene Erdgaslieferungsvertrag vom 29. April 1996 insgesamt kartellrechtlich unwirksam sei.


Das Landgericht Stuttgart hat durch Teilurteil dem Widerklagebegehren der Beklagten entsprochen. Hiergegen richtete sich die Berufung der Klägerin. Im Berufungsverfahren hat die Beklagte nur noch die Feststellung beantragt, daß § 2 Abs. 6 und § 4 Abs. 2 des zwischen den Parteien am 29. April 1996 geschlossenen Vertrages spätestens seit dem 29. April 1998 unwirksam seien. Die Klägerin hat daraufhin anerkannt, daß die in § 4 Abs. 2 des am 29. April 1996 geschlossenen Vertrages enthaltene Demarkationsabrede spätestens seit dem 29. April 1998, dem Datum des Inkrafttretens des Gesetzes zur Neuregelung des Energiewirtschaftsrechts und der Aufhebung der §§ 103, 103 GWB a.F., unwirksam ist. Das Oberlandesgericht Stuttgart hat die Zwischenfeststellungswiderklage jedoch im übrigen abgewiesen. Die Gesamtbedarfsdeckungsklausel in § 2 Abs. 6 des Vertrages verstoße zwar wegen der damit verbundenen langfristigen Gesamtbezugsbindung gegen § 1 GWB und Art. 81 EG. Wegen der in § 13 des Vertrages enthaltenen geltungserhaltenden (salvatorischen) Regelung sei aber die endgültige Unwirksamkeit der langfristigen Gesamtbedarfsdeckungsklausel nicht festzustellen. Die sich auf die Gesamtnichtigkeit des Vertrages berufende Beklagte habe nicht darlegen und beweisen können, daß die Klausel nicht durch eine Ersetzungsregelung (ggf. für zwei Jahre gerechnet ab dem 29. April 1998) zu ersetzen gewesen sei.


Der Kartellsenat hat über die zugelassene Revision am 8. April 2003 verhandelt.



Verhandlungstermin: 20. Mai 2003


KZR 26/01


LG Köln - 11 KfH O 158/00 ./. OLG Düsseldorf – U (Kart) 31/00


 

Die Klägerin ist ein Ferngasunternehmen; die Beklagte ist ein kommunales Versorgungsunternehmen, das vorwiegend im Gemeindegebiet der Stadt A. ansässige Endabnehmer u.a. mit Gas versorgt. Die Parteien streiten über die kartellrechtliche Wirksamkeit eines zwischen ihnen rückwirkend auf den 1. Oktober 1984 geschlossenen Gasliefervertrages vom 2./11. Oktober 1984.


Mit ihrer Klage hat die Klägerin die Feststellung begehrt, daß der Gasliefervertrag weiterhin wirksam ist. Im Streitfall geht es vor allem um die Verpflichtung der Klägerin, im Versorgungsgebiet der Beklagten keine Kunden unmittelbar mit Gas zu beliefern, und um die Verpflichtung der Beklagten, das gelieferte Gas nicht an Kunden außerhalb des eigenen Versorgungsgebiets weiterzuliefern (Gebietsschutzklausel bzw. Demarkationsabrede). Ferner streiten die Parteien über die rechtliche Zulässigkeit einer Gesamtbedarfsdeckungsklausel bzw. später erfolgter Vereinbarungen einer festen Vertragsmenge sowie einer Sonderrevisionsbestimmung. Der Vertrag enthält zudem eine salvatorische Klausel, nach der im Falle der Teilunwirksamkeit einzelner Vertragsbestimmungen die Gültigkeit der übrigen Vertragsbestimmungen unberührt bleibt.


Das Landgericht Köln hat die Feststellungsklage abgewiesen, weil es der Auffassung war, daß der Vertrag gegen Art. 81 Abs. 2 EG verstoße und damit nichtig sei. Auf die hiergegen gerichtete Berufung der Klägerin hat das Oberlandesgericht Düsseldorf das Bestehen eines berechtigten Interesses der Parteien im Sinne des § 1 UWG an den vier wettbewerbsbeschränkenden Abreden nach dem Inkrafttreten des Gesetzes zur Neuregelung des Energiewirtschaftsrechts, dessen Zielsetzung es sei, die Monopolstellung der Unternehmen der Gaswirtschaft aufzubrechen und den brancheninternen Wettbewerb zu fördern, verneint. Auf Grund der vertraglichen totalen fünfjährigen Bezugsbindung vom 29. April 1998/1. Januar 1999 bis zum 1. Oktober 2003 hat das Oberlandesgericht darüber hinaus angenommen, daß in dem Festhalten der Klägerin an dem Vertrag ein Mißbrauch einer marktbeherrschenden Stellung nach § 19 Abs. 1, Abs. 4 Nr. 1 GWB n.F. und Art. 81 Abs.1 und 2 EG liege. Trotz der salvatorischen Vertragsklausel komme eine Aufrechterhaltung der Bezugsbindung mit Modifikationen vor allem aus EG-kartellrechtlichen Gründen nicht in Betracht. Eine solche sei aber auch nicht mit den Zielsetzungen des Gesetzes zur Neuregelung des Energiewirtschaftsrechtes zu vereinbaren.


Hiergegen richtet sich die Revision der Klägerin.

Offline RR-E-ft

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